Giffey und Woidke zufrieden - Bund und Länder einigen sich auf Aufteilung der Kosten für Kriegsflüchtlinge

Fr 08.04.22 | 10:45 Uhr
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Kostenlose Bahntickets erhalten ukrainische Flüchtlinge an einer Anlaufstelle der Deutschen Bahn im Hauptbahnhof. (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Audio: rbb24 Inforadio | 08.04.2022 | Interview mit Franziska Giffey (SPD) | Bild: dpa/Jörg Carstensen

Immer wieder haben die Länder finanzielle Hilfe vom Bund bei der Versorgung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gefordert. Nun haben Bund und Länder einen Kompromiss erzielt. Aus Berlin und Brandenburg gibt es Zustimmung.

Nach zähen Verhandlungen haben sich Bund und Länder bei der Verteilung der Kosten für die Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge auf einen Kompromiss geeinigt. Der Bund zahlt den Ländern und Kommunen in diesem Jahr pauschal zwei Milliarden Euro für die Versorgung und Unterbringung der Geflüchteten.

Dem Kompromiss zufolge sollen Geflüchtete aus der Ukraine zudem

  • ab dem 1. Juni in Deutschland Grundsicherung beziehen können
  • unmittelbar eine Arbeit in Deutschland aufnehmen können
  • nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel verteilt werden

Bund beteiligt sich an Kosten

Wie der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am späten Donnerstagabend im Anschluss an die Bund-Länder-Runde sagte, sollen Geflüchtete aus der Ukraine wie anerkannte Asylbewerber finanziell unterstützt werden. Das bedeutet, dass sie staatliche Grundsicherung nach Sozialgesetzbuch (SGB) II und ab Juni in etwa die gleichen Leistungen wie Hartz-IV-Empfänger erhalten sollen.

Nach der bisherigen Praxis fallen Geflüchtete aus der Ukraine als anerkannte Kriegsflüchtlinge laut Aufenthaltsgesetz noch unter das Asylbewerberleistungsgesetz - damit bekommen sie Zahlungen aktuell von den Sozialämtern, und unter anderem weniger Geld als Hartz-IV-Empfänger. Mit dem Bund-Länder-Beschluss zur Aufnahme in die Grundsicherung erhalten sie höhere Bezüge, verbunden mit weiteren Vorteilen - etwa bei der gesundheitlichen Versorgung und beim Zugang zu Deutschkursen.

Giffey sieht keine Besserstellung von Ukraine-Flüchtlingen

Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) bezeichnete die Vereinbarung am Freitagmorgen im rbb24 Inforadio als wichtige Weichenstellung für das Gelingen der Integration. Dass Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nun genauso wie anerkannte Asylbewerber behandelt werden sollen, sei "ein Quantensprung", so Giffey.

Die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine würden dabei mit der künftigen Grundsicherung nicht besser behandelt als andere Geflüchtete, betonte Giffey. "Hier muss man ganz klar sagen, dass es eine Gleichbehandlung gibt", sagte die Regierende Bürgermeisterin am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin" mit Blick auf anerkannte Asylbewerber.

Die Europäische Union hatte entschieden, für die Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine erstmals die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie zu aktivieren. Diese sieht vor, dass die Schutzsuchenden keinen Asylantrag stellen müssen, sondern erst einmal einen Aufenthaltstitel für ein Jahr erhalten und arbeiten dürfen. Eine Verlängerung auf bis zu drei Jahre ist möglich.

"Sehr viele derjenigen, die jetzt gekommen sind, wollen so schnell wie möglich arbeiten", sagte Giffey. Ihnen sollten dabei keine Hürden in den Weg gelegt werden, es gehe darum, aus früheren Fehlern der Integration zu lernen. "Damit begehen wir einen neuen Pfad, der bessere Chancen auf Integration auch ermöglicht."

Bund stellt Berlin zusätzliche Kompensation in Aussicht

Die Aufnahme ins Grundsicherungssystem werde den Flüchtlingen die Integration und den Aufenthalt in Deutschland erleichtern, sagte auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Die Geflohenen aus der Ukraine hätten damit zum Beispiel Zugang zu Jobcentern. Das sei ein "sehr weitreichender" Beschluss, so Scholz.

