Mangelnde Disziplin bei Hygieneregeln - Kalayci erwägt Alkoholverbot für Berliner Kneipen und Bars

Mo 10.08.20 | 23:03 Uhr
  143
Dilek Kalayci, Senatorin für Gesundheit in Berlin, im Abgeordnetenhaus, Archivbild (Quelle: Imago Images/Stefan Zeitz)
Video: Abendschau | 10.08.2020 | Iris Marx | Bild: Imago Images/Stefan Zeitz

Berlins Gesundheitssenatorin Kalayci kritisiert den Umgang vieler Wirte und Kneipengäste mit den Corona-Beschränkungen. Hygieneregeln würden oft gebrochen. Deshalb müsse über ein Alkoholverbot nachgedacht werden. Ein Koalitionspartner bezeichnete die Idee als "nicht schlau".

Kneipen- und Barbesucher in Berlin müssen sich wegen der Corona-Einschränkungen wieder auf strengere Kontrollen durch Polizei und Ordnungsämter einstellen. Das kündigte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) in der "Berliner Morgenpost" an. Auch über ein Alkoholverbot müsse man nachdenken, "wenn sich die Disziplin in den Gaststätten nicht verbessert", sagte Kalayci.

Erste verstärkte Maßnahmen waren laut Beobachtern bereits am Wochenende spürbar. So gingen Polizisten und Ordnungsamt-Mitarbeiter am späten Samstagabend in Neuköllner Kneipenstraßen von Bar zu Bar und kontrollierten die Einhaltung von Bestimmungen und ließen eng stehende Tische und Stühle auf dem Bürgersteig abbauen.

"Wenn viel Alkohol getrunken wird, wird es schwierig"

Kalayci betonte, die Kneipen machten ihr große Sorge. "In den Gaststätten kommen oft viele Menschen eng zusammen, wenn dann noch viel Alkohol getrunken wird, dann wird es schwierig." Oft würden Abstands- und Hygieneregeln nicht eingehalten und die Dokumentationspflicht vernachlässigt. "Das aber geht gar nicht. Die Kontaktdaten müssen von den Gastronomen eingeholt und natürlich auch von den Gästen korrekt angegeben werden."

Bußgelder müssten "konsequent" verhängt werden, sagte Kalayci. "Aus meiner Sicht wird davon bisher zu wenig Gebrauch gemacht." Innensenator Andreas Geisel (SPD) sei gerade dabei, gemeinsam mit den Bezirken die Ordnungsämter zu verstärken. Wenn die Kontakte nicht zurückverfolgt und die Infektionsketten nicht unterbrochen werden könnten, "dann kann das in Berlin zu einem großen Problem werden".

Kritik kommt von Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Bei Twitter schreibt er: "Diese #Alkoholverbot-Nummer ist eine Räuberpistole. Trägt nichts bei zur Pandemieeindämmung. Ist mir jedenfalls nicht bekannt. Und wer hat was davon, wenn die Leute es sich im Laden holen?" Und weiter: "Solche 'Ideen', die nicht reflektiert sind & als Schlagzeilenbringer kommuniziert werden", seien nicht hilfreich dabei, "eine rationale Prävention" zu ogranisieren. "Deshalb ist es nicht schlau, irgendwelche Ideen in den Medienbetrieb zu hauen, statt Wirkungen und Kollateralschäden wenigstens drei Tage zu bedenken und zu diskutieren."

Kalayci wies im Inforadio daraufhin, dass es nicht um ein allgemeines Alkoholverbot gehe. "Das wäre ja auch Quatsch. Wenn jemand gepflegt am Tisch sitzt mit Abstandsregeln und Wein trinkt, dann kann man nichts dagegen haben", so die Senatorin. Sie könne sich aber Einschränkungen an bestimmten Orten vorstellen, an denen ausschweifend und sorglos gefeiert werde.

Heiße Sommernächte, Partys auf den Straßen

Für nachlässige Wirte und Kellner habe sie "absolut kein Verständnis", so die Senatorin. "Wenn sie wollen, dass die Restaurants und Biergärten offen bleiben dürfen, dann müssen sie die Abstandsregeln und Dokumentationspflicht einhalten." Zudem sorge "der Alkoholgenuss dafür, dass die Menschen nachlässiger werden, laut werden, kaum noch Abstand halten".

Tatsächlich ließ sich zuletzt in den warmen Augustnächten in vielen belebten Straßen und Kneipen etwa in Kreuzberg, Friedrichshain und Neukölln kaum ein Unterschied zu den Zeiten vor Corona beobachten. Besonders die draußen stehenden Tische standen eng und waren gut besetzt. Später in der Nacht wurde es aber in den Straßen deutlich schneller leer als früher, weil die Clubs, die die Partybesucher anziehen, weiterhin geschlossen sind.

Ein solches begrenztes Alkoholverbot gibt es in anderen Teilen Deutschlands bereits: So ist in Hamburg etwa an bestimmten Orten in der Stadt am Wochenende zwischen 8 Uhr abends und 6 Uhr morgens der Alkohol-Außer-Haus-Verkauf verboten. Das klassische Weg-Bier also. Auch mehrere bayerische Städte haben Verbote erlassen. So ist in Teilen der Augsburger Innenstadt nach 24 Uhr der To-Go-Verkauf von Getränken bis Ende September untersagt.

