Umstrukturierung im Bildungsbereich - Einstellungsstopp für Lehrer in Brandenburg soll am Mittwoch enden

Di 08.04.25 | 19:10 Uhr
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Symbolbild: Eine junge Lehrerin schreibt an eine Schultafel im Mathematikunterricht an einer Integrierten Gesamtschule am 09.06.2022. Quelle: picture alliance/dpa/Julian Stratenschulte)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 08.04.2025 | Andreas Hewel | Bild: picture alliance/dpa/Julian Stratenschulte

An den Schulen in Brandenburg galt kurzzeitig ein Einstellungsstopp für Lehrerinnen und Lehrer. Hintergrund ist, dass das Land sparen muss. Nach Kritik sollen nun wieder Lehrkräfte eingestellt werden. Im neuen Schuljahr werden es aber weniger.

  • Bildungsministerium: Bestandsaufnahme machte vorläufigen Einstellungsstopp notwendig
  • Brandenburger Lehrer sollen eine Stunde pro Woche mehr arbeiten
  • 241 Lehrkräfte weniger im kommenden Schuljahr vorgesehen
  • Kritik von Gewerkschaft, Eltern und Opposition

Der aktuell geltende, vorübergehende Einstellungsstopp für Lehrkräfte in Brandenburg soll spätestens am Mittwoch enden. Das bestätigte das Bildungsministerium am Dienstag auf Anfrage von rbb|24.

Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) verteidigte das Vorgehen, das für Kritik selbst aus der SPD/BSW-Koalition gesorgt hatte. Die Unterzeichnung von Verträgen habe für sechs Tage pausiert für einen Kassensturz, damit die Stellenbudgets nicht überschritten würden, sagte Freiberg am Dienstag im Bildungsausschuss des Landtags.

SPD-Fraktionschef räumt unglückliche Kommunikation ein

"Heute haben wir die staatlichen Schulämter vorab mündlich - morgen schriftlich - informiert, dass Verträge wieder ausgefertigt werden können", sagte Freiberg. Er betonte, "dass wir für alle grundständig qualifizierten Lehrkräfte, die sich in Brandenburg bewerben, ein Einstellungsangebot unterbreiten werden". Das gelte auch für alle Seiteneinsteiger mit einer erfolgreichen Grundqualifizierung.

Zuvor hatte das der SPD-Fraktionschef im Landtag, Björn Lüttmann, angekündigt. Lüttmann sprach von einer unglücklichen Kommunikation. Die Landesregierung habe nie längerfristig auf Einstellungen verzichten wollen, betonte er.

241 weniger Vollzeitstellen im neuen Schuljahr

Dafür plant die Brandenburger Landesregierung im kommenden Schuljahr mit 241 Lehrkräfte-Stellen weniger als im aktuellen Schuljahr. Das sagte Bildungsstaatsekretär Hendrik Fischer (SPD) auf einer Sondersitzung des Bildungsausschusses am Dienstag. Demnach reduziert sich die Stellenanzahl von aktuell 20.783 auf nur noch 20.542 Vollzeitstellen im kommenden Schuljahr.

Finanzminister Robert Crumbach (BSW) hatte bei der Vorstellung des Haushaltes vor gut anderthalb Wochen gesagt, es gebe keine Kürzungen bei der Zahl der Lehrkräfte an Schulen in öffentlicher Trägerschaft. Mit Blick auf den vorläufigen Einstellungsstopp sprach er von einer Art Inventur, um den Einsatz der Lehrer im nächsten Schuljahr vorzubereiten, zeigte sich aber auch verwundert. "Ich hätte eigentlich gedacht, dass die Erkenntnisse, wie viele Lehrer wo eingesetzt sind, auf den Tag genau im Bildungsministerium permanent vorhanden sind", sagte er dem "Potsdamer Neuesten Nachrichten/Tagesspiegel".

Ministerium: Stopp nur für die Zeit der Planungen

Hintergrund sind Einsparpläne im Land Brandenburg, die Ende März bekannt wurden. Lehrerinnen und Lehrer sollen demnach künftig eine Stunde mehr unterrichten, dafür aber von anderen Aufgaben entlastet werden. Die zusätzliche Unterrichtsstunde soll laut Bildungsminister Freiberg unter anderem für Lehrer an Förder- und Berufsschulen aber nicht gelten.

