Mängel auf Toiletten und in Räumen - Schlechte Noten für Hygiene an Berliner Schulen

Mo 11.05.20 | 10:24 Uhr | Von Lisa Splanemann
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Eine Reinigungskraft säubert und desinfiziert am 27.03.2020 die Klassenräume. (Quelle: dpa/Fabian Strauch)
Audio: Inforadio | 11.05.2020 | Lisa Splanemann | Bild: dpa/Fabian Strauch

In dieser Woche können weitere Jahrgänge wieder in die Schulen. Dort müssen strenge Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Und häufig stoßen die Verantwortlichen an ihre Grenzen, wie die Bestandsaufnahme von Lisa Splanemann in einigen Berliner Schulen zeigt.

Über den Schulhof, in den ersten Stock, durch das Treppenhaus zurück in das Erdgeschoss, wieder hinauf in das erste Stockwerk. Vorbei an Absperrbändern, Desinfektionsmittelspendern und einer Lehrkraft, die prüft, ob die Hände 20 Sekunden lang gewaschen wurden. So beschreibt Abiturient Miguel Góngora die verschärften Hygienemaßnahmen, die vor einigen Tagen zu den Abiturprüfungen an seiner Schule in Charlottenburg-Wilmersdorf durchgeführt wurden. Zu diesem Zeitpunkt waren nur einige Schüler vor Ort an den Berliner Schulen, viele wurden durch Home-Schooling unterrichtet.

Das wird sich nun ändern. Seit Montag können an den Schulen wieder vermehrt Schüler unterrichtet werden. Laut der Bildungsverwaltung sollen nun auch Erst-, Fünft- und Siebtklässler an Grund-, Sekundar-, Gemeinschafts- und entsprechenden Förderschulen wieder Unterricht erhalten. Ziel ist es, möglichst alle Klassenstufen bis Ende Mai im Präsenzunterricht zu unterrichten. Doch was passiert, wenn zu Corona-Zeiten wieder vermehrt Schüler durch die Schulgänge strömen, die Toiletten in den Pausen nutzen und häufig die Klassenräume wechseln?

Hygiene-Bedingungen waren schon vor der Corona-Krise problematisch

Schon vor der Corona-Krise seien die Hygiene-Bedingungen an einigen Schulen problematisch gewesen, bemängelt Philipp Dehne von der Bürgerinitiative "Schule in Not". Reinigungskräfte hätten häufig wenig Zeit zum Reinigen gehabt. "Dadurch ist eine verlässliche Reinigung auch vor Corona-Zeiten nicht gewährleistet gewesen", so Dehne.

Der Landesschülerausschuss berichtet darüber hinaus von fehlenden Hygieneartikeln. Vor den Schulschließungen hat der Berliner Schülerausschuss eine Umfrage unter Berliner Schülern durchgeführt – 66 Prozent hätten angegeben, dass in den Schultoiletten nicht genügend Handtücher zur Verfügung gestellt wurden. Über die Hälfte bemängelte, dass kaum oder gar keine Seife vorhanden gewesen sei. Ein Drittel hätte sich nach Informationen des Schülerausschusses aus diesen Gründen nicht die Hände gewaschen.

"Schule in Not" kritisiert Beschäftigungsverhältnis der Reinigungskräfte

Der Berliner Senat hat nun zur schrittweisen Schulöffnung in Corona-Zeiten einen Musterhygieneplan für die Schulen veröffentlicht. In diesem Schreiben wird beispielsweise empfohlen, "Türklinken und Griffe, Treppen- und Handläufe, Lichtschalter, Tische sowie Computermäuse, Tastaturen und Telefone" besonders zu reinigen. In den Sanitärbereichen müssen "ausreichend Seife, Einmalhandtücher und Toilettenpapier bereitgestellt und regelmäßig aufgefüllt werden".

Tatsächlich ist der Musterhygieneplan aber nur eine Richtlinie für die Schulen. Auf dieser Grundlage entwickelt jede Schule ihren eigenen Hygieneplan. Das funktioniere "mal mehr, mal weniger gut", berichtet Dehne von "Schule in Not". Als besonders problematisch sieht er das derzeitige Beschäftigungsverhältnis der Reinigungskräfte. Diese würden häufig von Privatfunternehmen beschäftigt und "haben oft nicht genügend Zeit für die Reinigung". So habe ihm vor einiger Zeit eine Reinigungskraft berichtet, dass sie gebeten worden sei, "zusätzlich zu reinigen – aber nicht für mehr Geld". Zum Teil seien in der jüngsten Vergangenheit sogar Lehrkräfte aufgefordert worden, Schulräume zu reinigen. Denn noch immer gebe es an vielen Berliner Schulen keine Tagesreinigung.

Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf hat inzwischen auf eine tägliche Unterhaltsreinigung an den Schulen umgestellt, zudem wird nach Angaben der Bezirksstadträtin für Jugend, Familie, Bildung, Sport und Kultur, Heike Schmitt-Schmelz, jeder Schule in dem Bezirk zusätzlich "eine Reinigungskraft für vier Stunden von 10 bis 14 Uhr zur Verfügung gestellt", um vor allem nach Vorgaben des Musterhygieneplans zu reinigen.

Anzahl der Toiletten häufig nicht ausreichend

Problematisch werden könnte es auch in den Schultoiletten. Die Anzahl der WCs ist für die Schülerzahl auch außerhalb von Corona-Zeiten häufig nicht ausreichend. "An einigen Schulen sind viel zu wenig Toiletten vorhanden", erzählt Abiturient Miguel Góngora, der auch Vorsitzender des Landesschülerausschusses ist, "da kann es dazu kommen, dass der Mindestabstand nicht eingehalten wird."

Der Musterhygieneplan empfiehlt allerdings, "dass sich in den Toilettenräumen stets nur einzelne Schülerinnen und Schüler aufhalten dürfen". "Da werden sich sicherlich auch Schlangen vor den Toiletten bilden", sagt Norman Heise, Vorsitzender des Landeselternausschusses. Dies führe möglicherweise zu Verzögerungen im Unterrichtsablauf. Viele Toiletten seien zudem in einem äußerst schlechten Zustand. Gute Nachrichten gebe es hingegen bei der Hygiene-Ausstattung an den Berliner Schulen. "Die Schulen hatten während der Schulschließungen ausreichend Zeit, um Hygieneartikel wie Seife oder Einmalhandtücher zu beschaffen", berichtet Heise. Zudem wurden nach Informationen der Senatsverwaltung 5.000 Liter Desinfektionsmittel gestellt.

Es gibt auch positive Ansätze

Nachbesserungsbedarf sehen Philipp Dehne von "Schule in Not" und der Landeselternausschuss-Vorsitzende Heise bei der Raumsituation an den Berliner Schulen. Mehr Schüler an den Schulen bedeutet auch, dass die Räume häufiger genutzt und viele Raumwechsel durchgeführt werden. "Die meisten Klassen werden derzeit wegen der Abstandsregelung geteilt", sagt Heise. Dadurch komme es zu einem höheren Raum- und Reinigungsbedarf. Dehne sieht zudem Probleme in der maroden Ausstattung der Klassenräume: "Das Lüften in den Räumen ist zum Teil gar nicht möglich, weil sich die Fenster nicht öffnen lassen." Dabei empfiehlt der Musterhygieneplan regelmäßiges Stoßlüften.

Vorbildlich sind derweil offenbar die Vorbereitungen am Albert-Einstein-Gymnasium in Neukölln vorangekommen. Jörg Tetzner ist dort Philosophie- und Lateinlehrer. Er berichtet, dass es an seiner Schule bei der Umsetzung der Hygienemaßnahmen sehr gut laufe. "Wir haben viel Energie in unseren Hygieneplan gesteckt, die Reinigungsfirma reinigt inzwischen beispielsweise mehrmals täglich." Für die Zukunft könnten die derzeit verschärften Hygienemaßnahmen für Berliner Schulen bedeuten, dass diese auch künftig eine größere Rolle spielen werden, sagt er.

Sendung: Inforadio, 11.05.2020, 6:45 Uhr

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Beitrag von Lisa Splanemann

16 Kommentare

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  1. 16.

    Also wenn man eine Raststätte mit einer Schule vergleicht ist das Blödsinn. In einer Raststätte wird den Tag ständig geputzt. In einer Schule wird lediglich 1 mal am Tag geputzt und das bei 4 Toiletten für 1400 Schüler. Ich hoffe mal zu Zeiten in Corona werden Putzkräfte angestellt die die Toiletten mehrmals putzen und reinigen. Ganz ehrlich unsere Kinder stehen schon seit Jahren im Punkt Finanzierung ganz hinten an. Es wird mal Zeit das der Senat sich um unsere Zukunft...unsere Kinder...besser kümmert.