Die Stadt Nürnberg reagierte auf "wiederholt große Menschenansammlungen und Feiern an beliebten Treffpunkten in der Innenstadt" kürzlich mit einem temporären Verkaufsverbot von To-Go-Getränken für ein Wochenende. Und in Bamberg gilt ein Verbot des Außer-Haus-Verkaufs von Alkohol an den Wochenenden in der Kneipenmeile Sandstraße.

Sendung: Inforadio, 10.08.2020, 8 Uhr

Was Sie jetzt wissen müssen

143 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 143.

    Prohibition => Mafia. Mal sehen welche Gruppe das dann macht :)

  2. 141.

    Marianne, Sie waren bestimmt schon immer alt, sonst würden Sie bei der jungen Generation nicht von Unvernunft sprechen, sondern sie zu verstehen suchen. Sie, Marianne, verstehen sie bloß nicht mehr. Übrigens: Trotz all dieser "wilden Jugend-Partys" steigen die Coronazahlen in Berlin am stärksten bei den Alten. Hmmm...! Das, liebe Marianne, ist nicht diskriminierend, sondern ein Impuls, mal nachzudenken, wo es bei den Alten denn so schief läuft. Viel Spaß!

  3. 140.

    Genau das ist der Punkt
    Auch ich war im April erkältet. Test? Iwo, warum denn, ich konnte schließlich keinen bestätigten Kontakt vorweisen. Also schön weiterarbeiten mit täglich wechselndem zig fachem Kundenkontakt. Das war das deutsche "Konzept". Schließlich wollte man die Testkapazitäten nicht überlasten.
    @Frank
    Jetzt können sich Reiserückkehrer freiwillig testen lassen, und siehe da, es gibt Schlangen an den Flughäfen. Soviel zum Thema "Diktatur" bei Massentests. Das Angebot wird angenommen.
    Als Südkorea eine 2. Welle befürchtet hat wurden dort die Clubs geschlossen. Das war viele Wochen bevor hier die dortige "2. Welle" propagiert wurde. Lüge!
    Beachtenswert auch eine Meldung der Nachrichten letzter Woche: "Polen ist bisher gut durch die Pandemie gekommen aber jetzt steigen die Zahlen wieder." Auch eine glatte Lüge. Zwar sind die Zahlen seit Ende Juli angestiegen, aber vorher waren sie seit Ende März im Schnitt auf stabilem Niveau (vgl. Tagesschau.de). Kein WIEDERANSTIEG also!

  4. 139.

    Senatorion Kalayci fett abgewatscht!
    Berliner Senat spricht sich gegen eigene Senatorin aus: Es wird kein Alkoholverbot geben! Senats-Kollege Klaus Lederer fordert Kalayci auf, nicht "irgendwelche Ideen in den Medienbetrieb zu hauen"! Rechtsanwälte prangern verlorengegangene Verhältnismäßigkeit an. Selbst Kalayci rudert von ihrer maßlosen Idee am Dienstag zurück und verleugnet ihre Aussage vom Vortag. Bedauerlich all die Posts hier, die jegliche Verbote gutheißen. Kalayci ist in ihrem Amt überfordert und inkompetent. Bitte sofort abtreten und jemand Geeignetem den Platz freimachen (nicht CDU, FDP, AfD oder so). Nur jemand Kompetentes eben (gerne auch SPD wieder).

  5. 138.

    Sie würfeln den ganz großen Becher, dabei aber einiges durcheinander. In Deutschland dürfen nur EU Ausländer an ihrem jeweiligen Wohnsitz an Kommunalwahlen teilnehmen - und nicht wie Sie suggerieren Geflüchtete aus sog. Drittstaaten, in denen Christen abgeschlachtet werden oder was Sie sonst noch so anzuführen haben, um das deutsche resp. das EU Wahlrecht in Misskkredit zu bringen.

  6. 137.

    Auf die Vernunft junger Menschen zu hoffen ist vergebliche Mühe. Hier sehe ich jeden Tag wie die Admiralbrücke
    ohne Abstand und Maske belagert wird. Alkohol ohne Ende. Man sollte auch hier wegen Corona testen. Die Positiven
    Zahlen möchte ich dann wissen. Gleiches gilt für das Ufer am Landwehrkanal und Urbanhafen.

  7. 136.

    alle über einen Kamm scheren.... dannn sollte man wohl Klankriminalität beseitigen ;) oh wie sehr bin ich Familie ;)))

  8. 135.

    Das weiss man doch seit Jahrzehnten. Fazit: immer mehr Ausländer die sofort wählen können. Andere Parteien (gibt nur keine mehr)könnten den derzeitigen üppigen Geldfluß unterbinden, was unerwünscht ist. Suchen wir doch mal Parteien in den Ländern wo die Migranten herkommen, die uns als Ausländer finanziell durchfüttern und auch noch wählen lassen. Viel Spass bei der Suche. Christen werden in allen muslimischen Ländern abgeschlachtet. In der Türkei werden permanent sogar Pastoren und Priester abgeschlachtet. Kein Aufschrei hiesiger Politiker....

