Zunahme der Corona-Neuinfektionen - Grüne: Berliner Clubs zu Unrecht Sündenböcke in der Pandemie

Sa 17.10.20 | 20:30 Uhr
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Menschen tanzen in einem Club (Quelle: dpa/Gonzales)
Bild: dpa/Gonzales

Die Corona-Krise hat die Clubszene hart getroffen. Zwischenzeitlich mussten Party-Locations schließen, nun läuft der Betrieb nur unter strengen Auflagen. Im Raum steht der Vorwurf: Clubs sind Infektionsherde. Zahlen, die das belegen, gibt es aber bislang nicht.

In den Berliner Clubs ist seit den Lockerungen der Corona-Kontaktbeschränkungen im Juli ein Ausbruch mit acht Virus-Fällen innerhalb eines Clubs bekannt geworden. Das geht aus einer Antwort der Gesundheitsverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hervor.

Demnach wurden darüber hinaus vier Ausbrüche in Bars gemeldet, die mindestens 62 Infektionen verursacht haben sollen. Bei privat veranstalteten Partys wurden sechs Ausbrüche mit insgesamt 87 Fällen registriert.

Datenlage über mögliche Infektionswege in Clubs ist sehr dünn

Weil die vorgelegten Zahlen - gemessen an der Gesamtzahl an Clubs in der Sadt - eher gering ausfallen, sehen die Grünen die Clubs zu Unrecht als Verantwortliche für die steigenden Corona-Infektionszahlen abgestempelt. Zudem kritisierten die Grünen, dass die Datenlage gar keine Informationen enthalte, ob sich die Clubgänger bei Indoor-Veranstaltungen oder auf Open-Air-Partys angesteckt haben.

Fehlende Informationen über die Rolle der Gastronomie im Berliner Pandemiegeschehen war für das Berliner Verwaltungsgericht am Freitag ein Grund, die Sperrstunde in der Hauptstadt zu kippen.

Der Senat hatte erst am 6. Oktober angeordnet, dass Gaststätten Abends nur bis 23 Uhr öffnen dürfen und Maßnahme mit den gestiegenen Zahlen an Neuinfektionen in Berlin begründet. Elf Gastronomen hatten daraufhin einen Eilantrag gegen die Sperrstunde eingereicht. Das Verwaltungsgericht suspendierte die Sperrstunde daraufhin vorerst. In der Urteilsbegründung hieß es, dass der Nutzen einer Sperrstunde zur Eindämmung der Corona-Pandemie "nicht nachvollziehbar" sei.

Kössler: "Clubkultur wird zum Sündenbock gemacht"

Mit Blick auf die Party-Locations erklärten Georg Kössler, clubpolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, und Catherina Pieroth, Sprecherin für Gesundheitspolitik am Samstag: "Es scheint, als wurden hier Clubkultur und junge Menschen zu Sündenböcken gemacht, ohne dass die Datenlage das hergibt." Das spalte die Gesellschaft und helfe niemandem. "Stattdessen hätte man schon früher gegensteuern müssen, um das breite Infektionsgeschehen zu verhindern, das wir jetzt beobachten."

Für die Berliner Clubs ist seit Monaten Zwangspause wegen der Corona-Pandemie. Manche nutzen ihre Außenflächen und haben ihre Biergärten geöffnet. Wegen illegaler Raves und Partys in Berliner Parks hatte es immer wieder Ärger gegeben. Die Clubs wiesen die Verantwortung dafür über ihren Dachverband zurück.

Vergleich der Corona-Situation mit Waldbrand

Wo sich die Berliner Corona-Patienten infiziert haben, ist für die Gesundheitsämter der Bezirke offenbar nicht leicht nachzuvollziehen. Wie viele Menschen sich tatsächlich in Kneipen, Clubs und anderen Gaststätten infizieren, ist unklar. In Neukölln, wo es zuletzt besonders viele Neuinfektionen gab, räumte Amtsarzt Nicolai Savaskan ein, dass ein Großteil der Infektionsherde nicht identifiziert werde.

Gegenüber rbb|24 verglich Savaskan die Situation mit einem Waldbrand: "Wir haben nicht mehr einen Brandherd, sondern multiple Glutnester - nicht Dutzende, sondern Hunderte." Bei 70 Prozent der Fälle finde der Bezirk keinen Infektionsherd mehr. "Wir müssen davon ausgehen, dass wir seit Wochen ein asymptomatisches Infektionsgeschehen hatten, das im Verborgenen lief", so Savaskan. In seinem Bezirk sei aber durchaus "proaktiv" und mehr getestet worden als in anderen Bezirken, weshalb man vielleicht auch ein klareres Bild der Lage habe.

Der Amtsarzt sprach sich für eine risikobasierte Pandemiebekämpfung aus - "im Sinne des Schutzes aller vulnerablen Gruppen". Das heiße, dass man empfehlen würde, "dass Risikogruppen gesondert den öffentlichen Raum betreten und mit Schutzausrüstung ausgestattet werden".

