Zuschüsse in Höhe von 105 Millionen Euro - Senat beschließt Soforthilfe für Kultur und Mittelstand

Do 09.04.20 | 16:29 Uhr
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26.03.2020, Berlin: Auf einem Plakat an einer Straße in Kreuzberg steht "Jetzt oder nie mehr #Clubkultur retten! #Arbeitsplätze sichern! #Kunst und Kultur in Berlin erhalten" #wir fordern Mietenübernahme vom Senat - Jetzt!" (Quelle: dpa/Pedersen)
Ausio: Inforadio | 09.04.2020 | Thorsten Gabriel | Bild: dpa/Pedersen

Kurz vor Ostern ist der Senat zu einer Sondersitzung zusammengekommen: Zusätzliche Quarantäne-Regeln für Einreisende wurden beschlossen; sowie Soforthilfen für private Kulturbetriebe und den Mittelstand im Umfang von mehr als 100 Millionen Euro.

Der Berliner Senat hat am Donnerstag in einer Sondersitzung weitere Soforthilfeprogramme in Höhe von rund 105 Millionen Euro beschlossen. Das erklärten der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) und Kultursenator Klaus Lederer (Linke) am Donnerstag im Anschluss an die Sondersitzung auf einer Senats-Pressekonferenz.

30 Millionen sollen privaten Kulturbetrieben wie Varietés, Clubs und Live-Spielstätten zugutekommen, die wegen der Corona-Krise schließen mussten.

Weitere 75 Millionen Euro stehen für mittelständische Unternehmen in der Stadt bereit, die zwischen elf und 100 Mitarbeiter haben. Ihnen hatten Bund und Land bislang den Zugang zu zinsgünstigen Krediten verschafft. Jetzt können sie Zuschüsse beantragen, die sie nicht zurückzahlen müssen. Im Durchschnitt sollen 25.000 Euro pro Unternehmen bereitstehen. Die Hilfen können je nach Unternehmen aber auch höher oder niedriger ausfallen.

Lederer bietet um etwas Geduld bis Programmstart

Denkbar sei auch die Gewährung von Tilgungszuschüssen für Kredite, erläuterte Pop. Für das Programm stehen 75 Millionen Euro bereit, es dürfte für bis zu 15.000 Unternehmen in Frage kommen.

Kultursenator Lederer sagte, die Hilfen seien unter anderem gedacht für private Kabaretts, Bühnen, Orchester, Clubs und Museen. Dadurch dass diese von einem Tag auf den anderen schließen mussten, seien keine Eintrittsgelder mehr geflossen. Das sei für private Anbieter noch kritischer als für öffentliche Einrichtungen. Kredite allein würden nicht ausreichen. Deshalb soll es nun Zuschüsse geben. Unterstützt werden sollen solche Kulturbetriebe, die von bisherigen Hilfen nicht oder nicht ausreichend erfasst sind. Dies soll vor allem solche mit mehr als zehn Mitarbeitern und bis zu zehn Millionen Euro Jahresumsatz betreffen.

Wie Lederer erläuterte, soll jeder Fall einzeln geprüft werden, um "Mitnahmeeffekte" und "Überkompensationen" zu verhindern. Gleichzeitig warb er um Geduld. "Es wird noch ein paar Tage dauern, bis wir das Programm ans Netz bringen." Es müsse seriös vorbereitet werden.

IHK spricht von bedrohten Existenzen

Pop und Lederer betonten ebenso wie Regierungschef Michael Müller (SPD), dass es dem Senat sehr wichtig sei, sowohl dem Mittelstand als auch Kulturbetrieben als tragende Säulen für Berlin in der Krise beizustehen. Allerdings müsse auch der Bund mehr tun, bemerkte Pop. Was bisher vom Bund komme, sei "ein bisschen dünne", ergänzte Lederer.

Die Zuschüsse von Bund und Land für Kleinstfirmen bis zu zehn Beschäftigten waren auf riesiges Interesse gestoßen. Seit Ende März flossen allein bis zum Beginn dieser Woche an 150.000 Selbstständige, Freiberufler und kleine Unternehmen in der Hauptstadt Zuschüsse von zusammen 1,3 Milliarden Euro. Jeder Antragsteller erhielt je nach Betriebsgröße bis zu 15.000 Euro.