Nach Angaben des Bildungsministerium habe man das Stellenmoratorium zum Zweck einer Bestandsaufnahme in Kraft gesetzt: Angesichts der Planungen, dass Lehrkräfte zukünftig eine Stunde länger pro Woche arbeiten sollen, habe man schauen müssen, wie viele Stellen wo gebraucht würden, so das Bildungsministerium.

Über die angekündigten gleichzeitigen Entlastungen für Lehrkräfte - wie weniger Klausurvorbereitungen oder Prüfungen - werde man nun intensiv auch mit den Gewerkschaften und Verbänden beraten, so Lüttmann am Dienstag.

GEW kündigt Protest an

Kritik an der geplanten Mehrarbeit gibt es von Eltern, Pädagogen und der Landtagsopposition aus AfD und CDU. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kündigte Widerstand an. "Es wird anlässlich der Haushaltsberatungen des Landtags im Mai große Protestaktionen geben", sagte der GEW-Landesvorsitzende Günther Fuchs der Deutschen Presse-Agentur und nannte konkret den 21. Mai.

Fuchs warnte davor, dass künftig weniger Planstellen für Lehrkräfte vorgesehen sind. CDU-Fraktionschef Jan Redmann befürchtet angesichts des geplanten Wegfalls der Stellen für das nächste Schuljahr einen "Schulstart im Chaos". Die zusätzlichen Unterrichtsstunden sollten erst im zweiten Halbjahr starten, warnte Redmann. An vielen Schulen werde Unterricht ausfallen.

Sowohl die Gewerkschaft als auch Redmann gingen dabei von rund 1.000 wegfallenden Planstellen im kommenden Schuljahr aus.

Wegen fehlender Lehrkräfte kommt es in Brandenburg zunehmend zu Unterrichtsausfällen, was viele Eltern und Schüler kritisieren. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte den Unterrichtsausfall als eines der dringendsten Probleme angesprochen, die er abstellen will.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 08.04.2025, 19:30 Uhr

29 Kommentare

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  1. 29.

    Ich glaube, Sie haben keine Ahnung davon, welchen Anforderungen und Stress durch vielfältige soziale Probleme, Bürokratie und dann irgendwann noch die eigentliche UnterrichtsArbeit und Vorbereitung ein Lehrer heutzutage ausgesetzt ist.
    Die von der Mehrarbeit bestätigt die geringe Wertschätzung, die Lehrkräften heute entgegengebracht wird. So wie auch realitätsfernen Ministerium …

  2. 28.

    In den Kommentaren hier wird ständig gejammert, dass die Anforderungen für Lehrkräfte steigen. Da kann ich nur sagen, es scheint wirklich wenig bekannt zu sein, dass "neue / höhere Anforderungen" in der Arbeitswelt eher die Regel als die Ausnahme sind und natürlich auch Lehrkräften zugemutet werden kann. Es ist normal, dass Leistungen sich an Zielen orientiert und das Gehalt davon abhängt. Ebenso normal ist, dass Leute, die einen schlechten Job machen entlassen werden können (von denen, die trotz guter Leistungen entlassen werden: VW, Bosch, Stahlbranche etc. will ich gar nicht erst reden) - aber von all dem sind Lehrer nicht betroffen. Trotz jahrelanger Schlechtleistungen (Pisa, Corona, kein Schulabschluss, kein Übergang in Ausbildung) wird hier nicht umgedacht und endlich mal messbare Leistungen gefordert. Statt dessen fragt man sich "wie können wir das Leben für Lehrer noch leichter machen"?! Vielleicht mit max. 5 Stunden Unterricht, doppeltes Gehalt und Pension ab 50!

  3. 27.

    Lehrkräfte und die, die es werden wollen, stehen vor steigenden Anforderungen, während die propagierten Entlastungsmaßnahmen oft unzureichend sind. Dies gefährdet langfristig die Attraktivität des Lehrerberufs, insbesondere im Angesicht des Fachkräftemangels. Statt auf diese Weise zu agieren, sollte die Landesregierung in die Verbesserung der Arbeitsbedingungen investieren. Die Maßnahme des Einstellungsstopps könnte den Lehrermangel verschlimmern und die Bildungsqualität stark beeinträchtigen. Nachhaltige Ansätze und ein Dialog mit Gewerkschaften (Zeiterfassung, Beibehaltung der Wochenarbeitszeit und Aussgleichsstunden) sind dringend nötig, um die Zukunft der Bildung sicherzustellen, statt kurzfristige Lösungen zu priorisieren.