  2. 15.

    Was haben Sie denn für ein Problem? Was können die Kinder dafür wenn der Staat seit Jahren schon an den Schulen spart und die Toiletten seit Jahren in den Schulen heruntergewirtschaftet sind und weder Toilettenpapier noch Seife vorhanden ist. Früher waren die Toiletten in einem besseren Zustand auch zu meiner Zeit. Am besten gehen Sie mal putzen. Würde Ihne mal gut tun

  3. 14.

    Was Sie erzählen, ist einfach mal Unsinn.

    Ich (Ü50) bin im damals noch beschaulichen Tegel aufgewachsen und sowohl an der Grundschule, als auch am Gymnasium waren die Toiletten dreckig und versifft. Ein solcher Zustand ist nicht neu, wurde einfach nur jahrelang totgeschwiegen und ignoriert.

    Zum anderen hat Toiletteninterieur nur eine begrenzte Halbwertszeit. Dann müssen die Sachen eben ausgetauscht werden. Da es sich hier aber um öffentliche Schulen und nicht um Privatschulen handelt, ist auch die öffentliche Hand dafür zuständig.
    Es ist für eine zivilisierte Industrienation, die mittlerweile die höchste Steuerlast der Welt hat, schon beschämend genug , das Eltern handwerkliche Arbeiten ausführen müssen, damit Ihre Kinder nicht in Klassenräumen unterrichtet werden, die aussehen wie nach einem Bombenangriff.

  4. 13.

    Dann müssten die Kids bezahlen, wenn sie aufs Klo müssen. Analog zu den Raststätten.
    Es sollte doch eine Selbstverständlichkeit sein, saubere Toiletten zur Verfügung zu stellen. Geld ist für vieles da, anscheinend nur nicht für die Basics.

  5. 12.

    Vorweg..ich lebe und arbeite gerne in Berlin als Vertretungslehrerin. Aber offen gesagt, es gibt hier große Probleme mit öffentlicher Hygiene und das liegt an der Verantwortung für die Gemeinschaft. An den Schulen, die ich kenne, da ist es oft nicht renoviert und kaputte Wasserhähne usw. gibt es oft. Aber auch, die Lehrerinnen Toiletten sind morgens geputzt und schon um 11 sehen sie aus wie eine Toilette auf einem schwedischen Campingplatz nach der Mittsommerfeier. Nasses Toipapier auf dem Boden, pipipfützen, schmierige Seifenflaschen.. Das tut mir leid, das zu sagen,aber es war häufiger so an den Schulen als nur normal benutzt. Einmal habe ich das angesprochen und die Kolleginnen haben gesagt, dass ist so. Also: wenn alles renoviert und geputzt ist, hat trotzdem jeder Verantwortung für alle. Jeder kann etwas tun.

  6. 11.

    Wie wäre es, wenn die Schultoiletten verpachtet werden und eine Pächterin/Pächter für Ordnung und Sauberkeit sorgt.

  7. 10.

    Also, wenn jetzt die Eltern und Schüler*innen putzen und instandsetzen sollen, weil kein Geld da ist. Dann baun wir doch lieber die Berliner Zollmauer wieder auf zwischen Oberbaumbrücke und Potsdamer Platz. Erheben von allen, die rein oder raus wollen Wegezoll ;) wikipedia.org/wiki/Berliner_Zollmauer
    Im Ernst: Saniert endlich die stinkenden Toiletten und sorgt durch Tagesreinigungen dafür, dass sie hygienisch sauber gehalten werden. Von den Schüler*innen wird immer Respekt verlangt. Doch ihnen wird NULL Respekt entgegengebracht bezüglich des alltäglichen Bedürfnisses (saubere!) Toiletten zu benutzen. Die Toiletten stinken von der Einschulung bis zum Abschiedszeugnis :( War leider vor Jahrzehnten an meiner Grundschule auch schon so. Kinderrechte?! Jedes Kind hat das Recht auf eine saubere und gesunde Umwelt ;) UN-KRK

  8. 9.