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57 Kommentare

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  1. 57.

    Die Grünen sind doch überhaupt Schuld an der Misere. Sie haben halbherzig reagiert und gegen ihr über Jahrzehnte in die Stadt gezogenes Klientel unternehmen sie nichts. Keine Kontrollen, kaum Strafen und wenn, werden sie nicht eingetrieben.
    Die Grünen schauen zum Schutz ihrer Anhänger einfach weg, koste es was es wolle.
    Es sind ja nicht die Coronaleugner der AfD, die im Friedrichshain-Kreuzberg oder Neu Kölln bis tief in die Nacht durch die Parks und Bars ziehen dort saufen und Drogen ziehen.

  2. 56.

    Das ist auch absoluter Blödsinn, das trifft auch auf das Alkoholverbot zu. Aber irgendwer oder irgendwas muss ja Schuld sein.

  3. 55.

    Es gibt keine Angaben zu Clubs, da es niemanden gibt, der das ermitteln kann. Auch die Gesundheitsämter sind nicht in der Lage das nachzuweisen. Die sind schon froh, wenn sie einen Teil der möglichen Kontaktpersonen ermitteln können.
    Deswegen ist die hier schon mehrfach gelesene abstruse Unterstellung, dass es in Clubs kein Infektionsgeschehen gibt, einfach nur Unsinn (sorry). Selbst in Ischl ist es eigentlich nur eine Annahme, die auf der Infektion des Personals basiert.
    Zum Infektionsgeschehen in Clubs bleibt demnach nur anzumerken, dass die Tatsache, dass man etwas nicht sehen, riechen, schmecken oder anfassen kann nicht automatisch bedeutet, das es nicht existiert.

  4. 54.

    Also ich gehe von zahlreichen Ansteckungen in den Zügen aus.
    Ich fahre nur noch mit FFP2-Maske, weil ich mich sicherer fühle.
    Es ist stickig, die Fenster sind zu, und einige husten.

  5. 53.

    Wenn man etwas täglich vorgebetet bekommt, dann glaubt man irgendwann dran...

    So ist es auch beim Infektionsgeschehen. Wenn man täglich hört, dass angeblich die Gastro die Hauptschuld trägt, dann glauben viele das.

    Allerdings gibt es keine Beweise für diese Behauptung. Aber sie lenkt von anderen möglichen Infektionsquellen ab. Was ist z.B. mit dem ÖPNV? Herr Spahn sagte neulich, da gäbe es keine Ausbrüche. Aber wie kommt er darauf? Zahlen gibts ja keine...
    Da ist es doch schön, wenn man schon einen Sündenbock hat.

  6. 52.

    Im gesamten Beitrag auf dieser Seite taucht nicht einmal der Begriff "Hochzeit-", in welcher Kombination auch immer, auf. Er findet sich lediglich in den Kommentaren.

    Somit muss das Zitat aus einem anderen Beitrag stammen.

  7. 51.

    Unter welcher der dicken Überschriften findet sich denn ihr Zitat im obigen Bericht ?
    Datenlage über mögliche Infektionswege in Clubs ist sehr dünn
    Kössler: "Clubkultur wird zum Sündenbock gemacht"
    Vergleich der Corona-Situation mit Waldbrand

  8. 50.

    na das problem ist doch aber, dass sich die alten, auch wenn sie hochrisikogruppe sind, nicht einsperren wollen, sondern gern weiterhin draußen rumflanieren, kaffee trinken und kuchen essen. kann man ihnen ja auch nicht übel nehmen, ich hätte auch keinen bock auf nur in der bude hocken monatelang.
    NUR, sie hätten im gegenzug halt gern, dass sich ALLE ANDEREN (naja, die verkommene jugend halt) gefälligst einschränken, damit das risiko für sie, diesen tätigkeiten nachzugehen, gering bleibt. und das funktioniert so nicht, wirklich nicht - solidarität ist keine einbahnstraße!

  9. 49.

    Sie haben in allen Punkten Recht. Es interessiert auch die verantwortlichen Politiker und die Landesregierung nicht im geringsten. Das was sie dem Kommentator vorwerfen sollten Sie denen vorwerfen. Kann man da keine Demo vor dem Ministerium organisieren, mit Fernsehteams des rbb und anderen?

  10. 48.

    Zitat aus dem Bericht: "Sie bezeichnete die großen Hochzeitsfeiern wie zum Beispiel in Neukölln als Treiber des Infektionsgeschehens."

    Kleine Lektion extra für Sie: Der Begriff "Hochzeitsfeier(n)" ist hier ein Synonym (= anderer Begriff mit der gleichen Bedeutung) für "Hochzeitsgesellschaft[en]", da letztgenannte ein enger Teil dieser Feierlichkeiten sind; ohne Sie wäre eine Feier unsinnig. Die Infektionsgefahr in Clubs oder Privatfeiern kann man aufgrund ähnlicher Gegebenheiten miteinander vergleichen.

