Neue Corona-Strategie - Berlin will verstärkt auch Menschen ohne Symptome testen

Di 19.05.20 | 19:41 Uhr
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Proben für Corona-Tests im Labor (Bild: dpa/ Hendrik Schmidt)
Video: Abendschau | 19.05.2020 | Sylvia Wassermann | Bild: dpa/ Hendrik Schmidt

Bislang galt bei Corona-Tests die Maßgabe: Ohne Symptome kein Test. Das sollte eine Überforderung der Labore verhindern. Doch die haben mehr Kapazitäten als gedacht. Nun reagiert der Senat mit einer neuen Strategie.

Berlin wird die Zahl der Coronatests ausweiten und verstärkt auch Menschen ohne Symptome testen. Das hat der Senat am Dienstag beschlossen. Das Konzept wurde von der Charité entwickelt und wird dort auch wissenschaftlich begleitet.

Es seien zwar "keine flächendeckenden Testungen" geplant, so der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), "sondern Stichproben nach einer bestimmten Systematik". Aber es sollen Tests in sensiblen Bereichen wie etwa den Kitas, Schulen, bei der Polizei oder in Teilen der Gastronomie durchgeführt und alle zwei Wochen wiederholt werden. "Dort, wo sich Kontakt nicht vermeiden lässt", sagte Müller am Dienstag. Dabei soll sich die eingesetzte Steuerungsgruppe Beratung von Experten holen, etwa von den Amtsärzten oder dem Team rund um den Charité-Virologen Christian Drosten.

Kapazitäten derzeit nur zu 36 Prozent ausglastet

Auch in Pflegeheimen und Krankenhäusern sollen die Tests ausgewertet werden, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD). So sollen alle Mitarbeiter in sämtlichen Pflegeheimen einmal getestet werden, sofern das nicht schon geschehen ist. Zudem soll das Personal in Kliniken mindestens einmal pro Woche untersucht werden. Kalayci fügte allerdings hinzu: Jeden Berliner und jede Berlinerin zu testen "macht keinen Sinn". Stattdessen sollen die Tests auf freiwilliger Teilnahme basieren. Die acht Corona-Untersuchungsstellen des Landes sollen zu "Teststellen" werden, in denen man sich melden kann.  

Die derzeit nicht einmal zur Hälfte ausgelasteten Testkapazitäten in Berlin sollen Kalayci zufolge stärker ausgenutzt werden. "Wir wollen mehr positive Menschen rausfischen", sagte die Senatorin. Derzeit könnten in Berlin 58.200 Tests pro Woche durchgeführt werden, doch die Auslastung liege bei nur 36 Prozent.

Die geplante Test-Strategie im Überblick

Kitas und Schulen: Hier soll es Stichprobenuntersuchungen von Kindern und des Personals geben. Über die Methode sollen Experten entscheiden, so Kalayci. Die zeitliche Abstände richteten sich nach der Entwicklung des Infektionsgeschehens in der Bevölkerung.

Kliniken: Medizinisches Personal soll komplett mindestens einmal in der Woche getestet werden, in Bereichen mit besonders gefährdeten Patienten wie der Geriatrie und Onkologie auch zweimal die Woche. 

Pflegeheime: Einrichtungen des landeseigenen Klinikkonzerns Vivantes werden bereits getestet, in anderen Häusern führt die Charité Tests durch. Für die verbleibenden Pflegeeinrichtungen ist ein einmaliges flächendeckendes Testen aller Mitarbeiter vorgesehen.

In der Gastronomie sind Stichproben nach dem Zufallsprinzip vorgesehen.

Polizei/Feuerwehr: Wegen der vielen Personenkontakte soll stichprobenartig getestet werden.

Auch im Justizvollzug soll es wiederholte Stichproben nach dem Zufallsprinzip geben.

Berliner Corona-Ampel. Stand 19.05.2020. (Quelle: Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung)Die aktuelle Corona-Ampel in Berlin (19.05.)