  4. 26.

    Wie schon [Steffen Freund | Frankfurt (Oder)Mittwoch, 09.04.2025 | 08:25 Uhr] bemerkte: Jede neue Regierung alle 4 Jahre will die Karre Bildung irgendwie um die Kurve kriegen, aber jede mit neuen Ideen. Kontinuität fehlt. Vom Unterstufenschüler bis zum Abiturienten haben die Jugenlichen heute so 3 Änderungen des Systems erfahren wie Steffen Freund dies in seinem Kommentar beschreibt. Da muss man einen Jugendlichen als Eltern und Familienumfeld heute schon richtig motivieren und bei der Stange halten, dass der nicht die Lust an der Schule verliert. Denn wenn Kinder und Jugendliche erstmal mitbekommen, dass die Erwachsenen sich selber nicht einig sind und alle paar Jahre rein in die Karoffeln und raus den Kartoffeln, dann ist denen das aber auch so ziemlich egal mit der Bildung für später mal im Leben.

  5. 25.

    Die Entscheider für Schule und Bildung wollen doch tatsächlich mit ihrem geringen Realitätsverständnis ein Bildungssystem, für das wir mal in Welt bewundert wurden, vollends an die Wand fahren.
    Daher bekommen wir auch immer weniger Fachkräfte in die Firmen. Die Anforderungen aus der Wirschaft werden weitehin zunehmen und die Klassengrößen ebenso. Da ist ein auf das Ziel gerichteter Untericht schwerer als mit kleineren Klassen.

  6. 24.

    >"Wollte nach Brandenburg wechseln. Hat sich aber aus mehreren Gründen erledigt."
    In Berlin ist sicher auch schön... an den bröseligen Schulen mit den Ghetto-Kidies. Und die Eltern erstmal!... ;-))

  7. 23.

    Ich habe in den letzten 15 Jahren im Rahmen von Bildungs"reformen" etliche Änderungen mitgestalten "dürfen". Das fing an mit dem Übergang vom 13-jährigen zum 12-jährigen Abitur, dann vom System mit 2 Leistungskursen a 5 Wochenstunden zu 5 Leistungskursen a 4 Wochenstunden und wieder zurück. Alle diese Änderungen waren auch immer mit Änderungen der Rahmenlehrpläne verbunden, die wiederum eine Änderung der schulinternen Lehrpläne inklusive Stoffverteilungspläne und Lehrbücher erforderte. Die größte Entlastung für die Lehrkräfte wäre aus meiner Sicht daher, einfach einmal Kontinuität in die Schullandschaft einziehen zu lassen, zumal alle diese Änderungen kein Quäntchen an Qualitätszuwachs zur Folge hatten. Man hätte sie also auch getrost weglassen können. Wenn das MBJS an dieser Stelle einfach einmal Nichts tun würde, könnte ich durchaus mit einer Stunde mehr Unterricht leben.

  8. 21.

    Es gibt bei uns an der Grundschule schon seit über 30 Jahren keine Klassenlehrerstunden. Die vielen Stunden macht man ganz selbstverständlich ohne Abminderung. Es wird auch weiterhin keine Entlastung geben, wie auch? Wer sollte meine Arbeit als Lehrer tun (können)? Dafür stehen wir brav noch eine Stunde mehr vor den Schülern. Es werden vermutlich die wenigen, aber so wichtigen Teilungsstunden , ebenso die DaZ-Stunden für die immer mehr werdenden Kinder, die die deutsche Sprache nicht beherrschen. Da braucht man sich nicht wundern, wenn immer mehr Kollegen gesundheitlich angeschlagen und berarbeitet sind. Also außer Leere Versprechungen hört man von der brandenburgischen Landesregierung nichts produktives.

  9. 20.

    Den Einstellungsstop auf einen „Kommunikationsfehler“ zu schieben ist nur wirklich eine Ausrede aus dem Kindergarten. Wir müssen sparen, koste es was es wolle. Hinzu kommt, dass im Bildungsministerium nur der „Kopf“ getauscht wurde, der ganze Rest aus Zeiten von F. Ernst ist geblieben und macht seinen Stiefel weiter.

