Kommentar | Verbot von Corona-Demo in Berlin - Das Ende der Geduld

Mi 26.08.20 | 19:05 Uhr | Von Olaf Sundermeyer
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Archivbild: Impression von der sog. Lockdown-Großdemo in Berlin (Quelle: dpa/Marc Vorwerk)
Video: Abendschau | 26.08.2020 | Laurence Thio | Gespräch mit Benedikt Lux | Bild: dpa/Marc Vorwerk

Mit dem Verbot der Corona-Demonstrationen sendet die Berliner Innenbehörde ein deutliches Signal: Nach Monaten der Inkonsequenz will man künftig die Hygieneregeln robust durchsetzen. Ein Präzedenzfall von bundesweiter Bedeutung, kommentiert Olaf Sundermeyer.

Ganz egal, ob ein Gericht die Verbote der Corona-Demonstrationen für das kommende Wochenende in Berlin am Ende aufhebt und der Protest damit erlaubt wird: Das Signal von Polizei und Berliner Senat ist klar. Man wird konsequent gegen all diejenigen vorgehen, die sich bei Versammlungen während der Pandemie bewusst den Abstandsregeln widersetzen und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ablehnen. Das ist die neue Handlungsmaxime nach Monaten der Inkonsequenz.

Zahlreiche Initiativen von Corona-Leugnern sowie Teile der rechtsextremen Szene und die AfD mobilisieren bundesweit zu Demonstrationen in Berlin mit dem zentralen Aufzug am Samstag. Auch ein Protestcamp zwischen Kanzleramt und Bundestag ist geplant, das ebenfalls verboten wurde. Ziel der Protestierer ist es, den Widerstand gegen die Politik in der Corona-Krise dauerhaft aufrecht zu erhalten, und mit dem Thema über Wochen in der Öffentlichkeit zu sein. Viele von ihnen träumen vom Sturz der Regierung, manchen wollen "den Reichstag stürmen", wollen mit ihrem Protest das ganze System stürzen. Auch deshalb ist die Innenbehörde in Berlin in besonderer Weise alarmiert. Aber ihr geht es um die Einhaltung des Infektionsschutzes, den sie bislang nicht wirkungsvoll erzwungen hat.

Polizei war nicht vorbereitet

Mit den Verboten zieht die Berliner Polizei ihre Lehre aus den Erfahrungen mit der Großdemo am 1. August. Damals hatten sich dieselben Veranstalter der Initiative "Querdenken" zwar mit der Polizei ausdrücklich auf die Einhaltung der Hygieneregeln verständigt: Ihre rund 20.000 Anhänger haben sich dann aber bewusst nicht daran gehalten. Als kollektives Zeichen ihres Widerstands gegen die Bundesregierung.

Schon bei der Großdemonstration gegen Rassismus von "Black Lives Matter" (BLM) auf dem Alexanderplatz im Juni diesen Jahres konnte die Polizei bei einer vergleichbaren Zahl der Demonstrationsteilnehmer den Infektionsschutz nicht durchsetzen. Dass bei dieser Demo die meisten Teilnehmer aus einer Art jugendlichem Leichtsinn die Hygieneregeln missachteten, während sich die Anhänger von "Querdenken" bewusst gegen die staatlichen Regeln stellen, ist aus Sicht des Infektionsschutzes unerheblich. "BLM" handelte fahrlässig, die "Querdenker" agieren vorsätzlich. Sie haben die Polizei getäuscht, die den Protest mit ihrer vorbereiteten Einsatzstrategie der Deeskalation Anfang August gewähren lassen musste. Auf anderes war sie nicht vorbereitet: Sie war nicht mit einer ausreichenden Zahl an Beamten im Einsatz, auch nicht mit schwerem Gerät.

Appelle ans Verantwortungsgefühl entwertet

Weil der politische Wille fehlte, mit polizeilicher Gewalt gegen eine scheinbar friedliche Demonstration vorzugehen, wollten die Behörden durch ein robustes Agieren der Polizei schließlich nicht diejenigen bestätigen, die den Staat in der Krise als diktatorisches "Corona-Regime" darstellen. So gesehen hat die Initiative "Querdenken" die Gutmütigkeit des Staates ausgenutzt und die dauerhaften Appelle von Regierungspolitikern an das Verantwortungsgefühl der Bürger entwertet.

Erfüllt von einem Gefühl der Selbstermächtigung mobilisiert "Querdenken" nun im Verbund mit erklärten Gegnern der Demokratie zu den Protesten für das kommende Wochenende. Mit den Verboten erklärt der Berliner Senat seinen politischen Willen zur Konsequenz. Es ist das Ende der Geduld: "Der Staat lässt sich nicht an der Nase herumführen", so rechtfertigt der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) die Verbote mit der Erfahrung vom 1. August, als genau das passiert ist.

Sendung: Abendschau, 26.08.20, 19:30 Uhr

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Beitrag von Olaf Sundermeyer

96 Kommentare

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  1. 96.

