132 neue Plätze in Berlin - Giffey will Frauenhäuser stärken

Do 09.04.20 | 19:42 Uhr
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9.04.2020, Berlin: Franziska Giffey (SPD) (Quelle: dpa/Hilse)
Bild: dpa/Hilse

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey bezeichnet Frauenhäuser als systemrelevant. Berlin stellt neue Schutzunterkunft zur Verfügung, da Frauenhäuser zuletzt gezwungen waren, Frauen und Kinder in Not abzuweisen, weil es an freien Plätzen fehlte.

Was Sie jetzt wissen müssen

Familien- und Seniorenministerin Franziska Giffey (SPD) hat die Regierungen der Bundesländer dazu aufgerufen, Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen als systemrelevant einzustufen. Die Arbeit der Einrichtungen könne in der Corona-Krise nur aufrechterhalten werden, wenn sie über Infektionsschutzmittel verfügten und die Mitarbeiter ihre Kinder in die Notfallbetreuung geben könnten, sagte Giffey am Donnerstag in Berlin. "Die Frauenhäuser und Fachberatungsstellen sind die wichtigen Einrichtungen, um Frauen zu helfen, die häusliche Gewalt erfahren", so Giffey weiter.

Die Ministerin sagte, sie rechne damit, dass häusliche Gewalt infolge der Kontaktsperren und Ausgangsbeschränkungen in der Corona-Krise zugenommen hat. "Wie sehr sich die Lage in den eigenen vier Wänden in den vergangenen Wochen verschärft hat, wissen wir womöglich erst nach Ende der Krise", sagte Giffey. Häufig meldeten sich die betroffenen Frauen erst mit Verzögerung.

Berlin: Zusätzlich 132 Plätze für Frauen und Kinder

Berlin folgte dem Aufruf und stellt seit Donnerstag eine zusätzliche Schutzunterkunft für Frauen und Kinder bereit, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Insgesamt stehen 132 Plätze zur Verfügung, wie Doris Felbinger von der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen der Redaktion rbb|24 Recherche auf Anfrage mitteilte. In den vergangenen Tagen seien die Frauenhäuser, so Felbinger, immer wieder gezwungen gewesen, Frauen in Not abzuweisen, da es an Unterbringungsmöglichkeiten gefehlt habe.

Anfang April wurden durch die Erweiterung eines Frauenhauses bereits 34 neue Plätze geschaffen, die nun sukzessive belegt werden. Die Frauenhäuser in der Hauptstadt verfügen aktuell über 335 Plätze. Die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen betreibt eine Hotline, an die sich betroffene Frauen täglich zwischen 8 und 23 Uhr wenden können.

Keine strengeren Regeln für Ältere

Giffey sprach sich auch klar dagegen aus, dass in der Corona-Krise für ältere Menschen andere Regeln gelten sollen als für jüngere. "Ich bin nicht der Meinung, dass wir eine Zweiklassengesellschaft aufmachen sollten zwischen denen, die rausdürfen, und denen, die drinnen bleiben müssen", sagte sie.

Giffey reagierte damit auf Vorschläge, dass während der schrittweisen Lockerung die Einschränkungen für ältere Menschen länger gelten müssten, um sie zu schützen. "Wir brauchen andere Lösungen", damit diejenigen, die ein besonderes Risiko hätten, geschützt würden, sagte die Ministerin. Man könne an die älteren Menschen appellieren, sich vernünftig zu verhalten, statt ihnen verbieten zu wollen, das Haus zu verlassen. "Ältere Menschen sind mündige Bürger", betonte sie.

Fast 80.000 Online-Anträge auf Kinderzuschlag

Unterdessen zeigten bereits getroffene Maßnahmen erste Früchte. Seit der Ausweitung des Kinderzuschlags zur Unterstützung von Eltern in der Corona-Krise sind nach Angaben der  Bundesfamilienministerin fast 80.000 Online-Anträge auf die Familienleistung eingegangen. Viele Mitarbeiter in den Familienkassen arbeiteten jetzt daran, dass die Familien die Unterstützung erhielten, sagte Giffey.

