Anmeldende Initiative "Querdenken 0711" - Eilantrag gegen Corona-Demo-Verbot eingegangen

Do 27.08.20 | 12:28 Uhr
Polizisten stehen bei einer Kundgebung gegen die Corona-Beschränkungen auf der Straße des 17. Juni zwischen Teilnehmern vor einer Bühne. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Video: abendschau | 27.08.2020 | Laurence Thio | Bild: dpa/Christoph Soeder

Nach dem Verbot von Corona-Demonstrationen in Berlin haben die Initiatoren einen Eilantrag gegen die Entscheidung des Senats beim Berliner Verwaltungsgericht gestellt. AfD-Politiker kritisierten das Verbot harsch. Sie sehen einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte.

Nachdem Berlin die geplante Demonstration am Wochenende gegen die Corona-Politik verboten hat, ist beim Berliner Verwaltungsgericht ein Eilantrag gegen das Verbot eingegangen. Die anmeldende Initiative halte das Verbot für rechtswidrig und wolle es aufheben lassen, sagte ein Justizsprecher dem rbb am Donnerstag. Eine Entscheidung ist laut dem Sprecher bereits am Donnerstag nicht ausgeschlossen, könne aber auch am Freitag getroffen werden.

Die Stuttgarter Initiative "Querdenken 711" hatte am Mittwoch angekündigt, sie wolle das Verbot der Demonstrationen nicht hinnehmen und juristisch dagegen vorgehen. "Wir gehen davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht diesen feindlichen Angriff auf das Grundgesetz zurückweisen wird", teilte der Demo-Initiator Michael Ballweg mit. "Diese, wie die anderen Versammlungen von Querdenken in Berlin werden stattfinden."

Gleichzeitig mehren sich im Internet Aufrufe, am Samstag trotzdem in die Hauptstadt zu reisen und zu protestieren. Teilweise wird dabei Gewalt oder politischer Umsturz gefordert, wie die DPA unter Bezugnahme auf Kanäle im Messenger-Dienst berichtet. Auch Waffen seien ab jetzt zur Gegenwehr erlaubt, heißt es dort laut DPA.

Verstöße gegen die Infektionsschutzverordnung erwartet

Weil mit Verstößen gegen die Infektionsschutzverordnung gerechnet wird, hatte der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Mittwoch die Absage der geplanten Demonstrationen bekanntgemacht. Es sei damit zu rechnen, "dass es bei dem zu erwartenden Kreis der Teilnehmenden zu Verstößen gegen die geltende Infektionsschutzverordnung kommen wird", teilte die Senatsverwaltung für Inneres zur Begründung mit. Die Versammlungen vom 1. August hätten gezeigt, "dass die Teilnehmenden sich bewusst über bestehende Hygieneregeln und entsprechende Auflagen hinweggesetzt haben". Der Großteil der Demonstranten trug damals keinen Mund-Nasen-Schutz und verstieß gegen die Abstandsregeln.

Pazderski: Senat hat eine Grenze überschritten

AfD-Fraktionschef Georg Pazderski zeigte sich entsetzt über das Demonstrationsverbot durch den Berliner Senat: "Jetzt hat der Senat eine Grenze überschritten", teilte er mir. "Unabhängig von der Frage der Zustimmung zu den Inhalten der Demo, ist ein Verbot absolut unverhältnismäßig und damit in keiner Weise gerechtfertigt."

Auch der Landesvorsitzende der Berliner AfD, Nicolaus Fest, erklärte: Dieses Verbot zeige, wie der Senat "auf den Grundrechten herumtrampelt". Und fügte hinzu: "Wir lassen uns das nicht bieten. Die Berliner AfD wird daher zu einer Kundgebung gegen das Demoverbot aufrufen." Die stellvertretende Landesvorsitzende der AfD Brandenburg, Birgit Bessin, erklärte schriftlich: "Wille und Meinung von hunderttausenden, vielleicht von Millionen Menschen dürfen nicht unterdrückt werden."

