Interview | Schulleiterin Astrid-Sabine Busse - "Wir gehen von einem Normalbetrieb an den Schulen aus"

Di 28.07.20 | 13:16 Uhr
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Symbolbild- Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse stehen auf einem Schulhof mit Abstand zueinander in einer Reihe. (Bild: dpa/Arne Dedert)
Audio: Inforadio | 27.07.2020 | Interview mit Astrid-Sabine Busse | Bild: dpa/Arne Dedert

In zwei Wochen soll das neue Schuljahr im Regelbetrieb starten. Vieles gibt es zu beachten, vieles ist aber auch noch unklar. Astrid-Sabine Busse leitet eine Grundschule in Neukölln und rechnet mit einem normalen Start. Doch sie weiß, dass sich das schnell ändern kann.

rbb: Frau Busse, setzen die Berliner Schulen zum Schulstart eher auf Präsenzunterricht oder eine Mischform, also eine Woche Schule, eine Woche zu Hause?

Astrid-Sabine Busse: Von einer Mischung ist nicht die Rede. In zwei Wochen soll ja ein normaler Betrieb losgehen. Und davon gehen wir jetzt erst einmal aus. Und in den heutigen Zeiten wissen wir, dass sich alles innerhalb von einem Tag ändern kann. Aber wir gehen davon aus, dass wir mit einem normalen Stundenplan starten.

Es gibt keinen Sicherheitsabstand und keine Gruppenbegrenzung. Und ich meine sogar keine Maskenpflicht, wenn ich die Schulsenatorin richtig im Hinterkopf habe. Das war alles etwas umstritten. Sind die Hygieneregeln jetzt klar?

Ich kann ja nicht eine Schule mit Hunderten von Kindern und Erwachsenen jetzt mit Abstand regeln. Das geht nicht mit Vollbetrieb. Die Hygieneregeln, denke ich, bleiben dieselben. Das bereits bekannte Händewaschen werden wir beibehalten. Das ist ja logisch, weil man das ein ganzes Leben so macht. Eine Maskenpflicht gab es in der Schule sowieso nicht. Und natürlich dürfen Kollegen und Kinder auch Masken tragen. Aber den ganzen Tag ist das auch sehr, sehr schwierig im Unterricht.

Finden Sie es richtig, dass es keine Pflicht zum Mund-Nasenschutz gibt?

Ich stelle es mir sehr schwer vor, dass Kinder acht Stunden lang mit einer Maske in der Schule sitzen. Auch für die Lehrer, denn es gibt keine Mimik. Es ist für die Kinder schon so schwer zu Corona-Zeiten. Wer Kinder hat, wird erlebt haben, wie die sich auch schon verändert haben. Und eine Maske macht die Sache nicht leichter. Sollte es dazu kommen, dass es Pflicht wird, müssen wir dem nachgehen.

Blicken Sie mit Sorge auf das neue Schuljahr, dass Sie möglicherweise schon bald die erste Schule wieder schließen müssen, weil es Corona-Ausbrüche gibt?

Ja, die Gefahr besteht natürlich immer. Wenn wir jetzt Nachrichten hören, sieht man, wie schnell das gehen kann, auch in der Schule. Aber ich denke und hoffe, dass es keine flächendeckenden Schulschließungen mehr geben wird. Vereinzelt wird das möglicherweise immer so sein. Aber die Wissenschaftler sagen ja, dass gerade kleinere Kinder - also im Grundschulbereich - wohl nicht so ansteckend sein sollen wie Erwachsene.

Wie machen Sie das mit älteren Lehrern, Lehrern mit Vorerkrankungen? Können die sich im kommenden Schuljahr irgendwie einbringen? Oder stehen Sie möglicherweise noch zusätzlich vor einem Lehrermangel?

Ja, das wird ein großes Problem und wird von Schule zu Schule unterschiedlich sein. Es wird aber große Auswirkungen auf den Personalkörper haben. Wir haben seit vielen Jahren sowieso einen Mangel an Lehrerinnen und Lehrern. Das wird die Sache noch erschweren. Natürlich durfte auch bis jetzt jeder 60-Jährige und Ältere weiter arbeiten gehen. Es war nicht verboten zu kommen.

Werden die älteren Lehrer für das Homeschooling eingesetzt? Und wo kriegen Sie Ersatz her?

Das ist eine sehr, sehr gute Frage. Theoretisch kann man Lehrer über das Personalkostenbudget einstellen. Aber der Markt ist ziemlich leer. Und es reicht ja auch nicht, nur eine Frau X und einen Herrn Y einzustellen, der jetzt in meinem Büro steht, nur damit jemand da ist. Wir wollen die Qualität des Unterrichts erhalten.

Also was machen Sie? Für mich klingt das so, dass gleich am ersten Tag die ersten Stunden ausfallen.

Ich denke nicht, dass gleich ganz viel ausfällt. Jede Schule kennt ja auch im Vorfeld möglicherweise schon Kolleginnen und Kollegen, die gesagt haben, wir können nicht kommen. Und dann muss man sehen, wie man zurechtkommt. Man hat manchmal auch noch andere Stundenpolster, die man dann angreifen muss. Jede Schule ist unterschiedlich. Man kann auch nicht einen kompletten Plan übers ganze Land stülpen. Das geht nicht, und da müssen die Schulleitungen sehr flexibel sein.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit Astrid-Sabine Busse führte Sabine Dahl, Inforadio.

Der Text ist eine redigierte und gekürzte Fassung. Das komplette Interview können Sie oben im Audio-Player nachhören.

Sendung: Inforadio, 28.07.2020, 07:25 Uhr

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1 Kommentar

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  1. 1.

    Ich bin entsetzt, wie sich eine Schulleitung nur so gegen die Gesamtheit der Pädagogen stellen kann... Unfassbar.

    Ich erlebe im Kollegium massive Unruhe deswegen, weil sich die meisten ein starkes, stabiles Hygienekonzept wünschen mit MNS und Entlüftung, festen Klassen, Abstand etc..

    Es ist noch lange nicht vorbei!

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