Sitzung im Brandenburger Parlament - Landtag lehnt AfD-Vorstoß gegen Corona-Maßnahmen ab

Do 12.11.20 | 16:42 Uhr
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Hans-Christoph Berndt (vorne, rechts), AfD-Fraktionsvorsitzender, und Dennis Hohloch (l), Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, lachen während einer Sondersitzung des Landtages zu den neuen Corona-Verordnungen und Regeln. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Video: Brandenburg Aktuell | 12.11.2020 | Markus Woller | Bild: dpa/Soeren Stache

Hitzige Atmosphäre im Brandenburger Landtag: Die AfD scheitert mit ihrem Antrag, die Corona-Maßnahmen im Land sofort aufzuheben. In der begleitenden Parlamentsdebatte provoziert die Fraktion zudem mit einem SED-Vergleich.

Die AfD-Fraktion ist im Brandenburger Landtag mit ihrem Versuch gescheitert, alle im Land geltenden coronabedingten Grundrechtseinschränkungen sofort aufzuheben. Das Parlament verteidigte mehrheitlich die Einschränkungen und lehnte den AfD-Antrag ab.

"Das Ziel der zeitlich begrenzten Freiheitseinschränkungen besteht darin, Kontakte zu minimieren", sagte der SPD-Abgeordnete Björn Lüttmann in der Parlamentsdebatte. Das bremse die exponentielle Verbreitung des Coronavirus, damit das Gesundheitssystem nicht überlastet werde. Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) verwies auf Tausende Menschen in Intensivstationen, die um ihr Leben kämpften. SPD-Fraktionschef Erik Stohn fügte hinzu, die Vorstellungen der AfD gefährdeten Leib und Leben der Brandenburger.

AfD: "Epidemische Lage nationaler Tragweite liegt nicht vor"

"Das Virus ist nicht gefährlich genug, um diese Maßnahmen zu rechtfertigen", meinte AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt, der auch Laborarzt ist. Dafür sprächen aus seiner Sicht die Daten, die seit März ermittelt würden. Die Krise müsse ernst genommen werden, aber eine epidemische Lage nationaler Tragweite liege für ihn nicht vor.

Seit Montag vergangener Woche sind Gaststätten, Theater, Kinos und Fitnessstudios zunächst bis Ende November geschlossen. Gaststätten dürfen Speisen nur per Lieferung oder Abholung verkaufen. Die AfD im Landtag hält die Maßnahmen für unverhältnismäßig und "in großen Teilen sogar offen verfassungswidrig", wie es in ihrem Antrag heißt.

Die Zahl der Corona-Infektionen ist in Brandenburg zuletzt weiter gestiegen, derzeit sind 350 Menschen wegen einer Covid-19-Erkrankung in Krankenhäusern. Seit März starben 235 Corona-Patienten. Deutschlandweit starben im Zusammenhang mit dem Coronavirus bisher insgesamt 11.982 Menschen, weltweit über eine Million Menschen.

Berndt äußert SED-Vergleich: "Deutschland wird von informeller Koalition regiert"

Zu hitzigen Debatten in der Aktuellen Stunde sorgte ein Passus im AfD-Antrag, in dem behauptet wird, "31 Jahre nach dem Mauerfall (...) stehen innere Einheit und Freiheitsrechte durch staatliches Handeln erneut zur Disposition." Die AfD verglich mehrere Parteien mit der DDR-Staatspartei SED: Deutschland werde "im Bund und in den Ländern nunmehr von einer informellen Koalition regiert (...), die von den Linken bis zur CDU/CSU reicht", sagte der AfD-Fraktionsvorsitzende Berndt. Diese informelle Koalition "dominiert das Land auf allen Ebenen (...) Ihre Dominanz erinnert an die der SED in Vor-Wende-Zeiten." Seine Partei werde im Landtag von den anderen Parteien ausgegrenzt, so Berndt.

Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) wies diesen Vorwurf zurück. Die AfD sei in allen Ausschüssen vertreten und stelle den Landtagvizepräsidenten, so Liedtke. Auch Linksfraktionschef Sebastian Walter kritisierte die Äußerungen Berndts und zog seinerseits einen Vergleich mit der SED. "Das Ganze erinnert schon sehr an die ideologische Verblendung und den Hass, mit denen die SED-Führung den 'Klassengegner' und die 'Dissidenten' beschimpft und bekämpft hat", sagte Walter.

Auch Schieske fällt bei Wahl in Kontrollgremium durch

Derweil bleibt die AfD in Brandenburg auch nach einem erneuten Anlauf weiter von der parlamentarischen Kontrolle des Geheimdienstes ausgeschlossen. Nachdem bereits bei mehreren vorangegangenen Landtagssitzungen kein AfD-Kandidat die nötigen Stimmen bekam, fiel am Donnerstag in Potsdam auch der AfD-Abgeordnete Lars Schieske bei der Wahl durch.

