Corona-Krise - In Berlin werden vorerst keine Wohnungen geräumt

Di 24.03.20 | 16:00 Uhr
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"Räumung is nich!" steht in Berlin auf einem Banner an einem Haus, in dem geräumt werden soll (Quelle: dpa/Schuh).
Audio: Inforadio | 24.03.2020 | Nina Amin | Bild: Archivfoto, dpa / Florian Schuh

In der Corona-Krise raus aus der Wohnung, weil die Miete nicht bezahlt wurde? Vorerst muss sich diese Sorgen in Berlin niemand machen, teilte der Justizsenat am Dienstag mit. Auch unbezahlte Gas-, Wasser- und Stromrechnungen haben vorerst keine Folgen.

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In Berlin werden bis auf Weiteres keine Wohnungen geräumt. Auch wer seine Wasser-, Strom- oder Gasrechnung nicht bezahlt hat, muss sich keine Sorgen machen. Das teilten Stadtentwicklungs-senatorin Katrin Lompscher (Die Linke) und Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) am Dienstag auf einer Pressekonferenz mit.

So habe der Senat Maßnahmen beschlossen, den Mieterschutz für die Dauer der Corona-Krise zu verbessern und Wohnungsverlust zu vermeiden. "Zur Eindämmung der Corona-Pandemie ist es von äußerster Dringlichkeit, dass die Menschen sich überwiegend in ihren Wohnungen aufhalten", sagte Lompscher. Deshalb sei es wichtig, den "Mietern Sicherheit in Bezug auf den Erhalt ihrer Wohnung zu geben". Solidarität dürfe "keine leere Worthülse sein", so Lompscher weiter.

"Kulante Lösungen" für Mieter städtischer Wohnungen

Sollten Mieter bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften und der Berlinovo ihre Miete nicht bezahlen können, würden "individuelle und kulante" Lösungen vereinbart werden, wie es in einer Mitteilung der Justizverwaltung heißt. Deshalb würden keine Kündigungen wegen Zahlungsrückständen ausgesprochen. Gleiches gelte für Gewerberäume.

An die privaten Vermieter in Berlin appelliere der Senat, in gleicher Weise zu verfahren. Für die Dauer der Corona-Krise werde der Senat auf die Versorgungsunternehmen darauf hinwirken, dass auf Strom- und Gassperren verzichtet werde.

Behrendt sagte: "Angesichts der wirtschaftlichen Folgen dieser Pandemie erleiden Millionen Menschen enorme finanzielle Einbußen." Es wäre sehr hart für diese Menschen, wenn sie auch noch ihr "Dach über den Kopf verlieren". Daher bräuchten Mieter dringend besseren Schutz.

Auch Zählersperrungen ausgesetzt

Auf Anfrage von rbb24 Recherche teilte die Senatsjustizverwaltung mit, alle Berliner Amtsgerichte, die für Vollstreckungsmaßnahmen zuständig sind, hätten entsprechende Regelungen erlassen. So habe das Amtsgericht Köpenick den Gerichtsvollzieherinnen und -vollziehern empfohlen, den Außendienst "weitestgehend einzustellen", jeder Kontakt mit Schuldnern oder Gläubigern solle vermieden werden. Auch bereits angesetzte Termine seien nach Rücksprache mit den Gläubigern abgesagt worden.

Von den Maßnahmen profitieren auch all jene, die mit der Bezahlung ihrer Gas-, Wasser oder Stromrechnungen im Rückstand waren. Für den Bereich des Amtsgerichts Charlottenburg gilt, dass Zählersperrungen ausgesetzt werden, "da bei diesen Vollstreckungen in Anbetracht der derzeitigen besonderen Lage" von einer besonderen "Härte für die Schuldnerinnen und Schuldner" auszugehen sei, hieß es vom Amtsgericht Charlottenburg.

In Neukölln wurden Termine vorläufig abgesagt und verschoben. Ähnlich oder gleichlautend sind die Anordnungen der Amtsgerichte Pankow/Weißensee, Schöneberg, Spandau, Mitte, Tempelhof-Kreuzberg und Wedding. Lichtenberg hat keine besondere Anordnung für Zählersperrungen erlassen, da die GASAG darum gebeten haben soll, "bis zum 20.04.2020 keine Zählersperrungen zu terminieren".