Kalayci an Bezirke: "Einstellen, einstellen, einstellen"

Für die Umsetzung der neuen Strategie sei nun allerdings noch eine Rechtsverordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nötig, sagte Kalayci. Zuvor war auf Bundesebene ein neuese Gesetz verabschiedet worden, dass die Kostenübernahme von Corona-Tests durch die Krankenkassen ermöglicht.

Zuletzt hatte es wegen der Corona-Teststrategie Streit zwischen Kalayci und den Amtsärzten gegeben. Diese hatten sich wiederholt dagegen ausgesprochen, Menschen ohne Symptome zu testen. In einem offenen Brief kritisierten sie außerdem die neue "Corona-Ampel" und die Kommunikation der Gesundheitssenatorin: Man werde in die aktuellen Überlegungen nicht ausreichend einbezogen, so die Mediziner.

"Die Amtsärzte sind eingebunden", sagte der Regierende Bürgermeister nun in Bezug auf die neue Teststrategie. Die sei auch kein Streitpunkt innerhalb des Senats, so Müller. Kalayci rief derweil die Bezirke auf, verstärkt Personal in den Gesundheitsämtern einzustellen. Derzeit seien mehr als 200 Stellen dort unbesetzt. Die Voraussetzungen seien nun geschaffen worden, so Kalayci, der Senat habe außertarifliche Bonuszahlungen von bis zu 1.500 Euro im Monat ermöglicht.

Zudem seien 7,5 Millionen Euro bereitgestellt worden, damit die Gesundheitsämter Studierende einstellen können, zur Nachverfolgung von Corona-Kontaktpersonen zum Beispiel. "Die Bezirke können einstellen", sagte Kalaci, "einstellen, einstellen, einstellen."

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41 Kommentare

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  1. 41.

    Aber bitte alle Schulen testen...warum. sind die Gymnasien ausgeschlossen? Es gibt auch Eltern die zur Risikogruppe gehören und die sich sorgen machen. Auch diese sollten die Möglichkeit haben sich testen zu lassen, nicht nur die Lehrer.

  2. 40.

    Dem stimme ich zu. Ich kenne mehrere Freunde, inkl mir, die trotz eindeutiger Sympthomatik nicht getestet wurden. Eine Bekannte wurde erst dann getestet als es ihr so schlecht ging weil sie ins Krankenhaus musste, test war positiv, angesteckt im Büro von einer Kollegin die auch weitere im Büro ansteckte. Ich gebe deswegen auf diese tägliche Fallzahl nichts, die Dunkelziffer muss enorm hoch sein. Auch ein Antikörpertest wird im nachhinein nicht durchgeführt...außer man zahlt ihn in Höhe von 160 Euro pro Person selber, das kann ich als alleinerziehende schlecht bewältigen. Ich denke mal die Reichen werden geschützt und Ärmeren gehen mal wieder vor die Hunde.

  3. 39.

    Ich stimme Ihnen umfassend zu! Ärzte und Gesundheitsämter sowie Kliniken haben sich massiv geweigert, Menschesn "ohne Symptome" zu testen. Ein Grund: weil die Kassen nicht zahlen! Das Nicht-Zahlen der Kassen war lebensgefährdend und jetzt nach 3 Monaten hat man sich durchgerungen. Das ist menschenverachtend. Den Kassen gehören die Beiträge entzogen, denn sie sorgen sich nicht für Menschen!

  4. 38.

    RRG will und hat kein Personal. Das wiederholt sich in allen Bereichen. Was sollen diese Stichproben bringen? Heute werde ich getestet und wann das nächste mal oder gar nicht mehr?
    Einfach jeden Montag alle Schüler testen und somit habe ich eine breite Masse und könnte so gleichbleibend alles im Auge behalten.
    Das solch eine Art der Proben birgt aber die Gefahr das es doch infizierte gibt.
    Also teste ich so, das es die passenden Ergebnisse gibt und Stichprobe klingt gut und man kann mit ihr Hochrechnungen erstellen.

  5. 37.

