Corona-Ausbruch in Friedrichshain-Kreuzberg - Wohnblock-Bewohner können zur Quarantäne in Hotels ziehen

Do 25.06.20 | 07:31 Uhr
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Eine Reklame für Mundschutze, ist am 23.06.2020 vor einem Wohnblock nahe des Ostbahnhofs im Berliner Ortsteil Friedrichshain zu sehen. Bei 44 Bewohnern des Gebäudekomplexes sind Corona-Infektionen nachgewiesen worden. (Bild: dpa/Christoph Soeder)
Audio: Inforadio | 25.06.2020 | Knut Mildner-Spindler im Interview | Bild: dpa/Christoph Soeder

Nach den gehäuften Corona-Infektionen in einem Mietshaus in Friedrichshain-Kreuzberg hat Sozialsenatorin Breitenbach angeboten, die Betroffenen in Hotels unterzubringen. Beim Gesundheitsstadtrat des Bezirks kommt dieser Vorschlag weniger gut an.

Nach dem Corona-Ausbruch in einem Wohnhaus in Friedrichshain-Kreuzberg hat die Berliner Gesundheitsverwaltung den Bezirk am Mittwoch erneut darauf hingewiesen, dass Bewohner in Isolation auch in Hotels ausweichen können.

Dadurch könne die Situation entschärft werden, dass während der Quarantäne viele Menschen auf engem Raum leben müssen, hieß es. Schon in den letzten Wochen hatte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) die Amtsärzte aller Bezirke auf diese Möglichkeit hingewiesen. Sollten die Bezirke dabei logistische Unterstützung brauchen, könne der Senat ebenfalls helfen.

Die Gesundheitsverwaltung hat zu diesem Zweck 17 Wohneinheiten in Hotels angemietet. Ob der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg das erneute Angebot annehmen wird, konnte eine Sprecherin am Nachmittag noch nicht sagen.

Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) sagte am Mittwochabend im rbb, dass es freie Plätze in den Hotels gebe. "Letztendlich liegt die Entscheidung beim zuständigen Gesundheitsamt, ob sie das Angebot annehmen", so Breitenbach im rbb-Spezial.

Gesundheitsstadtrat will Betroffene lieber in ihren Wohnungen lassen

Skeptisch auf diesen Vorschlag reagiert der Gesundheitsstadtrat des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Knut Mildner-Spindler (Linke). Im Inforadio des rbb sagte er am Donnerstagmorgen, man werde das zwar prüfen. "Mir erschließt sich aber nicht so ganz der Sinn, warum wir Menschen, die zwar beengt, aber in ihren eigenen Wohnungen wohnen, wo sie Wäsche waschen, kochen und für sich sorgen können, warum wir sie in Hotels bringen sollen. Ob dort die Verhältnisse nicht auch so beengt sind wie in den Wohnungen, wissen wir nicht", so Mildner-Spindler. Man wolle weiter den eingeschlagenen Weg gehen und mit Sozialarbeitern die Quarantäne begleiten.

Laut Mildner-Spindler haben sich 171 Bewohner des betroffenen Mietshauses freiwillig testen lassen, "bei 45 von ihnen wurde das Coronavirus nachgewiesen. Die und deren nahe Kontaktpersonen stehen unter häuslicher Quarantäne", so der Gesundheitsstadtrat. Damit stünden anders als in Neukölln keine ganzen Wohnhäuser, sondern nur einzelne Haushalte unter Quarantäne. "Wir haben den Eindruck, dass das gut funktioniert", so Mildner-Spindler.

Auch Kinder unter den positiv Getesteten

Die betroffenen Haushalte erhielten Quarantäne-Anordnungen und werden durch das Bezirksamt mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln versorgt. Es gibt unter den positiv getesteten Personen auch Kinder, die Schulen oder Kindertageseinrichtungen besuchen. Die betroffenen Schulen, Kitas und Jugendfreizeit-Einrichtungen sowie die Schul- beziehungsweise Kita-Aufsicht wurden umgehend informiert. An den betroffenen Schulen und Kitas werden nun ebenfalls Testungen angeboten.

Nach Neukölln und Spandau ist Friedrichshain-Kreuzberg somit der dritte Bezirk, in dem Corona in einem Wohnkomplex ausgebrochen ist.

Der neue Fall zeige, dass in Wohnhäusern mit sehr beengten Lebensverhältnissen eine besonders hohe Ansteckungsgefahr herrsche, sagte Gesundheitssenatorin Kalayci (SPD) am Mittwochmorgen dem rbb. Kritik übte Kalayci in dem Zusammenhang auch an Vermietern, "die sehr viele Menschen in einer Wohnung wohnen lassen, damit sie Geld verdienen".

