Entscheidung des Verwaltungsgerichtes - Diesel-Fahrverbote würden vor allem kleine Betriebe treffen

Mo 08.10.18 | 06:31 Uhr | Von Thorsten Gabriel
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Symbolbild- Ein Auto fährt in der Karl-Marx-Allee in Berlin-Mitte (Bild: imago/Bernd Friedel)
Audio: Inforadio | 06.10.2018 | Thorsten Gabriel | Bild: imago/Bernd Friedel

Am Dienstag schlägt die Stunde der Wahrheit: Das Verwaltungsgericht entscheidet über eine Klage der Deutschen Umwelthilfe, die Diesel-Fahrverbote für die Berliner Innenstadt fordert. Vor allem kleinere Betriebe hoffen, dass es nicht so kommt. Von Thorsten Gabriel

Kleinere Handwerksbetriebe und Gewerbetreibende sind in Sorge: Am Dienstag wird das Berliner Verwaltungsgericht darüber entscheiden, ob in der Innenstadt Fahrverbote für Diesel-Autos verhängt werden müssen. Hintergrund sind die EU-Grenzwerte für Stickoxide, die in Berlin vielerorts überschritten werden.

"Euro-4-Diesel demnächst wegschmeißen"

Wenn es zu Fahrverboten käme, wie sie vom Senat bereits geplant sind, hätten gerade gerade kleinrere Betriebe ein massives Problem, so auch der Klempnerbetrieb von Thomas Steffan-Karasch. "Das hier ist ein Euro-4-Fahrzeug. Funktioniert seit über zehn Jahren hervorragend. Das werde ich ja demnächst wegschmeißen können, weil wir, naja, Sie wissen schon."

Thomas Steffan-Karasch ist Klempner und betreibt seit 15 Jahren einen Installateurbetrieb in Berlin-Steglitz mit zehn Monteuren und sieben Fahrzeugen - alles Diesel.

Klempner Karasch fordert "vernünftige Übergangsfristen"

Einige dieser Autos erfüllen nur die Euro-4-Norm, andere genügen bereits der Stufe 5. Neuere und angeblich sauberere Euro-6-Diesel zählen nicht zum Fuhrpark. Und was wäre, wenn es wirklich zu Fahrverboten käme?

Das hieße, "dass Kunden wegbrechen", sagt Karasch. "Dass Arbeit wegfällt, dass vielleicht ein Arbeitsplatz wegfällt." Deshalb hat Steffan-Karasch klare Erwartungen an Politik und Autoindustrie. Seiner Meinung nach muss es nicht nur "vernünftige Übergangsfristen" geben, sondern auch attraktivere Angebote der Hersteller: "Rabatte, Nachlässe, irgendetwas, dass man wenigstens ein vernünftiges Signal setzt und sagt, okay, Leute, ihr seid nicht allein gelassen."

Verkehrssenatorin sagt Ausnahmen zu

Genau so ein Signal will Berlins parteilose Umwelt- und Verkehrssenatorin Regine Günther setzen. Zwar bereitet ihre Verwaltung angesichts des drohenden Gerichtsurteils bereits Diesel-Fahrverbote vor, gleichzeitig sieht die von den Grünen nominierte Senatorin aber auch die Not der Handwerksbetriebe.

"Sowohl die Autoindustrie als auch die Bundesregierung haben genau diese Menschen alleine gelassen. Wir werden diese Betriebe nicht alleine lassen", sagte Günther am Freitag dem rbb. "Wir denken, wenn wir Fahrverbote verhängen müssten, über Ausnahmen nach. Für uns ist der Wirtschaftsverkehr sehr wichtig und da können sich die Handwerksbetriebe drauf verlassen", ergänzte Günther in der rbb-Abendschau.

CDU fürchtet negative Nebeneffekte

Ein Fahrverbot für Diesel-Fahrzeuge innerhalb des gesamten S-Bahn-Rings, wie es die vor Gericht klagende Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert, hält die Verkehrssenatorin nach wie vor nicht für verhältnismäßig. Stattdessen nimmt Berlin einzelne Straßenabschnitte in den Fokus, um sie gegebenenfalls für Dieselfahrzeuge zu sperren.

