Rechtsextremismus - Berliner Justiz zieht Hildmann-Ermittlungen an sich

Do 19.11.20 | 15:34 Uhr
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Archivbild: Attila Hildmann, Kochbuchautor und Anti-Corona-Aktivist, spricht nach einem Autokorso bei einer Kundgebung gegen Corona-Einschränkungen auf dem Washingtonplatz. (Quelle: dpa/C. Gateau)
Audio: Inforadio | 19.11.2020 | Christoph Reinhardt | Bild: dpa/C. Gateau

Erst am Dienstag wurde die Wohnung des prominenten Verschwörungspredigers Attila Hildmann durchsucht - von den Brandenburger Behörden. Nun übernimmt die Berliner Justiz den Fall, wie Staatsanwaltschaft und Justizsenator bestätigten.

Die Berliner Justiz hat den Fall Attila Hildmann übernommen, der sich selbst "ultrarechts" und einen Verschwörungsprediger nennt. "Es trägt zur effektiveren Strafverfolgung bei, wenn diese Ermittlungen ab jetzt bei uns gebündelt in die Hand genommen werden", erklärte der Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) am Donnerstag.

Zentral zuständig ist nun die Staatsanwaltschaft Berlin. Diese bestätigte entsprechende Informationen von "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR am Donnerstag. Ziel sei es, den als Vegan-Koch bekanntgewordenen Hildmann möglichst bald vor Gericht zu bringen. Auf Twitter teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass sie gegen Hildmann "wegen einer Vielzahl öffentlicher Äußerungen" ermittele. Es solle geprüft werden, ob Hildmann "durch seine Äußerungen die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten" habe.

Mehr als 40 Anzeigen in fünf Wochen

Laut "SZ"-Bericht seien rund 60 Bände Akten sowie 33 weitere Fallakten bereits in Berlin eingetroffen. Die Berliner Justiz wolle alle Anzeigen, die deutschlandweit gegen Hildmann eingehen, von nun an zentral an sich ziehen, heißt es in dem Bericht weiter. Laut Amtsgericht Bernau seien allein in der Zeit vom 19. September bis zum 25. Oktober mehr als 40 Anzeigen eingegangen, unter anderem wegen Volksverhetzung, Androhung von Straftaten, Beleidigung und Bedrohung.

Hildmann hat sich seit Monaten vor seinen Anhängern als prominenter Kritiker der Corona-Maßnahmen inszeniert und ist immer wieder mit rechtsextremen und antisemitischen Äußerungen aufgefallen. Der 39-Jährige verbreitet seine Ansichten vor allem über den Chatdienst Telegram.

Wohnung am Dienstag durchsucht

Hildmann betreibt gastronomische Einrichtungen in Berlin und trat dort immer wieder bei Anti-Corona-Protesten auf, hat aber seinen Wohnsitz in Brandenburg. Am Dienstag waren seine Wohnräume im Landkreis Barnim auf Antrag der Staatsanwaltschaft Cottbus durchsucht worden. Nach Angaben eines Polizeisprechers wurden dabei mehrere Laptops und Computer sowie mehrere Mobiltelefone und Speichermedien beschlagnahmt.

Laut "Süddeutscher Zeitung" durfte die Brandenburger Polizei die Geräte aber bislang nicht auslesen, weil das Amtsgericht Bernau dies allein zur Verhinderung künftiger Straftaten erlaube, nicht aber zur Aufklärung vergangener Taten. Aus der Berliner Justiz hieß es, man wolle nun erst einmal sicherstellen, dass Hildmann seine Mobiltelefone und Computer nicht gleich wieder zurückbekomme und dass die Geräte ausgelesen und ausgewertet werden können. Das Verfahren gegen Hildmann solle zu einem der ersten prominenten Fälle für die gerade gegründete "Zentralstelle Hasskriminalität" der Staatsanwaltschaft Berlin werden.

Sendung: Abendschau, 19.11.2020, 19:30 Uhr

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14 Kommentare

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  1. 14.

    Natürlich nicht und was hat ein EU-Haftbefehl mit Hildmann zu tun? Richter müssen unabhängig sein.

    Sind sie Hildmann Fan oder nur der deutschen Sprache nicht mächtig?

