Home-Schooling im Lockdown - Wenn das Schul-Tablet den Internetanschluss der Eltern braucht

Mo 14.12.20 | 15:54 Uhr
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Symbolbild: Schüler einer zehnten Klasse einer Gemeinschaftsschule arbeiten am 14.05.2019 in einer Unterrichtsstunde mit Tablets. (Quelle: dpa/Uli Deck)
Bild: dpa/Uli Deck

Rechtzeitig zum neuen Lockdown teilt der Senat Tausende Tablet-Computer an bedürftige Schüler aus. Die Geräte haben allerdings etwas gemeinsam mit der Digitalisierung der Berliner Schulen: Den Internetzugang muss man selber mitbringen. Von Sebastian Schöbel

Wie schlecht die Internetverbindung vieler Schulen in Berlin ist, hat der rbb Anfang Dezember berichtet: In zwei Drittel der allgemeinbildenden Schulen sind Bandbreiten von maximal 50 Mbit/Sekunde verfügbar - wobei in den allermeisten dieser Schulen nicht einmal mehr als 16 Mbit/Sekunde anliegen. "Die moderne Technik zieht morgens mit den Schülern ein und um 16 Uhr wieder aus", sagt Norman Heise, Sprecher des Berliner Landeselternausschusses. Er meint damit vor allem die Handys, die viele Schülerinnen und Schüler inzwischen in der Tasche mit sich herumtragen, aber auch die Erfahrung mit schnellem Internet.

Der Landeselternausschuss habe sich ebenfalls die Internetverbindungen der Schulen genauer angeschaut, so Heise. "Und wir haben festgestellt, dass nur rund 40 Prozent der Schulen in der Lage sind, eine einzige Videokonferenz durchzuführen."

Schulen schlecht auf digitales Home-Schooling vorbereitet

Das sind nicht die besten Voraussetzungen, wenn ab Mittwoch Schülerinnen und Schüler bis mindestens 10. Januar wieder per digitalem Fernunterricht betreut werden sollen. Auch die Lehrergewerkschaft GEW kritisiert die mangelhafte Digitalisierung der Schulen. Individuelles Engagement der Lehrkräfte könne weder langsames Internet, noch das Fehlen einer einheitlichen Lernplattform ersetzen. So hätten viele Schulen bis heute keine eigene Schul-Cloud, datenschutzrechtliche Fragen seien oft ungeklärt, zudem fehle die Unterstützung im Bereich IT.

Der Landeselternausschuss fordert, Schulen ohne Breitband-Anschluss wenigstens über Mobilfunk mit schnellerem Internet zu versorgen. Heise spricht von Pop-up-Lösungen. Das sei bei der guten Bandbreite im Berliner Mobilfunknetz auch realistisch, erklärt Telekom-Sprecher Georg von Wagner. "Das ließe sich bestimmt auch für die Schulen dahingehend nutzen, dass mehr Bandbreite für mehr Schüler zur Verfügung stehen würde. Aber da müssen auch die entsprechenden Verträge gemacht werden, damit wir das anbieten können."

Unbegrenzt Lern-Surfen für 10 Euro im Monat

Was die Telekom, genauso wie Konkurrent Vodafone, bereits jetzt anbietet, ist eine sogenannte Bildungsflatrate: Eine SIM-Karte, mit der man für zehn Euro im Monat unbegrenzt über das Mobilfunknetz surfen kann. Vertragspartner sind nicht die Eltern, sagt Telekom-Sprecher von Wagner, sondern ausschließlich staatlich anerkannte Schulträger.

"Es handelt sich um einen reinen Datentarif", sagt von Wagner auf rbb-Nachfrage. "also keine SMS und Whatsapp, und auch keine Gespräche." Zugelassen ist der Tarif zudem nur für Geräte, die ausschließlich für Bildungszwecke und den Unterricht genutzt werden sollen: Auf ihnen muss eine Software installiert sein, die reguliert, welche Inhalte abgerufen werden können, also etwa den Zugang zur Schul-Cloud oder spezielle Unterrichts- und Lern-Apps. Kontrolliert werde das aber nicht von den Mobilfunkanbietern. "Die Schule legt fest, welche Inhalte erreichbar sind", so von Wagner.

