Maßnahmen in Berlin - Gesundheitssenatorin Kalayci plädiert für harten Lockdown

Mi 09.12.20 | 11:20 Uhr
  212
Dilek Kalayci (SPD, r), Berliner Gesundheitssenatorin (Quelle: dpa/Bernd von Jutrczenka)
Audio: Radioeins | 09.12.2020 | Interview Dilek Kalayci | Bild: dpa/Bernd von Jutrczenka

Der Lockdown light sei mehr light als Lockdown gewesen, kritsiert die Berliner Gesundheitssenatorin Kalayci. Sie fordert daher härtere Maßnahmen: Schulen, Kitas und Einzelhandel sollten schließen. Ähnlich äußern sich nun auch Kultusenator und Kanzlerin.

Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, ab Januar einen ebenso strikten Lockdown-Plan gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verfolgen wie etwa Sachsen. Sie sei dafür, Schulen, Kitas und den Einzelhandel schnellstmöglich zu schließen, sagte sie am Mittwochmorgen dem rbb.

"Die Zahlen in Berlin zeigen, dass der Lockdown light leider mehr light war als Lockdown", so Kalayci auf Radioeins. Zwar seien die Zahlen leicht runtergegangen, aber nach wie vor auf einem hohen Niveau. "Deswegen brauchen wir weitere Einschränkungen."

Anhand von Mobilitätsdaten könne man sehen, dass die Menschen ihre Kontakte kaum eingeschränkt hätten. So habe man im März sehen können, dass die Mobilität um 40 Prozent gesunken sei, im November dagegen nur vier bis zehn Prozent. "Wir müssen hier nachsteuern", erklärte die Senatorin weiter - und zwar so schnell wie möglich.

Sie kündigte zudem an, dass man am kommenden Dienstag im Senat erneut über härtere Maßnahmen diskutieren und beschließen wolle. "Der Ausblick Richtung Weihnachten und Neujahr birgt sowohl Chancen als auch Risiken", so Kalayci. Sie rief unter anderem Betriebe dazu auf, die Entschleunigung etwa für Betriebsferien zu nutzen oder die Mitarbeitenden vermehrt ins Homeoffice zu schicken. Gleichzeitig appellierte sie an die Bürger und Bürgerinnen, Weihnachts- und Silvesterpartys zu entzerren und nicht auf der Straße zu feiern.

"Die Lage ist sehr dramatisch"

In Bezug auf die Auslastung der Krankenhäuser durch Covid-19-Patienten und -Patientinnen warnte Kalayci: "Die Lage ist sehr dramatisch". Die Inzidenz sei zu hoch, zwei Ampeln stünden auf Rot. "Das ist eine Warnung." Daher sollen die Menschen ihre Kontakte wie im März wieder mehr beschränken. "Wir müssen das Motto 'Stay at Home' wieder aus der Kiste holen", so Kalayci, "und das muss wieder zum Grundprinzip werden".

Kalayci forderte zudem Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, beim Thema Böller-Verbot nachzusteuern. Es sei nicht nur ein Gesundheitsproblem, sondern vor allem die Menschen, die auf der Straße feiern, seien problematisch – besonders in Partymetropolen wie Berlin. Sie rät daher: "Lassen sie es ruhig angehen, legen Sie eine Pause ein." Auch an Weihnachten müsse nicht die ganze Familie zusammenkommen. Zudem solle man bei Familienfeiern auf Abstand und regelmäßiges Lüften achten.

Lederer "enorm beunruhigt"

Kultursenator Klaus Lederer (Linke) rechnet bereits fest mit schnellen Verschärfungen der Corona-Maßnahmen in der Hauptstadt. "Ich bin sicher, es wird schärfere Maßnahmen geben, wir sind im Senat dazu auch in der Kommunikation, und nächsten Dienstag gehe ich davon aus, werden wir sie beschließen", sagte Lederer am Mittwoch bei einer Pressekonferenz seiner Partei. Der Linke-Landesvorstand hatte den 46-Jährigen am Dienstagabend als Spitzenkandidaten für die Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021 nominiert.

Es sei wichtig, im Schulbereich und im Einzelhandel die Möglichkeiten zu nutzen, stärker runterzufahren, sagte Lederer. "Ich mache kein Geheimnis daraus, dass mich der Anstieg der Zahlen bundesweit enorm beunruhigt, dass ich mit großem Respekt auf das blicke, was in den Intensivstationen derzeit geleistet wird, aber auch weiß, dass das an Grenzen gerät." Das Personal dort arbeite seit neun Monaten unter hoher Belastung.

