Mehr als 60 Corona-Infizierte - Potsdam verhängt Aufnahmestopp für Bergmann-Klinikum

Mi 01.04.20 | 19:32 Uhr
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Archivbild: Klinikum Ernst von Bergmann, Charlottenstrasse Potsdam. (Quelle: imago images)
Video: Brandenburg Aktuell | 02.04.2020 | Tim Jaeger | Bild: imago images

Das Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikum kämpft gegen einen Ausbruch des Coronavirus innerhalb des Klinikums. Bei einer groß angelegten Test-Aktion kam heraus: Es gibt mehr als 60 Covid-19-Patienten. Deshalb wird die Klinik ab sofort keine neuen Patienten aufnehmen. 

Was Sie jetzt wissen müssen

Das Ernst-von-Bergmann-Klinikum, das größte Potsdamer Krankenhaus und Schwerpunktkrankenhaus der Region, nimmt wegen einer Häufung von Corona-Infizierten keine Patienten mehr auf. Das teilte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Potsdam mit. Wie lange die Maßnahmen gelten, sei noch offen. Am Freitag solle das Robert-Koch-Institut die Lage neu bewerten. "Die medizinische Versorgung in Potsdam und im Umland ist weiterhin gesichert“, sagte Schubert.

Sprunghafter Anstieg an Corona-Fällen seit Samstag

Wie die "Potsdamer Neueste Nachrichten" zuerst berichteten, verzeichnete das Krankenhaus seit Samstag einen sprunghaften Anstieg von Covid-19-Erkrankungen. 

Das Krankenhaus hatte am vergangenen Samstag die Tests auf das neuartige Coronavirus ausgeweitet. Grund für diesen Schritt war laut Bericht, dass in der Nacht zu Samstag plötzlich auffällig viele positive Corona-Testergebnisse innerhalb des Klinikums gemeldet worden waren. Wie die Medizinische Geschäftsführerin der Klinik, Dorothea Fischer, in der Pressekonferenz erklärte, waren zu diesem Zeitpunkt bereits 33 Patienten positiv auf das neuartige Virus getestet worden. Man habe dann beschlossen, alle 530 Patienten zu testen.

61 Covid-Patienten

Das Ergebnis: Mittlerweile gebe es 61 Covid-Patienten im Krankenhaus, so Fischer. "Die Patienten kommen von unterschiedlichen Stationen, viele von ihnen hatten gar keine Symptome." Elf Patienten werden auf der Intensivstation behandelt, zehn davon werden aktuell beatmet. Die anderen 50 Patienten werden auf der eigens hergerichten Corona-Station behandelt. "Wir isolieren die Patienten im Gebäude H", sagte Fischer. Auch das Krankenhausperonal unterzog sich einem Test. Drei Ärzte wurden ebenfalls positiv auf das Coronavirus getestet.

Das Klinikum Ernst von Bergmann ist nun unterteilt in einen separaten Bereich für Patienten mit dem Coronavirus und Bereiche für nicht infizierte Patienten. Zudem gibt es seit dem Wochenende ein erweitertes Abstrich-Management für alle Patienten und Mitarbeitende, die alle drei Tage auf das Virus getestet werden sollen. Damit sollen die Risiken einer Infektion im Krankenhaus weiter minimiert werden.

Die zuständige Amtsärztin, Kristina Böhm, betonte, dass das Klinikum nicht geschlossen sei, nur keine neuen Patienten aufnehme und es keine Verlegungen in die Klinik geben werde. Nur unabweisbare Notfälle wie etwa akuter Herzinfarkt und Frauen, die ein Kind bekommen, sollen noch in die Klinik dürfen, so Böhm. Jedoch seien Rettungswagen angehalten, die Klinik nicht anzufahren. Mediziner und anderes Personal darf das Ernst-von-Bergmann-Klinikum nur noch mit Mund- und Nasenschutz betreten. Besucher bleiben verboten. Böhm erläuterte, man habe sich für diesen Schritt entschieden, "um Ruhe in die Situation zu bringen". Die medizinische Versorgung sei weiterhin gesichert.

Zentrale Notaufnahme wird in das St. Josefs Krankenhaus verlegt

Die Medizinische Geschäftsführerin Dorothea Fischer ergänzte: Notfälle würden ab sofort in das Krankenhauses Alexianer St. Josef Potsdam gebracht. Das Personal dort sei mit Ärzten des Ernst-von-Bergmann-Klinikums aufgestockt worden. 

Wie die Stadtverwaltung am Mittwoch bekanntgab, werde die zentrale Notaufnahme in der Landeshauptstadt ab sofort in das Alexianer St. Josefs Krankenhaus in der Zimmerstraße verlegt. Das Bergmann-Klinikum stelle Personal zur Verfügung, um die Notaufnahme im St. Josefs zu verstärken. "Die Zusammenarbeit zwischen den Kliniken ist in dieser außergewöhnlichen Situation sehr wichtig. Nur im gemeinsamen Handeln haben wir die Chance, die lokalen Auswirkungen der Krise zu bewältigen", sagte Brigitte Meier, Beigeordnete und Leiterin des Corona-Verwaltungsstabes.