Kinderzuschlag bekommen Familien mit niedrigem Einkommen, das nur knapp über Hartz-IV-Niveau liegt. Abhängig von der Bedürftigkeit gibt es maximal 185 Euro pro Kind und Monat. Der Betrag wird monatlich gemeinsam mit dem Kindergeld überwiesen. Um Familien mit wegbrechenden Einkommen in der Corona-Krise zu unterstützen, gelten seit Anfang April befristet bis Ende September neue Berechnungsgrundlagen: Beim Antrag wird nur noch das Einkommen des vorigen Monats geprüft, nicht das der vergangenen sechs Monate. Dadurch qualifizieren sich mehr Eltern für den Kinderzuschlag.

Sendung: Inforadio, 09.04.2020, 18.40 Uhr

12 Kommentare

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  1. 12.

    Nicht nur wollen sondern MACHEN, Fr. Bundesfamilienministerin

  2. 11.

    Genau aus diesen Gründen kann ich mir auch nicht vorstellen dass sich das alle Betroffenen so gefallen lassen. Zumal die einen dürfen und für andere alles verboten wird. Wer es sich leisten kann wird längst mit einem Rechtsanwalt Kontakt aufgenommen haben. So mancher Kredit in eine Einmalzahlung umgewandelt. Wochen nach bekannt werden der Pandemie wurden in den Lebensmittelläden die Barrieren an den Kassen aufgestellt. Trotzdem sitzen immer noch die selben Personen an den Kassen, wie vor der Barriere. Laut Aussagen soll ja die Atemluft allein ansteckend sein. Wird durch die Umluftanlagen in den Läden auf ein Minimum reduziert. Die öffentlichen Verkehrsmittel waren die ersten Wochen auch noch bis zum bersten Voll, später wurde der Fahrer geschützt. Da gibt es keine Umluftanlagen, wird sich so wohl so manche Pflegekraft angesteckt haben. Aus welchem sich die verantwortlichen Politiker sich gegenseitig auf die Schulter klopfen, weiß ich so genau auch nicht!?

  3. 10.

    Nein, Nina. Die Neuinfektionrate ist bereits vor der Kontasperre täglich gesunken.
    Prof. Klaus Püschel, oberster Gerichtsmediziner der Hansestadt Hamburg hat gestern im FOCUS gesagt, es sei bisher niemand in Hamburg ohne ernsthafte Vorerkrankungen gestorben. Die aktuellen Maßnahmen seien übertrieben.

    Dem Fachmann vertraue ich mehr als Politikern oder dem Tiermediziner Wiehler.

  4. 9.

    Ein völlig neuer Lösungsansatz, der es wirklich wert ist darüber nachzudenken wie man das organisieren könnte. Ich halte die Flucht in ein Frauenhaus, wenn dann auch noch Kinder bei sind, für eine echte Strafe für die Opfer. Ich werde verprügelt und soll auf jeden Komfort verzichten, den ich mühselig aufgebaut habe. Immer wieder die alten Hüte aus der Klamottenkiste packen, mit denen sich absolut nichts an der fiesen Lage ändert. Manchmal habe ich den Eindruck das Phantasie in der Politik unter Strafe gestellt wird.

  5. 8.

    Die Politik und Polizei sollten endlich einmal dazu übergehen, die gewalttätigen Männer aus den Wohnungen zu verbannen. Weist sie in Männerhäuser ein, da können sie sich soweit sie Lust und das Bedürfnis dazu haben, die Köppe einschlagen. Und es wird auch weniger Platz beansprucht. Das wäre sozial wesentlich günstiger, und auch konsequenter.

  6. 7.

    "Ich bin nicht der Meinung, dass wir eine Zweiklassengesellschaft aufmachen sollten zwischen denen, die rausdürfen, und denen, die drinnen bleiben müssen"

    Okay heißt im Umkehrschluss also, keiner darf raus.
    Das nenne ich mal eine krude Logik, weil ein minimaler Anteil von Risikopatienten, ca. 20% der Bevölkerung, nicht raus sollte, darf es auch der Rest nicht, Danke :(

  7. 5.