  10. 19.

    Aha, Kassensturz, unglückliche Kommunikation! So nennt man das jetzt? Wohl zuviel Druck vom Volk und GEW? Herr Seibert setzen, 6!

  11. 18.

    Wollte nach Brandenburg wechseln.
    Hat sich aber aus mehreren Gründen erledigt.

  12. 17.

    Wann hört man endlich auf von Seiten der Politik zuerst bei den Kindern zu sparen??? Der Slogan : "Die Kinder sind unsere wichtigste Investition in die Zukunft " wird da ganz schnell wieder vom Tisch gefegt.
    Bildung gehört scheinbar nicht dazu !!! Schließlich kann man dummen Menschen auch viel dummes Zeug unterjubeln.
    Wenn das die Zukunft werden soll... armes Deutschland.

  13. 16.

    Glauben Sie wirklich der Bildungsminister hätte diese Idee des Einstellungsstopps ins Spiel gebracht, wenn er ausreichend Finanzen für die einzustellenden Lehrer hätte. Vielmehr ist das Problem doch, dass finanzielle Mittel abgezogen werden und man den Mangel dort nun verwaltet. Das Geld ist längst woanders. Es werden zum Beispiel mehr Polizisten eingestellt.

  14. 15.

    Die SPD verantwortet seit 2 Jahrzehnten die Bildung im Land. Ergebnis, bei Pisa Letzter oder Vorletzter, hörende Ausfallstunden, steigende Zahl von Hilfslehrern (Quereinsteiger), viele Schulabgänger sind nicht ausbildungsfähig usw. usf.
    Eine Diskussion über die Qualität der Bildung (Fächertafel, Bildungsinhalte usw.) findet nicht statt. Es wird immer nur über Schulgebäude und Lehrerpersonal geredet, weiter führt die gesellschaftliche Diskussion nicht.
    Als Dank für die "gute Leistung" in der Bildungspolitik wird die SPD immer wieder gewählt und der Slogan, Kinder sind unsere Zukunft, kann weiter mit falschen Inhalten kolportiert werden.

  15. 14.

    Ich weiß von mindestens zwei Referendaren, die gekündigt haben als es noch hieß, es gäbe gar keine Neueinstellungen. Die sind für Brandenburg verloren…

  16. 13.

    Das ist Schönmalerei! "Nur eine Stunde mehr vor den Schülern" bedeutet 45 Minuten Unterricht pro Woche, der vor- und nachbereitet werden muss! Das sind ca. 6h mehr pro Monat, nicht eine!

    Das kann nur jemand so darstellen, der bisher nicht vor Kindern stand.

    Und Verwaltungsaufgaben von Klassenlehrern wegnehmen ist kaum möglich. Ich kann doch niemanden meine Klassenbucheinträge machen lassen, oder die Noteneintragungen oder das Verfassen von verbalen Zeugnissen oder das regelmäßige Führen von Elterngesprächen oder oder oder.

    Und dafür nicht einen Euro mehr? Dann brauchen wir uns über hohe Krankenstände nicht wundern. Und damit haben wir weiterhin keine Entlastung geschaffen. Wunderbar...

  17. 12.

    Interessanter " Auszug ", sollte diskutiert werden. Was wünschen Sie sich denn als Klassenlehrerin ? Wo können und müssten Sie denn Zusatzaufgaben streichen, um Ihren von der Gesellschaft erteilten Auftrag als lehrende Pädagogin zu erfüllen ?

  18. 11.

    Was ist denn dies alles für ein Durcheinander?
    Einstellungsstopp für einen Kassensturz bzw. ,Inventur'?
    ,Unglückliche Kommunikation' im Bildungsministerium?
    Ich versteh's nicht!

  19. 10.

    Das ist doch sowas von peinlich. Es ist kein Wunder, dass keine Arbeitszeiterfassung umgesetzt wird. Wahrscheinlich befürchtet man, dass man nach den Ergebnissen eine Pflichtstunde absenken muss. Die versprochene Entlastung heißt nun eher Mehrarbeit durch eine zusätzliche Pflichtstunde und natürlich beschlossen von Menschen, die überhaupt keine Ahnung von dem Beruf und den anfallenden Aufgaben haben. Es ist kein Wunder, dass Lehrermangel existent ist und nun wird er noch unattraktiver gemacht.

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