Der neue Chef in Brandenburg - "Dietmar Woidke ist ein Mann, der erst denkt und dann redet"

Di 30.07.13 | 00:00 Uhr | Von Amelie Ernst, rbb Landespolitik
Dietmar Woidke (Quelle: dpa)
Bild: dpa

Erst war er Landwirtschaftsminister, dann Innenminister in Brandenburg. Und demnächst soll Dietmar Woidke das Land als Ministerpräsident führen. Ein Mann, der erst denkt und dann redet, sagt sein Vorgänger Matthias Platzeck. Ein Porträt von Amelie Ernst.

Ein "sehr emotionaler Moment und eine sehr große Herausforderung": Es ist Dietmar Woidke deutlich anzumerken bei der Pressekonferenz am Montag, dass er Respekt vor der neuen Aufgabe hat. Und der Ruf in die Potsdamer Staatskanzlei hat den 51-Jährigen dann wohl doch auch überrascht. Obwohl ihn viele schon lange als Platzecks Nachfolger im Visier hatten, gab sich Woidke, angesprochen auf seine Ambitionen auf das Ministerpräsidentenamt, immer gelassen. Der Karrieresprung liegt für ihn in weiter Ferne, sagte er im rbb-Interview vor einem Jahr. Auch wenn ihn der Vertrauensvorschuss freue, sei er doch froh, dass Matthias Platzeck 2014 noch mal antrete, so Woidke damals.

Dabei war sein Verhältnis zu seinem Vorgänger nicht immer einfach: 2009 übergeht ihn Platzeck bei der Vergabe der Ministerposten, dabei hat sich Woidke da schon mehrere Jahre im Landwirtschaftsressort bewährt. Für ihn bleibt nur der SPD-Fraktionsvorsitz. Doch statt zu Murren macht der gebürtige Lausitzer Woidke einfach weiter.

Politischen Frust verarbeitet er nicht öffentlich, sondern lieber beim Joggen- mit einem ganz eigenen Trick. "Die erste Hälfte der Strecke denke ich an gar nichts und genieße nur und die zweite Hälfte denke ich dann an Probleme". Auch wenn ihm das Laufen dann schon am Ende der Strecke schwerer fällt, kommen ihm unter dem Druck, ans Ziel zu kommen doch schon einige ganz gute Ideen.

"Ein Mensch, der Nähe sucht"

2010 holt ihn Matthias Platzeck dann doch wieder ins Kabinett: Nach dem skandalträchtigen Rücktritt von Rainer Speer braucht der Landeschef einen glaubwürdigen Sachpolitiker. Ganz oben auf der Agenda des neuen Innenministers Dietmar Woidke steht die umstrittene Polizeireform.

Er hält an den Kürzungen und Umbaumaßnahmen fest- und wirbt bei den Betroffenen um Verständnis mit der Frage, was denn nun eigentlicher wichtiger ist: "Muss eine Polizeiwache rund um die Uhr besetzt werden, auch wenn keiner kommt- oder ist es wichtiger, dass in der Grenzregion mehr Streifenwagen für mehr Sicherheit sorgen?"

Knapp 2.000 Polizisten will Woidke bis 2020 einsparen, es hagelt Kritik, doch letztlich setzt sich der Minister durch. Ein Mann ohne Skandale, der nur selten für negative Schlagzeilen sorgt: Nach und nach macht sich Woidke unverzichtbar – auch für Matthias Platzeck, der ihn zuletzt zu seinem engsten Kreis von Beratern zählt. E schätzt den "Typen" Dietmar Woidke: So sollten Politiker sein, sagt Platzeck am Montag. "Er denkt erst und redet dann. Ihm muss man Menschen-Nähe nicht erklären, er ist ein Mensch, der Nähe sucht."

Doch allein mit Glaubwürdigkeit und Menschennähe werden sich die anstehenden Fragen in Brandenburg, von BER bis Braunkohle, auch nicht klären lassen. Dietmar Woidke weiß das – und das macht seine neue Aufgabe nicht gerade leichter.