    Bitte aber auch unbedingt überprüfen, ob es neu auch Tests von Menschen mit (angehendem) Nierenversagen geben muss, und zwar via BLUTtests (da das Virus sich ggf. im Nasen-Rachen-Abstrich nicht mehr zeigt, wenn bereits auf die Nieren übergesprungen). Es ist derzeit nicht ausgeschlossen, dass momentan dadurch Patienten mit Nierenschäden obwohl "negativ"getestet, auf unseren NORMALstationen liegen und tatsächlich das Virus in sich tragen - absolute Infektionsgefahr für Pflegekräfte UND damit auch alle anderen Patienten! (Beim Leeren eines Dauerkatheters kann man sich ggf. an den eingeatmeten Dämpfen infizieren, selbst wenn man einen Mund-Nasen-Schutz trägt).

  6. 36.

    Wirklich? Ich meine bisher war das Motto: Auch Menschen mit Symptomen werden nicht getestet. Mich wollte man abwimmeln mit der Begründung es gäbe nicht genügend Tests und etliche Bekannte von mir dürften sich auch nicht testen lassen trotz erheblicher Symptome. Ich verstehe auch nicht warum rbb24 diese Kommentare von mir zu dem Thema nie veröffentlicht.

  7. 35.

    Denke, ich habs jetzt gefunden - Sie meinten die Meldepflicht, nicht den Immunitätsausweis, sorry.

  8. 34.

    "Schließlich werde ich mit dem gerade beschlossenen geänderten Infektionsschutz dann auch als negativ Getestete alle Rechte an meinen Daten los. Gilt auch für positive und negative Antikörpertests später. Das Gesetz wurde gegen den entschiedenen Widerstand des Bundesdatenschutzbeauftragten letzte Woche von Bundestag und Bundesrat beschlossen. "

    Würden Sie bitte die Quelle nennen? Wann, wie wurde das IfSG Ihrer Meinung nach so geändert, dass es zu Ihrer Aussage passt?

    Meines Wissens ist der geplante Gesetzesentwurf verworfen worden.
    https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-immunitaetsausweis-1.4903500
    "Ob noch etwas wird aus dem Immunitätsausweis, den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ins Gesetz schreiben wollte, weiß derzeit niemand. Das Projekt ist abgesagt, vielleicht aber auch nur aufgeschoben." Spahn hatte den Ethikrat angerufen, dessen Stellungnahme steht aber MW noch aus.
    Wissen Sie anderes?

  9. 33.

    Es gibt viele Getestete, die das Virus, aber eben keine Symptome, hatten.
    Mit anderen Worten, Sie haben sich entweder nicht informiert, was es mit Corona auf sich hat, oder Sie haben es nicht verstanden.
    Lassen Sie sich halt nicht testen. Hauptsache, sie haben Widerstand geleistet und sich behauptet.

  10. 32.

    Die Frage ist doch, ob ich mich demnächst symptomfrei überhaupt testen lassen oder einem Test zustimmen würde. Schließlich werde ich mit dem gerade beschlossenen geänderten Infektionsschutz dann auch als negativ Getestete alle Rechte an meinen Daten los. Gilt auch für positive und negative Antikörpertests später. Das Gesetz wurde gegen den entschiedenen Widerstand des Bundesdatenschutzbeauftragten letzte Woche von Bundestag und Bundesrat beschlossen. Und unserem Bundespräsidenten traue ich nicht zu, dass er die Unterschrift verweigert. Also wird es wohl erst mal kommen.
    Und vorab schon ma für die entsprechenden Komentatoren: nein, pseudonymisiert bringt gar nichts, und nein, ich bin nicht in sozialen Medien unterwegs und hinterlasse mein Leben für Hinz und Kunz. Ich genieße dafür die Ruhe der deutlich reduzierten Kommunikation.

  11. 31.

    So "schwachsinnig" ist die Aussage nicht.. ohne die Logistikbranche bleiben die Supermärkte und Bio-Feinkostläden dicht, weil keine Ware da. Nur ein Beispiel von sehr vielen. Um 80.000.0000 Millionen Menschen am Leben zu erhalten bedarf es nun einmal einer funktionierenden Wirtschaft.

  12. 30.

    Ich verstehe diese Anmerkung nicht. Es hört sich so an, als würde vor 2 Monaten nicht getestet, nun aber doch?