Dies allerdings, so befürchtet der verkehrspolitische Sprecher der oppositionellen CDU, Oliver Friederici, könnte negative Nebeneffekte zur Folge haben. Fahrverbote würden dazu führen, dass ich die Autofahrer Umwege suchen, zum Beispiel durch Wohngebiete oder über andere Straßen, so dass sich die Probleme nur verlagerten. "Es darf nicht sein, dass Fahrverbote in bestimmten Straßen dazu führen, dass Menschen in anderen Bereichen belastet werden", sagte Friederici Ende der vergangenen Woche.

SPD hat auch keine Lösung parat

Auch im Regierungslager sieht man solche Probleme. Doch der Umweltexperte der SPD-Fraktion, Daniel Buchholz, gibt zu bedenken: Städte wie Berlin hätten nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, um die Luftschadstoffe schnell und effektiv zu reduzieren. Niemand wolle zwingend Fahrverbote aussprechen, denn das würde "ein kleines Chaos verursachen", sagt der SPD-Politker. Andererseits ist auch er "ein wenig ratlos", wie man die Diesel-Problematik in den Griff bekommen soll.

Beitrag von Thorsten Gabriel

25 Kommentare

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  1. 25.

    Auf den Punkt gebracht ! E-Autos sind zudem nicht nur wegen der umweltbelastenden Stromerzeugung ökologischer Bullshit, sondern auch wegen der Herstellung der Akkus und vor allem deren Entsorgung. Schieben wir unseren Dreck dann wieder nach Afrika oder Asien ab? Man kann nur noch den Kopf schütteln.

  2. 24.

    Warum glauben alle den Grünen, der Deutschen Umwelthilfe und dem BUND sowie anderen Umweltorganisationen statt sich nachweisbarer Fakten zu beziehen. Die Luft wird nicht sauberer, wenn wir den PKW-Verkehr reduzieren, denn der macht bei der Umweltverschmutzung und hier bei den Stickoxyden nur etwa 10 % aus. Diesel sind bei den PKW sauberer als Benziner (außer Stickoxyde). Stickoxyde spielen nur durch den VW-Skandal eine Rolle aber nicht durch Gesundheitsbetrachtungen, denn am Arbeitsplatz dürfen 25 mal höhere Messwerte bestehen. Feinstaub und CO2 sind bei Benzinern deutlich höher und letzteres ist für den Klimawandel Grundlage. Ganz sauber wird man nur mit alternativen Antrieben aber nicht mit aktuellen E-Fahrzeugen, denn woher kommt der Strom.

  3. 23.

    Was immer untergeht: Selbstverständlich wird es begründete Ausnahmen geben. Es wird schätzungsweise jedes 5. Fahrzeug darunter fallen und das betrifft eben die hier angeführten Kleinbetriebe. Die restlichen 4/5, die aus rein privaten Zwecken in den S-Bahn-Ring hineinfahren bzw. die genannten Straßen befahren, sind immer noch genug, dass deren Ausbleiben den wünschenswerten Effekt hat. Ich weiß nicht, weshalb sich kleine Gewerbetreibende immer wieder vor so mancherlei Karren spannen lassen, von Menschen, denen es auf Gedeih und Verderb nur um "Sieg" oder "Niederlage" geht, nicht aber um Gestaltung. Bei so wenig gezeigter Phantasie und so wenig Vertrauen der Inhaber ist es um deren Gewerbe tatsächlich schlecht bestellt. Allerdings nicht durch äußere Faktoren, sondern selbstgemacht.

  4. 22.

    Der Diesel wurde/wird doch wegen steuerlichen Vorteilen und geringerer KFZ Steuer gekauft und nicht wegen Umweltschutz.

  5. 21.

    Ich bin einer der Handwerker die Ihrer Meinung nach so unverschämte Preise nehmen. Dazu kann man nur sagen: ganz schön viel Meinung für so wenig Ahnung. Schon mal überlegt wie die Bruttokosten Ihres Gehaltes sind? Oder wie teuer so eine Werkzeugausstattung ist?
    Jetzt soll ich kurz mal fünf neue Fahrzeuge kaufen, wie teuer wird die Handwerkerstunde dann? Ps und meine Autos sind maximal fünf Jahre alt- damals waren die Autos umwelttechnisch vorbildlich. Und nun sind die Halter daran schuld.

  6. 20.

    Die Autogazaette behauptet dies

    https://www.autogazette.de/daimler/scania/nutzfahrzeuge/hohe-preisdifferenz-zwischen-erdgas-und-diesel-lkw-525217.html

  7. 19.