    Sie haben vollkommen recht, das Reinigungspersonal für die Schulen wird unterirdisch bezahlt und es viel zu wenig Personal. Da sollte unsere Schulsenatorin mal durchgreifen. Und dann kann der Musterplan kommen.
    Dann klappt es auch mit der Hygiene und Sauberkeit.
    Schwierige Zeiten erfordern eben außergewöhnliche Maßnahmen.Und wie CD im Kommentar 7 richtig erkannt hat, die Einheitswippe kann warten.....das Geld unter anderem für Schulen und dort wo es klemmt einsetzen.

  9. 8.

    Ich würde die Schüler zum Putzen einsetzen, die haben es ja auch dreckig gemacht. Sowas gab früher an den Schulen nicht, da wurde sauber gehalten. Andernfalls würde ich eine Klo-Gebühr einsammeln, damit die Putzkraft auch ordentlich bezahlt wird.

  10. 7.

    Anstatt Hunderte Millionen in eine nutzlose Einheitswippe zu investieren, wäre dieses Geld bei Schulen und anderen Bildungseinrichtungen viel sinnvoller angelegt.

  11. 6.

    Na ja Enric, was meinen Sie denn, was die Eltern in den letzten Jahren „handwerklich“ und sonst noch alles geleistet haben ? Angefangen von Streichen der Klassenräume, Geldsammlungen für Smartboards durchgeführt, damit wenigsten ein paar Klassen in den Genuss eines digitalen Mediums kommen , bis hin zur Grundreinigung von versifften Schultoiletten in den Ferien, da komischerweise vor Corona nicht mit „scharfen“(wirkungsvollen)Reinigungsmitteln zum Schutz der Schüler hantiert werden durfte... von den Sanierungsrückstaus mal ganz abgesehen ...

  12. 5.

    Nein Enric, das sehe ich aber anders. Wieso sollen das die Eltern machen?? Irgendwo hört der Spaß mal auf!

  13. 4.

    Da sich der Zustand nicht ändert müssen die Schulen selber was unternehmen. Geld sammeln für einen Seifenspender, das übernehmen die Schüler, Toilettentüren reparieren, das müssten handwerklich begabte Eltern übernehmen. Traurig, aber wahrscheinlich die einzige Möglichkeit.

  14. 3.

    Herzlichen Glückwunsch! allen Schulen, bei denen es jetzt vorbildlich klappt :) Hoffentlich sind das bald alle ;) Traurig, dass ein Musterhygieneplan dafür notwendig ist: "In den Sanitärbereichen müssen "ausreichend Seife, Einmalhandtücher und Toilettenpapier bereitgestellt und regelmäßig aufgefüllt werden".
    An vielen Schulen beginnen die Probleme schon im Aussenbereich, wenn z.B. die Wannen unter den Gitterrosten in Eingangsbereichen randvoll sind, und unnötig viel Dreck reingetragen wird. Regelmäßiges gründliches Putzen ist auf Dauer günstiger, weil z.B. Bodenbeläge und Fenster länger halten und Mängel/Schäden früher entdeckt werden. Die Pflege der Aussenbereiche kann auch dazu beitragen ;)

  15. 2.

    Das die Sauberkeit in den Berliner Schulen unterirdisch schlecht ist wissen wir schon lange.
    Es ist ja alles kaputt gespart worden.
    In Krankenhausern muss man sich zum Teil auch erschrecken.
    Wahrscheinlich werden die dort tätigen Mitarbeiter so schlecht bezahlt dass ihr Interesse an der Arbeit. Zum Teil glaich Null ist.

  16. 1.

    Das mit den Schultoiletten ist doch allgemein seit Jahrzenten bekannt. Das hat bis heute keinen richtig interessiert und wird weiter so gehandhabt,da hier der Schwarze Peter hin und her geschoben wird. Als die Schulen geschlossen wurden hätte sofort gehandelt werden müssen und nicht erst wenn es heisst es geht wieder los mit der Schule. Das Problem ist eben nur nicht zu viel ausgeben für unwichtige Dinge. Obwohl ja der Leitspruch ist, wir müssen in die unsere Jugend investieren. Aber das sind bis heute nur Worte unserer Politiker ohne Taten zu zeigen. Man müsste die Zuständigen Politiker mal einen Tag auf so eine Schultoilettte mal einen Tag einschließen damit sie mal wissen wovon hier gesprochen wird. Denn diese Leute haben doch die reale Nähe zu ihrem Volk total vergessen.

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