Test-Kapazitäten in Berlin fast ausgelastet - Gesundheitsminister einigen sich auf Abschaffung der Pflichttests für Reiserückkehrer

Mo 24.08.20 | 19:43 Uhr
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Archivbild: Ankommende Passagiere stehen zum kostenlosen Test im Flughafen Schönefeld an. (Quelle: dpa/A. Riedl)
Video: Abendschau | 24.08.2020 | Studiogespräch mit Stadtrat Detlef Wagner | Bild: dpa/A. Riedl

Seit Anfang August werden in Berlin Reiserückkehrer auf Corona getestet, inzwischen stoßen die Labore an ihre Grenzen. Das Problem könnte sich bald lösen: Die Gesundheitsminister haben sich darauf geeinigt, die Pflichttests wieder abzuschaffen.

Pflichttests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten und kostenlose Corona-Tests für Urlauber auch aus anderen Regionen soll es nach dem Willen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern nach dem Ende der Sommerreisesaison nicht mehr geben. Stattdessen sollen Krankenhäuser und Pflegeheime im Fokus einer geänderten Teststrategie stehen. Entsprechende Vorschläge legten die Minister am Montag nach einer Schaltkonferenz vor. Sie einigten sich damit auf einen Vorschlag des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU).

Es habe eine hohe Übereinstimmung gegeben, dass richtigerweise im Sommer die Tests für Reisende ausgeweitet worden seien, sagte Spahn nach dem Gespräch. Man sei sich aber zugleich einig, dass mit Ende der Rückreisewelle die Kapazitäten wieder stärker im Bereich der Pflege und Krankenhäuser genutzt werden sollten.

Primäre Quarantänepflicht

Dem Konzept zufolge sollen nach Ende der Sommerferien im ganzen Bundesgebiet die Regeln für die Rückkehr aus Risikoregionen überarbeitet werden. Zuletzt enden die Ferien Mitte September in Baden-Württemberg.

Statt Reisende aus Risikogebieten direkt bei der Einreise zum Test zu verpflichten, solle wieder primär eine Quarantänepflicht greifen. Wer also aus einem solchen Risikogebiet einreist, muss sich wie bisher beim Gesundheitsamt melden und sich in Quarantäne begeben. Diese könne "nur durch ein negatives Testergebnis bei einer Testung nach frühestens fünf Tagen nach Einreise beendet werden", heißt es in dem Vorschlag.

Damit würde sich die Quarantänedauer für die Betroffenen verlängern. Denn im Moment gilt, dass Reisende, die in Risikogebieten waren, sich nach der Einreise testen lassen müssen, wenn sie keinen eigenen maximal 48 Stunden alten negativen Test vorweisen können. Ein negatives Ergebnis hebt die vorgeschriebene Quarantänepflicht auf. Seit Ende Juli können sich zudem Urlaubsrückkehrer auch aus Nicht-Risikogebieten in Deutschland kostenlos auf Corona testen lassen.

Reiserückkehrer bringen Test-Kapazitäten an ihre Grenzen

Vor der Schaltkonferenz hatte die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) eingeräumt, dass die Kapazitäten für Tests auf Covid-19 in Berlin an Grenzen stoßen. Sie seien durch die massiven Testungen der Reiserückkehrenden ausgeschöpft.

"Wir sind jetzt bei 93 Prozent", sagte Kalayci am Montagvormittag im Gesundheitsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Hinzu komme die Information durch die Labore, dass die Knappheit von Verbrauchsmaterialien die Testkapazitäten weiter einschränken werde. In den Ländern sei die Situation unterschiedlich. Kalayci ist momentan auch die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz.

Die Berliner CDU-Fraktion warf der Gesundheitssenatorin Versäumnisse bei der Organisation der Corona-Tests bei Reiserückkehrern vor. "Wer Testzentren für Reiserückkehrer eröffnet, muss wissen, ob es genügend Kapazitäten und Verbrauchsmaterialien in unseren Laboren sowie genügend medizinische Mitarbeiter gibt", kritisierte der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Tim-Christopher Zeelen. Es fehlten Vorschläge, wie Testungen gerade von Rückkehrern aus Risikogebieten sichergestellt und wie und wann Laborkapazitäten erweitert würden, sagte Zeelen.