  2. 13.

    Staatsanwälte sind nicht unabhängig:
    https://www.spiegel.de/panorama/justiz/eugh-deutsche-staatsanwaelte-duerfen-eu-haftbefehl-nicht-ausstellen-a-1269623.html

  3. 12.

    Kocht man im Gefängnis eigentlich extra für Veganer ?
    Würde voraussetzen, dass diese freiwillig verordnete ERnährungsumstellung inzwischen auch von unserem Justizsenator gesetzlich für Strafgefangene verbrieft ist. Er kümmert sich ansonsten ja auch so liebevoll ums Tierwohl.

  4. 11.

    Und wenn die Berliner Justiz so investigativ in Sachen Hildmann unterwegs ist, könnte sie vielleicht auch prüfen, ob dieser Vegan-Koch evtl. heimlich Fleisch ist.
    Dann wärs aber endgültig aus mit der Glaubwürdigkeit.

  5. 10.

    Netter Zusammenhang ... Vegankoch und Stroh....
    Also irgendwas wird schon sein Möhrensüppchen bei dieser rechtsdrehenden Salatschleuder verzehren.

  6. 9.

    Hildmann betreibt gastronomische Einrichtungen in Berlin"
    Kann man eigentlich den Kampf gegen das System auch mit Förderanträgen bei der KfW führen?

  7. 7.

    Wer geht denn überhaupt in seine Restaurants und unterstützt ihn somit? Oder betreibt er die über Strohmänner/Frauen?

  8. 6.

    Das AG Bernau scheint eine "eigenständige" Rechtsauffassung von Strafermittlung zu haben. Ist man inzwischen von Ostdeutschen Gerichten gewohnt. Die haben in ihrer Auslegung scheinbar ihre eigene Auffassung von Recht und Gesetz.
    Kooperation von Justiz und Polizei stellt man sich allerdings anders vor.

  9. 5.

    Wie auf dem Foto zu sehen, trägt er ein T-Shirt mit dem Bundesadler. Wiedersprüchlicher geht es nicht mehr ! Den Leuten eine Gehirnwäsche zu verpassen ist unzumutbar.

  10. 4.

    Sicherlich wird auch einem Avocadolf die Meinungsfreiheit zugestanden.
    Wenn jedoch innerhalb von nicht mal 40 Tagen 40 andere 'Meinungen' zu Anzeigen u.a. wgn. "Volksverhetzung, Androhung von Straftaten, Beleidigung und Bedrohung" führten und derjenige "immer wieder mit rechtsextremen und antisemitischen Äußerungen" in "sozialen Netzwerken" auffiel, so ist ein Zusammenziehen der Anzeigen zielführend, um diese Anhäufung von "sog. Einzelfällen" in einem realistischen Zusammenhang zu beleuchten.

    Antisemitismus und andere Radikalismen sind nun mal keine Meinung!

  11. 3.

    Kann ich nicht glauben das Beweismaterial nicht ausgelesen werden darf weil ein Gericht dagegen ist. Es geht hier meiner Meinung nach zur Aufklärung von Straftaten die man Herrn Hildmann nach weisen möchte. Es ist alle höhste Zeit daß unsere Gesetze endlich Gerichtsbarkeit stand hält.

  12. 2.

    Es wird höchste Zeit, dass diese Volksverhetzer und Verschwörungstheoretiker konsequent zur Verantwortung gezogen werden. Sie vergiften unsere Gesellschaft und zerstören den Zusammenhalt mit ihren Lügen.
    Ich will diese Bewegung nicht mit dem aufkommenden Faschismus vergleichen, denn viele Menschen, die denen auf dem Leim kriechen sind einfach nur verängstigt und verzweifelt.
    Trotzdem ist es gefährlich und Justiz und Verfassungsschutz müssen aufpassen.
    Die Politik muss gleichzeitig transparenter werden und Medien müssen die Bürger aufklären aber nicht bevormunden und mit Sensationen füttern. Bitte werdet oder bleibt alle gesund.

  13. 1.

    Sehr gut! Solchen geistigen Brandstiftern gehört der Hahn abgedreht. Das so was überhaupt frei rumlaufen darf, ist skandalös!

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