Giffey teilte nach dem Treffen mit, es soll zwischen der Bundesregierung und dem Land Berlin "zeitnah" Gespräche über weitere Kompensationen geben. Berlin übernehme im Moment eine Verteilfunktion, so Giffey. Das bedeute zusätzliche logistische und finanzielle Aufwendungen. Sie sei "sehr dankbar", dass die Bundesregierung das berücksichtige. Das würde auch mit der Regelung von 2015 korrespondieren. Während der damaligen Flucht-Bewegung vor allem aus Syrien, Irak und Afghanistan kamen die meisten Geflüchteten über die sogenannte Balkanroute zuerst in Bayern an, das dann entsprechend mehr Gelder erhalten hatte.

Neuerungen (Quelle: rbb24)

Der Bund will die Kommunen bei den Kosten für die Unterbringung der Flüchtlinge im laufenden Jahr insgesamt mit 500 Millionen Euro unterstützen, die Länder sollen für bereits entstandene Kosten vom Bund ebenfalls 500 Millionen Euro bekommen.

Woidke sprach von einer "fairen Verteilung der Kosten", die Vereinbarungen seien für die Kommunen von größter Bedeutung. Denn sie würden ihnen die Sicherheit geben, die sie brauchen, um eine zügige Unterbringung der Geflüchteten zu organisieren. "Das gemeinsame Anliegen von Bund und Ländern ist es, den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine möglichst schnell und unbürokratisch zu helfen", so Woidke.

An Kosten für die Integration in Kita oder Schule will sich der Bund mit einem Betrag von einer Milliarde Euro beteiligen. "Das alles kostet viel Geld", sagte Giffey. Berlin habe etwa 2.000 Schulplätze für Kinder aus der Ukraine reserviert und stelle auch Lehrerinnen aus dem Land ein.

Mehr als 300.000 Geflüchtete in Deutschland

Die Zahl der Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland liegt deutlich über 300.000. Allerdings können Ukrainerinnen und Ukrainer visumfrei einreisen – die tatsächliche Zahl der Schutzsuchenden dürfte daher höher sein.

Das Treffen mit Scholz hatte am Donnerstag mit einstündiger Verspätung begonnen, da die Länderchefs untereinander deutlich mehr Gesprächsbedarf hatten als zunächst eingeplant. Bereits bei ihrer Konferenz am 17. März hatten sich Bund und Länder grundsätzlich verständigt, die Aufnahme der Kriegsflüchtlinge als Gemeinschaftsaufgabe anzugehen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 07.04.2022, 23:20 Uhr

21 Kommentare

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  1. 21.

    Ich glaube Mathematik war nicht das Lieblings Fach von Mike ,eher das fehlerfreie abschreiben . Er kann auch schlecht mit anderen Meinungen umgehen. Was soll man machen.

  2. 20.

    Warum stellen einzelne Personen irgendwelche Forderungen und sind im Nachhinein der Meinung das die Gesamtgesellschaft hinter ihnen steht? Ihnen würde ein Blick auf den Schuldenberg Deutschlands helfen, da steht nämlich ein ganz großes Soll. Und jede Maßnahme muss finanziert werden. Wenn allerdings die Ausgaben seit Jahren die Einnahmen übersteigen, sollten Sie bitte auch den nachfolgenden Generationen erklären, dass diese für die entstandenen Kosten aufkommen müssen. Hinterlassen Sie Ihren Kindern auch einen Berg Schulden? Wenn ja, werden sie sich bei Ihnen herzlich bedanken.

  3. 19.

    Der ukrainische Staatschef mahnte erneut mehr Unterstützung an. "Deutschland hat uns nicht mit Waffen unterstützt. Deutschland hat offen darüber gesprochen, dass wir kein Mitglied der Nato sein werden. Aber wenn wir ehrlich bleiben: Die Rhetorik von Deutschland hat sich verändert. Deutschland ist konservativ und kalt – aber der Zug hat sich bewegt."
    Was soll man dazu noch sagen?

  4. 18.

    Wieso stellen Sie immer wieder auf Reiche ab? Neid der erfolglosen? "
    Es könnte natürlich auch ein verbliebener Rest von Gerechtigkeitssinn sein.

  5. 17.

