Entscheidung über PCK-Zukunft - Bundestag verabschiedet neues Energiesicherungsgesetz

Gerade die vom russischen Rosneft-Konzern betriebene PCK-Raffinerie in Schwedt setzt Deutschland Grenzen, wenn es um Unabhängigkeit von russischem Öl geht. Die Novelle eines jahrzehntealten Gesetzes könnte ein Ausweg sein.
Der Staat soll in Deutschland künftig leichter auf Energieunternehmen zugreifen können, wenn erhebliche Engpässe bei der Versorgung drohen. Der Bundestag stimmte einer entsprechenden Reform des Energiesicherungsgesetzes aus dem Jahr 1975 am Donnerstag mit den Stimmen der Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP sowie der Linken zu. Die AfD lehnte die Pläne ab, die Union enthielt sich.
Das novellierte Gesetz soll es erleichtern, Anlagen der so genannten kritischen Infrastruktur unter staatliche Kontrolle zu bringen. Ein Beispiel ist die vom russischen Konzern Rosneft betriebene PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt. Die Anlage arbeitet bisher ausschließlich mit russischem Öl. Die Bundesregierung soll mit dem neuen Energiesicherungsgesetz in die Lage kommen, die Raffinerie in Schwedt unter eine staatliche Treuhandverwaltung zu stellen oder sogar zu enteignen.
Raffinerie in Schwedt ist das Zünglein an der Waage
Die Raffinerie in Schwedt wird über die Druschba-Pipeline mit Öl versorgt und spielt eine Schlüsselrolle bei der Versorgung der ostdeutschen Bundesländer. Bundesweit deckten russische Importe vor Beginn des Kriegs 35 Prozent des deutschen Ölverbrauchs. Dieser Anteil konnte inzwischen auf 12 Prozent gesenkt werden, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in dieser Woche sagte. Bei diesen 12 Prozent handele es sich um Ölimporte der Raffinerie in Schwedt. Das Geschäftsmodell von Rosneft sei es, russisches Öl zu kaufen. Wenn man dieses Öl nicht mehr haben wolle, brauche man für Schwedt eine Alternative.
Diese Alternative könnte es sein, die Raffinerie unter staatliche Aufsicht zu stellen - wie im Fall der deutschen Gazprom-Tochter. Für diese hatte Habeck die Bundesnetzagentur als Treuhänderin eingesetzt. Das allerdings geschah auf Grundlage des Außenwirtschaftsrechts und war möglich, weil die Firma von einer anderen russischen übernommen werden sollte. Habeck hatte die Treuhandverwaltung mit unklaren Rechtsverhältnissen und einem Verstoß gegen Meldevorschriften begründet.
Gesetz von 1975 klarer gefasst
Im Fall von Rosneft kann nun das Energiesicherungsgesetz die Grundlage für eine staatliche Aufsicht bilden. Auch eine Enteignung wäre möglich. Eine solche sah das Gesetz, das als Reaktion auf die Ölkrise aus dem Jahr 1975 stammt, zwar auch bisher schon vor. In der nun verabschiedeten Novelle aber werden die Möglichkeiten klarer gefasst. Im Gesetz heißt es, zur Sicherung der Energieversorgung können Enteignungen vorgenommen werden.
Der zuständige Berichterstatter der SPD-Fraktion, Andreas Rimkus, verwies am Donnerstag im Bundestag darauf, dass der Gesetzesentwurf im Parlament gemeinsam mit Grünen und FDP noch einmal deutlich verbessert worden sei. "Wir beschleunigen die Einführung der digitalen Plattform, mit der bei akuter Gasmangellage die Lastverteilung vorgenommen wird", erklärte er. "Und bei den außerordentlichen Preisanpassungsrechten haben wir neue Schranken und Leitplanken für Preiserhöhungen eingeführt, um Endkundinnen und -kunden im Krisenfall vor Missbrauch zu schützen und danach eine Wiederabsenkung der Preise herbeizuführen."
Als nächstes muss sich mit der Novelle nun der Bundesrat befassen, voraussichtlich am 20. Mai.
Sendung: rbb24 Inforadio, 12.05.2022, 21:00 Uhr