Die Wirtschaft, allen voran die Industrie- und Handelskammer, dringt indes schon seit längerem auch auf Zuschüsse für größere Unternehmen des Mittelstands. Der bilde das Herz der Berliner Wirtschaft und sei nun vielfach in seiner Existenz bedroht.

Lederer nennt unrechtmäßige Anträge "asozial"

Unterdessen ermittelt das Berliner Landeskriminalamt in mehreren Fällen wegen Subventionsbetrugs bei Soforthilfen, wie ein Polizeisprecher auf DPA-Anfrage sagte. Es handele sich um eine "höhere einstellige Zahl" von Verfahren.

Lederer nannte es "asozial", Hilfen zu Unrecht einzustreichen und sie damit anderen vorzuenthalten, die sie vielleicht dringend für das wirtschaftliche Überleben brauchten. "Es wird Stichproben geben, und wer dabei erwischt wird, hat betrogen." Pop teilte mit, dass "einige Tausend Dubletten abgefangen" worden seien. Hier hätten also Menschen versucht, mehrmals Geld zu beantragen und mehrmals ihr Konto angegeben. "Man sollte nicht glauben, dass das unentdeckt bleibt."

Auch auf dem Landweg aus dem Ausland gilt Quarantäne

Desweiteren hat der Senat Beschlüsse in Landesrecht umgesetzt, auf die sich das Corona-Kabinett auf Bundesebene zuletzt geeinigt hat. Demnach sollen sich künftig auch Menschen in Quarantäne begeben, die auf dem Landweg aus dem Ausland nach Berlin kommen. Wer aus dem Ausland über die Flughäfen Tegel und Schönefeld in die Stadt kommt, ist bereits seit dem 3. April verpflichtet, eine 14-tägige häusliche Quarantäne einzuhalten. Bei Verstößen drohen bis zu 2.500 Euro Bußgeld. Es gibt aber Ausnahmen etwa für Diplomaten oder Personen, die aus beruflichen Gründen nach Berlin kommen.

Sendung: Abendschau, 09.04.2020, 19.30 Uhr

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11 Kommentare

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  1. 11.

    Alles sehr schön
    Aber hat auch jemand schon mal etwas vom Kurzarbeitergeld gehört
    Hat da schon jemand was bekommen und wenn es nur eine Nachricht ist denn an Geld wagt man gar nicht zu denken?
    Eigentlich ist das ja dafür gedacht den Unternehmen das Zahlen der Gehälter zu erleichtern
    Und wir haben das alle bestimmt schon im März beantragt und nun haben wir Mitte April
    Die kommen auch nicht in Schwung
    Schade

  2. 10.

    Wir wohnen in der Simon Dach Gegend und sind froh, dass es Dank Corona endlich weniger "Kultur" gibt. Dadurch ist unsere Gegend endlich lebenswert.

  3. 9.

    Kultur kann man nicht essen, sie macht kein Licht, wäscht keine Wäsche, in ihr kann man nicht wohnen und sie macht im Winter die Wohnung nicht warm.
    Und wegen der Quarantäne der Spargelstecher: die sind in Quarantäne und zwar auf dem Bauernhof wo sie arbeiten. Außerdem schaut euch mal die Berliner auf den Straßen an, denen die Gehwege plötzlich zu klein sind. DA ! stimmt was nicht mit "Quarantäne"

  4. 8.

    Kriminelle Energien wird es immer geben. Diese machen jedoch nur einen kleinen Prozentsatz aus. Gerade jetzt ist es wichtig, dass schnelle Hilfen kommen und eine Prüfung im Nachhinein passiert. Ob über Stichproben oder die Steuer für 2020 wird sich einiges relativieren. Ich finde diesen Schritt sehr begrüßenswert und sinnvoll. Der bisherige Generlverdacht und Papierkrieg wie bei den bisherigen Verfahren wäre für viele Unternehmen gerade der Todesstoß. Zudem habe ich noch nie Gelder vom Amt bezogen, ohne dass sie nach Auslaufen der Maßnahmen sich einen beträchtlichen Teil (wegen angeblichen Fehlberechnungen) wieder zurück forderten. Das wird dieses Mal ohne längere Prüfungen noch viel gravierender sein. Von daher: Es word sich relativieren.