  11. 47.

    Na das sind doch mal Infos die Hand und Fuß haben....
    Es gibt nur 2 Möglichkeiten .... entweder einsperren oder krepieren lassen.... dann ist klar das alle anderen mit ihrem Verhalten dafür sorgen müssen, dass dies nicht passiert.
    Eigentlich wäre es mal schön die Leute zu fragen, die es betrifft.... in dem Fall z.B. die Bewohner von Senioreneinrichtungen. Es soll auch dort welche geben, denen es wichtiger ist ihre Angehörigen zu sehen als von denen geschützt zu werden.... aber jeder wird geschützt egal ob er es will oder nicht.
    Ich meine auch mal gehört zu haben, das es auch Möglichkeiten gibt jemanden vor Viren zu schützen ohne auf die Mithilfe der Welt angewiesen zu sein..... kann aber auch eine gezielte Falschinformation der Maskenhersteller sein.

    Es gibt für Probleme meist mehr als eine Lösung .... man darf nur nicht davor die Augen verschließen

  12. 46.

    Weder auf die Open-Air-Flächen von Clubs noch auf Parties in Parks sind Infektionen zurückzuführen - Überraschung, Corona überträgt sich nicht draußen sondern besonders leicht in geschlossenen Räumen. Aber der Senat glaubt ja auch, dass sich das Virus nach der Uhrzeit richten würde... Fakten spielen in der Debatte nur am Rande eine Rolle, leider.

  13. 45.

    Die Grünen mal wieder, einmal so und dann wieder so. Wendelhals Partei. Hoffe nächstes Jahr nicht mehr im Berliner Senat.

  14. 44.

    Regieren die Grünen nicht in Berlin?

  15. 43.

    Traute keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast (alte Volksweisheit).
    1. Über Wochen geschlossene Clubs spielen in der Tat nur eine untergeordnete Bedeutung.
    2. Gesundheitsämter sind nicht in der Lage das Infektionsgeschehen bis zu den Wurzeln zurück zu verfolgen, die sind schon froh, wenn sie von Person A die zugehörigen x-Personen B finden. Deswegen gibt es auch keine Angaben zu Clubs und auch nicht zu Übertragungen auf unbelebten Flächen.

  16. 42.

    Das Problem ist, dass das Virus noch nächstes Jahr da sein wird. Man muss JETZT Konzepte für ALLE Bereiche der Gesellschaft Konzepte aufstellen. Die Grünen haben ein Recht das Problem anzusprechen. Es wird ja nicht gesagt, dass alle Clubs aufgemacht werden sollen und wieder Party wie vor Corona gemacht werden soll...


    Es kann nicht jeder zuhause bleiben sei es wegen der Arbeit oder Psyche. Hört auf von euch auf andere zu schließen. Stichwort: Solidarität!

  17. 41.

    Was ich gelesen habe ist ja alles ganz schön aber die Grünen regieren ja in unser Stadt mit und hätten schon längst was tun können in Punkto Clubkultur.

  18. 40.

    Wenn ich so einen Schwachsinn lese geht mir der sprichwörtliche HUT hoch.
    Die Risikogruppen werden dann die nächsten Monate eingesperrt, damit sie nicht "schwimmen gehen können"? Moabit oder wo? Wir können sie auch ausfliegen nach Malle auf Staatskosten. Das wird vorher clean gemacht und dann geht’s ab. Man kann sie natürlich auch einfach krepieren lassen. Sind doch zu 50% sowieso nur Rentner. Ist es dass, was sie meinen?

  19. 39.

    Herr Georg Kössler, Politologe ! , hat eine ganz wichtige Funktion als "clubpolitischer Sprecher"
    der Grünen im Berliner Senat. Außerdem setzt er sich mit großem Erfolg für die Reduzierung von coffee-to-go Bechern ein. Bundesweit bekannt geworden ist Herr Kössler durch das Statement, die Möhren eines Landwirts, dessen Felder durch Umweltaktivisten niedergetrampelt wurden, seien weniger wichtig als der Klimaschutz.
    Dies ist ein wichtiger politischer Beitrag, genauso wie der Hinweis, von der Berliner Clubszene gehe kein erhöhtes Infektionsrisiko
    aus. Hierzu existiert zwar die Datenbasis um das
    überhaupt einordnen zu können. Macht nichts,
    ein guter Politologe braucht für seine Meinung
    nicht unbedingt Fakten.
    Weiter Glück Auf für die Grünen !

  20. 38.

    Informieren Sie sich, was das Wort Staat in Hinblick auf die Landesregierung von Berlin als Stadtstaat bedeutet. Das Wort Staatsversagen kann sich selbstverständlich auch auf eine Landesregierung beziehen.

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