Sendung: Abendschau, 24.06.2020, 19:30 Uhr

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35 Kommentare

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  1. 35.

    1x Hotel Adlon bitte!

  2. 34.

    Jeder, der mit dem ÖPNV unterwegs ist, kann klar erkennen, wie sich das Superspreader-Klientel zusammensetzt.
    Enge Wohnungen oder wenig Geld sind eher nicht die Ursache für Outbreaks.
    Ein Haus mit 5 Etagen hat auch keinen Fahrstuhl zum Aerosol atmen - also nicht diese Bauart.

  3. 33.

    Danke für den Kommentar! Ich hatte schon befürchtet, dass hier nur noch Missgunst herrscht! Alle, die in großzügigen Wohnverhältnissen leben, können doch nur dankbar sein, dass alle Einschränkungen und schlimmstenfalls Quarantäne für sie halbwegs ohne Beklemmungen ertragbar sind. Abgesehen vom geringeren Infektionsrisiko für viele Berufszweige.

  4. 32.

    Gehen Sie ernsthaft davon aus, dass in Berlin alle Hotels bis zur erlaubten Grenze ausgebucht sind? Da höre ich ganz anderes von Bekannten aus der Branche!

  5. 31.

    Genauso seh ich das auch! Was hilft, es, wenn sich niemand an die Regeln hält, weil die Menschen nicht ordentlich versorgt werden und auf engstem Raum leben. Außerdem kann man Infizierte und nicht Infizierte trennen, denn wenn die alle zusammen in einer Wohnung hausen müssen, dann schleppt sich die Quarantäne ewig hin, weil ich einer nach dem anderen mit Verzögerung infiziert.

  6. 30.

    Oh je, Hochmut kommt vor dem Fall. Versuchen wir es doch einfach mal dem "Prekariat" zu gönnen, in einem etwas geräumigeren Umfeld die Quarantäne resp. die Erkrankung auszusitzen.

  7. 29.

    Laßt die Menschen mal lieber in Berlin. Brandenburg schmeißt mit den Lockerungen nicht so umsich wie die Hauptstadt.

  8. 28.

    Ja und solche Verhältnisse erklären dann auch wieder,weshalb nicht alle Bewohner in den Meldedaten zu diesen Adressen zu finden sind. Das erleben ja nicht nur die Gesundheitsämter in Berlin,sondern wie berichtet wurde,auch in den Hotspots von Göttingen,Magdeburg,
    im Kreis Gütersloh und Warendorf etc.
    Für problematisch halte ich auch ,dass Geteste,die nicht infiziert sind aber in diesen Häusern wohnen,nicht unter Quaratäne stehen. Der Test ist doch eine Momentaufnahme und wenn Menschen dann in einem solchen Hotspot leben,müsste es doch heißen,noch nicht infiziert.
    Wieoft werden diese Personen nachgetestet,wenn sie das Haus verlassen dürfen?
    Sowohl Werksverträge ,wie auch etliche Arbeitsverhältnisse für Menschen die aufgrund des Freizügigkeitsgesetzes, sind die neue Sklaverei und das wird sich erst ändern, wenn die Bevölkerung u.A. bereit ist, auf " Geiz ist Geil" zu verzichten. Solange ungesunde Ernährung zu Schleuderpreisen vertickt wird,ändert sich aber nichts.

  9. 27.

    Ich habe heute früh das Interview mit dem zuständigen Gesundheitsstadt gehört.
    Wohltuend sachlich,unaufgeregt und fachlich kompetent.
    Ganz im Gegensatz zu den ständigen Panikverbreitern des Senats.

  10. 26.

    Es ist sehr zu begrüßen, dass der Senat anders als etwa die Stadt Göttingen kompetent handelt, d.h. die Leute angemessen unterbringt und versorgt. Wo sie herkommen, interessiert das Virus nicht, sondern nur Rassisten.

  11. 25.

    Werden pro Wohnung dann sieben Hotelzimmer amgemietet oder reicht die Präsidenten Suite von der Größe her aus? Wäre der Senat bei infizierten Neonazis genauso spendabel oder möchte man sein schlechtes Gewissen beruhigen, weil die Zustände dort ohne Corona schon schlecht genug waren es aber niemanden gejuckt hat?

  12. 24.