    Das ist sehr traurig für mich zu lesen. Ich habe seit 12 Jahren eine Neuro-muskuläre Erkrankung und darf mich nicht impfen lassen. Ich gehöre zur Risikogruppe sowohl bei Corona wie auch bei Influenza. 2013 lag ich wege Grippe in der Intensivstation mit multiplen Organversagen ( war im 6. MONAT schwanger) ich habe mit viel Glück überlebt. Warum darf ich sterben. Denn wenn die Impfung gegen Corona kommt interessiert es leider niemand mehr. Meine Risikogruppe interessiert niemand mehr. DARF ICH DEMONSTRIEREN für die versäumten Maßnahmen, die mich vor eine Infektion hätten schützen können. Wer sind diese Coronagläubige,-ungläubige, die entscheiden ob ich Geschützt werden darf oder nicht. PS: Ich will auch kein Herbes oder sonstiges. Eine Maske schützt davor, und zwar wissenschaftlich sicherlich bewiesen.

  2. 95.

    Mag sein, dass es gerade Wichtigeres gibt? Die Beschneidung der Grundrechte aufgrund der Maskenpflicht beispielsweise? Ich sehe keine "Querdenker" auf Demos, die auf die Wohnungsnot hinweisen. Und schon gar keine Reichsbürger, QAnnon-Jünger oder sonstig Erleuchtete. Wenn deren Grundanliegen auf einer Anti-Hygienedemo keine Rolle spielen würden, dann könnte man sie auch gar nicht als solche ausmachen. Tun sie aber, und das ist das eigentliche Problem dieser "Demos".
    Sie (und dabei würde ich schon ganz gerne bleiben) haben ja offensichtlich auch schon eine Verschiebung der Wichtung der Themen hinter sich. Für mich jedenfalls ist das Tragen einer Maske schlicht eine Lapalie, wenn ich meinen Beitrag zum Eindämmen einer Pandemie damit leisten kann.

  3. 94.

    Ihre Antwort ist der beste Beweis dafür, wer Tatsachen verdreht, nicht wahrhaben will... Ich habe mit keiner Silbe Sie oder jemand anders Denkenden gebeten, das Land zu verlassen. Und ich werde dies auf keinen Fall tun, denn ich fühle mich hier sehr wohl und trotz leichtsinnigen Leuten wie die Demo-Teilnehmer Dank umsichtiger Politiker gut beschützt und aufgehoben. Was müssen Sie "arm" dran sein, dass Sie so eine Schärfe in die Runde bringen... Oder aber Sie haben leider nicht die Gabe, auch mal an andere zu denken, die aufgrund von Vorerkrankungen z. B. besonders gefährdet sind, wenn sie mit dem Virus infiziert werden sollten. Möge aber trotzdem Ihnen und allen Coronaleugnern das Schicksal erspart bleiben, schwer an dem Virus zu erkranken!

  4. 93.

    Das war kein Argument.
    Woher willst du wissen,dass diese Themen diese Leute nicht tangieren? Und warum stehen diese Themen gerade nicht auf der Tagesordnung? Na?

  5. 92.

    Dann warten wir doch einfach gemeinsam auf diese wegweisende Entscheidung. Bis dahin gelten die Regelungen für den Hygieneschutz nun mal, ob es Maskenverweigerern passt oder nicht.

  6. 91.

    Eine Maskenpflicht ist kein Grundrechtsverstoß! Ein Demonstrationsverbot dagegen schon.

  7. 90.

    Ich gehe mal davon aus wenn das Bundesverfassungsgericht in der Verpflichtung eine Maske zu tragen einen Einschnitt in die Grundrechte sieht dann muss man nicht so tun als wäre das eine Lapalie.

  8. 89.

    Ihre Kritik können Sie gerne äußern, Sie steht Ihnen auch zu und ich nehme es dankbar zu Kenntnis. Denn im Gegensatz zu Anderen hier, lasse ich auch Gegenargumente gelten. Etwas das bei vielen hier nicht mehr vorhanden ist. Alle sind nur noch von Angst getrieben, bejahen alle Maßnahmen, ohne nachzudenken ob sie zweckdienlich sind. Nun gut...macht nur weiter so und Ihr werdet dieses wunderbare Land letztendlich vollständig gegen die Wand fahren. Beschränkt alles...verbietet alles...bestraft alle die Kritik äußern. Anscheinend bringt DIES Menschen wie Ihnen Vergnügen. Lassen Sie sich weiter Ihr Leben von Ihrer Angst bestimmen. ABER unsere Gesellschaft geht dabei vor die Hunde...UND DAS VERGESSEN SIE DABEI. Vllt sollten Leon und Sie das Land verlassen, statt es Anderen zu empfehlen.

  9. 88.

    Ich unterstütze Ihr Anliegen!
    Sie sollten demonstrieren dürfen.
    Aber es gibt dann nur noch eine Chance.
    Ein jeder hat eine 2te Chance verdient.
    Nochmal im Gro ohne Maske:
    Das wars dann für unsere Querdenker, Demoverbot.
    Und vor allem: saftige Strafen.