"Und deswegen glaube ich, wir haben dringend die Notwendigkeit, darüber nachzudenken, was wir machen, um die Zahlen wirklich deutlich abzusenken", so Lederer. "Und mich beruhigt überhaupt nicht, dass wir in Berlin anders als in anderen Städten auf einem halbwegs stabilen Sockel sind, denn das Niveau ist extrem hoch. Man muss nicht viel Fantasie haben, dass das in den nächsten Tagen wieder hochgehen wird, wenn wir nichts tun."

Auch Merkel fordert Schließungen

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich in einer Generaldebatte im Bundestag am Mittwochmorgen [tagesschau.de] für weitreichende Schließungen nach Weihnachten ausgesprochen. In einer Phase bis zum 10. Januar sollten Geschäfte geschlossen werden, sagte sie. Es sollten auch die Ferien verlängert oder auf Digitalunterricht umgestellt werden.

Sie rief alle Bürger zu weiterer Rücksicht und Solidarität in der Corona-Krise auf. "Der wichtigste Schlüssel zur erfolgreichen Bekämpfung des Virus bei uns ist das verantwortliche Verhalten jedes Einzelnen und die Bereitschaft zum Mitmachen", erklärte Merkel. Sie sei überzeugt, dass die große Mehrheit der Bevölkerung auch weiter dazu bereit sei, wofür sie von Herzen dankbar sei. Merkel erläuterte, dass der Staat in einer freiheitlichen Demokratie anders handeln könne als in Ländern, "die stärker einer Diktatur gleichen".

Es sei ein Hoffnungsschimmer, dass erste Impfungen vielleicht Anfang des neuen Jahres beginnen könnten. Im ersten Quartal dürften aber noch nicht so viele Impfungen möglich sein, dass eine signifikante Veränderung in der Bevölkerung zu sehen sein werde. Es gebe aber die Chance, gerade Hochbetagte und Pflegekräfte zu impfen - also in Bereichen, in denen gerade die meisten Todesfälle aufträten. Merkel sprach sich zudem für eine "faire Verteilung" von Impfstoffen auf der Welt aus. Es müssten auch die Entwicklungsländer berücksichtigt werden.

Sendung: Radioeins, 09.12.2020, 7:30 Uhr

Was Sie jetzt wissen müssen

212 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 212.

    Die Politik hält es nicht für erforderlich, die Entwicklung von Heilmitteln zu fördern. Somit sind alle anderen Maßnahmen nichts als Heuchlerei.

  2. 211.

    "Es sei denn, wir kriegen im Dezember, Januar Frühlingshafte Temperaturen" ... Beim harten Lockdown haben wir auch freie Bürgersteige, um die lang fällige Fußbodenheizung zu installieren!

  3. 210.

    Schauen Sie ua nach Südafrika, da läuft die zweite Coronawelle auch an. Exponentielles Wachstum.
    Und in anderen afrikanischen Staaten ebenso!

  4. 209.

    Nööh, der "harte" Lockdown hätte im November auch nichts gebracht. Es liegt an der Jahreszeit und die kann man nicht ändern. Es sei denn, wir kriegen im Dezember, Januar Frühlingshafte Temperaturen jenseits der 15° Grenze.
    Der Virus fühlt sich halt bei diesen Temperaturen pudelwohl im Körper in uns.
    Wäre nebenbei interessant, wie es derzeit aussieht auf der anderen Seite der Weltkugel mit der Jahreszeit Sommer.
    Aber so ist das nun mal, entweder sind wir in derartigen Situationen mit uns selbst beschäftigt oder zeigen ansonsten immer mit dem Finger auf die anderen.

  5. 208.

    Es ist schon beachtlich, wie sich die Politik von einem populistischen Schreihals aus dem Süden der Republik treiben lässt.
    Bezug nehmend auf meine Meinung 1 folgende Ergenzung:
    Wollt Ihr den totalen Lockdown?
    Erst Ja, dann Nein, halb, doch vollständig, zum Teil, dann allumfassend, Komplett mit Einschränkungen - kann man das noch Ernst nehmen?
    Seit Monaten ein Schlingerkurs der Politik. Selbst, wenn es diesen Lockdown geben sollte, wer setzt ihn durch? Die Polizei, die Ordnungsämter, doch die Bundeswehr im Innern, oder verlässt man sich auf die allenorts vorhandenen Denunzianten?

