Kritik an Senatsbeschlüssen - Maskenpflicht in Bürogebäuden stößt auf breite Ablehnung

Mi 30.09.20 | 15:54 Uhr
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Symbolbild: Mehrere Personen mit Mundschutz in einem Bürogebäude. (Quelle: imago images/Paul Christian Gordon)
Audio: Inforadio | 30.09.2020 | Wolfgang Albers im Interveiw | Bild: imago images/Paul Christian Gordon

Ab Samstag muss in Berliner Büro- und Verwaltungsgebäuden ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden, so hat es der Senat beschlossen. Deutliche Kritik daran kommt von der Opposition, der Wirtschaft - und auch aus den eigenen Reihen.

An der Entscheidung des Berliner Senats, auch in Büro- und Verwaltungsgebäuden eine Maskenpflicht einzuführen, gibt es massive Kritik, auch aus den eigenen Reihen. Die Berliner Landesregierung hatte am Dienstag beschlossen, mit Wirkung vom Samstag (3. Oktober) eine solche Regelung einzuführen. Am Schreibtisch selbst muss demnach allerdings kein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Zudem wurden neue Obergrenzen für private Feiern verabschiedet.

Der Gesundheitsexperte der Berliner Linksfraktion, Wolfgang Albers, warnte mit Blick auf diesen neuen Corona-Beschluss vor Panikmache. Albers sagte am Mittwoch im Inforadio vom rbb, zum Teil sei das Handeln von Emotionen getrieben: "Die Linke trägt die neuen Berliner Beschlüsse zwar mit. Aber die Politik kann nicht so einfach in private Haushalte hineindirigieren. Stattdessen sollte sich die Politik endlich Gedanken darüber machen, was sie in der Vergangenheit zu tun unterlassen hat. Vieles, was jetzt notwendigerweise geregelt wird, ist in der Vergangenheit versäumt worden. Die Gesundheitsämter sind zum Beispiel vernachlässigt worden."

Der Linken-Gesundheitsexperte erklärte zudem, Corona-Beschränkungen müssten gut erklärt werden, um die Menschen mitzunehmen. Deshalb sei Sachlichkeit wichtig. "Es muss zwischen Infektionsgeschehen und Krankheitsgeschehen unterschieden werden. In den vergangenen sieben Tagen hat es knapp 1.110 Neuinfektionen in Berlin gegeben. Davon mussten nur 31 in Krankenhäusern behandelt werden. Wir müssen diese Zahlen zwar ernst nehmen, aber das darf nicht zu Panik führen."

FDP will Rechtmäßigkeit überprüfen lassen

Kritik an der Senatspolitik kommt auch erwartungsgemäß von der Opposition. CDU-Fraktionschef Burkhard Dregger sagte am Mittwoch, der Senat sei schnell mit Verboten, aber nicht konsequent in der Umsetzung. Bestehende Regeln müssten zunächst durch stärkere Kontrollen in den besonders betroffenen Innenstadtbezirken durchgesetzt werden. Die Maskenpflicht in Büros hält Dregger prinzipiell für vernünftig: "Wir sehen das nicht kritisch", sagte er. "Es ist eine vertretbare Beeinträchtighung. Und wenn sie dabei hilft, das Infektionsgeschehenunter Kontrolle zu halten, dann ist das allemal besser als andere, viel einschneidendere Maßnahmen."

Von FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja hieß es am Mittwoch, "die erneuten Eingriffe in die Grundrechte der Menschen in unserer Stadt sind nur noch schwer zu vermitteln, weil eine klare Linie fehlt." Czaja sagte, statt blindem Aktionismus seien Augenmaß und pragmatische Lösungen das Gebot der Stunde. "Während der Senat daran scheitert, die Corona-Partys in Parks und Waldstücken unter Kontrolle zu bekommen, soll es jetzt eine Maskenpflicht in Bürogebäuden richten." Die Datengrundlage dafür sei nicht klar. "Die Einschränkungen treffen nicht die vernunftlosen Regelbrecher, sondern vor allem die Beschäftigten, die wirtschaftlich Tätigen und damit genau die Vernünftigen, die sich auch bisher schon an alle Regeln gehalten haben", kritisierte der FDP-Fraktionschef. Seine Fraktion behalte sich vor, die Verfassungs- und Rechtmäßigkeit der Verordnung prüfen zu lassen.

