Das Ende des Zweiten Weltkriegs und die Befreiung vom Nationalsozialismus vor 80 Jahren waren eine Zäsur. Der Berliner Senat und das Landesparlament haben am Mittwoch gemeinsam daran erinnert - zusammen mit einem besonderen Gast.
Der Berliner Senat und das Abgeordnetenhaus haben am Mittwochvormittag an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren und die Befreiung vom Nationalsozialismus erinnert.
"Bitte seid Menschen"
Als besonderer Gast bei einer Gedenkveranstaltung im Roten Rathaus war die 103-jährige Holocaust-Überlebende und Berliner Ehrenbürgerin Margot Friedländer geladen. Sie sagte an die im Festsaal Versammelten gerichtet: "Bitte seid Menschen." Zuvor hatte Friedländer Passagen aus ihrem Buch "Versuche, dein Leben zu machen" gelesen, die ihre Befreiung im Frühjahr 1945 in Theresienstadt schilderten.
Friedländers Appell wurde von den geladenen Gästen mit stehenden Ovationen bedacht. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) dankte ihr für ihre dauerhaften Mahnungen und sagte, er sei stolz darauf, dass Friedländer Ehrenbürgerin Berlins sei.
Wegner rief in seiner Rede zu Wachsamkeit und Mut auf. Er warnte vor einer Verklärung oder Romantisierung der NS-Zeit, aber auch der DDR-Zeit: "Da müssen wir wachsam bleiben. Denn wer das Unrecht des einen vergisst, wird das Unrecht der anderen nicht erkennen."
In Berlin ist Feiertag, in Brandenburg nicht: In der Region wird am 8. und 9. Mai des Endes des Zweiten Weltkriegs gedacht. Wegen Russlands Krieg in der Ukraine gelten teils besondere Polizeiauflagen. Außerdem sind bestimmte Gäste unerwünscht.
"Tag der Befreiung und Hoffnung"
Den 8. Mai 1945 bezeichnete Wegner als "Tag der Befreiung und der Hoffnung - erst mit dem Sieg über die Nazis war für viele Menschen wieder ein Leben möglich". Das Leid, dass die Verfolgten des NS-Regimes erleiden mussten, sei bis heute kaum in Worte zu fassen. Doch nicht allen Menschen in Deutschland habe der 8. Mai Freiheit gebracht: "Der antifaschistische Anspruch der DDR wurde zur ideologischen Staatsdoktrin, die schon bald wieder Menschen entrechtete."
"Es ist unsere Verantwortung, wachsam, mutig und wehrhaft zu sein und die Demokratie gegen die Feinde von innen und außen zu verteidigen", so Wegner.
Bei den Gedenkveranstaltungen zum Kriegsende in Berlin bleiben Fahnen mit Russland-Bezug verboten. Das hat ein Gericht entschieden, nachdem ein Verein gegen das Verbot der Polizei geklagt hatte.
Gedenkwoche und ein angestrahltes Brandenburger Tor
Mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht endete 1945 der Zweite Weltkrieg in Europa. Vertreter der Wehrmacht unterzeichneten in der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1945 ein entsprechendes Dokument vor den Siegermächten USA, Großbritannien, Frankreich und Sowjetunion im Gebäude des heutigen Museums Berlin-Karlshorst.
Berlin erinnert an die historischen Ereignisse vor 80 Jahren mit einer Gedenkwoche, die am 2. Mai startete. Sie umfasst bis zum 11. Mai rund 100 Veranstaltungen. Darunter sind Ausstellungen, Diskussionsrunden, Kranzniederlegungen, Führungen und Konzerte. Einer der Höhepunkte ist am Donnerstagvormittag ein zentraler ökumenischer Gedenkgottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Dazu werden neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auch die Spitzen der Verfassungsorgane erwartet.