RKI soll Amtshilfe leisten

Am Montagmorgen meldete Oberbürgermeister Schubert zudem dem Landes-Krisenstab die auffällige Situation, am Abend schaltete Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) das Robert-Koch-Institut (RKI) ein, das nun Amtshilfe leisten soll. 

Das Ernst-von-Bergmann-Klinikum hatte Bereitschaft signalisiert, mit dem Coronavirus infizierte Patienten aus Italien aufnehmen zu wollen. Bislang seien keine Patienten aufgenommen worden, erklärte Schubert. Ob dies noch passiere, werde in enger Abstimmung mit den Experten besprochen und entschieden. 

Derzeit gibt es in Brandenburg 1.038 gemeldete Covid-19-Fälle, 77 Personen müssen in Krankenhäusern behandelt werden. Acht Menschen sind bislang gestorben.

Sendung: Antenne Brandenburg, 01.04.2020, 16 Uhr

30 Kommentare

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  1. 30.

    Wir haben mehr als 1 Krankenhaus in der Stadt. Wen stört es, wenn eines nur noch absolute Notfälle aufnimmt?

    Und das sich das Personal in einem Krankenhaus, bei der Behandlung einer hochinfektiösen Krankheit, irgendwann selbst ansteckt ist kaum verwunderlich.

    Das es immer mehr Fälle gibt auch nicht. Arbeite in einer Bäckerei als Verkäuferin. Wenn ich sehe wieviel Kuchen manche besonders zum Wochenende kaufen, wundert mich gar nichts. Das ist nicht die Menge für Vater, Mutter und die 1-3 Kinder. 10-15 Stück sind keine normale Menge!

    Wollte die eine ältere Dame, die für 20,- Kuchen gekauft hat schon fragen, ob ihre Verwandten aktive Sterbehilfe leisten wollen. Was bringt es wenn einige sich ans social Distancing halten und andere jeden und seinen Hamster treffen und einladen?

  2. 29.

    Sehe ich genauso am Ende werden hier Patienten gegen Patienten gerechnet, also wer ist der bessere, momentan der Corona Patient.
    Oder noch krasser oder etwas überspitzt formuliert, es werden jüngere für ältere geopfert.

  3. 28.

    Machen Sie diese Tests in allen Krankenhäuser bei allen Mitarbeitern und Patienten können Sie ALLE Krankenhäuser schließen. Es gibt Krankenhäuser da werden Mitarbeiter nicht über positive Test von Kollegen informiert.....

  4. 27.

    Testfreak? Damit steigern Sie nur die Fallzahlen. Dieser Kreislauf sollte eher mal durchbrochen werden. Wie lange wollen Sie denn alles einfrieren? Was nutzt ein Krankenhaus, das niemanden mehr aufnimmt? Op werden verschoben, obwohl sie notwendig wären. Nicht lebensnotwendig, aber trotzdem für die Gesundheit. Und die Ärzte des Klinikums werden nun wo anders tätig? Das ist alles nicht mehr nachvollziehbar

  5. 26.

    Hallo Peter, WARUM SOLLTE MAN DAS NICHT " AUSPLAUDERN, ES IST NUN MAL DER ZUSTAND UNSERER KLINIKEN!!! UND ICH FINDE, DAS SOLLTE JEDER WISSEN!

  6. 25.

    Die Aussage "Jemanden ohne Symptome zu testen ist unsinnig," kann man nicht so stehen lassen, denn auch als Person ohne Symptome kann ich infiziert sein und somit den Virus an andere weitergeben - gerade im Krankenhaus eine sehr gefährliche Sache. Und zweitens was sogar viel wichtiger ist die jetzigen Test haben nur ein sehr kurzes Zeitfenster in welchen die Infektion sicher erkannt wird. Davor und vor allem auch danach (der Körper bildet schon Antikörper) ist man Virusträger und kann andere infizieren. Daher werden bei dringenden Verdachtsfällen auch mehrere Tests durchgeführt (siehe Fr. Merkel) - Daher hilft in meinen Augen nur Testen Testen Testen, egal was WHO und RKI sagen.

  7. 24.

    Wenn Sie wirlkich in einer Klinik arbeiten würden, würden Sie nicht auf solch unseriöse Weise Interna aus dem OP in nem Internetforum ausplaudern...

  8. 23.

    Die Sterblichkeit wird in Prozent angegeben, die Absolutenzahlen liegen bei einer hoch infektiösen Krankheit aber nunmal höher. Als "Dr" müssten sie sowas doch wissen, oder ist das nur ein Synonym?

  9. 22.

    Ich glaube kaum, das ausländische Patienten aufgenommen werden, wenn die Krankenhäuser nicht den Platz für die nächsten Wochen hätten. Zudem müssen die Krankenhäuser auch immer noch wirtschaftlich denken. Ein belegter Platz bringt Einnahmen. Ist auch nicht verwerflich, wir leben letztlich im Kapitalismus.
    Ich finde es übrigens toll, dass man unsere Nachbarn hilft, das ist menschlich. Sie würde doch das selbe tun.