    Es ist ein sehr gutes Signal, dass endlich mehr Plätze für Frauenhäuser geschafft werden. Sie kommen keinen Tag zu früh. Auch die zusätzliche Hilfe für Familien ist sehr begrüßenswert. Schön, wenn es voran geht. Weiter so. Jetzt bitte noch Kinder-Grundrechte und Kinder-Hartz IV. Beide sind so wichtig für die Kleinsten.

  8. 4.

    November 2019
    Von Gewalt betroffene Frauen sollen nach Vorstellungen von Familienministerin Franziska Giffey in Zukunft einen Rechtsanspruch auf einen Platz im Frauenhaus erhalten. „Das wird Zukunftsthema sein“, sagte die SPD-Politikerin im ARD-„Morgenmagazin“. Im Moment gebe es aber nicht genügend Plätze. „Da müssen alle ran, damit wir einen Rechtsanspruch tatsächlich auch perspektivisch schaffen können.“ Die Ministerin will heute eine bundesweite Initiative starten. Anlass ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen.

    FRAUEN SOLLTEN EINEN RECHTSANSPRUCH AUF EIN GEWALTFREIES ZUHAUSE HABEN. EBENSO DIE KINDER.
    DAS GLEICHE GILT ALLERDINGS AUCH FÜR DIE MÄNNER, denn es soll ja auch gewalttätige Frauen geben.
    Anzeigen sollten auch nicht wieder zurück gezogen werden können.
    Wie oft wird den Frauen auf der Straße aufgelauert. Wie oft führt die fehlende Inhaftierung oder Einweisung zu einem tödlichem Ausgang führt. Politikerin sollten die vorrangigen Probleme erkennen..

  9. 3.

    @ Melanie Groß
    Während in Berlin und Brandenburg die Fallzahlen steigen, belegen Zahlen anderer Regionen, dass erfolgte Einschränkungen dafür gesorgt haben, das sich der Virus nicht so intensiv verbreitet hat.
    Ist ja auch logisch. Kein Kontakt bedeutet Keine Übertragung.

    https://www.rbb24.de/panorama/thema/2020/coronavirus/service/faelle-berlin-brandenburg-verdopplungszeit-fallzahlen-entwicklung.html

  10. 2.

    September 2018
    Berichte über Engpässe in Frauenhäusern gibt es praktisch aus allen Teilen der Republik. Nicht selten müssen Helfer die misshandelten Frauen deshalb zurück zu ihren Peinigern schicken.
    Mit der Unterzeichnung der Istanbul-Konvention – ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt – hat sich Deutschland im vergangenen Jahr zu koordinierten und systematischen Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen auf allen Gebieten verpflichtet.
    Frauenministerin Franziska Giffey (SPD) hatte deshalb schon kurz nach ihrem Amtsantritt ein Aktionsprogramm gegen Gewalt gegen Frauen angekündigt. „Der Staat muss dafür sorgen, dass es genügend Angebote gibt, um Frauen in Gewaltsituationen aufzufangen“, sagte Giffey. „Wir brauchen einfach mehr Plätze.“

    Statt nur die Frauenhäuser zu stärken, sollte man lieber dafür sorgen, das der gewalttätige Ehepartner "gut untergebracht" wird.

  11. 1.

    Dann setzten Sie sich mal dafür ein, dass die Corona-Maßnahmen schnellstens wieder abgeschafft werden. Die hat Ihre Partei eingeführt!
    Die Zahlen der Infizierten hier in Berlin und Brandenburg sind ein Witz und rechtfertigen die Schäden, die durch die politischen Maßnahmen entstanden sind und noch entstehen aus meiner Sicht in keiner Weise.

    Wir sind meiner Meinung nach in der größten durch die Politik verursachten Krise aller Zeiten.

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