Der eigentliche Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus am 8. Mai wird in Berlin einmalig als gesetzlicher Feiertag begangen. An dem Tag soll das Brandenburger Tor von Sonnenuntergang bis Mitternacht in besonderer Weise angestrahlt werden: An dem Berliner Wahrzeichen soll der erste Satz des ersten Artikels aus dem Grundgesetz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" zu lesen sein. Das teilte die Senatskanzlei am Dienstag mit.
Als der Krieg in Berlin plötzlich zu Ende war
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Der Kampf um Berlin ist die letzte große Kampfhandlung des Zweiten Weltkriegs. 2,5 Millionen Soldaten bringen die Sowjets in Stellung. Ihnen gegenüber stehen etwa eine Million deutsche Soldaten, darunter Reste von Wehrmachtsarmeen, SS und der Volkssturm. Vom 16. April bis zum 2. Mai 1945 dauern die Kämpfe an.
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Die Schlacht an den Seelower Höhen im April 1945 eröffnet den Angriff auf Berlin. In vier Tagen, vom 16.- 19. April 1945, sterben nahe der brandenburgischen Stadt Seelow fast 50.000 Menschen: 33.000 sowjetische und 12.000 deutsche Soldaten.
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Dann rückt die Rote Armee nach Berlin vor. Fast zwei Millionen im zerstörten Berlin verbliebene und von täglichen Luft- und Artillerieangriffen zermürbte Einwohner suchen während der Kämpfe in Kellern und Bunkern Schutz.
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Adolf Hitler verleiht währenddessen noch Orden an halbwüchsige Jungen. In in den letzten Kriegstagen werden auf seinen Befehl ungezählte Zivilisten und Soldaten von Einsatzkommandos der Waffen-SS erschossen, wenn sie in Verdacht stehen, die deutsche Widerstandskraft zu schwächen.
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Frankfurter Allee in Berlin-Friedrichshain: Durch verlustreiche Straßenkämpfe gelingt es den Rotarmisten, ins Stadtzentrum vorzudringen.
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Mit Panzern rücken sowjetische Truppen am 30. April 1945 immer näher zum Reichstag vor.
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Die sowjetische Armee stürmt den Reichstag. Wenige hundert Meter entfernt begeht Hitler in seinem Bunker Suizid.
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Ein Rotarmist hisst die sowjetische Fahne auf dem Reichstag.
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Das Viertel rund um die Gedächtniskirche: In Charlottenburg wird am 1. Mai erbittert weiter gekämpft.
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Berlin ist zerbombt. Doch Joseph Goebbels, Reichspropagandaleiter und Gauleiter von Berlin, hatte sich geweigert, eine Kapitulation zu unterschreiben. Am 1. Mai 1945 nimmt er sich gemeinsam mit seiner Frau das Leben. Zuvor ließen sie ihre sechs Kinder mit Zyankali ermorden.
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Eine Rote-Armee-Einheit, die am 2. Mai das Haus des Rundfunks stürmt, findet das Gebäude völlig verlassen. Goebbels' Propagandafunk - in den letzten Tagen "Kampfsender Berlin" genannt - wurde nach dem Abzug der letzten deutschen Soldaten von Rundfunkangehörigen bereits am 1. Mai kurz nach 23 Uhr beendet.
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In den frühen Morgenstunden des 2. Mai 1945 fordert Helmuth Weidling, General und ehemaliger Befehlshaber des Verteidigungsbereiches Berlin, die Soldaten auf, sofort den Kampf einzustellen. "Am 30. April 1945 hat der Führer Selbstmord begangen und damit alle, die ihm Treue geschworen hatten, im Stich gelassen. Ich ordne die sofortige Einstellung jeglichen Widerstandes an. Jede Stunde, die ihr weiterkämpft, verlängert die entsetzlichen Leiden der Zivilbevölkerung Berlins und unserer Verwundeten." Die Wehrmachtsverbände der Stadt kapitulieren.