Am Mittwoch hatte der Landtag Steffen John als AfD-Mitglied des Gremiums abgelehnt. Davor fielen im September Landtagsvizepräsident Andreas Galau und Daniel Freiherr von Lützow und im Juni Sabine Barthel als AfD-Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission durch. Mitte Mai lehnte der Landtag fünf AfD-Kandidaten ab. Nun soll voraussichtlich im Dezember erneut gewählt werden.

Bis auf die AfD sind alle Fraktionen - SPD, CDU, Grüne, Linke und Freie Wähler - in der Kommission vertreten. Damit ist das Gremium arbeitsfähig. Die AfD-Fraktion hat 23 Mitglieder und ist nach der SPD die zweitgrößte im Landtag. Dem Landtag gehören 88 Abgeordnete an.

Die Brandenburger AfD wird seit Juni vom Verfassungsschutz beobachtet. AfD-Fraktionschef Berndt leitet den Verein "Zukunft Heimat", der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wird.

Sendung: Brandenburg aktuell, 12.11.2020, 19:30 Uhr

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14 Kommentare

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  1. 14.

    Das stimmt. Nur leider nerven diese Extremisten andere mit diesen Dummheiten und stehlen Zeit.

  2. 13.

    @Pfleger halten Sie durch. Meine Hochachtung vor Ihrer Arbeit. Ihre Wut ist gut nachvollziehbar. Was die AfD da aufführt, ist schlimm. Hoffen wir dass einige noch merken, wem sie da auf den Leim gehen.

  3. 12.

    Ich bin immer wieder erstaunt wie es möglich sein kann das in intelligente Köpfe solche Unmengen an Müll gelangen können. Ich hoffe innigst das unsere Demokratie stark genug ist den Verwirrten und Schwachköpfen der AFD weiter Einhalt zu gebieten.

  4. 11.

    Mir scheint, die afd versucht alles dafür zu tun das die Situation eskaliert.
    Um dann als Retter in der Not ihr braunes Süppchen kochen zu können.
    Ist halt die alte Krisenstrategie der Rechten-es muß alles viel schlechter werden.
    Die wissen, die haben ansonsten keine Chance.

  5. 10.

    Auf der Grundlage stellt der Bundestag das fest. Anhand welcher Fakten der Bundestag zu der Meinung kommt, gibt dann das Protokoll der Sitzung her. Das Gesetzt trifft an dieser Stelle einfach keine genaue Festlegung in Form einer Aufzählung von Gründen.

  6. 9.

    Ist die Gesetzesgrundlage wofür?
    Zu belegen das es keine Pandemie gibt? .....dann kann es sich nur um eine Verschwörung handeln....

  7. 8.

    IfSG §5 Abs.1 (https://dejure.org/gesetze/IfSG/5.html) ist die Gesetzesgrundlage.

  8. 7.

    Es ist unerträglich, was diese Populisten ablassen. So dumm kann doch niemand sein.
    Hoffentlich merkt nun auch der letzte Wähler, wen er da auf dem Leim gegangen ist.
    Es ist schlimm, dass die auch noch durch unsere Steuern fingiert werden.

  9. 6.

    Die Chance steigt täglich einen von denen unter meine Fittiche zu bekommen......
    Wie wenig Grips muss man haben? Wir arbeiten am Limit ihr Idioten!

  10. 5.

    Populisten machen Populistendinge. Eigentlich keiner Nachrichtenmeldung wert.

  11. 4.

    Die faseln was von Demokratie bei der afd und Mißachten dabei, das die Leute die Parteien gewählt haben. Die sie dauerhaft als "versifft" usw bezeichnen. Und wundern sich dann das niemand mit ihnen arbeiten mag. Die benehmen sich wie 5 Jährige Kinder.

  12. 3.

    Die AfD will sich bei der Querdenken-Bewegung einschmeicheln. Die fordern ja das sofortige Ende aller Schutzmaßnahmen, weil es Corona angeblich gar nicht gibt. Die Menschen im Krankenhaus, auf den Intensiv-Stationen: Alles erfunden und erlogen, in den Augen der Corona-Leugner. Die AfD sieht sich wohl als politischer Arm dieser merkwürdigen Szene.

  13. 2.

    Wann haben wir eine pandemische Lage ???
    Wenn weitere Viren von Tieren auf Menschen übertragen werden wie derzeit in Dänemark?
    Das rechtsnationale Gesocks ist nicht mehr richtig im Kopf.

  14. 1.

    Die Einstellungen der AfD hat nichts mit Demokratie zu tun Danke Brandenburger Landtag für diese Entscheidung. Die AfD geht mit diesem Verhalten nur auf Wählerfang und versucht die Bevölkerung zu verdummen.

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