  9. 134.

    "Stellen Sie sich mal Massentests hier vor: Die Leute bei uns würden sie vermutlich ablehnen, wieder auf die Straße rennen und "Diktatur!" skandieren"...

    Also ich arbeite in der Pflege (wir hatten einige Verdachtsmomente !!!) und weder ich noch meine Kolleginnen wurden bisher nur einmal (1x) getestet...

    Solange hier nur Politiker, Fußballmillionäre oder Leute getestet werden die sich einen Brasilien-Urlaub leisten können braucht man sich um Massentests hier in Deutschland keine Sorgen machen.

    Da kommen doch Verbote unseren Politikern viel billiger.

  10. 133.

    Ihre Fehler!!! Die anderen die richtig handeln werden bestraft. Ihre Pflicht! Personal...Kontrolle... und Gewissheit... lieben Gruß von Gastronomen die im Allgemeinwohl arbeiten.... mach deine Arbeit!!!!! Wir sind schon Gesundheitsamt.... Service....und Sani.... es reicht.... hier wäöre auch mal ein Bonus fällig....!

  11. 132.

    Sie greifen mir vorschnell auf den harschen Begriff "Lüge" zurück. Die südkoreanischen Behörden haben erklärt, weshalb sie von einer zweiten Welle ausgehen. Es müssen nicht dramatische Fallzahlen vorliegen. Die Tendenz in der Entwicklung von Neuinfektionen ist entscheidend. Insofern ist es sinnvoll bereits frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, bevor alles außer Kontrolle gerät. Wir leben nun mal in einer Pandemie und ein sicherer Impfstoff fehlt noch, da müssen bestimmte liebgewonnene Gewohnheiten eingeschränkt werden.

    Tja, andere Länder, andere Strategien. Das erklärt sich dadurch, dass wir noch nie in einer solchen Situation waren, es mangelt an Erfahrung. Ob es da ein Patentrezept gibt? Keine Ahnung. Fakt ist jedoch: Alles hat Vor- und Nachteile. In Südkorea bestand in der Bevölkerung mehr Verständnis für solche Maßnahmen. Stellen Sie sich mal Massentests hier vor: Die Leute bei uns würden sie vermutlich ablehnen, wieder auf die Straße rennen und "Diktatur!" skandieren. Absurd.

  12. 131.

    Jetzt weiß man wenigstens welche Partei man auf keinen Fall niemals mehr wählen sollte !

  13. 130.

    Das sind mir die Liebsten.... die vor einem stehen ohne Maske und darauf hinweisen wie man die Maske zu tragen hat.
    Ich wage mal zu behaupten das fast alle im Verkauf arbeitenden keine Maske tragen, weil ihnen das per Arbeitsschutz erlaubt ist.
    Da gibt es kaum jemanden der beim Regal auffüllen die Menschheit vor dem Virus schützen will.
    Diese Heuchelei .....

  14. 129.

    Okay, wenn Schließen nicht geht, dann Bußgelder die richtig weh tun. So im 5 stelligen Bereich

  15. 128.

    Nicht Äpfel mit Birnen verwechseln. Es geht hier um Corona Verordnungen und nicht um Straftaten.

  16. 127.

    Wie Kneipen und Bars ohne Alkohol...das ist ja wie eine Geburtsklinik ohne schwangere Frauen.
    Unsinn!

  17. 126.

    Jetzt schlägt es aber dreizehn. Die ganzen Corona-Maßnahmen sind ohnehin mit Blick auf das Grundgesetz sehr fragwürdig. Jetzt die Menschen noch weiter bevormunden zu wollen schlägt dem Faß den Boden aus. Vielleicht möchte Frau Kalayci auch noch ein Tanzverbot einführen? Das lässt sicher mit dem selben Argument für das Alkoholverbot unter einen Hut bringen.
    Dann fehlt wirklich nichts mehr um die selben Zustände wie im Iran in Deutschland zu haben. Ich hoffe, dass hier die Vernunft siegen wird.

  18. 125.

    Langsam wird es echt albern, wie wäre es denn mit dem Wasser Verbot am Strand.
    Diese Politik kann man nicht mehr ernstnehmen.

  19. 124.

    Was für ein populistischer Gedanke dieser abdankenden Senatorin.
    Was dann?
    Einkaufen im Späti oder im Supermarkt und ab in den Park. Da sowieso besser und billiger, als in der Kneipe.
    Was also soll das Alkoholverbot in Kneipen bringen?

Das könnte Sie auch interessieren

Haus der Offiziere. (Quelle: rbb)
rbb

Prachtbau in Wünsdorf - Neues Leben im Haus der Offiziere?

Einst war das Haus der Offiziere in Wünsdorf ein Prachtbau – mittlerweile bröckelt der Putz gewaltig. Seit vor Jahrzehnten die Rote Armee hier abzog, steht das Gebäude leer. Aber jetzt tut sich vielleicht was. Von Alexander Goligowski