Koalitionsvertrag - Was die Berliner CDU-Parteibasis jetzt bewegt

Di. 29.04.25 | 13:53 Uhr
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Archivbild: Das Konrad-Adenauer-Haus ist die Bundesgeschäftsstelle der CDU in Berlin. (Quelle: dpa/Kalker)
Video: rbb24 Abendschau | 29.04.2025 | Jonas Wintermantel | Bild: dpa/Kalker

Der schwarz-rote Koalitionsvertrag im Bund hat auch die CDU-Parteibasis in Berlin stark bewegt - auch weil Berlins CDU-Chef Kai Wegner nicht als Merz-Freund gilt. Trotz Zustimmung zum Vertrag gibt es Unmut, vor allem beim Thema Schulden. Von Jonas Wintermantel

Von draußen scheint die Abendsonne ins Vereinslokal herein, ein paar Kilometer weiter hat der kleine Parteitag der CDU gerade dem Koalitionsvertrag mit der SPD zugestimmt. Noch am Montagmorgen hatte Friedrich Merz seine künftigen Minister:innen vorgestellt - und damit gleich Punkt 1 der Tagesordnung auf der Jahreshauptversammlung der CDU Lankwitz geliefert.

"Es ist kein Kabinett der Parteitaktik, es ist ein Kabinett der Experten", sagt der Ortsvorsitzende Marco Hahnfeld vor den ungefähr 30 versammelten Parteimitgliedern. Für viele ist der vorliegende Vertrag ein guter Kompromiss - unter den gegebenen Bedingungen. "Es gab natürlich nur einen Koalitionspartner zur Auswahl, das grenzt naturgemäß den Verhandlungsspielraum ziemlich ein", meint Hahnfeld.

Kehrtwende bei den Schulden

Es wird auch offen Kritik geäußert, besonders beim Thema Finanzen. "Ich war ein bisschen enttäuscht, was die Schulden betrifft", sagt Rentner Joachim Koch, seit 55 Jahren Mitglied im Ortsverband. "Wir hatten ja im Wahlkampf etwas ganz anderes versprochen. Diese Kehrtwende bereitet schon Bauchschmerzen."

So sieht das auch Imke Stoffel, 24 Jahre alt und Jugendbeauftragte. "Ich war auch immer dafür, dass man das der jungen Generation nicht auflasten kann." Angesichts der Weltlage verdiene Parteichef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz aber einen Vertrauensvorschuss, sagt die junge Frau. "Es muss mit dem Geld natürlich auch klar gewirtschaftet werden."

"Endlich mal Wirtschaftskompetenz"

Unter den designierten Ministerinnen und Ministern präsentiert die CDU-Führung auch aus Sicht der Basis einige Überraschungen, von Quereinsteiger:innen bis zu Politikneulingen, wie den möglichen Minister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung, Karsten Wildberger. "Endlich mal Wirtschaftskompetenz aus der Wirtschaft”, sagt der Ortsvorsitzende Hahnfeld.

Auch Maren Höppner, im Ortsverband zuständig für die sozialen Medien, ist zufrieden. "Ich bin als Wissenschaftlerin viel im Nahen Osten unterwegs und man sieht, dass die Digitalisierung da schon sehr weit ist. Wir müssen da unbedingt nachziehen." Sie ist überzeugt, dass der von Merz versprochene Neuanfang gelingen kann. "Ich sehe schon einen klaren Politikwechsel", sagt die 38-Jährige. "Gerade im Hinblick auf die Ambitionen, die Bundeswehr zu unterstützen und auch in Richtung Wirtschaft, dass man die Unternehmen wieder stärkt."

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Allerdings sei diese Koalition nun auch "zum Erfolg verdammt", sagt Hahnfeld. "Es ist die letzte Chance, für uns hier in Deutschland in der Mitte der demokratischen Parteien eine Mehrheit zu bilden. Da möchten wir gerne unterstützen." Jetzt fehlt nur noch die Zustimmung der SPD-Parteibasis. Eine Liebeshochzeit wird es nicht werden, so viel wird beim Treffen der CDU Lankwitz deutlich. Trotzdem blickt man auch hier mit vorsichtiger Zuversicht auf die mögliche neue Bundesregierung.

Sendung: rbb24 Abendschau, 29.04.2025, 19:45 Uhr

12 Kommentare

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  1. 12.

    "Aber bekommen tut das Land links grün."

    Vielleicht sollten sie mal ihre blaubraune Brille absetzen.

  2. 11.

    Auf der Wählerkarte sieht man deutlichst (!) blau und schwarz. Ein klarer Wählerauftrag. Aber bekommen tut das Land links grün. Das BVerfG sollte die Wahlen wegen Betrug annulieren. OOPS.. die Richter sind ja genau von den Parteien ins Amt gehieft worden.

  3. 10.

    Noch mehr Kohle in die Ukraine zu versenken. Das hätte es bedeutet. Ich würde mich erst mal um mein eigenes Land kümmern wollen, anstatt mich ständig in irgendwas reinziehen zu lassen.

  4. 9.

