Rechtsanwalt zu Kalayci-Vorstoß - "Alkoholverbot in Bars und Kneipen ist eine Schnapsidee"

Di 11.08.20 | 14:23 Uhr
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Symbolbild: Schnapsgläser (Quelle: dpa/Mayall)
Bild: dpa/Mayall

Das von Berlins Gesundheitssenatorin avisierte Alkoholverbot in Gaststätten hält der Rechtsanwalt Ole Monert für wenig aussichtsreich. Es stehe in keiner Verhältnismäßigkeit. Weil einzelne Radfahrer über rote Ampeln fahren, verbiete man ja auch das Radfahren nicht.

Herr Monert, Berlins Gesundheitssenatorin erwägt, den Ausschank von Alkohol in Bars und Kneipen für eine Weile zu untersagen – zumindest, so hat sie es konkretisiert, dort, wo nicht "gepflegt am Tisch" gesessen und mit Abstand Wein getrunken wird. Ist das rechtlich gesehen eine Schnapsidee?

Ole Monert: Lacht. Das sehe ich so. Denn hier geht es – wie immer bei den Corona-Maßnahmen – um die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe. Vor dem Hintergrund des Gesundheitsschutzes und dem Schutz der Überforderung des Gesundheitssystems. Hier geht’s ja um die Umsetzung dieses Schutzes – nämlich vor allem um die Dokumentation der Besucher zur Nachverfolgung von Infektionsketten. Ein Alkoholverbot würde aber an den bestehenden Problemen, wenn sich da Leute gar nicht oder mit falschen Daten eintragen, gar nichts ändern. Und es würde auch nicht helfen, die Nachverfolgung zu verbessern.

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung fragt man immer erst, ob das Mittel geeignet ist, um das Ziel – hier die Dokumentation zu verbessern, um Infektionsketten nachvollziehen zu können - zu erreichen. Das kann man mit Nein beantworten, denn es besteht kein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Ausschank von Alkohol und der Qualität der Daten, die die Besucher in den gastronomischen Betrieben hinterlassen.

Ein Alkoholverbot in Bars und Kneipen ist eine politische Schnapsidee, das vor allem ein großes Drohszenario für die Wirte darstellt.

Aber es geht ja nicht nur um die Kontaktlisten, sondern auch um die Einhaltung von Abstand.

Auch da muss man sagen: in den meisten Gaststätten halten sich die Gäste an die Abstandsregeln und in einigen wenigen nicht. Da stellt sich die Frage, ob man der gesamten Branche einen so massiven Eingriff in die Berufsfreiheit auferlegen sollte. Es geht ja um nicht weniger als um eine faktische neue Schließung der Gastronomie. Denn viele Bars und Kneipen existieren nur durch den Alkoholausschank. Es ist doch eher die Aufgabe der Polizei, für die Durchsetzung der erlassenen Gesetze zu sorgen.

Man würde ja auch nicht, nur weil einige Fahrradfahrer über rote Ampeln fahren, das Fahrradfahren verbieten.

Haben sich bei Ihnen jetzt schon Gastwirte oder Barbetreiber gemeldet?

Bisher noch nicht. Aber in der Vergangenheit, während der Schließungen, haben sich viele gemeldet. Ich gehe stark davon aus, dass wir, wenn ein solches Alkoholverbot kommt, wieder einen ganz massiven Zuwachs an entsprechenden Fällen haben werden.

Und Sie würden davon ausgehen, dass man gegen ein Alkoholverbot in gastronomischen Einrichtungen erfolgreich vorgehen könnte?

Nachdem, was ich zu diesem Zeitpunkt über die Ausgestaltung der Maßnahme weiß, würde ich gute Chancen sehen, dass die Gerichte das anders sehen. Aber noch ist es ja alles recht vage.

Gab es so was in Berlin oder überhaupt in Deutschland schon einmal?

Nein, das ist mir nicht bekannt.

Denken Sie, dass das jetzt angedachte Alkoholverbot tatsächlich kommen wird?

Nicht in der pauschalen Art, wie es jetzt im Raum steht. Es wird wahrscheinlich maximal auf bestimmten Plätzen oder Straßenzügen der Ausschank zur Mitnahme untersagt – so wie in Hamburg oder Bayern. Da könnte ich mir vorstellen, dass man das als verhältnismäßige Maßnahme hinbekommen könnte. Der Anlass ist ja vermutlich gerechtfertigt.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24

Sendung: Inforadio, 11.08.2020, 15:47 Uhr

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18 Kommentare

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  1. 18.

