Bericht des "Tagesspiegel" - BVG bringt Nulltarif für Bestandskunden ins Spiel

Fr 25.03.22 | 20:08 Uhr
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Strassenbahnverkehr an der Haltestelle Friedrichstraße. (Quelle: dpa/Carsten Koall)
Video: Abendschau | 25.03.2022 | Bild: dpa/Carsten Koall

In einem Strategiepapier sprechen sich BVG-Mitarbeiter offenbar für die Einführung eines kostenfreien Tickets für Bestandskunden aus. Laut "Tagesspiegel" will die BVG das vom Bund geplante 9-Euro-Ticket als Schub für die Berliner Verkehrswende nutzen.

In der Diskussion um einen vergünstigten Nahverkehr zur Entlastung der preislich gebeutelten Verbraucher preschen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) laut einem Bericht des "Tagesspiegel" mit eigenen Ideen vor: Statt einem 9-Euro-Monatsticket, das die Bundesregierung 90 Tage lang ermöglichen will, bringe die BVG unter anderem einen dreimonatigen Nulltarif für bestehende Abokundinnen und -kunden ins Spiel, heißt es in dem Bericht. Der "Tagesspiegel" zitiert dabei aus einem vertraulichen Strategiepapier des Verkehrsunternehmens.

Neukunden wiederum, die bis zu einem bestimmten Monat ein Abo für ein Jahr abschließen, sollen demnach ebenfalls drei Monate davon kostenlos fahren dürfen. Die BVG äußerte sich auf Nachfrage des rbb am Freitag zunächst nicht dazu.

Länder bevorzugen Nulltarif

Der Koalitionsausschuss der Bundesregierung hatte am Donnerstag angekündigt, für 90 Tage ein bundesweit einheitliches Monatsticket für den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) für 9 Euro pro Monat einführen zu wollen und damit auf die gestiegenen Benzinpreisen an den Tankstellen reagiert. Auf der Verkehrsministerkonferenz wurde die Idee zwischen Bund und Ländern am Freitag dem Vernehmen nach hitzig diskutiert.

Die Landesverkehrsministerinnen und -minister wollen mehrheitlich statt der von der Ampel-Koalition in Berlin beschlossenen Neun-Euro-Monatstickets für öffentliche Verkehrsmittel lieber ganz auf eine Bezahlung verzichten. Der Nulltarif für das auf drei Monate befristete Angebot solle "den administrativen Aufwand minimieren", hieß es in einem Beschluss der Verkehrsministerkonferenz vom Freitag. Grundsätzlich wurde die Initiative des Bundes, für die dieser die Kosten tragen will, aber begrüßt.

Deutlich mehr Busspuren in Berlin

Wie der "Tagesspiegel" weiter berichtet, fordert die BVG zudem auf 14 Kilometern Straße bereits angeordnete Spuren zu markieren, auf denen Busse Vorrang bekommen sollen. Für weitere 23 Kilometer sollen Busspuren bereits beantragt, aber noch nicht genehmigt sein.

Dem Bericht zufolge gibt es die Überlegung, längere Betriebszeiten und dichtere Takte einzurichten. Auf den wichtigsten Buslinien könnten dem "Tagesspiegel" zufolge die Busse künftig offenbar auch durch die Außenbezirke im 10-Minuten-Takt fahren. Über eine Verdichtung der Fahrpläne tagsüber und in Randgebieten sei demnach pro Tag ein zusätzliches Angebot von fast 300.000 Fahrgastplätzen möglich.

Jarasch begrüßt Entscheidung der Bundesregierung

BVG-Chefin Eva Kreienkamp hatte am Freitag das geplante 9-Euro-Ticket grundsätzlich begrüßt. "Der zeitliche Preisnachlass ist ein gutes Mittel, den Menschen den Umstieg auf den ÖPNV zu erleichtern und sie dann mit Klimaschutz und weniger Stau- und Standzeiten zu überzeugen", schrieb Kreienkamp in einem Beitrag auf der Online-Plattform Linkedin.

In einem Kommentar auf der Plattform äußerte sie sich indes differenzierter: "Preiswerte Tickets wirken nur mit signifikant gestiegenem Angebot", schrieb sie dort. "Wie wäre es denn, wenn dieser Aufschlag mit '9 für 90' der Bundesregierung dazu führen würde, den ÖPNV in Stadtrandgebieten und im ländlichen Raum drastisch auszubauen?"