Wirtschaftsvertreter sehen kein erhöhtes Risiko am Arbeitsplatz

Auch von Seiten der Wirtschaft gibt es deutliche Kritik am Beschluss des Berliner Senats, eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz einzuführen. "Wir wissen von einer Reihe von Unternehmen, die die Maskenpflicht im Büro schon längst eingeführt haben", sagte Christoph Irrgang, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin am Mittwoch.

Jedes Unternehmen habe großes Interesse daran, die Ansteckungsrisiken gering zu halten. "Das ändert jedoch nichts daran, dass es für eine Eindämmung des Infektionsgeschehens sicher hilfreicher wäre, wenn die Einhaltung bereits bestehender Regeln konsequenter kontrolliert würde, anstatt neue Vorgaben einzuführen." Es sei hinreichend bekannt, dass die größten Ansteckungsgefahren von privaten Partys mit hunderten Teilnehmern ausgingen. "Hier einzuschreiten, sollte oberste Priorität für die Behörden haben."

Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer bei der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB), wies darauf hin, dass sich die Unternehmen frühzeitig um ausgefeilte Hygienekonzepte an den Arbeitsplätzen gekümmert hätten. Die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice werde außerdem intensiv genutzt. "Auch deshalb ist die Ansteckungsgefahr an den allermeisten Arbeitsplätzen nach allem, was wir wissen, gering." Amsinck forderte vom Senat, wissenschaftliche Grundlagen für diese Entscheidung offenzulegen.

Kalayci verteidigt Beschlüsse

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hält die Beschlüsse dagegen für genau richtig - und stellte in Aussicht, dass es weitere Verschärfungen geben könnte: "Unser Berliner Ampelsystem zeigt eindeutig in Richtung Handlungsbedarf. Gut, dass die Beschränkungen für private Feiern beschlossen wurden." Es müsse verhindert werden, dass das Infektionsgeschehen aus dem Ruder laufe.

Sendung: Abendschau, 30.09.2020, 19:30 Uhr

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68 Kommentare

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  1. 68.

    Das vermuten Sie...ich denke es gibt SCHUTZ- Masken und 0815 Masken, dessen Wirksamkeit weder zertifiziert noch erwiesen ist. Im Gegenteil, wenn Sie ständig ihr eigenen Atem (inkl.CO2 ) einatmen, kann es zu schweren gesundheitlichen Problemen führen- das ist erwiesen !!!
    Wir gehen alle mit dem Vogelkäfig Milch holen...Übertreibung macht anschaulich ;)

  2. 67.

    Schade...hätte mir gewünscht, dass Herr Albers ausführlicher zitiert wird: Maßnahmen mit lebensnotwendigem Hintergrung sollten keinesfalls emotional entschieden werden, das ist höchst unprofessionell und unwissenschaftlich,
    gefährlich- vorallem für unsere Kinder und Alten.
    Der Versuch die Bürger mit Vermutungen zu regieren, kommt ja fast einem Roulettspiel gleich...
    Da istdann die Aufregung groß - ist doch logisch.
    Also, was haben wir gelernt...positiv ist nicht gleich infiziert und klinische Zahlen sind realistisch gegenüber den sogenannten "Neu-Infizierten ".
    Wir brauchen Fakten- keine Vermutungen oder unwissenschaftliche Mutmaßungen !!
    Drei mal drei ist nun mal Neun und nicht vielleicht auch Elf !
    Wer so handelt hat keinen Plan und läuft Gefahr mehr Unfug anzustellen, als unbedingt nötig.
    Möglicherweise dürfen andere dafür auf der Strecke bleiben und zahlen...

  3. 66.

    "Masken nützen, weil in Deutschland mehr Maksen genutzt wurden als in den Niederlanden, sieht die Coronalage hier besser aus."