Kalayci verteidigte Tests für Reiserückkehrer

Kalayci verteidigte dagegen die Entscheidung, Tests für Reiserückkehrer etwa an Flughäfen und Bahnhöfen eingeführt zu haben. "Es war Konsens bundesweit hier einen Fokus zu setzen, weil wir über die Reiserückkehrenden ein Einschleppungsrisiko gesehen haben." Die Zahlen in Berlin und bundesweit in den letzten Wochen hätten das auch bestätigt. Ein erheblicher Teil der Infektionen gehe auf Reiserückkehrende zurück.

"Auf der einen Seite zeigen die Testungen an den beiden Flughäfen, am ZOB und Hauptbahnhof, dass ein Prozent ungefähr positiv sind. Man kann sagen, das ist eine sehr geringe Quote", erklärte Kalayci. "Auf der anderen Seite, wenn man einige zehntausend Testungen macht, dann geht es um einige hundert Positive, die so identifiziert werden. Ich glaube, das ist es tatsächlich wert."

Bereits vergangene Woche hatte die Charité auf erschöpfte Testkapazitäten hingewiesen, in dieser Woche wechselt nun die Verantwortung für das Testzentrum im Flughafen Tegel zur Kassenärztlichen Vereinigung. Laut dem Verein "Akkreditierte Labore in der Medizin" lag die Berliner Corona-Testkapazität vergangene Woche bei rund 10.000 pro Tag und rund 62.000 in der Woche.

Jede dritte Infektion geht auf Reiserückkehrer zurück

Derweil spielen Reiserückkehrer bei den Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Berlin eine abnehmende Rolle. In den vergangenen Wochen habe der Anteil um 50 Prozent gelegen, sagte Kalayci vor dem Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses. "Auffällig ist, dass er auf 34 Prozent runtergegangen ist." Als möglichen Grund nannte die Senatorin, dass die Schule wieder begonnen habe und die Familien inzwischen in die Stadt zurückgekommen seien. Trotzdem bleibe es wichtig, die Entwicklung zu beobachten.

Die Zahl der Neuinfektionen in Berlin insgesamt steige stetig an, warnte Kalayci. In der vergangenen Woche sei es mit 461 Neuinfektionen ein recht hoher Wert gewesen. Einzelne Bezirke haben vergleichsweise hohe Werte bei den Fallzahlen pro Woche je 100.000 Einwohner. Sie liegen den Angaben zufolge in Mitte bei 20,7 und in Friedrichshain-Kreuzberg bei 19,6 deutlich über dem berlinweiten Durchschnitt von zuletzt 14,5. In den vergangenen Wochen seien solche hohen Werte immer größeren Ausbrüchen zuzuordnen gewesen. "Das ist inzwischen nicht mehr der Fall", sagte Kalayci. "Wir haben lokalisierbare Ausbrüche zunehmend weniger. Wir haben mehr Streueffekte, was die Sache komplexer und schwieriger macht, was die Eindämmungsstrategie angeht."

Obergrenzen für private Feiern im Fokus

In der Frage, ob es neue Obergrenzen für private Feste geben sollte, gibt es auch nach der Telefonkonferenz am Montag keine klare Linie. Kalayci hält eine bundesweit einheitliche Regelung in diesem Bereich für nötig, sagt sie. Das stößt in mehreren Bundesländern, darunter in Sachsen-Anhalt und in Sachsen, auf Widerstand. In Berlin dürfen sich zu privaten Feiern aktuell bis zu 500 Menschen treffen, in Brandenburg gibt es keine Obergrenze mehr.

Bei einer Videokonferenz wollen am Donnerstag auch die Ministerpräsidenten der Länder mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über dieses Thema beraten. Nach Ansicht der Bundesregierung tragen vor allem private Feiern, bei denen die Hygiene- und Abstandsregeln nicht eingehalten werden, sowie Rückkehrer aus Risikogebieten zu den steigenden Infektionszahlen in Deutschland bei.

Sendung: Abendschau, 24.08.2020, 19:30 Uhr

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88 Kommentare

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  1. 88.

