Krieg in der Ukraine - 11.000 Geflüchtete am Freitag in Berlin eingetroffen - Giffey verteidigt Senat

So 06.03.22 | 11:33 Uhr
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Buergermeisterin Franziska Giffey SPD, li. gemeinsam mit Sozialsenatorin Katja Kipping Linke, rechts im Gespraech mit Helfern vor dem Fluechtlingshotel in Berlin Foto vom 03.03.2022. (Bild: imago images/Rolf Zoellner)
Video: Abendschau | 04.03.2022 | Framziska Giffey im Studio | Bild: imago images/Rolf Zoellner

In den vergangenen Tagen ist Kritik am Umgang des Berliner Senats mit der Flüchtlingslage in der Stadt lautgeworden. Die Regierende Bürgermeisterin weist das im rbb entschieden zurück - und fordert erneut Unterstützung anderer Bundesländer.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat am Freitag in der rbb-Abendschau das Krisenmanagement des Senats bei der Ankunft der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine verteidigt. In den vergangenen Tagen hatten Hilfsorganisationen und auch Privatpersonen, die am Berliner Hauptbahnhof Geflüchtete in Empfang genommen hatten, beklagt, dass kaum oder gar keine Vertreter des Landes Berlin vor Ort gewesen seien.

"Wir haben eine riesige Herausforderung, es kommen fast alle in Berlin an. In den letzten Tagen haben wir 3.000 Menschen in den Unterkünften des Landes untergebracht. Wir versuchen hier mit unseren Landesaufnahmestrukturen die Möglichkeiten von Ankunftszentren und Notunterkünften mit den Angeboten von Hotels, von Hostels und von Privatpersonen zusammenzuführen. Das ist gelungen", betonte Giffey in der Abendschau.

4.500 Flüchtlinge in Unterkünften untergebracht

Die Berliner Sozialverwaltung rechnet weiter mit steigenden Zahlen von Kriegsflüchtlingen. Am Freitag sind nach Angaben der Verwaltung vom Samstag mehr als 11.000 Menschen in Berlin angekommen. Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) war am Freitag davon ausgegangen, dass im Laufe des Tages etwa 8.500 bis 10.000 weitere Menschen aus der Ukraine in der Hauptstadt einträfen.

Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten teilte mit, dass bis in die Nacht hinein 1.100 Menschen aus der Ukraine untergebracht worden sind. Neben Hostels haben auch zwei Kirchen Flüchtlinge aufgenommen.

Nach wie vor ist es für die Behörden schwer abzuschätzen, für wie viele Menschen Berlin eine Flucht-Etappe ist und wie viele in der Stadt bleiben. Bis jetzt sind annähernd 4.500 Flüchtlinge in Unterkünften untergebracht. Viele Menschen wurden von Verwandten und Privatpersonen aufgenommen oder sind weitergereist.

Giffey: "Wir müssen jetzt zusammenstehen"

Am Montag seien 300, am Dienstag 1.400, am Mittwoch 1.700, am Donnerstag 6.000 und an diesem Freitag 11.000 Kriegsflüchtlinge in Berlin eingetroffen. "Vor acht Tagen wussten wir noch nicht mal, dass wir diese Situation haben werden. Das ist jetzt eine Situation, wo wir zusammenstehen müssen, wo jeder seinen Teil leistet, und wir im Land tun das auch", sagte Giffey.

Derzeit liefen auch Gespräche mit dem Gastgewerbeverband Dehoga über Rahmenverträge für Unterbringungen in Hotels, es liefen intensive Gespräche und Vorbereitungen, so Giffey: "Das ist eine Größenordnung, die wir in Berlin nicht alleine bewerkstelligen können", betonte sie und erneuerte ihre Forderung nach einer bundesweiten Lösung.

Konkret fordert die Bürgermeisterin eine gerechtere Verteilung der Menschen. "Es geht darum, dass man auch die Entscheidung trifft, nicht alle Sonderzüge und Busse in Berlin anlanden zu lassen", sagte sie am Sonntag im ZDF-Morgenmagazin. Außerdem betonte sie, es sei wichtig dass ankommende Geflüchtete registriert werden, damit Hilfeleistung erfolgen kann. Weiterhin forderte sie, dass ein Arbeitsrecht für Geflüchtete aus der Ukraine so schnell wie möglich umgesetzt wird, "damit auch klar ist, sie haben eine geschützte Bleibeperspektive".

Weiteres Ankunftszentrum ist geplant

Auch Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) betonte am Freitag im rbb, bislang sei es gelungen, alle Ankommenden mit Unterkunft und Essen und "einem warmen, herzlichen Empfang" willkommen zu heißen. Mit Hochdruck werde daran gearbeitet, ein weiteres Ukraine-Ankunftszentrum in Betrieb zu nehmen. Dort solle es dann auch umfangreiche medizinische Versorgung geben, einschließlich Covid-Impfangeboten.