Bis wann die Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt werden, ist jedoch nicht einheitlich geregelt. In Spandau wird bis zum 19. April nicht vollstreckt, in Wedding nur bis zum 17. April, andere Amtsgerichte haben keine Angaben zu den Befristungen gemacht.

Finanzämter stellen Vollstreckungsverfahren nicht generell ein

Bei den Berliner Finanzämtern ist die Regelung nicht ganz so eindeutig. Von dort heißt es: "Fortlaufende Einnahmen sind wichtig, um die Liquidität sicherzustellen und die Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens zu erhalten." Deshalb seien Erhebungs- und Vollstreckungsverfahren der Berliner Finanzämter nicht generell eingestellt.

Anders als die Energieversorger oder Vermieter können die Finanzämter bei offenen Steuerforderungen direkt Kontensperrungen der säumigen Zahler veranlassen. Allerdings, so heißt es aus der Senatsverwaltung für Finanzen, haben Bund und Länder steuerliche Maßnahmen wegen der Corona-Krise beschlossen. "Danach können diejenigen, die unmittelbar von der Corona-Pandemie betroffen sind, Billigkeitsmaßnahmen wie Stundung, Herabsetzung von Steuervorauszahlungen und Vollstreckungsaufschub leichter beantragen." Dies sei auch über das elektronische Elster-System möglich, da die "Anrufzahlen und die damit einhergehende Auslastung der Telefonnetze" deutlich gestiegen seien und nicht gewährleistet sei, dass jeder Anrufer durchkommt.

Sendung: Abendschau, 24.03.2020, 19:30 Uhr

9 Kommentare

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  1. 9.

    Det is Berlin. Da kann Zille, bald wieder malen. Berlin, det arme Nest. Räumung is nich, Miete zahlen aber och nich. Jehn wa Alle uff de Strasse, wie de Bordsteinschwalben. Ick lach ma schief. Miete zahlen, brauchen wir nicht mehr und Arbeit haben wir auch bald keine mehr. Det is Berlin.

  2. 8.

    Erst einmal eine gute Entscheidung. Viele Menschen in Kurzarbeit oder ohne Einkommen durch Selbstständigkeit wird der Übergang und die Stundung helfen. Hoffentlich ist das kein falsches Signal für die Menschen, die bereits die Miete vom Jobcenter überwiesen bekommen. Jeder muss sich darüber im Klaren sein, es ist eine Stundung und kein Selbstbedienungsladen!

  3. 5.

    Ich habe Verständnis, dass die Zahlungen von Miete etc. bei Verdienstausfall schwierig werden. Trotzdem vergisst man hier auch einen Blick auf die Vermieter, die auf die Einnahmen der Mieten angewiesen sind. Hier geht immer noch das Schubladendenken herum, dass Vermieter immer reich und Mieter immer arm seien. Dem ist aber nicht so. Nach meiner Meinung sollen in dieser Krisenzeit nicht unbedingt die Mieter an die Kandarre genommen werden, sondern es sollte sich der Senat etwas zur Überbrückung, zum Ausgleich, ... auch für die Vermieter überlegen.

  4. 4.

    Na bitte, ab sofort werden die Mietnomaden jede Zahlung einstellen. Es passiert ja nichts mehr und es lebt sich völlig ungeniert.
    Glückwunsch für den Rundschlag.

  5. 3.

    Was soll denn ein solcher Kommentar?
    Traurig, dass es solche Menschen in Berlin gibt, die die Not und das Leid anderer nicht verstehen!

  6. 2.

    Es handelt sich um ein älteres Foto aus dem Archiv, noch aus Zeiten, bevor die Coronakrise in Deutschland ankam. Hätte der RBB vielleicht kenntlich mach sollen.

  7. 1.

    Typen, die solche Fetzen jetzt an den Fenstern haben legen es doch drauf an. Corona hin oder her.

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