    Erst kostenlose Tests. Jetzt auch noch einen bezahlten Sonderurlaub. Alles ohne wirkliche Kontrolle. Warum wird das Verhalten der Urlauber so belohnt ? Es ist doch zumutbar für ein Jahr seine Urlaubswünsche zu begrenzen.

    Eine weitere Verschleuderung von Steuergeldern.

  2. 87.

    Das ewige Hin und Her in der Bewältigung des Virus, ist das was die meisten Menschen mürbe macht.
    Erst heißt es alle Rückkehrer testen dann wieder nicht.
    Die Verantwortlichen scheinen nicht viel Ahnung zu haben.
    Man muss doch vorher wissen wie lange die Ressourcen reichen können.

  3. 86.

    Will man nicht verstehen oder kann man nicht verstehen ?
    Wenn man mit dem eigenen Auto in die Schweiz oder nach Dänemark fährt muss man dort nicht die Öffis benutzen, denn dort besteht maskenpflicht .....man verbringt also einen Urlaub ohne Maske.
    Worum es in dem Zusammenhang ging muss man schon selber lesen...die anderen Beiträge.

  4. 85.

    Niemand zwingt Sie. Sie haben trotzdem die Wahl nicht zu fahren . Auch wenn die Stornokosten schmerzen.

  5. 84.

    Das eigene Auto ist eine kleine Schutzzone in der Corona-Krise. Auch der niedrige Spritpreis reizt zum Selbstfahren. Man habe durch den Besitz eines eigenen Autos mehr persönliche Freiheit. Flexibilität, Möglichkeit des Transportes von Menschen und Dingen.

  6. 83.

    Eine Influenza ist genau so wenig behandelbar wie Covid-19! Es gibt nur Impfstoffe, bei denen man hofft, auf den richtigen Grippe-Stamm gesetzt zu haben und nicht wider Erwarten ein anderer Stamm umgeht. Ist in den letzten Jahrzehnten mehrfach passiert, was Tausende Tote gefordert hat. Bei Corona drehen dagegen alle durch. Anfangs war das ja noch verständlich, als das Virus und dessen Auswirkungen noch unbekannt war. Inzwischen haben Virologen und Ärzte aber dazu gelernt. Es wird Zeit, jetzt mal sachlich zu werden und nicht weiter so zu tun, als würde die Pest höchstselbst grassieren. AHA muss überall und immer eingehalten werden, dann ist das Risiko händelbar, sogar in einem Risikogebiet. Mit dem Rest müssen wir langsam mal lernen zu leben!

  7. 82.

    Darum ja .... eigenes Auto.... und schon betrifft einen nix davon.

  8. 81.

    Genau, die 6Tage Übernachtungsregel wird nun nicht mehr gebraucht, weil diejenigen, die die Übernachtungen zahlen,ja nun wieder zurück in Deutschland sind. und aus den 2 südlichen Bundesländern wo noch Ferien sind, fahren nicht so viel nach Dänemark. Die Saison ist vorbei. MNS gilt außer in den Fahrzeugen natürlich auch auf allen Bahnsteigen, Bushaltestellen, in KPH auf den U-Bahnhöfen und den Fahrrad-Parkplätzen, ist alles ÖPNV.

  9. 80.

    Ich empfehle da ... mit dem eigenen Auto in die Schweiz....zwar wenig Strand aber auch keine MNS....nur in Öffis und Flugzeug.
    Oder Dänemark .... MNS auch nur in Öffis.... die 6 Tage Mindesturlaub wurde gerade erst aufgehoben.

  10. 79.

    Ich persönlich finde es schon komisch das Sie in Bayern für ihre zurückgegebenen Theaterkarten kein Geld erhalten. Wollten Sie nach Bayern fliegen? Wie kann man das eigentlich mit Urlaubsreisen nach Südeuropa vergleichen?

  11. 78.

    Dafür müssen dann eben auch Urlaubstage genommen werden, das gehört dann dazu. Ist sowieso sicherer, denn falls man sich beim Rückflug infiziert haben sollte, gibt der FlughafenTest das ja nicht wieder. Deshalb ist ein Test nach ca 1 Woche Quarantäne sinnvoller oder eben gleich 14 Tage. Sicher werden sich jetzt etliche beschweren, dass es "nur" 2 Wochen Herbstferien gibt, um die Familie mit Schulkindern aus- und ein zu fliegen.
    Es ist wirklich rücksichtslos von einer z.Zt. nicht wirklich behandelbaren Krankheit (Pandemie) , dass sie auf die Urlaubswünsche deutscher Touristen so wenig eingeht. Im übrigen empfehle ich Brasilien mit Sonne, Strand, Party und keinen Einschränkungen für Urlauber und alles ohne MNS.