Wo sich das neue Zentrum befinden wird, wollte Kipping weiterhin nicht sagen. "In dem Moment, wo wir die Adresse bekanntgeben, wird es Menschen geben, die dort hinkommen", sagte sie zur Begründung. "Da müssen viele Sachen gesichert sein." Es gehe nicht nur um Brandschutz, sondern etwa auch um sauberes Wasser.

Die Regierende Bürgermeisterin Giffey erklärte zu diesem Punkt im rbb, man wolle die Kriegsflüchtlinge möglichst in Zimmern unterbringen und die Eröffnung von Hallen vermeiden. Das sei eine Lehre aus der Flüchtlingswelle 2015. Deshalb brauche man jetzt für die Aufnahme und Versorgung der Menschen eine Mischung aus vielen Möglichkeiten.

Bundespolizei: Bislang 18.436 Menschen nach Deutschland geflohen

Nach Erkenntnissen der Bundespolizei sind bislang mehr als 18.000 Menschen (Stand Freitagvormittag) vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland geflohen. Die meisten von ihnen seien Frauen und Kinder, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Freitag in Berlin. Ungefähr 15.000 dieser Menschen seien Ukrainer. Nicht alle Menschen, die aus der Ukraine kommen, melden sich allerdings bei den Behörden.

Am Berliner Hauptbahnhof helfen Freiwillige weiterhin, private Unterkünfte an Geflüchtete zu vermitteln. Mit Megaphonen werden am Hauptbahnhof Anzahl und Sprache der schutzsuchenden Menschen ausgerufen. Freiwillige Helfer melden sich, wenn sie die Menschen aufnehmen können, berichtet ein rbb-Reporter vor Ort.

Am Dienstag soll auf dem Washingtonplatz am Berliner Hauptbahnhof ein beheiztes Messezelt aufgebaut werden, in dem bis zu 1.000 Menschen versorgt und an Unterkünfte vermittelt werden können. Am ZOB in Berlin-Charlottenburg wurden bereits am Freitag beheizte Zelte aufgebaut, in denen ankommende Kriegsflüchtlinge auf ihren Weitertransport in eine Unterkunft warten können.

Sendung: Abendschau, 04.03.2022, 19:30 Uhr

93 Kommentare

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  1. 92.

    Einige Zweifel gibt es dabei schon, ob diese Menschen wirlich sämtlich aus Ukraine geflohen sind, sondern aus Weißrussland, Polen und der Nachbarschaft könnten etwa auch welche dabei sein, die bereits in prekären Verhältnissen lebten, und durch die Eskalation in der Ukraine endlich vertrieben wurden.
    Aus deutscher Sicht wäre es wohl nicht so entscheidend, wo sie vorher genau lebten, dass sie als Kriegs-Flüchtlinge gelten dürfen.

  2. 91.

    Die Frage müssen nicht die " Schlaumeier " beantworten, sondern die ,die seit Jahren für diese Zustände verantwortlich sind. Dafür gab es auch reichlich Beifall ! Jetzt kommt der große Katzenjammer und es rächt sich die naive Politik der unkontrollierten Zuwanderung für Jedermann, weil niemand den Notfall berücksichtigt hat, und nun so gut wie keine Kapazitäten mehr vorhanden sind. Nun sieht m,an auch, wie desinteressiert und verlogenen viele Statements waren.

  3. 90.

    Sven:
    "Antwort auf [Soso] vom 05.03.2022 um 16:15
    Berlin ist auch Hauptstadt und jede Hauptstadt der Welt bekommt mehr Mittlel. Berlin bekommt aber nicht mal annähernd genug Geld als Hauptstadt. Also das Gejammere über den Finanzausgleich ist lächerlich."

    Mh, bekommt wirklich "jede Hauptstadt der Welt" mehr Geld als Berlin - also z.B. Bukarest, Sofia und die Hauptstädte der Entwicklungsläner bzw. III. Welt??? Ich habe da so meine Zweifel!

  4. 89.

    Da hoffe ich doch, dass auf die Maskenpflicht geachtet wird und JEDER eine FFB 2-Maske tragen.
    Leider zeigen die Bilder anderes.

    Bitteschön, sehr gerne!

  5. 88.

