Corona-Intensivpatienten in Berlin - Charité-Chef warnt vor Überlastung

Fr 11.12.20 | 07:30 Uhr
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Ampel an einer Kreuzung zur Charité. (Bild: Uwe Geisler/dpa)
Bild: Uwe Geisler/dpa

Die Zahl der Corona-Neuinfektionen befindet sich weiterhin auf einem hohen Niveau. Heyo Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Berliner Charité, bietet das Anlass zu großer Sorge. Er sieht die Universitätsklinik bald "an der Grenze des Machbaren".

Der Vorstandsvorsitzender der Berliner Charité, Heyo Kroemer, hatt eindringlich vor der Überlastung der Krankenhäuser aufgrund der Corona-Pandemie gewarnt. Derzeit sei die Lage beherrschbar, aber: "Wir sind schon sehr bald an der Grenze des Machbaren", sagte Kroemer am späten Donnerstagabend im Gespräch mit den "Tagesthemen".

Kroemer mahnte, die Politik müsse schnell reagieren, bevor das Gesundheitssystem in Deutschland mit der Belastung nicht mehr fertig werde. Wenn nichts passiere, würden sich neue Menschen infizieren, die - zumindest zum Teil - ins Krankenhaus kämen, so Kroemer.

Die Charité gehört mit ihren insgesamt rund 3.000 Betten zu den größten Universitätskliniken Europas. Von 442 Betten auf der Intensivstation sind laut Kroemer bereits 129 mit Corona-Patienten belegt. Etwa 70 von ihnen müssten künstlich beatmet und deswegen sehr umfangreich betreut werden. "Das sind alles sehr, sehr hohe Zahlen", so Kroemer. Der Anteil höre sich relativ klein an, sei aber durch die notwendige intensive Betreuung der Covid-Patienten "außerordentlich hoch".

Operations-Programm bereits erheblich gekürzt

Der Charité-Chef erklärte, dass das Personal so sehr belastet sei, dass es nicht mehr lange durchhalten könne. Zudem seien bereits viele Ärzte und Pfleger von anderen Stationen abgezogen worden, um bei der Versorgung der Corona-Patienten zu unterstützen. Deshalb könne die Charité "eine Reihe von Aufgaben" nicht mehr erfüllen. So sei das Operations-Programm bereits auf 65 Prozent des Üblichen gekürzt worden, so der Vorstandsvorsitzende weiter. Sollte die Klinik noch mehr Covid-19-Patienten bekommen, könne die Klinik zwar weitere Intensivbetten aufbauen, müsse dafür aber andere Bereiche einschränken.

Durch den Wegfall von Operationen entgehen der Charité auch Einnahmen. Bereits im Sommer berichtete die Klinik, dass sie in der Corona-bedingten Lockdown-Phase zwischen Mitte März und Ende Mai 44,3 Millionen Euro weniger eingenommen hat als im Vorjahreszeitraum.

Die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Berlin bleibt derweil weiterhin auf einem hohen Niveau. Binnen 24 Stunden wurden 1.656 neue Fälle (Stand: 10.12.2020, 13 Uhr) gemeldet. Am Vortag waren es noch 1.123 Neuinfektionen gewesen.

Sendung: Tagesthemen, 10.12.2020, 22:15 Uhr

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16 Kommentare

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  1. 16.

    Es ist allgemein bekannt, dass jahrzehntelanger Wettbewerb und Sparpolitik im Gesundheitswesen diesen Zustand verursacht haben. Einsparungen im Pflegebereich seit Jahren, schlechte Bezahlung und menschenunwürdige Arbeitszeiten. Dass schon oft genug vor der Pandemie am Limit gearbeitet“ wird.
    Schon seit Jahren kämpfe man um bessere Arbeitsbedingungen und um mehr Personal. Viele Pflegekräfte blieben aufgrund der Bedingungen nur kurz im Job. In ganz Europa leiden Kliniken, Beschäftigte und Patienten unter den untragbaren Bedingungen.

  2. 15.

    Herr Müller sollte sich mal mutig zusammen reißen und schnell reagieren, wenn er nicht für weitere Tote mitverantwortlich sein will. Daneben kann er sich Scheeres und die Kmk schnappen, die seit Monaten gewollt auf Ansteckungen in Schulen setzen. Allen "Maßnahmen" zum Trotz, ohne Abstände oder Maskenpflicht AUCH in Grundschulen stecken sich Lehrer und pädagogisches Personal 3 mal häufiger an. Aufgrund von Datenschutz dringt die Realität hier nicht an die Öffentlichkeit und alle denken, es sei unbedenklich. Dass die Kinder unter dieser Politik leiden, ist klar und Eltern sollten gesetzlich abgesichert sein, wenn Betreuungszeiten das Problem sind. Da hilft auch kein Festhalten an der unbedingten Öffnung. Hier wurde zu lange Geld vor Leben gestellt.