Keine Flatrate-SIMs für die Tablets des Senats

Genau solche, speziell für den Unterricht vorbereitete Tablets hat der Senat bereits angeschafft: insgesamt mehr als 50.000 Stück, Ipads, Windows- und Samsung-Geräte, für 27 Millionen Euro, gab Bildungssenatorin Sandra Scheeres bekannt. Sie würden nun nach und nach ausgeteilt, vor allem an Schüler aus einkommensschwachen Familien.

Die allermeisten Geräte werden allerdings erst nach dem Weihnachts-Lockdown die Schulen erreichen, kritisiert die Lehrergewerkschaft GEW. Zudem hätten die Schulen kein Mitspracherecht bei der Beschaffung gehabt - und würden nun zum Beispiel Apple-Geräte bekommen, die sie in ihrem Medienkonzept eigentlich ausgeschlossen haben. Zudem sei unklar, wer im Schadensfall für die mehrere hundert Euro teuren Geräte haftet.

Ob die Schülerinnen und Schüler mit den Tablets wirklich etwas anfangen können, ist noch aus einem anderen Grund fraglich: Für den Unterricht zu Hause nutzbar sind sie nämlich nur, wenn es daheim Internet gibt. SIM-Karten mit der günstigen Bildungs-Flatrate hat laut Bildungsverwaltung keines der Geräte.

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11 Kommentare

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  1. 11.

    "Was, wenn die Eltern keinen Zugang zum öffentlichen Stromnetz haben, oder sich nur für das Tablet Ihrer Kinder einen Anschluß legen lassen?" Das kann doch nur ein Witz sein, oder?

  2. 10.

    Hier wird diskutiert wegen Internetanschluss und -Geschwindigkeit an den Schulen. Das ist fast doch am Thema vorbei.
    Jede Schule verwendet doch ihr selbst gewähltes Lernmaterial. Da reicht doch für jede Schule ein lokaler Server mit den passenden Dateien. Eine Internetanbindung ist dann nur fürs Home-Office notwendig. Auch hier müssen es keine Formulare sein, denn pdf-Dateien reichen dafür oft aus und die Browser laden Diese über ihre eigenen Downloadmanager herunter.
    Der Rückversand kann dann per Email an die Schule erfolgen. Auch hier ist keine schnelle Anbindung der Schule erforderlich.
    Nur Untericht als Vis-A-Vis aber, soweit notwendig, erfordert sehr schnelle Leitungen. Dieser ist bei Klassenstärken von 25 bis 30 Kindern doch fast nicht möglich, denn welche Software unterstützt so viele gleichzeitige Teilnehmer, wo wir schon beim nächsten Problem wären.

  3. 9.

    Ganz sicher brauchen die meisten Schulen bessere Internetanbindung. Sicher brauchen viele Kinder Endgeräte ggf. mit geeigneter Daten-SIM. Das ist alles mit Geld zu kaufen und Budgets sind dafür da. Aber es scheint sehr viele Lehrkräfte zu geben, die Berührungsängste mit der Technik haben, die selbst wenn es schon technisch geht, das einfach nicht nutzen wollten oder können. Auch sollte man sich mal fragen, wieso andere Länder und Regionen weiter sind: Sie fangen einfach an! Sie nehmen in Kauf, dass am Anfang nicht alles glatt läuft und wollen aus den Fehlern lernen und sich schrittweise verbessern. Bei uns versucht man nur immer das Haar in der Suppe zu finden und glaubt an den perfekten Start. Doch in welchem auch kommerziellen IT-Projekt gab es jemals den perfekten Start?
    Es fehlt der Wille das wirklich auf die Beine zu stellen. Die ganze Zeit seit vor Ostern blieb ungenutzt!

  4. 8.