    Der Schwindel wurde von der deutschen Regierung stillschweigend geduldet, ja gefördert.

    Aufgeflogen ist der Betrug nicht durch deutsche Behörden, sondern in den USA ließ sich die Behörde nicht abspeisen, und zeigte mit eigenen Messungen den Betrug von deutschen PKWs. während in Deutschland dem TÜV von Gesetzes wegen eine realistische Messung der Abgaswerte untersagt wurde.

    TÜV-Chef:

    <<Wir haben jahrelang darauf hingewiesen, dass die Motorsoftware Teil unseres Prüfauftrags werden muss. Ohne Erfolg. Die Hersteller haben gegenüber der Politik geltend gemacht, dass es sich bei der Motorsoftware um ein Betriebsgeheimnis handele. Nicht einmal uns, den vom Staat benannten Technischen Diensten, dürfe dies erlaubt werden. Die zuständigen Bundesministerien sind dem leider gefolgt.>>

    https://www.welt.de/wirtschaft/article149147139/TUEV-erhebt-schwere-Vorwuerfe-gegen-Bundesregierung.html

  8. 18.

    Alle sprechen über Kleinbetriebe etc, wer aber spricht über die Privatleute??? Leute, die den Diesel aus Gründen angeschafft haben, um u.a. auch sparsamer fahren zu können. Und wer bitte spricht über die Dieselfahrer, egal ob mit oder ohne Behinderungen, die in den Umweltzonen wohnen/arbeiten und sich kein anderes Auto leisten können/wollen, aber auf ein adäquates Fahrzeug angewiesen sind ???
    Bisher KEINE Sau, weder Politik,noch Automobilindustrie. Gibt's für dieses Klientel Ausnahmegenehmigungen oder anderweitige kostenlose Lösungen????

  9. 17.

    Wer hätte es nicht gerne gemütlicher, sauberer und ist möglichst nur umgeben von gepflegten und wohlerzogenen Menschen? Natürlich sollte an vielen Ecken und Enden für ein etwas kundenfreundlicheres Ambiente gesorgt werden. Es ist aber nicht flächendeckend an allen Bahnhöfen und Strecken alles total versifft und da wir nun einmal in einer Großstadt leben, in der sich alle Arten von Menschen tummeln darf das nicht als Argument dafür herhalten, die öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu nutzen. In allen Millionenstädten der Welt ist es so, dann würde dort auch niemand die Ubahn nutzen. In Paris, London und New York fährt der Großteil der Leute, die in der Innenstadt arbeiten mit der Ubahn und schaffen das auch.

  10. 16.

    Da hat ja die Autoindustrie sich genau richtig verhalten, der dumme einfache Bürger beklagt sich nicht bei den Verursachern, sondern bei der Politik. Als Konzertleitung würde ich in dem Fall auch nichts eingestehen und von einer Nachrüstung auch absehen.

  11. 15.

    "Diesel-Fahrverbote würden vor allem kleine Betriebe treffen " warum nicht gleich "Diesel-Fahrverbote würden vor allem Mütter und kleine Kinder treffen"

  12. 14.

    Sie meinen ernsthaft, es gibt ein "Weiter so!" nach dem Diesel-Skandal und man wird ohne ernsthafte Konsequenzen wie Fahrverbote auskommen? Und dass nicht die Autokonzerne, sondern eine Partei (sogar nur eine einzelne) daran Schuld hat?
    Warum versuchen hier so viele Foristen, mit teils abstrusen Argumente (5-DM-Benzinpreis und Co) von den wahren Schuldigen abzulenken?

  13. 13.

    Gerade das Beispiel Grenzwerte ist kein Gutes, denn die sind eben nicht vorgegeben. Die EU hat die Empfehlung der WHO auch mal eben zu 100% überschritten und zu hoch angesetzt. Das Problem aus Sicht einer WHO ist also eigentlich größer als das, was wir postulieren.

    Abgesehen davon, dass ich "Schuld" für ein schachsinniges in die Vergangenheit gerichtetes Konzept halte, ist die Lösungsunfähigkeit der Politik doch beklagenswert. Das Thema wurde über ein Jahrzehnt liegen gelassen, keine Partei hat einen umfassenden Lösungsansatz, der die Komplexität mit einbezieht. Was soll es denn nun sein? Fossiler Antrieb, Wsserstoff, elektrisch ... macht alles keinen Sinn, wenn wir es nicht zu Ende denken. Die Weizsäckerschen Umwelt-Ansätze (nicht der Ex-Präsident) FIPS und MIPS sind seit Ende der 80er bekannt, aber sie werden nicht genutzt, um umfassend nachhaltige Konzepte zu entwickeln und zu fördern. Es existiert kein Plan.