    In Spanien und speziell Madrid werden Masken verpflichtend seit Juli sogar draußen getragen. Hat aber bisher offensichtlich Nullkommanix gebracht.

  4. 65.

    Also bei uns kümmert sich keine um Corona Maßnahmen. Trotzdem alle Kern gesund. Und das schon seit Monaten. Aber macht mal brav weiter mit euren Masken

  5. 64.

    Verbietet dir auch niemand eine zu tragen. Doch ich setzt mir das Ding sicher nicht auf. Dann bleib ich lieber zu Hause und mach Kurzarbeit wie die meisten anderen.

  6. 63.

    Seit Monaten trage ich ausserhalb meines Büros Maske. Wo ist das Problem? Ziemlich dumm ist die Maskenpflicht in Bürogebäuden trotzdem. Wie soll das bitte kontrolliert, geschweige denn durchgesetzt werden? Eine Vorschrift, die man nicht durchsetzen kann, kann man auch lassen. Löst Berlin endlich ersatzlos auf. Der kommunale Unwille zur Arbeit ist aus eigenen Kräften nicht mehr zu heilen.

  7. 62.

    Masken nützen, weil in Deutschland mehr Maksen genutzt wurden als in den Niederlanden, sieht die Coronalage hier besser aus. ABER in Herbst und Winter wo fast jeder mal wegen normeler Erkältung ei ne laufende Nase hat, hustet oder niest. Wie soll das praktisch den ganzen Tag in Büro gehen ? Es geht ein Büro! Da müsste Home-Office möglich sien, insbeondere wenn man den ganzen Sommer Zeit hate sich drauf vorbreiten konntte. Warum trauen sich weder Politik noch Presse-Kommenatoren diese Unternehmen mal öffentlich zu kritisieren ?

  8. 61.

    Den Glauben an den Nutzen beim Maskentragen hatte ich nie so recht. Dennoch habe ich mich brav an die Regeln gehalten.
    Den Glauben an die Regeln hatte ich nie. Zum einen ist es schwachsinnig, dass in einem Bundesland eine Gefahr davon ausgeht, wenn ich diese Regel befolge, während sie im nächsten Bundesland keine Gefahr darstellt. Mir geht langsam jegliches Verständnis für irrsinnige und unterschiedliche Regeln und deren Nichtverfolgung aus. Die Folge ist, ich nehme die Pandemie langsam auch nicht mehr ernst. Das Ziel hat die Politik zumindest erreicht.
    Masken in Büros und Aufzügen. Aaaa ja. Ich wohne in einem Hochhaus mit Aufzügen. Was bin ich froh, dass ich mich da in den Aufzügen nicht anstecken kann. *ironieoff*

  9. 60.

    Wieso macht man in Deutschland eigentlich so einen hype um das Thema? Unterhaltet euch mal mit Asiaten. Für die (nicht nur Chinesen) ist das völlig normal, schon vor Corona. Nun gut, die wurden mehr gebeutelt, schon vor Corona, aber sie haben sich dran gewöhnt. Sollen wir vielleicht auch.

  10. 59.

    Vielleicht denkt jemand mal darüber nach das auch viele das Tragen von Masken am Arbeitsplatz gut findet. Bei uns gibt es diesbezüglich keine Probleme und wenn man sich so ein bisschen schützen kann ist das alles super. Sollte man überall einführen und nicht nur im Büro.

  11. 58.

    Nachdem Frau Merkel mit Herrn Müller geschimpft hat und forderte, dass in Berlin endlich was passieren muss. Hat ma jetzt endlich gehandelt und den Beamten der Senatsverwaltung, die zum Gehorsam verpflichtet sind und sich nicht wehren können, eine Maskenpflicht verordnet.
    Warten wir ab, ob dadurch das Infektionsgeschehen in Kreuzberg-Friedrichshain abklingt.

  12. 57.

    Ok, dann trage ich die Maske im Büro. Lustig ist, die Raucher pusten sich vor der Tür an.