  5. 7.

    Woher nimmt der Senat dieses Geld?
    Das fließt doch in Kanäle von Menschen, denen es gar nicht zusteht.
    Wäre es nicht möglich, wenn der Senat deren Rechnungen übernimmt, die Betroffenen Hartz4 bekommen?
    Hier kann man auch eine kurze Prüfung erwarten anstatt das alles auszuschütten. Das ist ja ein Paradies für Kriminelle.

  6. 5.

    @G.Schmitt: Ich wüsste nicht, dass das neue Soforthilfeprogramm das einzige ist, auf das die einzelnen Unternehmen zugreifen können - es ist doch gerade für jene Unternehmen gedacht, die von den ANDEREN Hilfsprogrammen und Kreditmöglichkeiten bisher NICHT profitieren konnten. Auch dieses Soforthilfeprogramm ist noch unterteilt, damit die einzelnen Summen (30 Mill./75 Mill.) gezielt jenen Bereichen (und zwar private!) zu Gute kommen, ohne einen massiven Konkurrenzdruck auszulösen. Ich denke, 30 Millionen Euro, die nicht zurückzuzahlen sind, dürften wohl für den gesamten privaten Kulturbereich deutlich helfen!

  7. 4.

    Wer entscheidet welche Kultureinrichtung tatsächlich Not leidet? Wer würde ohne Unterstützung kaputt geht? Eine Freundin von mir probt und tritt auf in einer kleinen Off-Bühne in Friedrichshain. Die sehen bestimmt kein Geld und werden die Krise nicht überleben. Clubs wie der Tresor, Sage oder Berghain bzw. andere Touristen-Magnete beantragen sicher Hilfe und werden großzügig bedacht obwohl sie nach der Krise reichlich Zulauf erhalten so dass vor der Tür wieder schön selektiert werden kann. Über Jahre wurden beträchtliche Summen in die Kassen gespült. Ein kleines Theater lebt von der Hand in den Mund, eine Techno-Großraumdisko mit 1.000 Gäste und mehr jeden Abend muss doch Gewinn abwerfen um Rücklagen zu bilden. Ich bin sehr für die Unterstützung von Kultur aber nicht für Großunternehmen, die damit hausieren gehen Kulturorte zu sein und eine Lobby hinter sich haben. Die namenlosen und Kleinen kommen unter die Räder. Die Schreihälse machen Profit..

  8. 3.

    @Kurt Wilhelm: ... soweit ich weiß, müssen die ausländischen Erntehelfer die ersten 14 Tage a) getrennt von den deutschen Erntehelfern untergebracht werden und b) andere Felder bearbeiten müssen als die deutschen Erntehelfer und c) sie dürfen den Gesamthof nicht verlassen. So wurde dies bereits beim Beschluss kommuniziert, der den ausländischen Erntehelfern die Einreise nun doch ermöglicht. (?) ... insoweit wären diese ja quasi in Quarantäne - oder nicht?

  9. 2.

    1. Was hat der Senat mit den Erntehelfern in BRANDENBURG zu tun?

    2. Die Erntehelfer müssen 14 Tage in Quarantäne

  10. 1.

    Ist doch paradox! Die einen können kommen, ohne Quarantäne, bloß weil sie den Spargel von den Feldern holen sollen und die, die normal einreisen, müssen 14 Tage in die Quarantäne! Was ist das für Schwachsinn? Weil sie auf die Felder gehen, sind es keine Corona-Überträger? Das sollte mal der Senat erklären! Natürlich sollte man den Spargel ernten, aber in Holland geht z.B. die ganze Blumenernte kaputt und das interessiert niemanden. Langsam kommt es dem normal denkenden Bürger vor, als ob hier das Denunziantentum die Oberhand bekommen hat!

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