Fridays for Future können nicht demonstrieren - Klimastreik auf Eis

Fr 10.04.20 | 17:56 Uhr
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Drei FFF-Aktivistinnen vor dem Brandenbruger Tor (Foto: rbb)
Video: rbb|24 | 10.04.2020 | Material: Abendschau | Bild: rbb

Im vergangenen Jahr haben Fridays for Future Zehntausende Menschen auf die Straße gebracht, jetzt ist es still um die Bewegung geworden. Der Straßenprotest ist qua Gesetz verstummt, nur online geht der Klimastreik weiter. Was sind die Strategien?

Straßendemonstrationen sind das "täglich Brot" für Fridays for Future. So formuliert es Luisa Neubauer von FFF Deutschland in einem Essay für Stern.de. Viel Aufmerksamkeit erntete die Bewegung zum Beispiel am 20. September mit 270.000 Menschen vor dem Brandenburger Tor.

Jetzt wird gefastet. Fridays for Future können sich im Moment nur von ihrer eigenen Filterblase in den sozialen Medien ernähren. Ihr Hashtag #netzstreikfürsklima werde eben hauptsächlich von den eigenen Anhängern wahrgenommen, so sehen es die Berliner Aktivistinnen Josi Hübner und Clara Mayer.

Der Frust überwiegt

Wer die Corona-Krise für seine politischen Ziele instrumentalisieren würde, kann sich ganz tief ins eigene Fleisch schneiden.

Was sollen die Klimaaktivisten auch sagen? Seht her, kaum noch Flugzeuge am Himmel, viel weniger Autos auf der Straße, nur hier und da Qualm aus den Schornsteinen der Fabriken. Seht her, so erholt sich die Natur während eines Lockdowns: saubere Gewässer in Venedig, weniger Stickoxid in der Berliner Silbersteinstraße, kaum Smog über Wuhan.

Das sagen Neubauer, Mayer und Hübner aber nicht. Der Preis der Gesundheit, der Wirtschaft und des Soziallebens ist viel zu hoch, um so zu argumentieren. Und ohnehin überwiegt der Frust.

Zwei statt zehntausende Mitstreiterinnen

Erinnerungen an damals, 2019: "Es war das Rausbrüllen. Wir hatten unsere Megaphone, wir hielten unsere Plakate hoch. Wir brüllten in die Menge, und das löste so viel von unserer Wut, von unserem Stress." Clara Mayer kommt zum rbb-Termin vors Brandenburger Tor, wo jetzt fast schon die Steppenhexen wie im Westernfilm umwehen, so leer ist es. Und sie bringt zwei, statt zehntausende Mitstreiterinnen mit. Und selbst das ist – rechtlich gesehen – eigentlich schon zu viel.

Jetzt säßen sie sonst alle zu Hause, manche bei sich auf dem Sofa mit Plakat in der Hand, Selfie, dann Upload auf Twitter. "Wir versuchen, mit dem Netzstreik ein Gemeinschaftsgefühl herzustellen, das ist ganz gut für uns. Aber politische Einflussnahme haben wir damit nicht. Es sieht halt niemand", sagt Josi Hübner.
 

politisch-korrekt und politisch-direkt

Politisch-korrekt haben sie Verständnis für die Maßnahmen und bekräftigen ihre Klimaschutz-Forderungen, ohne aber jemanden in die Pfanne zu hauen – schon gar nicht in Verbindung mit den Corona-Maßnahmen.

Politisch-direkt argumentiert dagegen Lisa Neubauer für Fridays for Future Deutschland. Sie gibt seit Tagen Interviews in den überregionalen Medien oder schreibt Essays. Ihre Kernaussagen:

- Statt dem Klima zu nutzen, könnte die Corona-Krise dem Klima letztlich mehr schaden – wenn danach die Wirtschaft wieder auf Hochtouren läuft und Gelder zur Belebung der Konjunktur nicht auch klimapolitisch eingesetzt würden.
- Die Coronakrise zeige: Wenn Gesellschaft und Politik es wirklich wollen, kann auf die Wissenschaft gehört und entschlossen gehandelt werden.
- Wie die Jungen jetzt für die Alten mitdenken und verzichten, sollen ältere Menschen nach der Krise die Jungen mitdenken

Im großen Informationskuchen sind die Thesen und Forderungen von Luisa Neubauer und den anderen FFF-Aktivisten nur Info-Krümel; so wie Aktionen, Werbung und Aufrufe von anderen Akteuren, denen es in der Aufmerksamkeitsökonomie ums wirtschaftliche Überleben geht, und zwar heute und jetzt.  