  6. 207.

    Unterschreibe ich so. Dieses abblocken der Diskussion halte ich für mindestens fragwürdig

  7. 206.

    Aber wenn schon Lockdown ,dann auch Demo verbot , diese Massenansammlungen sind bestimmt eine dicke Ursache für die Zahlen und dann immer der Quatsch mit den Grundrechten , entweder alle oder keiner

  8. 205.

    "Ich gehe noch einen Schritt weiter, alle Privatisierungen [im Krkhs-Wesen] müssen rückgängig gemacht werden." - Das unterstütze ich 100%ig! Nichts gegen Privatkliniken, aber grundsätzlich sind Krankenhäuser die Basis der Gesundheitsversorgung für die breite Masse. Eine Profitorientierung geht nur auf dem Rücken der Belegschaft und der Minderung freier Kapazitäten für den zwar unwahrscheinlichen, aber deshalb nicht ausschließbaren Fall z.B. einer Pandemie.
    Eine Optimierung wäre es vllt., die Erkenntnis dieser Notwendigkeiten nicht wieder zu vergessen.
    Bei der Inbetriebnahme eines Notfallkrkhs. festzustellen, daß dafür Personal fehlt, zeugt von der Vernachlässigung gewisser Notwendigkeiten.

  9. 204.

    Mann oh Mann wer schließt was wo und wie. Man kann es nicht mehr Hören! Ich schreibe es nochmal, Bürger haltet die AHA Regeln ein. Das machen wir schon alle eine ganze Zeit. Aber warum steigen trotzdem die Zahlen? Wo kommt das her? Unsere GräKaZ, Hr. Spahn und und und haben keine Antwort darauf. Wo ist die Gewähr, dass nach Verschärfung des Lockdown die steigenden Zahlen eingefangen werden? Schlimm finde ich, daß man bei Kritik an den Maßnehmen prombt nach Rechts gerückt wird. Gruß Kein Coronaleugner.

  10. 203.

    Ein guter Punkt! Eigentlich sollte es doch nicht das Problem sein, die Steuerung so abzuändern, daß Fahrstühle mit offener Tür warten. Energieverbrauch kann nicht das Thema sein: Licht brennt in Fahrstühlen durchgehend.

  11. 201.

    Ich stimme Ihnen vollkommen zu. Es wäre etwas gerechter gewesen, mal den Einzelhandel zu schließen, und dafür Restaurants, Theater, Kinos, usw. zu öffnen, einfach um die finanzielle Last etwas auszugleichen. Aber anscheinend steht sinnloser Konsum, insbesondere vor Weihnachten, über Kultur und Genuss.
    Shoppen gehen und die Öffis verstopfen als Bürgerpflicht - traurige Welt.

  12. 200.

    Warum Sie in die selbe unsägliche Kerbe schlagen wollen, die Menschen ihre Grundrechte abspricht...aber ist sicher auch nur Satire... Ich bin übrigens alles andere als ein "Lockdownherbeisehner", hätte aber einen 3-4 wöchigen harten Lockdown im November gegenüber dieser ewigen Rumeierei, mit wöchentlichen Verlängerungen und weiteren höchstens semi-nützlichen Maßnahmen, SEHR bevorzugt. Sie etwa nicht, Mike?

    Vielleicht wären die Zahlen jetzt ganz andere, und vielleicht könnten die vielen empfindlich getroffenen Branchen (Kultur, Gastro...) bald schon wieder Geld verdienen, und ganz vielleicht wären die Bürger dann mehr bereit gewesen, sich einzuschränken, wenn ein klares Ende angesagt wäre - diese elende Wischiwaschi-"Technik" der Politiker führt jeden Tag zu mehr Verdruss und Ablehunung der Regeln - ich bin mir sicher, das können auch Sie beobachten.

  13. 199.

    Dann stellen sie sich vor, sie stecken ihre Enkel an. Die rennen dann ggf. infektiös in die Kita/Schule und stecken dort ggf. Dritte an. Die wiederum haben Kontakt zu Anderen.
    So wird aus der sogenannten Eigenverantwortung unter Umständen dann schnell eine weitergehende Verantwortung.
    Aber gut, gehört alles zum allgemeinen Lebensrisiko dazu, auch in einer bisher uns unbekannten Pandemie. Kann man so machen...
    Aber gehen sie davon aus, dass es Viele gibt, die sich ernsthafte Gedanken machen. Es geht ja nicht um das Sterben alleine, die Stimmen zu den Langzeitfolgen auch bei Milderkrankten mehren sich.

