Stimmenfang in Brandenburg - Schein-Kandidaturen bei den Kommunalwahlen?

Di 15.04.14 | 16:22 Uhr | Von Tina Rohowski
Brandenburg aktuell | 15.04.2014 | Tina Rohowski

Am 25. Mai werden Brandenburgs Kreistage und Stadtverordnetenversammlungen gewählt. Auf den Wahlplakaten im Land sind bekannte Gesichter zu sehen. Doch stellen sich die Polit-Promis wirklich zur Wahl? Wenn Sie Landräte oder Oberbürgermeister sind, dürfen sie das Mandat nämlich gar nicht annehmen. Kritiker sprechen von Wählertäuschung. Von Tina Rohowski

Am 25. Mai, dem Tag der Europawahl, finden in Brandenburg auch Kommunalwahlen statt. Auf den Wahlplakaten sieht man viele bekannte Politiker, die derzeit auf Stimmenfang sind: Doch einige der Polit-Promis dürften das Mandat nach der Wahl gar nicht annehmen. Zum Beispiel: Dietlind Tiemann (CDU), Oberbürgermeisterin von Brandenburg an der Havel.

Ist das nun ein Trick, um für ihre Partei ein paar Prozente mehr einzufahren? Tiemann bestreitet das und interpretiert die Kommunalwahl zum persönlichen Stimmungstest um: "Insofern ist es für mich selbstverständlich, dass ich mich wiederum meinen Bürgern, also Wählern, stelle und sage: Seid ihr einverstanden mit dem, was in Brandenburg an der Havel doch wesentlich durch mich mit geprägt wird?"

Zugpferde müssen ihr Mandat weitergeben

Kritiker sprechen von Schein-Kandidaturen: Denn Oberbürgermeister oder Landräte haben aufgrund ihres Amtes automatisch einen Sitz im Kommunalparlament. Auf einen zweiten Sitz gewählt zu werden, das ist weder erlaubt noch vorgesehen. Daher müssen die Zugpferde ihr Mandat nach der Wahl an Parteifreunde weitergeben, die auf den Wahlplakaten gar nicht auftauchen.

So wird es nicht nur Dietlind Tiemann machen, sondern vor allem die SPD. Zwei Landräte, Burkhard Schröder und Karl-Heinz Schröter, treten bei der Kommunalwahl an, außerdem der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs. In der Landeshauptstadt werben die Sozialdemokraten massiv mit Jakobs als "ihr Kandidat für uns".

Kleine Parteien sprechen von Wählertäuschung

Viele kleinere Parteien ärgern sich über diese Art der Wahlkampf-Praxis und empfinden dies als Wählertäuschung. Peter Vida (Freie Wähler), Kandidat im Barnim: "Das ist juristisch möglich, aber politisch verwerflich, da es den Menschen etwas suggeriert, was nicht der Fall ist."

Auch vier Minister der rot-roten Koalition treten an und stehen im Verdacht, nur Scheinkandidaten zu sein: Im Gegensatz zu Landräten oder Oberbürgermeistern dürfen sie die Wahl in ein Kommunalparlament zwar annehmen – aber werden sie sich trotz Terminstress in den Kreistagen die Abende um die Ohren schlagen?

Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) sieht da kein Problem: "Also wenn ich mich aufstellen ließ, dann habe ich in der Regel auch dazu gestanden und habe das Mandat angenommen. Es kann im Laufe der Legislaturperiode immer etwas sein, was dazu führt, dass man es nicht mehr macht."

Änderungen vorerst nicht in Sicht

Die Diskussion um die falschen Zugpferde gibt es übrigens nicht zum ersten Mal bei einer Brandenburger Kommunalwahl – und das könnte auch so bleiben, jedenfalls, wenn es nach Dietlind Tiemann ginge: "Diejenigen, die bei jeder Kommunalwahl anfangen zu diskutieren, sollten sich dann an den Gesetzgeber wenden und sagen, wir wünschen uns was anderes. Dafür, wissen wir, ist ein Landtag zuständig."

Ganz anders sieht es Peter Vida, aber er ist skeptisch: "Insofern wäre es auch unter diesem Blickwinkel sehr wünschenswert, wenn es da klare gesetzliche Regelungen gibt, nur da ist dann auch der Landtag gefragt und damit teilweise die Leute, die genau diese Tricks jetzt machen."

Rechtlich etwas zu ändern - dafür gibt es bislang keine konkreten Pläne im Landtag. Scheinkandidat oder nicht, das könnte also auch bei der nächsten Kommunalwahl für Verwirrung sorgen.

Beitrag von Tina Rohowski

Nächster Artikel