  13. 56.
    Antwort auf [BerlinerE] vom 30.09.2020 um 18:39

    "[...] ich argumentieren mit dem was war und dem was ist. Und diese Zahlen (Kranke, Intensivbetten, Beatmungen) zeigen nur in eine Richtung und zwar steil nach unten und das über die letzten 8 Monate. [...]"

    Sie scheinen "ist" als Zeitbezug irgendwie anders zu definieren als die Mehrheit. Auch wie sie auf die Richtungskomponente "nur steil nah unten" kommen, wird für mich wohl ein Rätsel bleiben. Die Kurve der bestätigten Neuinfektionen ebenso wie die zur Krankenhaus- und Intensivstationsbelegung in Deutschland in den letzten 8 Monaten (also seit Anfang Februar) gibt das jedenfalls nicht her.
    Ihr behaupteter Ist-Zustand lässt so etwas wie Aktualität leider vermissen - die Entwicklung des letzten Monats haben sie jedenfalls komplett ignoriert. Das ist ihnen aber wahrscheinlich auch egal. Sie können sich da wünschen was sie wollen, aber eine Behauptung wird doch nicht deswegen wahr, nur weil man "Fakten" dazu schreibt oder/und sie wiederholt. Sorry.

    Bleiben sie gesund und munter!

  14. 55.

    Ja und? Ich auch systemrelevant beschäftigt, renn dauernd auch in unserem großen Büroraum herum und die Maske ist dabei - NA UND? Ich schütze damit meine Kollegenschaft, während die mir mitunter auf die Pelle rücken wollen - was ich schon immer nie mochte und zur Zeit noch weniger und mir dauernd das Maul fusslig reden muss :-(
    Schonmal darüber nachgedacht, anstatt ständig zu jammern? Benutze das Ding, wie Du es sollst und gut ist, aber höre auf, hier ständig wegen "90 mal am Tag Aufstehen die Maske tragen müssen" Schnappatmung zu bekommen. Ja, wenn man nicht fit ist, passiert das schonmal - aber für gewöhnlich nicht, wenn man aus Rücksichtnahme mal etwas Stoff vors Gesicht schnallt.
    @NeoNeo: denk Dir mal bitte was besseres aus, das zieht nicht. Nimm einfach Rücksicht und fertig.
    Bleibt gesund, bleibt aufmerksam

  15. 54.

    Menschenskind, die Mutti hat gesagt, dass in Berlin endlich was passieren soll.
    Nun reißt sich der Senat wirklich den Besagten auf und dann iss das auch nicht Richtig.

    Wenn der Ortsvorsteher Müller und seine Gesundheitsexpertin im Vorstand von Berlin eine Maskenpflicht für ihr Großraumbüro benötigen, dann lasst ihnen doch die neue Regel. Ich glaube es ist ganz wichtig, das insbesondere Spezialdemokraten Regeln benötigen, ganz viel....

  16. 53.

    Merkel war besorgt um die Ministerien und Ämter, wo auch viele alte Politiker sind, die Panik schieben.

  17. 52.

    Ne, dea Feudel is mia ejal. Icke un 90% Bonne Balina un Deutsche wollen, dat dat Jefeiere uffhöat. Un?? Wat kriegen wa? Nen Feudel fürt Klo unnen Kopierer.

    Toll gemacht, Dilek. Genau Prioritäten jesetzt. Mathematiker halt. Passt.

  18. 51.

    In unserem Büro tragen alle Mitarbeiter freiwillig bereits seit Wochen eine Maske und das funktioniert sehr gut und wird, ganz im Gegenteil, nicht in Frage gestellt oder bemängelt, sondern als Absicherung für den Betrieb & Jobs verstanden.

  19. 50.
    Antwort auf [BerlinerE] vom 30.09.2020 um 18:39

    Bei mir ist 100 größer als 20. Krankenhausfälle heute versus 1.9.
    31 ist größer als 12. Intensivfälle heute versus 1.9.

    Gerne mit Äpfeln oder Kastanien ausprobieren ;-)

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