    Stimme ich weitestgehend zu, nur ganz ohne Bürokratie wird es nicht funktionieren bzw. minimal notwendige Bürokratie kann das Chaos verhindern, dass Sie erwähnen. Bissel Registrierung und Abgleich sind notwendig um effizient zu arbeiten undeutlich sortieren, sonst stehen die Flüchtlinge vor der falschen Tür. Daher muss das ganze auch ein wenig dokumentiert werden. Auch um zu wissen wie der langfristige Bedarf in den jeweiligen Ortschaften ist. Das kommt ja erst in den nächsten Tagen, Sozialhilfe, Schulen etc. pp.
    Ob deutsche Behörden das soweit minimieren können?

  6. 87.

    Berlin ist auch Hauptstadt und jede Hauptstadt der Welt bekommt mehr Mittlel. Berlin bekommt aber nicht mal annähernd genug Geld als Hauptstadt. Also das Gejammere über den Finanzausgleich ist lächerlich.

  7. 86.

    Immer dran denken THW und andere Katastrophenschützer sind kein gemeinnütziger Verein. Die werden angefordert und beauftragt. Von allein losfahren und Action machen ist ziellos und verschwendet nur Ressourcen.

  8. 85.

    Nachdem die Putintrolle hier mit allem anderen gescheitert sind versuchen sie auf diesem Wege.

    Hier wäre das Fischer Zitat angesagt. "Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein A..."

  9. 84.

    Es sollte klar sein, dass für die Ausgaben Putin gerade zu stehen hat. Es sollten unverzüglich Verhandlungen bzgl. Reparationsleistungen Russlands beginnen.

  10. 83.

    Das erledigt derzeit die Inflation. 5% Inflation und zack sind 5% der Staatsschulden weg.

  11. 82.

    Für alle Ängstlichen, es kommen Flüchtlinge. Diese Menschen sind traumatisiert. In dieser Eile muss man improvisieren und Menschen unbürokratisch verteilen, es kommt zum Chaos und das löst sich auch wieder auf und die Menschen werden auch geimpft. Lasst sie doch erstmal ankommen. Es werden noch viel mehr fliehen, wenn Putin nicht gestoppt wird. Ich bin bereit zu verzichten, etwas abzugeben, wenn es den Frieden und die Freiheit unserer westlichen Welt erhält. Dazu gehört auch eine sachliche Diskussion, ohne den Krieg für Hetze gegen unsere Demokratie zu missbrauchen.

  12. 81.

    Und die Hotels wollen wieder groß abkassieren. Leider haben wir die mit Steuermitteln vor der Insolvenz bewahrt.

  13. 80.

    Das ist ja wohl die Höhe!

    >>Derzeit liefen auch Gespräche mit dem Gastgewerbeverband Dehoga über Rahmenverträge für Unterbringungen in Hotels,<<

    Wir Steuerzahler haben diese Hotels mit massiven Unterstützungsleistungen durch die Corona-Krise gebracht und statt mal selber uneingennützig zu helfen, will man jetzt wieder groß abkassieren. Schämt euch! Ich will die Hilfen und Kurzarbeitergelder zurück!

  14. 79.

    Genau, ich geh gleich mal vor die Tür und werde nach den Herrschaften vom THW Ausschau halten; vielleicht seh ich ja irgendwo jemanden …

  15. 78.

    https://www.rbb24.de/politik/thema/Ukraine/beitraege/berlin-ukraine-fluechtende-corona-impfung.html

    Bitteschön, sehr gerne!

  16. 77.

    Wie man hört,auch hier beim RBB, sind über die Hälfte der Flüchtlinge nicht getestet noch geimpft.
    Hat jemand hier gehört/gelesen, dass in den Auffanglager die Priorität auf das Impfen gelegt wird?
    Wahrscheinlich aber gibt es in der Ukraine kein Corona.

  17. 76.

    Einfach mal rausgehen und vor Ort gucken, wäre die zuverlässigste Informationsquelle wenn man etwas aus seiner eigenen Stadt wissen möchte.
    Meine beiden Kollegen die beim THW dienen, haben sich erstmal für die nächsten Tage von der Arbeit abgemeldet bzw. Einschränkungen der Verfügbarkeit angekündigt.

  18. 75.

    Wie man hört,auch hier beim RBB, sind über die Hälfte der Flüchtlinge nicht getestet noch geimpft.
    Hat jemand hier gehört/gelesen, dass in den Auffanglager die Priorität auf das Impfen gelegt wird?
    Wahrscheinlich aber gibt es in der Ukraine kein Corona.

  19. 74.

    Dabei aber nicht vergessen, dass Polen vorher kaum Strukturen für Fluchthilfe hatte. Haben sich ja schließlich jahrelang rausgehalten aus dem Thema. In Deutschland gibt es die Strukturen bzw. reichlich Erfahrung schnell zu erweitern.

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