Die innenpolitische Sprecherin der Brandenburger AfD-Fraktion, Lena Duggen, sagte zu der Entscheidung: "Aus fadenscheinigen Gründen schränkt der tiefrot-grüne Senat Berlins also die Versammlungsfreiheit ein. Überrascht sein sollte man eigentlich nicht, jedoch empört und durchaus erschrocken. Erschrocken darüber, wie weit die Aushöhlung der Demokratie in unserem Land bereits fortgeschritten ist."

Czaja: Verbot ist verständlich

Auch Politiker anderer Parteien äußerten sich zu dem Verbot: Sebastian Czaja, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin, sagte: "Das Verbot der geplanten Kundgebung der Corona-Leugner am Samstag in Berlin ist angesichts der steigenden Infektionszahlen verständlich - hinterlässt aber einen mehr als bitteren Beigeschmack. Während der Berliner Senat gerade versucht, das Versammlungsgesetz aufzuweichen und sogar die Vermummung des 'Schwarzen Blocks' erlauben will, verbietet der Innensenator eine – unbestritten fragwürdige – Veranstaltung, die nicht in die politische Agenda passt. Das ist gefährlich und Wasser auf die Mühlen derer, die unserem Rechtsstaat Willkür vorwerfen."

CDU: Verbot der Demonstration ist richtig

Kai Wegner, Landesvorsitzender der CDU Berlin, erklärte: "Der Innensenator musste eine schwierige Entscheidung treffen. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind zentrale Grundrechte, gleichzeitig haben wir eine Pandemie und müssen die Gesundheit der Menschen im Blick haben. Das Verbot der Demonstration ist richtig. Der Aufmarsch ist als eine bewusste Provokation angelegt, bei der die Abstands- und Hygieneregeln mit Ansage missachtet werden. Darum muss hier der Schutz der Gesundheit Vorrang haben."

"Wir tragen das Verbot mit", sagte Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Berliner Grünen, in der Abendschau vom rbb. "Nach der letzten Demonstration haben wir auch gefordert, dass eine Demonstration so nicht mehr stattfindet." Letztes Mal habe es der Veranstalter schon nicht geschafft, die Hygieneauflagen umzusetzen. Auf Twitter hatte Lux zuvor geschrieben: "Das ist eine vernünftige und mutige Entscheidung."

Geisel kündigt massiven Polizeieinsatz an

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) verteidigte am Mittwochmittag das Verbot und kündigte an, das Verbot der Corona-Demonstrationen in der Hauptstadt am Wochenende mit einem massiven Polizeiaufgebot durchzusetzen. "Die Berliner Polizei wird am Wochenende mit mehreren Tausend Beamtinnen und Beamten in der Stadt sein", sagte Geisel. Unterstützt werde sie von der Bereitschaftspolizei und auch dem Bund.

Zu der Ankündigung der Initiatoren, gegen das Verbot der Demonstration vor Gericht zu ziehen, sagte Geisel: "Wir werden das bis in die letzte Instanz durchfechten." Geisel sprach außerdem von Gewaltdrohungen gegen Berliner Polizisten und gegen ihn persönlich. "Das zeigt ein erhebliches Gewaltpotenzial."

Mögliche geplante Gegenproteste gegen die mittlerweile verbotenen Kundgebungen dürfen offenbar stattfinden. Die "Welt" erfuhr am Mittwochabend von der Berliner Senatsverwaltung für Inneres: "Es werden am nächsten Wochenende Demonstrationen in Berlin stattfinden. Es gibt kein generelles Demonstrationsverbot, die Versammlungsfreiheit wurde nicht aufgehoben", zitierte das Blatt einen Senatssprecher.

Man gehe davon aus, dass sich Demonstranten an Regelungen wie Abstandsregeln oder das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes hielten. Im Fall der nun verbotenen Kundgebungen müsse jedoch davon ausgegangen werden, dass sich die Veranstalter sowie die Teilnehmer nicht an die vorab vereinbarten Regeln halten würden, so der Senatssprecher.

Sendung: Inforadio, 26.08.2020, 11:00 Uhr

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