Warum Eltern Gemeindevertreter werden wollen - "In die Politik getrieben"

Mo 19.05.14 | 13:43 Uhr | Von Susanne Hakenjos

Sie haben sich für einen Spielplatz und eine gemeindeeigene Schul- und Kitaküche eingesetzt. Doch herausgekommen ist nur Frust: Engagierte Eltern in der Brandenburger Gemeinde Seddiner See fühlen sich von der lokalen Politik ausgebremst und nicht ernst genommen. Carina und Ralf Simmes drehen den Spieß nun um - und kandidieren selbst für die Gemeindevertretung. Von Susanne Hakenjos

4.200 Einwohner hat die Gemeinde Seddiner See im Kreis Potsdam-Mittelmark - in den drei Ortsteilen Seddin, Neuseddin und Kähnsdorf. Verkehrsgünstig mit Regionalbahnhof und direkt am südlichen Berliner Ring A 10 gelegen, ist die Gemeinde am Großen Seddiner See in den letzten Jahren gewachsen. Schule und Kita sind gut gefüllt. Junge Eltern wollen mitgestalten und stellen sich als nächsten Schritt jetzt auch zur Wahl.

Gefühlte 100 Plakate haben Carina und Ralf Simmes in den letzten Wochen aufgehängt, außerdem Gespräche geführt und Vorstellungsrunden im Dorfzentrum und in der Neudseddiner Schule absolviert. Gleich im Doppelpack kandieren die beiden auf der Liste der Unabhängigen Wählergruppe UWG. Doch bekannt wie ein bunter Hund sind die beiden Diplom-Verwaltungswirte in Seddiner See schon längst. Seit 2008 leben sie in der Gemeinde, zwei Jungs - vier und sechs Jahre alt - haben sie in der örtlichen Kita.

"Das kann so nicht weitergehen!"

Als Eltern wollen sie mitreden, mitgestalten: Carina Simmes wurde Sprecherin des Kita-Beirates. Bei der Mitgestaltung eines neuen Spielplatzes im Neubaugebiet aber kommt der erste Frust: "Da hatten wir die schriftliche Zusage des Bürgermeisters – und kaum waren wir im Urlaub, kommt ein Anruf: 'Hier wird gebaut'", erzählt Carina Simmes. "Das war das erste Mal, wo man sich hier wirklich geärgert hat." Eine weitere Eltern-Initiative für eine gemeindeeigene Schul-und Kitaküche nach dem Sodexo-Erdbeer-Skandal versandet erfolglos. Trotz breiter Unterstützung, beklagt Ralf Simmes: "Bei der Elterninitiative 'Wir kochen selbst' sind über 400 Unterschriften zusammengekommen", sagt der 51-Jährige. "Und das wird weggewischt – mit einem Satz: 'Nee, wir machen nichts, wir bauen nichts.' Und da haben wir gesagt, das kann so nicht weitergehen!"

Engagement, das ignoriert wird, und mangelnde Transparenz: Das werfen die UWG-Kandidaten den örtlichen Lokalpolitikern vor. Nach ihren Erfahrungen sehen sich Ralf und Carina Simmes regelrecht in die Politik getrieben. Denn: "Politik muss die Bürger ernstnehmen. Wir wünschen uns mehr Demokratieverständnis", fordert die 37-jährige Carina Simmes. Zusammen mit ihrem Mann nimmt sie es nun mit der Politik ernst. Aus engagierten Eltern wollen Lokalpolitiker werden, die in die Gemeindevertretung in Seddiner See frischen Wind bringen: "Wir wollen mitarbeiten, wir wollen den Ort hier kreativ verändern, das ist unser Ziel."

Ziel: Bessere Einbindung der Bürger

Sollten sie gewählt werden, wollen sie sich unter anderem für eine transparente Kostenkalkulation einer gemeindeeigenen Schul- und Kitaküche einsetzen. Ebenfalls auf ihrer Liste: eine bessere Schulweg-Sicherung, nachdem es mehrere Verkehrsunfälle mit Kindern gab. Ihre weiteren Vorschläge: ein barrierefreier Zugang zum Regional-Bahnsteig Neuseddin, verbesserte Bahn- und Busverbindungen für die gesamte Gemeinde und vor allem eine bessere Einbindung der Bürger und deren Initiativen in kommunale Entscheidungen. Aber Carina und Ralf Simmes wollen noch mehr: Neben der Gemeindevertretung in Seddiner See kandidieren sie auch für einen Sitz im Kreistag - auf der Liste der BVB/Freie Wähler.

Beitrag von Susanne Hakenjos

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