    Der Staat erwirtschaftet kein eigenes Geld sondern finanziert sich durch Steuern und Abgaben oder nimmt Kredite auf. Müssen jetzt durch die aktuelle Lage immer mehr Betriebe und Firmen dicht machen und Menschen verlieren ihre Arbeit dann hat der Staat demzufolge immer weniger Einnahmen. Die Ausgaben steigen aber immer weiter was ist dann die Folge daraus irgendwann ist der Staat pleite und wem ist dann geholfen niemanden. Also müssen wir versuchen den Staat am laufen zu halten und da muss man den einen oder anderen Kompromiss eingehen sonst sind hier bald die Lichter aus. Es ist wie im privaten Leben ich kann nur soviel Geld ausgeben wie ich zu Verfügung habe den sonst dreht mir meine Bank den Hahn zu. Gehört alles zur Allgemeinbildung dazu, wir können alle fordern aber woher nehmen wenn nicht stehlen, mal darüber nachdenken.

  6. 16.

    Natürlich muss man auch bei Flüchtlingen über die sehr hohen Kosten reden. Geld ist nämlich eine endliche Ressource. Letztlich muss eine Einkommensteuererhöhung her. Wieso stellen Sie immer wieder auf Reiche ab? Neid der erfolglosen? Es wird nie eine Reichensteuer geben.
    Letztlich müssen die unsagbar hohen Kosten für Flüchtlinge gegenfinanziert werden.

    Außerdem werden gerade die massiven Probleme der deutschen Bevölkerung von der Regierung fast vergessen.

  7. 15.

    Wie kann man sich über Geld für Flüchtlinge streiten. Wer das tut, hat den Krieg nicht verstanden. Ich würde alles geben, damit wir weiterhin in Frieden leben können. Der Wert des Friedens ist unbezahlbar. Wenn wir über Geld nachdenken, dann eher über das Geld der Reichen, die immer und immer wieder Macht erlangen, Macht mit Geld ausbauen und immer mächtiger werden, sich Bildung erkaufen und im Westen leben und ihn trotzdem bekämpfen und hassen. Darüber sollte man tatsächlich nachdenken.

  8. 14.

    Mike was ist ihr Problem, jeder der anderer Meinung ist als sie ist also ein Rechter,fremdenfeindlich oder ein Putintroll. Können Sie auch noch was anderes als Leute wegen ihrer Meinung immer mit sowas zu kommen. Sie fordern immer bloß was andere tun müssen und was nicht ,was ist ihr Beitrag außer hier immer klug daher zu schreiben. Jeder kann hier seine Meinung äußern ob es ihnen passt oder nicht und warten wir mal ab wenn es an ihre Brieftasche geht ob sie dann auch immer noch hurra schreien. Oder leben sie auch von der Allgemeinheit

  9. 13.

    Das pardon, dumme Gelaber der Rechten hat sich seit 2015 nicht geändert. Natürlich ist das eine Gemeinschaftsaufgabe, die einzelne überhaupt nicht stemmen können.

    Da reicht es mitunter schon gegen ihre Fremdenfeindlichkeit zu argumentieren.

  10. 12.

    Sollte die Zuständigkeit ins SGB II übergehen, bedarf es bis 31.05. einer Gesetzesänderung, dass ein Aufenthaltstitel nach §24 leistungsrechtlich vom AslybLG ins SGB II übergeht. Mal schauen, ob Bundestag und -rat das so schnell hinbekommen?

    Auf alle Fälle sah man Giffey förmlich die Freude an, dass sie keinen Katastrophenfall ausrufen muss und Verwantwortung auf den Bund und die Jobcenter übergeben kann. Was in den Jobcentern dann ab Juni los sein wird, kann sich noch keine_r vorstellen.

  11. 11.

    Ich hoffe nur daß die Armen der Deutschen Bevölkerung nicht hinten runter fallen.

  12. 10.

    "Aber manche können ja nur an sich selber denken..." Wie hoch ist Ihre private finanzielle Unterstützung für die Ukraine? Wie viel Flüchtlinge haben Sie persönlich aufgenommen? Oder gibt es immer nur Forderungen und die Allgemeinheit bezahlt? Und es geht innerhalb von D schon keine gerechte Aufteilung der Flüchtlinge in die Bundesländer geschweige denn innerhalb der EU.