FFF müssen die Luft anhalten

Die Situation von Fridays for Future ist letztlich auf jede andere Bewegung und jeden anderen Protest übertragbar, der oder die jetzt nicht auf der Straße geht.

Für die Klimaaktivisten ist die Situation jedoch besonders paradox: Die Natur kann ein wenig aufatmen, zu einem extrem hohen Preis für Wirtschaft und Gesellschaft. Doch Fridays for Future müssen erstmal die Luft anhalten.
 

33 Kommentare

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  1. 33.

    Es ist ziemlich wurscht was ihr imaginärer Freund gehört haben will. Ob Harvey oder ein eingebildeter Gott, beide ändern nichts.

    Das Ziel ist noch lange nicht erreicht, denn nach der Krise werden die Leute weitermachen wie bisher. Und ob man seine Zukunft gestaltet indem man einer Agrarwirtschaft in Abhängigkeit von Chemiriesen in unterbezahlten Jobs hilft wage ich zu bezweifeln.

  2. 32.

    Der Liebe Gott hat Euch erhört:
    Flugzeuge am Boden, Kreuzfahrschiffe am Hafen und Quarantäne, Autos und Menschen zuhause.
    Ihr habe Euer Ziel erreicht. Dafür habe Ihr demonstiert. Uns jetzt! Ihr habt jetzt die Chance Eure Zukunft zu gestalten! Demonstrieren alleine reicht nicht. Regionale Landwirtschaft sucht dringend Erntehelfer!
    -
    Die Deutsche Umwelthilfe e.V. veröffentlicht keine aktuelle Daten über die Luftentwicklung von Jan. 2020 bis 13.4.2020.
    Warum nicht???

  3. 30.

    Das habe ich auch mitbekommen, dass sich das Stickoxid absolut nicht geändert hat, im Gegenteil.
    (Artikel FOCUS, 11.4.2020, 8:25)

  4. 28.

    Weniger Stickoxid? Woanders haben ich gerade gelesen, es hat sich nicht verändert. Wo bleiben denn die neuesten Zahlen dazu. Sonst berichtet der RBB auch über die Luftqualitätswerte.

  5. 27.

    Das wahre Leben, oh man. Ist das das, wo die Zahlen an Burn-Out-Patienten steigt, sich Leute verschulden, es prekäre Arbeitsverhältnisse gibt, Umweltzerstörung, Klimakrise mit Dürren und allerlei anderer Unwetterphenomäne, einige wenige Menschen Vermögen horten, viele andere Menschen nicht wissen wovon sie leben sollen?

    Dann würde ich sagen: Machen sie doch. Und ich hoffe sie machen weiter so.

  6. 26.

    Streik - ist z.Z. ja auch hohl.
    Außerdem stehen Abiturprüfungen ins Haus. Sie sollten lieber büffeln und sich dem wahren Leben stellen.

  7. 25.

    Ich bin zwar nicht der rbb aber dem Manne kann geholfen werden: https://www.kika.de/teletubbies/index.html :-D

    Im Ernst, der rbb macht was seine Aufgabe ist. Informieren. Was sie daraus machen bleibt ihnen überlassen.

  8. 24.

    „ Klimastreik auf Eis“... Aha. Lieber Whisky on the Rocks. Offenbar sucht die Medienlandschaft schon neue Themen.... FFF! Hertha/Union und die AfD. Und immer alles so geschrieben, dass die Leute aufeinander losgehen. Könnt Ihr mal was ausgleichendes schreiben RBB. Die Stimmung im Land ist schon schräg genug.

  9. 23.

    Das einzige was in ihrem "Beitrag" stimmt ist -ker. Akademiker kann es nicht sein, wenn man solche hanebüchenen und bekannten Vorurteile auf dem Niveau von KenFM verbreitet. Verschwörungstheorethi-ker trifft es eher.

    Fängt bei "Teenies" an, über Millionärs Dynastien und endet bei dem bekannten Vorwurf, die FfF Aktivisten wären selbst die schlimmsten Verpester der Umwelt. Fehlte nur noch das Fake Bild mit den Müllbergen.