    Politikbetreibende ,seid ihr noch zu retten,wieviel Existenzen wollt ihr noch zerstören,wievielen arbeitenden wollt ihr die Freude am Feierabendvergnügen beim Bierchen nehmen? Unglaublich !POLITIKER gab's mal gab's mal !

  2. 16.

    Wer hat denn nun ein Alkohol Verbot in Kneipen verlangt bzw. angekündigt? Irgendwie habe ich das nicht mitbekommen. Ich dachte, es ging um Späti zur Nacht wie in Hamburg.

  3. 15.

    Es sind ja auch nicht nur einzelne Radfahrer die die rote Ampel mißachten. Sondern eine ganze Menge

  4. 14.

    wenn eure Großeltern ,Eltern ,ihr selbst oder eure Kinder an covid 19 erkranken ,
    dadurch, evtl. dauerhafte Schäden in Körper und Geist erleiden,
    dann möchte ich gerne diejenigen hören,die diese Pandemie runtergespielt haben.

    vielen Dank für Ihr Verständnis

  5. 13.

    Falsch der bei Rot fahrende Radfahrer gefährdet auch z.b. Fußgänger die bei grün über die Straße gehen.

  6. 10.

    Wenn dem Rechtsanwalt kein besseres Argument (bzw. Vergleich) einfällt, als bei ROT fahrende Radfahrer, zeigt er doch, wie dünn sein Argument sein muss.
    Hier nochmal der krasse Unterschied: Der bei ROT fahrende Radler gefährdet sich selbst, während sich die bierseligen Cliquen in den Parks und Kneipen nach entsprechendem Alkoholkonsum Andere gefährden.
    Es geht auch nicht um das verdiente Feierabendbier und das Glas Wein im Restaurant - es geht um die enthemmten Saufgelage, die zu unterbinden sind.

  7. 9.

    Plädiere für Alkoholverbot für alle Politiker, die ernsthaft so etwas fordern. Vielleicht ist ja die Idee unter Alkoholeinfluss entstanden.

  8. 8.

    Und ich dachte immer das wär ne Wodka-Jack Daniels-Jägermeister Idee!

  9. 7.

    Es sind Politiker die meinen das sowas notwendig ist.... und zum Glück gibt es Gerichte die ihnen dann sagen was verhältnismäßig ist.

  10. 6.

    Zuschauer bei Sportveranstaltungen usw. wäre bei Vernunft alles denkbar und machbar.
    Da kam bereits die Absage, da sich die Menschheit einfach nur unvernünftig verhält.
    Alkoholverbot? Eigentlich eine unnötige und dumme Idee, wenn es da nur nicht die passenden Menschen dazu gäbe.
    Wir werden in den nächsten Wochen wieder strikte Maßnahmen bis zum Lockdown und Ausgangssperre einführen müssen.
    Es ist nicht Corona, sondern die Menschen, die das dringend notwendig machen.
    Ich habe da auch kein Mitleid!

  11. 5.

    Das einzig Sinnvolle in diesem ganzen unsinnigen überflüssigen Bericht ist der letzte Absatz Außerhausverkauf an Hotspots ab z.b. 22 Uhr und um nichts anderes wird es gehen aber manche Journalist*innen meinen auch schreiben zu müssen damit man was zum lesen hat. Es gibt wirklich Wichtigeres zum diskutieren in Berlin

  12. 4.

    Also dass ein Radfahrer ÜBER eine rote Ampel fährt, habe ich bisher noch nicht beobachten können. Das wäre natürlich eine neue Stufe der Dreistigkeit, entweder, weil hier fremdes Eigentum nicht berücksichtigt wird (überfahren), oder aber die Gravitation (obendrüber fahren)...

  13. 3.

    Frau Kalayci hat auch nie von einem generellen Alkoholverbot gesprochen. Okay, manche tun sich schwer mit dem Zuhören.

  14. 2.

    Mal ganz ehrlich, dass mit Alkoholverbot in Restarants etc. finde ich komplett übertrieben. Sobald ein Verbot ausgesprochen wird können viele in Insolvenz gehen und zu machen aber genau das steigert bei vielen den Reiz des verbotenen aber, aus meiner Sicht, kann man das ganze auch übertreiben. Wichtig wäre die Wahrheit und komplette Aufklärung des Viruses. Kein Bürger wird direkt aufgeklärt und viele Fragen sind offen. Wo soll das Enden?

  15. 1.

    Man testet mehr und findet im gleichen Umfang mehr. Man darf Gruppenkuscheln in Bahn, auf Arbeit, im Supermarkt etc. Aber beim Spaß ist es vorbei. Wie lange will man uns eigentlich noch vereumeln? Zumal rein rational betrachtet die meisten Infektionen woanders entstehen. Und das Geschehen unter Kontrolle ist.

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