    Welche Maßnahmen aus ihrer Sicht sind nützlich?

  14. 198.

    Schöne Zahlenspielerei ihrerseits.
    Wenn es immer noch nicht angekommen ist. Aktuell geht es wie eigentlich schon die ganze Zeit darum, durch das eigene Verhalten mit dafür Sorge zu tragen, dass die medizinische Infrastruktur nicht kollabiert.
    Und bei den aktuellen Infizierten-Zahlen fallen eben zu viele Krankenhauspflichtige an (siehe auch Beitrag Nr 98 - von aktuell in Berlin gesamt 1116 Behandelten ITS-Patienten sind 357 Covid-19-Patienten auf ITS), in ALLEN Altersklassen. Daher macht es schon was aus, wie Viele Infizierte wir haben... Man liest doch immer mehr (auch hier nachzulesen), dass Krankenhäuser etc. nicht mehr vollumfänglich behandeln können und Behandlungen auf unabsehbare Zeit verschoben werden müssen und Patienten aus Süd- nach Nordbrandenburg verlegt werden. Kann man auch ignorieren, wenn man sich sicher ist, dass man selbst oder die Personen aus dem persönlichen Umfeld diese Hilfe in Zukunft nicht beanspruchen wird/muss.
    Aber gut, macht halt Jeder was er möchte.

  15. 197.

    Da muss man schon etwas differenzieren um was es eigentlich geht.
    Geht es um Ansteckung oder Erkrankung bzw. Tod.
    Wenn von 100 Leuten sich 80 infizieren aber nur 10 krank werden ich aber nur mit drastischen Maßnahmen es schaffe das dann nur 5 krank werden, steht dies in keinem Verhältnis. Sinnvoller wäre es allen die Möglichkeit des Eigenschutzes zu bieten. Tübingen macht doch genau das gerade vor. Sie geben die Möglichkeit das ältere sich schützen können. Klar damit gehen die Infektionen nicht zurück aber es stirbt kaum noch jemand.
    Da kommt dann auch die Eigenverantwortung ins Spiel.... dann kann jeder für sich entscheiden welches Risiko er persönlich eingeht. Wir sind da einfach unterschiedlicher Meinung .... ich sehe meine Kinder und Enkel genauso oft wie auch sonst und werde mir da nicht von irgendeinem Politiker reinreden lassen. Wenn Politiker Maßnahmen nur treffen könnten, wenn sie deren Nutzen nachweisen .... gäbe es erheblich weniger Regeln.

  16. 196.

    Genauso sieht es aus. Ich akzeptiere auch sinnvolle und begründete Maßnahmen, aber eine Maskenpflicht im Freien, wo Abstand eingehalten werden kann, ist sinnlos und wird auch von keinem Wissenschaftler empfohlen. Man kann es machen, ja, aber nicht erzwingen und dann auch noch mit Bussgeld belegen. Außerdem steht dies im Widerspruch mit der Empfehlung zum Lüften, wenn es z.B. in der Bölschestraße so "gefährlich" ist und Maskenpflicht besteht, können die Anwohner oder Büros dort nicht angehalten werden zu lüften, das wäre ja dann kontraproduktiv und man würde die Viren erst recht hereinlassen. Völlig unverständlich.

  17. 195.

    Heute neuer Höchstwert bei den Neuinfektionen. Der Lockdown wird kommen. Kauft Klopapier!

  18. 194.

    Schöne Worte Von unseren Damen und Herren Politikern
    Ich fahre Weihnachten weg- darf ich nicht. Ich mache Kultur- darf ich nicht. Kann man fortsetzen. Was darf ich dann? Mich in die vollen öffentlichen quetschen. Demonstrieren. Arbeiten. An Silvester gehe ich Querdenken mit 25000 Leuten, das wird eine geile Party. Ach ja Böllern darf ich ja auch noch. Da gibt es ja kein Corona. Erinnert mich alles an Früher. Aids und Tschernobyl haben an der Mauer halt gemacht . Gab es im Osten nicht. Es geht alles vorbei. In ein paar jahren treffen wir uns alle auf einem "ehemaligen corona mitmacher Treffen". waren das Zeiten......
    Frohe Weihnachten allen und bleibt gesund

  19. 193.

    Jetzt drehen sie komplett durch...
    Wehe wehe, wenn ich auf das Ende sehe...

Das könnte Sie auch interessieren