    In Berlin ist es auch immer noch Standard feinste Glasfasertechnik auf der Straße, aber inden Mietshausern total veraltete 4 Aderterleitungen fuer Telefontechnik in Kupfer. Kaum geeignet fuer hohe Flatraten und Videosignale, aber mehr kommt oder will der Vermieter halt nicht stellen. Man kann natuerlich auf eigene Kosten, aber bei Auszug rueckzubauen neue Kabel legen.
    Kostenbeteiligung ausgeschlossen - sozialer Wohnungsbau.

  5. 7.

    Hat jemand schon daran gedacht, woher der Strom zum Laden der Tablets kommen soll?
    Zahlen den auch die Eltern?
    Was, wenn die Eltern keinen Zugang zum öffentlichen Stromnetz haben, oder sich nur für das Tablet Ihrer Kinder einen Anschluß legen lassen?

  6. 6.

    @RBB Sorry das muss hinzu. Schauen sie sich die Ausschreibungen an. Der Elektriker soll die Router liefern ! Da kann man sich nur an den Kopf fassen...

  7. 5.

    Hier wurde nicht etwa etwas verschlafen, sondern die Digitalisierung wurde bewusst blockiert. Das hat vielfältige Ursachen und das soll nun in der schnelle nachgeholt werden. Es fehlen Stellen diese Technik auch zu betreuen, das macht nicht einmal so der Lehrer nebenbei. So stellt man sich das aber vor, hier ist das Zeug macht was daraus. Wem wundert es dann wenn diese Geräte dann sich als nicht geeignet erweisen... Wie ich schon sagte die Infrastruktur dahinter ist nicht ohne und hierzu gibt es kaum Konzepte. Welche der Bund mit der Telekom hätte ausarbeiten können, diese wäre auch in der Lage gewesen die Technik zu betreuen. Jeder bastelt im Keller was er will, inkompatible und auch noch Gefährlich was den Schutz der Kinder angeht.

  8. 4.

    Na irgendwann wird schon einer drauf kommen warum Firmen mit mehreren hundert „Mitarbeitern“ eine IT Abteilung haben.

  9. 3.

    Mich würde mal interessieren, welche Schulen überhaupt damit beliefert worden sind. An der Schule meiner Frau, an der ein Großteil der Schüler als bedürftig anzusehen sind, ist noch nicht ein Geräte aufgetaucht.
    Wahrscheinlich ist wieder ein gefordertes Konzept nicht zeitgerecht eingereicht worden.
    Ich glaube allerdings, dass viele davon „ unter der Hand“ weggegangen sind.
    Das Gute ist aber, dass man sich um einen fehlenden Internetanschluss keine Gedanken machen muss.
    Armes Berlin!

  10. 2.

    Zumal dann Zuhause die Bürger die Digitalisierung zweimal bezahlen. Einmal als Steuerzahlen und als Kunde. Die Kosten für einen VDSL Anschluss sind deutlich zu hoch und die Leistung bei einiger Anschlüsse er zweifelhaft. Wer keine 40€ im Monat ausgeben will oder kann muss sich mit den alten ADSL Anschlüssen zufrieden geben. Diese Bremsen dann auch noch die VDSL Anschlüsse aus, so ist das wenn man auf Kupfer nochmal gewinnbringend herumreiten darf.

    Wie immer werden die Geräte in den Schulen ab gekippt ohne ein Konzept zu haben. Es fehlt so ziemlich an allen, vor allem an Software die Plattform unabhängig funktioniert. Auch der Datenschutz ist so eine Sache, da man nicht Sicherstellen kann das die Daten nicht an unsere Freunde übermittelt werden. Dass größere Problem ist aber nicht der Glasfaseranschluss der Schulen sondern die Infrastruktur die dahinter erforderlich ist. Diese muss auch betreut werden und das kann man nicht von Lehren verlangen.

  11. 1.

    Mit der Störerhaftung sabotiert die Politik freies Internet für alle. Die Kinder könnten sonst mit Sicherheit bei einem Nachbarn mitsurfen.

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