    1. besteht FfF nicht nur aus der 23-jährigen Neubauer, 2. sind ihre Verschwörungstheorien längt widerlegt.

  10. 22.

    ".. speziell in China hat die Globalisierung zu deutlicher Verringerung der Armut geführt, ist das Durchschnittseinkommen enorm gestiegen und hat eine breite Mittelschicht hervor gebracht. "

    Man kann in einer Pfütze ertrinken die durchschnittlich nur 10cm tief ist. Das Armutsgefälle ist in China weiterhin erschreckend hoch.

    Dem Rest ihrer Ausführungen kann ich zustimmen, nur was ist ihre Schlußfolgerung daraus? Sie halten doch jetzt schon Mindestlohn und Hartz IV als Wirtschaftsbremsen.

  11. 21.

    Anregung für FFF: Öffentliche Hilfen nur für die Betriebe, die klimafreundlicher wirtschaften. FFF darf sich nicht durch Corona verdrängen lassen, ebenso wie die soziale Gerechtigkeit; Die Probleme sind weiterhin akut.

  12. 20.

    Der übergroße Ressourcenverbrauch ist aber weniger den bitterarmen Großfamilien geschuldet, deren Kinder für Rohstoffe für unsere Hightechgeräte aus unserem entsprechenden aMüll klauben, sondern unseren Ansprüchen. Die sind zu hinterfragen. Warum müssen Rosen aus Kenia eingeflogen werden, wo für deren Wachstum viel Wasser verbraucht und Menschen wie Umwelt mit Pestiziden vergiftet werden.

  13. 19.

    Es ist das falsche Wachstum auf das Sie schauen. Nicht das Bevölkerungswachstum ist das Problem sondern das Versprechen des ewigen Wirtschaftswachstums. Oder um es kurz zu sagen, der Kapitalismus. Aber auch das will niemand wahrhaben bzw. viel zu wenige. Die Menschen können sich eher einen apokalyptischen Untergang der Menschheit vorstellen als ein Leben ohne Kapitalismus (oder wie die Neoliberalen es nennen: "soziale" Marktwirtschaft).

  14. 18.

    Das Bevölkerungswachstum habe ich bewusst weggelassen.
    Die Forschung (und die hat zu oft recht behalten ) sagt das sich bei spätestens 11 Mrd. die Sache von selbst regelt.
    Bei Umschwenk auf Nachhaltigkeit ist auch die Versorgung kein Problem.
    Ein Kindpolitik...China wird massive Probleme bekommen wenn die Generation das entsprechende Alter hat.
    Wir brauchen ein anderes Gesellschafts/Wirtschaftssystem (keine DDR 2.0) solange das nicht verstanden wird kann es nur schlimmer werden.

  15. 17.

    Vergessen haben Sie aber bei Ihrer Aufzählung das exponentielle Bevölkerungswachstum auf unserer Erde, was unbedingt auch dazu gehört.
    1956 hatten wir weltweit 2,5 Milliarden, 1970 bereits 3,5 Milliarden und heute 2020 sind es inzwischen fast 8 Milliarden Menschen WELTWEIT mit stark steigender Tendenz.

  16. 16.

    Liebe Diskutanten,
    es wird weiter bergab gehen, weshalb?
    Corona ist eine Folge von:
    Wachstumswahnsinn der die Ressourcen von 3 Erden braucht
    Massentierhaltung
    Verschmutzte Meere
    Klimawandel
    Zu großen Teilen also Menschen gemacht.
    Aber ganz sicher nicht der Juden wie es in rechten Netzwerken zu finden ist.
    Der Klimawandel ist mit Abstand die größte Bedrohung. Z.Zt. noch zu wenig spürbar. Das kommt aber noch.
    Warum z. Bsp. kaufen Lebensmittelkonzerne Trinkwasser Ressourcen auf? Denkt mal drüber nach.
    Wir haben das Wissen und die Technik, etwas zu ändern warum handeln wir nicht?



  17. 15.

    Fridays for Future, Extinction Rebellion, die Gelbwesten in Frankreich sowie andere Protestbewegungen in Europa, wurden auf einen Schlag Schach matt gesetzt. Dadurch das sich die europäischen Staaten extrem verschulden, wird man sich auf Grund von Corona rechtfertigen, das keine finanziellen Mittel mehr für andere Zweige, außer der Wirtschaft, zur Verfügung stehen. Traurig aber wahr.

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