  14. 12.

    Lieber Mittelstand, liebe Gewerbetreibende, liebe Lieferfirmen der Geschäfte und Gaststätten, bitte, bitte, wenn das Dieselfahrverbot kommen sollte, dann einfach mal an den "Grenzen" stehen bleiben.
    Mal sehen was die Bevölkerung, die ganzen Touristen sagen wenn nichts zum Essen, trinken oder was sonst noch nicht mehr zu kaufen gibt, die Baustellen dann ruhen.
    Mal sehen ob dann die DUH den Transport organisiert ????

  15. 11.

    Die Politik und die Automobilindustrie haben über Jahre hinweg total versagt. Ausbaden sollen es die gutgläubigen Autofahrer, die sich immer darauf verlassen haben das alles rechtens ist. Und genau das ist eine große Schweinerei, fördert mehr und mehr Politikverdrossenheit. Ich bin gespannt ob nicht große Autohersteller ihre Niederlassungen demnächst in Berlin eventuell schließen und ins Umland abwandern. Auch kleinere Betriebe welche nicht über eine genügend große Kapitaldecke verfügen könnten sich in den sogenannten Speckgürtel absetzen, denn dort wurde und wird ja sehr viel gebaut mit dann einem neuen Kundenkreis.

  16. 10.

    Zudem können die saubereren CNG-Fahrzeuge betriebswirtschaftlich günstig geleast werden. Zur Umstellung könnten Dialogrunden mit kleinen und mittelständischen Betrieben die bereits auf CNG-Fahrzeuge und z.B. E-Fahrzeuge umgestellt haben Sinn machen, denn es gilt weiterhin: "Was der Bauer nicht kennt, ..." Ein Austausch mit anderen Firmen, die bereits positive Erfahrungen macgen, wirkt manchmal Wunder - und rechnet sich auch! Auch die IHK kann hier mit positivem Beispiel vorangehen, statt nur auf Ausnahmegenehmigungen für Deckschleudern zu pochen. Letzlich kann das auch ein Imagegewinn und Wettbewerbsvorteil sein. Siehe "Umwelttaxis", die stärker nachgefragt werden - und seltener in der Werkstatt rumstehen.

  17. 9.

    Wieso hat die Regierung Schuld, wenn die Autohersteller Betrugs-Software in ihre Fahrzeuge einbauen?
    Viele der Grenzwert-Vorgaben kommen (zum Glück) von der EU uns sind seit Jahren bekannt, da gibt es auch nicht viel zu verhandeln mit weiteren Übergangsfristen.
    Und die Betriebe mit finanziellen Problemen aufgrund manipulierter Abgaswerte werden sich hoffentlich von den direkten Verursachern der Probleme, der Autoindustrie, entschädigen lassen können.

  18. 8.

    Darum immer schön die Grünen wählen, der Bürger ist ja so vergesslich, wem haben wir die Ökö Steuer zu verdanken wem wohl die künftigen Fahrverbote ??? wer hat damals gesagt Benzin muß 5,. DM kosten man sehe sich die Sprit Preise an weit ist es nicht mehr hin.

  19. 7.

    Herr oder Frau Glatzel, von welchen Mehrkosten sprechen Sie? Und wie kommen Sie auf 30.000 bis 50.000 EUR? Die CNG-Fahrzeuge kosten nur geringfügig mehr als der jeweils vergleichbare Benziner, manchmal sogar genau gleich viel. Die Steuern sind viel niedriger als beim Diesel, und der Kraftstoff ist ebenfalls viel billiger. Für Handwerker, die kleinere Fahrzeuge benötigen, bietet sich zum Beispiel der VW Caddy an. Und wenn es etwas größer sein muss, so etwa Sprinter-Größe, dann geht der Iveco Daily. Alles bezahlbar. Und gerade in Berlin haben wir nun wirklich viele CNG-Tankstellen, da muss man sich über angeblich fehlende Infrastruktur keine Sorgen machen. Alles nur Ausreden, um weiterhin Dieselabgase produzieren zu dürfen.

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