    Ich werde mich bedanken, wenn ich auf der Intensiv lande und Triage zum Thema wird. Ironie off.

  3. 14.

    ...das wüßte ich auch gern. Macht macht das Bettenlager in den Messehallen? Sind die voll? Nur ein Alibikrankenhaus ohne Personal, oder???

  4. 13.

    "Was bedeutet und wann ist 'die Grenze des Machbaren' ? Heute, morgen, in einer Woche , .... ? Wenn ich nichts benenne, wofür ich verantwortlich und Experte bin, dann muss ich mir gefallen lassen, das ich nur Gefasel verbreite."

    Da widmet sich ein ganzer Artikel der prekären Situation in der Charité inkl. Angabe der Patientenzahlen, aber Herr von und zu Thomas verlangt nach taggenauer Prognose des Kollaps. Auch wenn Sie Herrn Heyo Kroemer hier mit aller Macht diskreditieren wollen, um die Lage zu verharmlosen, sprechen allein die Zahlen Bände.

  5. 12.

    Der viel gescholtene Karl Lauterbach gestern bei Lanz, den Lockdown um eine Woche verschieben kann zw. 5 und 7 Tausend Tote mehr bedeuten.
    Leider hat der Mann zu oft recht behalten.

  6. 10.

    Meine langjährige Freundin, welche Krankenschwester ist, hat fast IMMER, auch zu nicht-Corona-Zeiten, oft stundenlange Überstunden gemacht, ohne, dass sie sich dieses abgerechnet hat bzw. abrechnen konnte. Es herrschte stets ein chronischer Personalmangel, und als Mensch & Menschen helfender Mensch kann man in Situationen nicht einfach weggehen! Vielleicht ist sie zu gutmütig&oderdumm, aber so war es bereits VOR Corona.
    Das Personal in Krankenhäusern JETZT tut mir wirklich aufrichtig leid! Es muss täglich, nicht nur verstärkt, sondern potenziert erleben, wie Menschen leiden und sterben, ohne die zeitlichen Möglichkeiten zu haben, sich angemessen darum zu kümmern.

  7. 9.

    Vielleicht sollten Sie lieber den ganzen Büroarbeitern Homeoffice anraten, damit die Öffis dann nicht mehr so voll sind und Personen, wo kein Homeoffice geht, sich weniger wie Sardinen fühlen. Die Straßen wären dann auch übrigens auch freier. Mehr als 60% der Berliner hat gar kein Auto, für die ist das Auto demnach auch keine Alternative.

  8. 8.

    Wie sollte er- als Pfleger mus man mehr können als große Sprüche in die Tastatur hämmern.

  9. 7.

    Coole Idee, werde meinen Kollegen in der Klinik vorschlagen, auch zukünftig Homeoffice zu machen.
    Nur bloß nicht mit dem Auto fahren.

  10. 6.

    Haben Sie sich schon als Pfleger für das Notfall-Krankenhaus gemeldet?

  11. 5.

    Die Alternative zum ÖPNV ist nicht das Auto, sondern das Homeoffice. Die Straßen würden es doch gar nicht verkraften wenn alle Leute Auto führen. Das würde die Zahl der Autofahrten mehr als verdoppeln. So viel Kapazität haben wir nicht übrig für Autos.

  12. 4.

    Die Warnung des Vorstandsvorsitzenden der Berliner Charité wurde von Frau Scheeres und Herrn Müller leider aktiv und wissentlich in den Wind geschlagen. Anders kann ich die gestrigen Aussagen der beiden leider nicht deuten.
    Bitter für alle.

  13. 3.

    Meine Tochter war vor fünf Jahren auf der Intensivstation der Charité. Es war damals bereits alles ruinös und am Rand der Überlastung. Und ja, es sollte mich wundern wenn es noch schlimmer geht als damals. Corona zeigt einfach endgültig, dass unser Gesundheitswesen umfassend verbessert gehört.

  14. 2.

    1. Was bedeutet und wann ist „die Grenze des Machbaren“ ? Heute, morgen, in einer Woche , .... ? Wenn ich nichts benenne, wofür ich verantwortlich und Experte bin, dann muss ich mir gefallen lassen, das ich nur Gefasel verbreite.
    2. Was ist mit den tausend Betten auf dem Messegelände? Wenn die Situation schon „ausser Kontrolle“ ist, dann muss dieses Notfall-Klinikum SOFORT in Betrieb gehen und sei es als Auffangbecken für andere Bundesländer.
    3. Wenn wir knapp vor dem Untergang sind, warum zwingt 7ns Günther in den ÖPNV? Meine Frage analog zu Müller an Günther : Wieviel Tote ist Ihnen ihr Hass auf Individualverkehr wert ?

  15. 1.

    Wenn man das liest und dabei überlegt, was der Senat heute beschlossen hat, dann kann man wirklich nur mit dem Kopf schütteln und den Mitarbeitern der Charite wünschen, dass sie gesund bleiben und weiterhin durchhalten.

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