    Es wurde doch die ganze Zeit getestet, in steigender Zahl.
    Das jetzt zusätzlich auch vermehrt Symptomlose getestet werden bedeutet doch nicht, dass vorher nicht getestet wurde, sondern dass durch die Aufstockung der Kapazitäten nun die Möglichkeit besteht, zu erweitern.

    Diese Seite bietet wirklich sehr gute Informationen darüber, wie weltweit getestet wurde:
    https://ourworldindata.org/coronavirus-testing

    Da kann man wunderbar sehen, wie frühzeit D. angefangen hat, umfangreich zu testen, und wie kontunierlich gesteigert wurde. Und wie vergleichsweise anderswo gestestet wurde.

  13. 29.

    Was ist denn „die Wirtschaft“? Für mich in erster Linie sind es Arbeitsplätze und Einkommen, die auch für die Steueraufkommen wichtig sind. Und die Steuern finanzieren u.a. unser Leben usw. Es hängt nunmal alles zusammen. Der Spruch „lieber arm dran als Arm ab“ kann nur von Leuten kommen, die keine finanziellen Nöte haben. Natürlich ist die Gesundheit wichtig. Aber sie muss auch bezahlt werden. Wo kommt denn das Geld her? Woher bekommen die Kassen Gelder? Alles aus Einkommen. Und wo kommen Einkommen her? Usw... Berlin muss schon Milliarden Verluste hinnehmen. Es wird wieder gespart werden müssen. Außerdem macht es Leuten auch Spaß, arbeiten zu gehen. Sie sollten die Wirtschaft als Teil sehen, nicht als etwas eigenständiges, mit dem Sie nichts zu tun haben.

  14. 28.

    Den "Schwachsinn" haben Sie ins Spiel gebracht mit ihrem Argument "ohne Wirtschaft gibt es kein Menschenleben".
    Denken Sie mal bitte über Ihre Worte nach. Oder anders gefragt; Wer war nun zuerst da? Das Huhn oder das Ei? Wenn Sie darauf eine erschöpfende Antwort im. Sinne Ihrer Worte finden,, dann schreiben wir hier weiter.
    Zum Thema zurück: In der Aufzählung fehlen leider viele Gruppen von Beschäftigten, die beklatscht, aber keine Rücksicht erfahren.
    Daran erkennt man Wert- bzw. Geringschätzung seitens der politisch Verantwortlichen. Es sei denn, die Auflistung ist absichtlich nicht vollständig, da der Platz im Bericht zu knapp war?

  15. 27.

    Zitat: " "Dort, wo sich Kontakt nicht vermeiden lässt", sagte Müller am Dienstag. Dabei soll sich die eingesetzte Steuerungsgruppe Beratung von Experten holen, etwa von den Amtsärzten oder dem Team rund um den Charité-Virologen Christian Drosten."
    Oh ja genau, DIESEM Mann vertraue ich schon mal überhaupt nicht.

  16. 26.

    ich werde ich freiwillig nicht testen lassen. ohne symptome habe ich keine veranlassung dazu.

  17. 25.

    "Die bisherge Info war doch , dass Tests nichts anzeigen,wenn keine Symptome vorliegen?"

    Öhm, nein, diese Info hat es nie gegeben, höchstens in den Alubommel Nachrichten.

  18. 24.

    Alle testen! Mindestens täglich! (Hunde und Katzen nicht vergessen!)

  19. 23.

    2 Monate zu spät. Getestet wird also erst, wenn mittels Gesetz von Hr. Spahn die KOSTEN von den Krankenkassen übernommen werden. Aha.

  20. 22.

    Leben entsteht aus Leben heraus, Wirtschaften ist eine der vielen überlebenswichtigen Möglichkeiten des Menschen, nicht die alleinige.

    Zudem habe ich den Eindruck, dass der Voreinträger, auf den Sie sich beziehen, sich auf eine bestimmte Art des Wirtschaftens, nämlich die aktuelle, bezog, nicht auf das Wirtschaften an sich. Das empfinde ich schon als einen Unterschied.

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