    Also wenn was pro Mann (also nach Zimmerbelegung) als Einzelzimmer vermietet wird, handelt es sich um ein Hotel. Hier sprach man aber von Wohnungen. Die werden unabhängig von der Belegungszahl vermietet. Vielleicht informiert der Senat und das GA ja auch bewusst bruchstückhaft und es sind hotelähnliche Arbeiterunterkünfte. Wäre ja mal interessant, zu wissen, wo es sowas wie Tönnies-Kasernen bei uns gibt...

  13. 23.

    Dann wissen wir zumindest wo ein Teil unserer Steuergelder vernichtet wird.
    Es hätte doch bestimmt andere Lösungen gegeben als Infizierte ausgerechnet in Hotelzimmern unterzubringen.
    Aber das ist wieder einmal typisch RRG, nachdem man Unsummen verschwendet hat um Radwege grün anzumalen, werden jetzt Menschen aus dem Prekariat in Hotelzimmer verfrachtet.

  14. 22.

    I.d.R. sind diese Menschen Leistungsbezieher, sobald sie einen Arbeitnehmerstatus besitzen, d.h. dass das Jobcenter die Mieten im Rahmen der Angemessenheit zahlen würde. Anhand der Umzugsanträge bei uns kann ich ersehen, das es auch für Familien ausreichend Wohnraum gibt. Nur halt in anderen Bezirken.
    Und SGB II-Leistungsbezieher, auch aus dem europäischen Ausland, sind im übrigen durch den Steuerzahler krankenversichert, können sich also problemlos AU schreiben lassen.

    Zum einen möchten diese Menschen teilweise so leben (Familienverbund, Kontrolle des Patriarchen, etc.), zum anderen halten sich einige dieser Menschen, trotz EU-Freizügigkeit illegal hier auf (ja, auch die Freizügigkeit hat juristische Grenzen).
    In nicht wenigen Fällen handelt es sich auch illegale Untervermietung, die extrem lukrativ ist.

  15. 21.

    Erneut wird Konzeptlosigkeit des R2G Senats deutlich - erst recht Ressort übergreifend.

    Liebe Mitbürger - lasst uns bitte in Zukunft Menschen nach Kompetenz wählen, nicht nach Farben oder Sprüchen.

  16. 20.

    Also ich versteh das jetzt nicht so ganz: Die Hotels dürfen aus einem ganz bestimmten Grund ja zur Zeit nicht voll belegt sein. Haben also ungewollt noch freie Plätze. Und diese Plätze sollen dann mit Corona-Kranken belegt werden? Quer in der Stadt verteilt? Oder gibt es in jedem Bezirk Hotels, die der Senat schon jetzt angemietet hat ( mit welchen Mitteln) und vorsorglich frei hält? Oder werden im Notfall Hotels geräumt, damit die Infizierten einziehen können? Ist ne ernsthafte Frage. Vielleicht könnte mal jemand antworten, der das weiß. Um Gerüchten vorzubeugen und das den Leuten eben mal richtig zu erklären. Ich kann es mir jedenfalls überhaupt nicht erklären, wie das wohl in der Praxis umgesetzt werden soll.

  17. 19.

    Das ist ein anderes Bundesland, das muss schon die dortige Landesregierung erledigen.

  18. 17.

    In Berlin läuft einiges verkehrt durch die Berliner Politik.
    Eine sehr ungerechte Entscheidung gegenüber diejenigen die sich an die Regeln halten und auch monatelang in kleinen Wohnungen verbringen mussten.

  19. 16.

    " die sehr viele Menschen in einer Wohnung wohnen lassen, damit sie Geld verdienen" - erklärt mir das mal. Wenn mehr Leut in einer Wohnung hocken, bekommt der Vermieter dann mehr Kohle? Meiner nicht. Die Stromversorger, ja, die Wasserwerke, ja, aber Strom und Wasser brauchen die Leut auch in einer anderen Wohnung oder im Hotel. Also nochmal - wie verdient ein Vermieter mehr, wenn er eine Familie (Vater, Mutter, 5-6 Kinder) in einer Wohnung wohnen lässt zu sozi-Mieten, anstelle die Bude an 2 Doppelverdiener, Endzwanziger, 2 Firmenwagen und gute Verhütung zu vermieten? Bei letzteren könnte er mehr kassieren...

    17 Wohneinheiten sind ja lächerlich - 200 Bewohner sind in Quarantäne! Statt Beatmungsbetten hätten sie auf dem Messegelände Hostel- oder Containerwohnungen bauen sollen! Ist für Kinder und Gattinnen die bessere Lösung gegen Gewalt...

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