  13. 9.

    Die entstehenden Kosten sollten von der zu bezahlenden russischen Gasrechnung abgezogen werden!!!

  14. 8.

    Aktuell ist es so, dass die Flüchtlinge Leistungen nach dem SGB XII von den Sozialämtern der Bezirke erhalten. Leistung nach Asylbewerberleistungsgesetz

  15. 7.

    Naja, ich weiß ja nicht.
    Anerkannte Asylbewerber haben sich Deutschland als Ziel ausgesucht.
    Die Ukrainer werden von Polen aus durchgewinkt "... bitte aufrücken" und sind hier jetzt völlig orientierungslos gestrandet, ggf. auch bei Verwandten.
    Ich würde ihnen 6 Monate für eine Orientierung geben und nicht gleich in unser Schema pressen, mit Schulpflicht usw.
    Ich schätze mal, nach den Sommerferien sind mehr als Hälfte der urkan. Kinder aus den Schulen verschwunden, weil sich die Eltern neu orientiert haben, mit ihren Verwandten hier in Konflikt liegen oder andere örtl. Ziele ausgesucht haben.

  16. 6.

    Schon richtig, was Sie schreiben- das wird aber kein versehen sein, sondernd Absicht. Würden die Flüchtlinge ins H4 System kommen, hätten sie nicht nur ein Recht zu Arbeit, sondern auch die Pflicht. Sie würden eben der ganzen menschenunwürdigen Praktiken des H4 Systems unterworfen. Ich nehme an, dass man das diesen eh schon traumatisiserten Flüchtlingen nicht antun möchten.

    Ich nehme an, dass dieses Vermischen von SGB XII und IV noch zu ziemlichen Problemen führen wird auf den Ämtern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Deutsche Verwaltungen, speziell die Berliner, so flexibel reagieren kann, wie es sich die Politiker gerade vorstellen. Berlin hat es ja noch nicht einmal hinbekommen, schnell auf die Flüchtlingsströme zu reagieren und war völlig von privaten Helfern abhängig.

  17. 5.

    "Man fordert ja auch nur von Deutschland."

    Sie scheinen in einer ziemlich abgeschotteten Blase zu leben und/oder nur das wahrzunehmen, das Ihnen in ihr Weltbildbild passt. Nein, es wird nicht nur von Deutschland gefordert und nein, Deutschland trägt bei Weitem nicht die Hauptlast.

    Und ja, so siehts halt nun mal aus auf Schlachfeldern im Krieg- das aber als Rechtfertigung für Nichtstun herzunehmen ist zynisch und Menschenverachtend. Das Gegenteil wäre anständig: ALLES dafür zu tun, das zu verhindern und die Folgen so gut es geht abzumildern. Aber manche können ja nur an sich selber denken...

  18. 4.

    Man fordert ja auch nur von Deutschland. Deutschland tu dies, tu das. Mehr Geld, mehr Waffen (wie ich gerade in den Nachrichten gehört habe) fürs Schlachtfeld. Was meint er denn, wie sein Land dann aussieht. Wird uns dann auch jedes kaputte Haus, Schule gezeigt. Im Krieg sieht es nun mal so aus. So was darf man aber nicht sagen. Wo kriegt die Ukraine eigentlich ihr Öl her.

  19. 3.

    Egal wie man sich da einig es geht auf Kosten der Steuerzahler und andere wichtige Vorhaben werden erstmal auf Eis gelegt.
    Müsste doch eigentlich die EU zahlen.
    Aber Hauptsache Berlin und Rest von Deutschland hat mal wieder die Welt gerettet.

  20. 2.

    Hier werden die Begrifflichkeiten vermischt. Bekommen sie nun Grundsicherungsleistungen (SGB XII) vom Grundsicherungsamt des Bezirksamtes, die eigentlich für erwerbslose sind oder Arbeitslosengeld 2 (Hartz IV) nach dem SGB II von den Jobcentern? Für letzteres müsste der Aufenthaltstitel entsprechend passen.

  21. 1.

    Was nutzt die Vereinbarung, wenn sich viele Flüchtlinge der Aufteilung widersetzen?

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