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Die sowjetische Armee ordnet am 2. Mai 1945 die Einstellung des Feuers an. Plötzlich gibt es keine Bomber mehr. "Diese Stille war das erste, was den Menschen auffiel, als sie am 2. Mai 1945 in Berlin ins Freie kamen. Nachdem sie tagelang in Kellern in großer Enge hatten zubringen müssen", beschreibt der Historiker Volker Ullrich die Situation. Die Schlacht um Berlin hat Hunderttausende Soldaten und Zivilisten das Leben gekostet.
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Eine Großmutter, ihre Tochter und ihre Enkel schieben die wenigen gemeinsamen Habseligkeiten am 3. Mai durch die zerstörten Straßen der Stadt.
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Fünf Tage nach der Reichshauptstadt kapituliert auch die deutsche Wehrmacht: Am frühen Morgen des 7. Mai unterzeichnet Generaloberst Alfred Jodl, Chef des Wehrmachtsführungsstabes, die bedingungslose Kapitulation im Hauptquartier der westlichen alliierten Streitkräfte im französischen Reims. Die Kapitulation sollte am 8. Mai um 23:01 Uhr in Kraft treten.
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Ratifiziert wurde die Urkunde am frühen Morgen des 9. Mai im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst - dort, wo heute das Museum Karlshorst untergebracht ist - von den Oberbefehlshabern der einzelnen Teilstreitkräfte. Hier unterzeichnet Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel für das Oberkommando der Wehrmacht und das Heer. Es ist auch eine Machtdemonstration der UdSSR, den verhassten Kriegsgegner noch einmal an den Tisch zu zwingen. Der Krieg in Europa, den die Deutschen entfesselt haben, ist mit Keitels Unterschrift endgültig vorbei. Mehr als 60 Millionen Menschen hat er das Leben gekostet.
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Ein sowjetischer Offizier verliest die Nachricht von der bedingungslosen Kapitulation in den Straßen Berlins.
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Im Hintergrund werden Wehrmachtssoldaten in Berlin in Kriegsgefangenschaft abgefürt. Vorn stehen drei Jugendliche, die dem sogenannten "Volkssturm" angehörten - in Hitlers Wahn mussten auch Junge und Alte, kaum bewaffnet, in den letzten Kriegstagen helfen, die Hauptstadt zu verteidigen. Geschätzt mehr als 100.000 kamen dabei um oder werden bis heute vermisst.
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Überlebende des KZ Theresienstadt kehren am 8.Mai 1945 zurück in ihren Heimatort Lidice im heutigen Tschechien - sie werden unter Tränen begrüßt. Mehr als sechs Millionen Menschen haben die Nazis in Konzentrationslagern und bei Massakern ermordet. Der präzise geplante, industrielle Massenmord an Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen, Menschen mit Behinderung, politischen Gegnern ist bis heute in der Geschichte beispiellos. Besonders für die überlebenden NS-Opfer und ihre Angehörigen ist der 8.Mai der Tag der Befreiung. | weitere Bildergalerien
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11.
Bekommt diese großartige Frau Friedländer wenigstens auch eine Opferrente von Deutschland oder nur diese widerlichen SS-Verbrecher?
Spiegel, 23.1.2025: Deutschland zahlt weiter Opferrenten an ehemalige SS-Soldaten
Bis heute zahlt der deutsche Staat Kriegsopferrenten an Versehrte des Zweiten Weltkriegs aus. Neue Recherchen zeigen nun, dass diese auch an Naziverbrecher gehen, obwohl ein Gesetz das eigentlich verhindern soll.
10.
Die Frage zum Kriegsende, die sich stellt: Warum sind ausgerechnet die Siegermächte in so viele Kriege involviert (gewesen) bzw. Auslöser dieser? Haben sie nichts gelernt?
Beteiligungen an Kriegen / Gewaltkonflikten 1946 - 2017:
Top 10 > Frankreich 28, Vereinigtes Königreich 27, Russland 25, USA 24 Quelle: bpb.de
Der Sieg war ein großes Geschenk für Deutschland!