    Übrigens: lasst euch nicht vereinnahmen aus der rechten Ecke. Noch besser: mit deutlichem Signal/ Transparent sich distanzieren von AFD und Co. auf der Demo.
    Diese Partei steht nicht für demokratische Werte.

  10. 86.

    In diesem Test ist soviel Verdrehung drin, das mir schwindelig wird...
    Ein Verfassungsbruch mit dem Versuch eines Demoverbotes ist kein Zeichen, sondern mehr als peinlich.
    Dafür hätte man ja sein Unmut äußern können, statt Staatsgelder für Prozeßkosten rauszuhauen, oder?
    Die Querdenken Initiative musste schon des Öfteren den Rechtsweg nutzen, um Demos genehmigt zu bekommen.
    Ja, sogar schon vorm Bundesverfassungsgericht! Damit ist das keine "neue Handlungsmaxime"
    Das Wort "Corona Leugner" ist ein Schimpfwort, dass inhaltlich komplett idiotisch ist, den niemand zweifelt die Existenz,
    sondern allein die verhältnismäßigkeit daran an. Die Schublade "Rechtsextreme" ist ein weiterer kläglicher Versuch.
    Das Urteil des Verfassungsschutzes spricht eine komplett gegenteilige Meinung aus. Also ein Fake des Qualitätsjournalismus, Das Scheinargument es ginge um die Einhaltung des Infektionsschutzes ist ebenso lächerlich, wenn man die BLM Demos Bilder sieht

  11. 85.

    Also eigentlich wollte ich ja nicht hin - aber nun muss ich es einfach sehen...
    ...wie Politik dermaßen dumm sein kann...wenn diese Herrschaften schlechtere Entscheidungen treffen, als ein Affe der würfelt, spätestens dann sollte man hellhörig werden - denn dann liegt vermutlich keine "accidental jerkness" vor... ;)

  12. 84.

    Auch für Sie nochmal: gegen Grippe kann man sich impfen lassen. Wer das versäumt oder vermeidet und dann erkrankt oder sogar stirbt, ist selbst Schuld daran. Gegen covid 19 gibt es weder Medikamente noch einen Impfstoff. Das ist der Knackpunkt. Daher müssen andere Schutzmaßnahmen her, weil pharmazeutische Produkte noch nichts bringen. Vor der Grippe wird jährlich gewarnt, da liegt es an jedem selbst, den verfügbaren Schutz anzunehmen.

  13. 83.

    Jo, ein emotionales: haben (zugegeben winzige) Teile dieser Gesellschaft keine anderen Probleme, als sich wegen des Tragens einer Maske in ihren Grundrechten beschnitten zu sehen und damit anderen ihre Nerven und ihren Raum zu stehlen? Was für kleine Geister... wie wäre es mal für etwas sinnvolles oder gegen etwas wirklich elementar die freiheitlichen Grundrechte beschneidendes zu demonstrieren? Aber bei Themen wie Wohnungsnot, Klimawandel, wachsender sozialer Schieflage uswusf. kriegt der Wutbürger mal wieder die Lethargie.

  14. 82.

    "Wer Ungleichwertigkeitsideologien vereint, hat ein geschlossenes, rechtsextremes Weltbild. "Querdenken " ist rechtsextrem."

    Kommt da noch ein Argument?

  15. 81.

    Dann klagen Sie doch endlich. Himmel, immer heulen bei Fremden, die damit keine Probleme haben, bringt Sie doch nicht weiter.

  16. 80.

    Sie vergleichen Äpfel mit Birnen. Es ist sehr wohl ein Unterschied, ob ich in meiner persönlichen Freiheit entscheide, mich gegen die Grippe impfen zu lassen. Dafür steht jedes Jahr ein aktualisierter Impfstoff zur Verfügung, der die potentiellen Haupterreger erfasst. Sie werden sicherlich wissen, dass es momentan noch keinen wirksamen Impfstoff gegen das C-Virus gibt. Und schon sind Sie in Ihrer persönlichen Freitheit, eine Maske zu tragen, um das Risiko einer Weitervertreitung zu minimieren, eingeschränkt und haben das zu akzeptieren.

  17. 79.

    Ende der Geduld trifft es genau. Wir halten echt immer die zweite Wange hin, nur damit jeder Covidiot draufhauen kann. Nun endlich mal ein Zeichen, dass auch die Demokratie wehrhaft ist.

  18. 78.

    Ich stimme dem Kommentar von Leon voll zu. Und was Ihre Kritik an dessen Orthografie betrifft: Mit der Zeichensetzung haben Sie selbst es auch nicht so!

  19. 77.

    Sie entkoppeln die Gesundheit von der Würde des Menschen? Ernsthaft jetzt? Also ist Ihre Würde durch die Pflicht zum Tragen einer Maske und durch das Abstandsgebot schwerer in Mitleidenschaft gezogen, als die Gesundheit derjenigen, die sich infizieren, weil es ein paar tausend Leute nicht für ein paar Monate schaffen, sich mal ein bisschen zusammenzureißen und die Virusverbreitung fleißig unterstützen? Wow, so ein Unsinn ist ja schon beeindruckend.

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