14 Euro und mehr - Die Miete jeder zweiten Neubauwohnung ist für viele unbezahlbar

Kaltmieten von 14 Euro pro Quadratmeter können sich nicht alle leisten. Wer in Berlin eine Neubauwohnung mieten will, findet aber immer weniger Angebote unter dieser Marke. Das zeigt eine Analyse des Marktforschungsinstituts empirica, die dem rbb exklusiv vorliegt. Von Ute Barthel und Jana Göbel
Wer durch Berlin geht, sieht überall Baukräne: Neue Wohnviertel wachsen an vielen Ecken der Stadt. Allerdings ist der größere Teil der neugebauten Mietwohnungen für die meisten Wohnungssuchenden viel zu teuer: Fast zwei Drittel der Neubauwohnungen wurden im vergangenen Jahr für eine Kaltmiete von 14 Euro pro Quadratmeter und darüber angeboten. 46 Prozent kosteten sogar 16 Euro pro Quadratmeter und mehr. Das ist das Ergebnis einer Analyse des Marktforschungsinstituts empirica, die rbb24Recherche exklusiv vorliegt.
Ausgewertet wurde nach Angaben des Instituts eine repräsentative Stichprobe aller angebotenen Neubauwohnungen auf Onlineportalen seit 2012. Außerdem hat empirica die Statistik über die jährliche Zahl der neugebauten geförderten Wohnungen mit einberechnet.
Anteil der teuren Neubauwohnungen vervierfacht
Während sich der Anteil der teuren Neubauwohnungen ab 14 Euro Kaltmiete seit 2012 vervierfacht hat, halbierte sich die Zahl der preisgünstigeren Neubauten im gleichen Zeitraum. Eine neu gebaute Wohnung, die maximal zehn Euro pro Quadratmeter Kaltmiete kostete, gab es im vergangenen Jahr nur bei 16 Prozent der Angebote. 2012 waren es noch 35 Prozent.
Als Ursachen für die teuren Neubauwohnungen nennt Reiner Braun, Geschäftsführer von empirica, die extrem gestiegenen Preise für Baukosten und Grundstücke: "Selbst wenn der Investor wollte, könnte er gar nicht mehr billiger bauen. Denn die staatlichen Auflagen, wie zum Beispiel die Energieeinsparverordnung, haben dazu geführt, dass die Immobilien viel teurer gebaut werden müssen als vor 20 Jahren."
In der Tat sind die Baukosten seit der Jahrtausendwende um 70 Prozent gestiegen. Vor allem aber sind die Baulandpreise in die Höhe geschossen: Die haben sich seit 2010 mehr als verfünffacht. "Der Investor muss ja mit den Kosten kalkulieren", sagt Braun. "Und wenn er auch nur einen kleinen Gewinn machen will, kann er die Wohnung nicht für unter zehn Euro pro Quadratmeter anbieten."
Noch keine Entlastung durch Sozialen Wohnungsbau
Dabei war der rot-rot-grüne Senat mit dem Versprechen angetreten, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. So steht es im Koalitionsvertrag: "Die Koalition sieht in bezahlbarem Wohnen ein Grundrecht für alle Berliner*innen. Sie macht sich stark für eine Dämpfung der Mietpreisentwicklung und eine bedarfsgerechte Versorgung mit Wohnraum."
Auf die aktuelle Analyse von empirica reagierte der Berliner Senator für Stadtentwicklung Sebastian Scheel (Die Linke) auf Anfrage von rbb24Recherche mit einem kurzen schriftlichen Statement: "Das Angebot an leistbarem Wohnraum ist in den vergangenen Jahren in Berlin deutlich zurückgegangen. (…) Das bestärkt uns in unseren Bemühungen, den gemeinwohlorientierten Neubau weiter zu fördern."
Anteil der Sozialwohnungen ist gering
Bisher fällt die Zahl der neugebauten Sozialwohnungen mit einer Kaltmiete von circa 6,50 Euro pro Quadratmeter kaum ins Gewicht. Erst 2014 ist das Land wieder in den geförderten Wohnungsbau eingestiegen, und die rot-rot-grüne Koalition hat auch hier ihre Ziele nicht erreicht. Statt wie geplant bis Ende 2020 den Bau von 8.500 Sozialwohnungen zu fördern, wurden es nur 5.800.
Senator Scheel gesteht ein, dass der Neubau bisher zu langsam vorangegangen ist. "Wohnraumschaffung ist eben nicht von jetzt auf gleich machbar, sondern davor muss man es planen, das braucht Zeit. Wir haben ja auch zu spät angefangen, muss man selbstkritisch sagen."
Den Löwenanteil der Sozialwohnungen haben die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften errichtet. 50 Prozent müssen es bei den Neubauten sein, so will es das Modell der kooperativen Baulandentwicklung. Dafür bekommen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften Baugrundstücke vom Land Berlin übertragen, ohne dafür zu bezahlen.
Ohne WBS wird es ganz schwierig
Für die privaten Investoren liegt die vorgeschriebene Quote für neugebaute Sozialwohnungen bei 30 Prozent. Auf diese Wohnungen haben dann nur Mieter mit einem Wohnberechtigungsschein Anspruch, und den könnten in Berlin immerhin ein Drittel aller Haushalte bekommen.
Für diejenigen, die zwar keinen Anspruch auf einen Wohnungsberechtigungsschein haben, aber auch keine Großverdiener sind, sieht es dagegen ganz schlecht aus: Es gibt zu wenig frei finanzierte Mietwohnungen, die bezahlbar sind.
Sendung: rbb-Fernsehen, 04.05.2021, 21:00 Uhr
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