Er brachte endlich Schutz für die gequälten Juden und verfolgte Minderheiten, sowie Freiheit und Demokratie, zumindest in den Westen, sehr viel später auch in den Osten des Landes.
Aber Krieg als Lösung von Konflikten oder Großmannssucht ist leider auf der Welt geblieben >> Gaza, Ukraine, Naher Osten insg. oder mit Besorgnis nach Taiwan.
"Bitte seid Menschen." sagt Frau Friedländer immer wieder so sanft und weise.
Haben uns die Siegermächte aufrichtig das Richtige gelehrt?
Halten Sie sich an "die Würde des Menschen ist unantastbar"?
"Friedensparade" ohne Panzer können nur wir?
9.
Ein schwaches statement von Berlin, die sowjetischen Flaggen zu verbieten. Je kleiner der Mann umso großer der Hang zu Geltungsbedürfnis. Aber immer mehr beschleicht einen das Gefühl, dass der westen immer noch nicht glücklich über den Tag der Befreiung ist.
"An dem Tag soll das Brandenburger Tor von Sonnenuntergang bis Mitternacht in besonderer Weise angestrahlt werden" und hoffentlich nicht in blau-gelb oder Regenbogenfarbe.
Blau-weiß halte ich auch nicht für angebracht.
"Und daß der II.Weltkrieg zu Ende gegangen ist, das ist keines Gedenken wert, oder wie?" Der WKII war da erst nur in Europa zu Ende, insgesamt war er erst am 2. September 45 mit der Kapitulation Japans zu Ende.
Und das der II.Weltkrieg zu Ende gegangen ist, das ist keines Gedenken wert, oder wie?
4.
Es muß heißen: 8.Mai-Tag der Befreiung vom Faschismus!
3.
Das der Hitler-Stalin-Pakt den Beginn des WK2 mit dem Überfall Deutschlands UND der von Russland geführten, genauso imperialistischen Sowjetunion auf Polen und das Baltikum ausgelöst bzw. erst möglich gemacht hat, wird mir bei alledem viel zu wenig Beachtung geschenkt ... ... Vor allem auf "der russischen Seite" scheint diese traurige und böse Mitschuld an der Auslösung des WK2 (und seinen später auch für Russland selbst verheerenden Folgen) überhaupt kein Thema zu sein ... Sie sehen dort nur den Sieg über das Feuer, das sie seinerzeit SELBST mit-gelegt haben ... Und ja, unter dem sie dann sehr gelitten haben ... Und nur nach dem Motto "Der Feind (SU) meines Feindes (Nazi) ist mein Freund" kann hier hinsichtlich Russlands schlimmer Verstrickung in die Auslösung gedacht, geredet und gehandelt werden finde ich ... Ja, ja ... Gut, dass die 4 Alliierten uns die Nazis schließlich vom Hals geschafft haben. Das Mahnen bzw. das Gedenken an das Ende des WK2 ist natürlich richtig und wichtig.
2.
Russland ist nicht die Sowjetunion. Fahnen der Siegermächte darf mann nicht verbieten.
Russlandfahnen des Rechtsextremen Altleninisten schon.
Das BSW in Brandenburg ist ja auch schon auf dem Weg nach rechts. Querfront und AfD Affinität.
Die AfD IST in ihrer Gesamtheit rechtsextrem. Die Aussage Wagenknechts und ihres Jüngern im Brandenburger Landtag sind verharmlosend und zeugen von Geschichtsvergessenheit.
Ich vertraue den Gerichten und ( diesmal ) dem BfV. Rin Gutachten mit mehr als Tausend Seiten kann nicht in seiner ganze falsch sein.
1.
Warum vermeidet der RBB den Begriff "Tag der Befreiung", der selbst auf Berlin.de genutzt wird?