Neue Köpfe werden gebraucht: Wer übernimmt welchen Posten?

  • Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD)
    dpa-Bildfunk

    Wenn Platzeck geht, folgt ihm Dietmar Woidke als Ministerpräsident. Am 28. August soll der neue brandenburgische Ministerpräsident gewählt werden. Seit fast 20 Jahren ohne Unterbrechung gehört er zur Stammbesetzung im Potsdamer Landtag, er war SPD-Fraktionschef und Umweltminister. Der 52-jährige gebürtige Lausitzer ist seit Jahren ein enger Vertrauter von Matthias Platzeck und galt schon lange als Kronprinz - wenn auch noch lange nicht so bekannt bei den Menschen im Land wie sein Vorgänger im Amt. Der promovierte Agraringenieur vertritt als Direktkandidat den Landkreis Spree-Neiße, der im Südosten Brandenburgs die Stadt Cottbus umschließt.

  • SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher im Brandenburger Landtag (Foto: dpa)
    dpa

    Wenn Dietmar Woidke seinen Parteikollegen Matthias Platzeck als Ministerpräsident ablöst, soll Ralf Holzschuher als Innenminister nachrücken. Er ist bisher Fraktionschef der Sozialdemokraten im Landtag - das war Woidke übrigens auch, bevor er Innenminister wurde. Holzschuher lebt in Brandenburg/Haval, ist Jurist, Rechtsanwalt und als Fraktionschef bisher nicht besonders aufgefallen: Solide, vorsichtig, ein bisschen langweilig sagen manche auch. Adrenalinstöße hat das Innenministerium durch ihn jedenfalls nicht zu erwarten. Diese sind vorerst aber auch nicht nötig: Die Polizeireform ist beschlossen und eine Kreisgebietsreform steht erst in der nächsten Legislaturperiode an.

  • Klaus Ness (Foto: rbb / Oliver Ziebe)

    Wenn Holzschuher Innenminister wird, fehlt ein SPD-Fraktionschef. Hier übernimmt ein Mann, der bisher immer eher im Hintergrund gewirkt hat: Klaus Ness ist seit 2006 SPD-Generalsekrektär. Seine bisherigen Jobs: Landesgeschäftsführer, Wahlkampfmanager, Parteistratege. Er gilt als ein Strippenzieher, eigentlich nicht als ein Rausgucker. Im Landtag sitzt er erst seit 2009. Spannend wird, welches Wahlergebnis er erzielt: Als Generalsekretär ist er diversen Leuten in seiner Partei auf die Füße getreten, so richtig beliebt ist er nicht. Dass er bei Wahlen zum SPD-Landesvorstand ein schlechtes Ergebnis bekommt, ist quasi schon Tradition, Ness konnte damit aber immer gut umgehen. Das gehört zum Job, sagte er dann. Dünnhäutigkeit ist sein Problem schon mal nicht.

  • Bleibt die Frage: Wer wird Generalsekretär? Oder Generalsekretärin. Denn hier kommt nach dem Hin-und Herschieben der Posten unter Männern zum ersten Mal eine Frau ins Spiel. Klara Geywitz soll übernehmen, sie ist stellvertretende SPD-Landesvorsitzende, Landtagsabgeordnete und mit 37 Jahren  eine der Jüngeren in der Fraktion. Der Politikwissenschaftlerin Geywitz wird gerne große Sachkenntnis attestiert, sie wurde sogar schon mal als potenzielle Kronprinzessin gehandelt. 2010 legte sie eine kurze politische Pause ein, weil sie Zwillinge bekam. Heut ist sie finanzpolitische Sprecherin ihrer Fraktion und leitet den Sonderausschuss zum Flughafen im Landtag. Knackige Statements, angemessen für eine Generalsekretärin, muss sie noch üben: Bisher kommen Geywitz' Aussagen oft reichlich kompliziert daher.

     

    Kurz-Porträts von Torsten Sydow und Alex Krämer

Beitrag von Amelie Ernst, rbb Landespolitik

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