  10. 21.

    Ich lache mich tot, hehe, "auch Infizierte können mit Schutz arbeiten"
    Lieber Herr Toll, bitte besorgen sie uns die nötige Schutzausrüstung, dann machen wir das gerne! Ich arbeite in einer Klinik in Berlin , und bei uns im OP!! sind im Safe sind gerade mal 2 ffp3 Masken eingeschlossen, für Notfälle. Kittel werden auch knapp...mich wundert es nicht, dass gerade Altenheime und Kliniken das Virus stark verbreiten...Träumen sie weiter, Herr Toll!

  11. 20.

    Die Kapazitäten in Deutschland reichen bei weitem aus, einige Patient*innen aus Italien und Frankreich aufzunehmen. Menschrn sterben zu lassen, obwohl es freie Beatmungsgeräte gibt wäre unmenschlich. Und was das EvB-Klinikum angeht: Der vorübergehende Aufnahmestopp ist eine Sicherheitsmaßnahme, ohne dass die med. Versorgung in Potsdam auch nur annähernd gefährdet wäre. Das Klinikum hat absolut richtig gehandelt ALLE testen zu lassen und der Vorfall zeigt, dass die Testkapazitäten weiter ausgebaut werden müssen. Wenn ein Arzt oder eine Pflegekraft positiv ist, kann er*sie viele andere anstecken, also Krakenhaus- und Pflegepersonal regelmäßig testen!!

  12. 19.

    Sind nicht sinnvoll. Wir sollten uns nach der WHO richten. Damit die Welt nach gleichen Kriterien vorgeht. Aber im vorliegenden Fall ist das Klinikum sogar noch über das RKI hinaus gegangen. Wir Deutschen sind einfach zu besorgt und ängstlich. Man kann ein KH nicht für Neue schließen, wenn Kapazitäten vorhanden sind. Das ist in meinen Augen der falsche Weg. Jemanden ohne Symptome zu testen ist unsinnig,

  13. 18.

    Wie viele von den entdeckten Fällen wären entdeckt worden, wenn man sich nur an die RKI-Richtlinien gehalten hätte? Jedenfalls die Infizierten ohne Symptome wären ja wohl nie entdeckt worden. Sind die RKI-Richtlinien sinnvoll?

  14. 17.

    Klingt hart! Aber ich bin der Meinung man sollte sich das mit der Aufnahme Kranke aus anderen Ländern reiflich überlegen. Nicht, dass wir italienische Überlegungen anstellen, wer behandelt wird oder wer sterben soll. Und das meine ich bundesweit.

  15. 16.

    Es kann einfach nicht wahr sein, dass wegen einer Krankheit mit einer ziemlich geringen Sterblichkeit, die ohnehin in ganz D. herrscht, keine Patienten mehr in einem Krankenhaus mehr aufgenommen werden. Hier wird ein Vielfaches des Schadens angerichtet, den das Virus selbst verursacht.

  16. 15.

    Wochen nach Ausbruch der Krise werden nicht einmal die eigenen Mitarbeiter getestet. Armseliges Gesundheitswesen in armseligem Land! Mein Mitgefühl ist bei den Betroffenen, die sich aufgrund einer Notlage so einer Klinik anvertrauen mussten.

  17. 14.

    Die Mitte März getroffene Entscheidung, dass ca 20? medizinische Kontaktpersonen ersten Grades nach Behandlung eines zunächst nicht als Corona positiv erkannten Kindes im Klinikum Ernst von Bergmann nicht in Qurantäne geschickt worden sind (siehe rbb 24 Meldung vom 12.3.), scheint sich zu rächen - oder welche Erklärungen hat man zu diesem Ausbruch?

  18. 13.

    Nicht alle Mitarbeiter werden getestet, zum Beispiel Hol und Bringer Mitarbeitern und die von ZSVA die nicht nur kontaminierte Instrumenten aufbereiten.

  19. 12.

    Hallo, die Stadtverwaltung teilte dazu mit: Das Klinikum Ernst von Bergmann ist nun unterteilt in einen separaten Bereich für Patienten mit dem Coronavirus und Bereiche für nicht infizierte Patienten. Zudem gibt es seit dem Wochenende ein erweitertes Abstrich-Management für alle Patienten und Mitarbeitende, die alle drei Tage auf das Virus getestet werden sollen. Damit sollen die Risiken einer Infektion im Krankenhaus weiter minimiert werden. Beste Grüße und bleiben Sie gesund.

  20. 11.

    Sagen wir mal so, wer suchet, der findet. Ich arbeite selbst in diesem Krankenhaus und kann nur sagen: Bisher ist erst ein Bruchteill der Abteilungen und Mitarbeiter getestet worden, richtig spannend wird es, wenn mal alle Tests erfolgt sind.

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