    "Minister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung, Karsten Wildberger. "Endlich mal Wirtschaftskompetenz aus der Wirtschaft”" Ich hoffe, dass er nicht mit den DOGE Methoden staatsmodernisieren will. Da er es geschafft hat von Merz ausgewählt zu werden, erwarte ich nichts gutes. Ich bin neugierig wieviel Steuerschlupflöcher seine bisherige Firma wohl verwendet hat.
    "Ich war auch immer dafür, dass man das der jungen Generation nicht auflasten kann." Die Politik des marktwirtschaftlich geschützten Klimas? Die Geldgierigen geben doch kein Geld aus, für etwas dass kein Gewinn binnen zwei Monaten bringt. Die fehlende Politik des bezahlbaren Wohnens? Ich kann mir nicht vortstellen, dass die Jugend der Union davon verschont bleibt. Wenn die Verteilung nicht gerechter wird und das viele Geld der gelockerten Schuldenbremse weiterhin die Reichen noch reicher machen lässt, anstatt Steuer zu zahlen, dann wird die Jugend der Union wirklich Probleme bekommen mit der Rückzahlung.

  5. 8.

    Ja, Herr Merz ist in Sachen Schuldenbremse ein Wendehals und ich bin alles andere als ein Sympatisant für ihn. Aber ich frage mich, wohin hat die jahrzehntelange Schuldenbremse bis jetzt geführt? Baufällige Schulen, einstürzende Brücken, kaputte Straßen und Schienen und, und ,und. Wäre die nächste Generation wirklich besser dran, wenn sie ein noch mehr zerbrökelndes und kaputtes Land übernehmen muss? Sind Ruinen besser als Schulden? Die Kriegsausgaben wurden uns von Herrn Putin übergestülpt. Vielleicht wäre der Krieg schon längst zu Ende, wenn die Vorgängerregierung die Ukraine energischer bei der Verteidigung unterstützt hätte. Aber leider gab es nur zum sterben zu viel und zum Leben viel zu wenig und das noch viel zu zögerlich. Auch wenn ich persönlich nichts für die CDU übrig habe und Herr Merz die Situation auch schon lange vor der Vertrauensfrage gekannt hat, meine ich, das der Schuldenbeschluss richtig war.

  6. 7.

    Es wurde doch oft genug im Wahlkampf vorgerechnet, dass die Pläne von Friedrich Merz nicht ohne neue Schulden nicht finanzierbar sind. Von 80 bis 100 Milliarden Deckungslücke war die Rede. Zusätzlich will er noch die Spitzenverdiener entlasten. Auch das muss gegenfinanziert werden. Das sollen die CDU Wähler nicht mitbekommen haben?

  7. 6.

    Ich sehe eine Partei, die ihre Wähler verarscht und die jetzt durch diese super Aktion der AFD auf Platz 1 geholfen hat.. Im Demographischen Wandel wählt doch unter 50-60 kaum einer CDU.. Das ist alles, aber kein politischer Wandel..

  8. 5.

    Er sieht einen klaren Wechsel - er ist meilenweit von der Realität entfernt. Wer berät diese Leute (aber auch die SPD)?

    Die Nominierung von Dobrindt oder Spahn für elementare Posten muss der ganz normale Bürger als Provokation empfinden. Wie kann man auch deren "Staatsversagen" nicht vergessen oder einfach vergessen? Wenn dann noch der Brandenburger CDU Allzeitverlierer Redmann der Frau Reiche praxisnahe Wirtschaftsexpertise bescheinigt, dann ist doch klar, dass das niemals eine Zeitenwende ist. Diese hätte es vor 3,5 Jahren geben können. Nun ist es dafür zu spät.

  9. 4.

    Seit über 20 Jahren, also seit 4 – 5 Legislaturperioden wissen deutsche Politiker, Parteien und Behörden, dass umfangreiche Sanierungen der Infrastrukturen und des Gesundheitswesens sowie der Renten dringend notwendig sind. In Zeiten sehr niedriger Zinsen wurden Sanierungen und Reformen unterlassen. Ich sehe einen klaren Politikwechsel zu immer höherer Verschuldung zu höheren Zinsen und Zinseszinsen in einem zum erheblichen Teil selbst verursachtem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld. Die Belastungen für die sozialversicherungspflichten Steuerzahler werden immer schlechter.

  10. 3.

    "es ist ein Kabinett der Experten" - stimmt, und zwar für Lobbyismus. Energiewirtschaft, Krankenkassen, Autoindustrie und Autobahnbauer werden sich gar nicht mehr einkriegen vor Freude über den kommenden Geldsegen. Anderere haben, wie Merz, noch nie in der Politik gearbeitet, aber was solls - ist eben erst mal so eine Art Praktikum.
    Das Land hätte eine Politik gebraucht, die in der Lage ist aktuelle Herausforderungen zu erkennen und zukunftsorientiert zu arbeiten. Jetzt wird da weitergemacht, wo Merz vor zig Jahren aufhörte.

  11. 2.

    "Ich war auch immer dafür, dass man das der jungen Generation nicht auflasten kann."

    Friedrich Merz lebt schon seit seiner Jugend in ziemlich reichen Verhältnissen und musste nie haushalten lernen.

  12. 1.

    "Ich sehe einen klaren Politikwechsel"

    Bisher seh ich noch gar nix!
    Ich höre nur Versprechungen, Ideen und Gedanken.
    Ob daraus ein Politikwechsel in dieser Koalition entsteht weiß ich noch nicht.
    Also abwarten, vielleicht sind wir alle nach 100 Tagen etwas schlauer.

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