  12. 77.

    Die Stornokosten meiner Reise (nach Bayern) habe ich auch selbst zahlen müssen. Reisen ist eigenes Risiko!
    Sitze auch auf den Kosten für div. Theaterkarten, die ich bei einer Vorverkaufsstelle erworben habe, die es nicht mehr gibt!
    Die Theater geben das Geld nicht zurück.
    Ja, eben Pech gehabt!

  13. 76.

    Also, vom Flieger mit den Öffis in 14 Tage Quaratäne... Eine Frage, müssen denn alle diese Urlauber nicht arbeiten , wer macht die Arbeit von ihnen ?

  14. 75.

    1% sind infiziert....das klingt nicht so dolle darum wurde ja gleich mal gesagt ....das sind einige hundert positive....also bei 300 positiven werden demnach 30.000 zu Unrecht eingesperrt.
    Wen es interessiert was Gerichte im Mai dazu gesagt haben.
    https://www.tagesschau.de/inland/analyse-corona-aufhebung-101.html

  15. 74.

    Zu 23 : gegen wen soll die Regierung ausgetauscht werden? Von wem? Und wer ist "man"? Und warum wollen Sie denn nicht mehr verreisen, wo Sie später selbst schreiben, dass ihr Ziel sowieso kein Risikogebiet ist? Das ist alles unlogisch. Oder befürchten Sie,dass es zu den Herbstferien doch Risikogebiet werden könnte? Das wäre dann vorausschauend, wobei das wiederum überall sein kann. Wenn Sie dann erholt zurück sind, engagieren Sie sich politisch in der Partei Ihrer Wahl - wegen des Regierungswechsels.

  16. 73.

    Das erinnert mich alles an die ersten Aussagen der Politiker am Anfang der Pandemie! Da wurde uns gesagt, daß die Gesichtsmasken nichts bringen! In Wirklichkeiten hatten sie nicht genug Masken auf Lager! Und als Sie genug da waren, war es auf einmal das Allheilmittel gegen das Virus!

  17. 72.

    In diesem Artikel dürften Sie einige Antworten auf Ihre Fragen bekommen: https://www.rbb24.de/panorama/thema/2020/coronavirus/service/berlin-brandenburg-corona-haeusliche-quarantaene-amtsarzt-rki-faq.html

  18. 71.

    "Die müssen dann eben in Quarantäne."

    Müssen diejenigen dann für die Quarantäne Urlaub nehmen? Holen sie sich einen Krankenschein beim Arzt und verlängern quasi den Urlaub? Welche Strafen erwarten diejenigen die sich nicht an die Quarantäne halten und Corona-Positiv getestet wurden?

  19. 70.

    Machen aus den Urlaub das beste ,ich war letztes Wochenende an der Ostsee wo angeblich Tagestouristen abgewiesen werden sollten. Alles nur Panikmache . Einzig die Essenszeiten verändern sich im Urlaub etwas .Buffet ja aber zeitlich begrenzt.
    Lassen sie sich nicht ein schlechtes Gewissen einreden ,wer das ganze Jahr arbeitet hat, der sich auch eine Auszeit verdient

  20. 69.

    Na wer hätte das gedacht? Unseren Politikern gehen die Testkapatzitäten zu neige.
    Wieso hat eigentlich China keine Probleme mit dem Produzieren .
    Wirtschaftsnation Deutschland ade.
    Es ist unerheblich ob freiwillig oder nicht , wenn das Gesundheitsamt keine Test mehr haben spielt überhaupt keine Rolle wer das bezahlt.
    Der Staat will testen lassen also soll er auch dafür bezahlen.
    Ich bezahl bei meiner Krankenkasse auch dafür das es unnötige OP's bzw Entzugskliniken durch gewunken werden.
    Die sind erheblich teurer

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