Die Berliner Senatorin für Umwelt und Mobilität, Bettina Jarasch (Grüne), begrüßt die angekündigte 9-Euro-Monatskarte ebenfalls. Sie sei zwar von dem Vorschlag der Bundesregierung überrascht worden, sagte die Grünen-Politikerin, wolle aber nun schnell an der Umsetzung arbeiten. Auch S-Bahn Berlin und der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) zeigten sich auf Twitter überrascht. Einzelheiten zur stark vergünstigten Monatskarte sollen demnach sobald wie möglich bekannt gegeben werden. Es sei aber noch nötig, die Umsetzung "schnellstmöglich mit allen Beteiligten" zu prüfen.

Sendung: Inforadio, 25.03.2022, 21:00 Uhr

32 Kommentare

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  1. 32.

    Ganz Ihrer Meinung! Mehrere Bahnhöfe werden von ganzen Grüppchen als Dauer-Aufenthaltsort genutzt, die ohne Masken dort abhängen, rauchen, saufen und andere Fahrgäste bedrohen, wenn man sie auf Maskenpflicht und Rauchverbot hinweist.

  2. 31.

    Autofahrer, die im Stau stehen, atmen auch nur die Abgase ihre Vordermanns ein und verdrecken selbst die Umwelt. Ganz so unerträglich schmutzig, wie Sie es darstellen, ist der ÖPNV übrigens in aller Regel nicht.

  3. 30.

    Gute Idee. Die Verkehrswende wird jedoch erst kommen, wenn in den Bahnhöfen von BVG und S-Bahn endlich für Sauberkeit und saubere Luft gesorgt wird. Dafür bitte endlich mal die vorgesehenen Bußgelder tatsächlich auch aussprechen (und massiv erhöhen!) - am besten auch ein konsequentes Hausverbot bei Rauchen und anderweitiger Verschmutzung. Denn mit diesem Dreck und Gestank überzeugt man keinen einzigen Autofahrer vom ÖPNV.

  4. 29.

    Hahaha, hätte mich auch sehr gewundert, wenn dieses spontane, großzügige Angebot hier nicht bemeckert würde.

  5. 28.

    Wie manch anderes in unserem Land ist auch die BVG in den letzten Jahrzehnten konsequent kaputtgespart worden (Stichworte: "Optimierung", "Haushaltssanierung")."
    Und unser Porschefahrer im Finanzministerium kann sich immer noch kein Problem vorstellen, welches nicht mit einer Steuersenkung aus der Welt zu schaffen wäre.

  6. 27.

    Nulltarif für Bestandskunden? Tolle Idee - Nutzer des Berlin-Tickets S sind bei der BVG keine Bestandskunden, weil es für diesen Tarif kein Abo gibt!
    Hoffentlich kommt eine/r auf die Idee, den vorgeschriebenen berlinpass für die drei Monate als Fahrausweis anzuerkennen.

  7. 26.

    Was genau passiert, wenn sich die Idee mit dem kostenlosen ÖPNV in Berlin durchsetzt, oder gar in ganz Deutschland? Der Bund bezahlt die Verkehrsunternehmen, und das tut er mit wessen Geld? Richtig. Durch Steuereinnahmen. Und wer zahlt die Steuern? Auch richtig... Was uns der Staat mit der linken Hand gibt, nimmt er uns mit der rechten Hand wieder weg. So einfach ist das.

  8. 25.

    Wer - außer in Denkblasen festhängenden grünen Verkehrspolitikern - glaubt ernsthaft daran, dass durch günstige oder Null-Euro-Tickets massen- und dauerhaft Autofahrer zum ÖPNV wechseln?
    Kurzfristig - wegen der hohen Kosten vielleicht einige, die wechseln aber flink zurück, sobald die Preise etwas sinken.

    Versuche mit kostenlosem Nahverkehr in anderen Städten und Regionen haben oft gezeigt, dass der Zuwachs von ÖPNV-Nutzern hauptsächlich aus Menschen bestand, die sonst per Fahrrad oder zu Fuß unterwegs waren, und kaum aus wechselnden Autonutzern.

    Haben diejenigen, die den ÖPNV als Alternative gebetsartig anpreisen, eigentlich jemals Autonutzer nach den Gründen befragt, warum diese am Auto festhalten?
    Sind dort die diversen Mehrwerte, die ein eigenes Auto für viele gegenüber dem ÖPNV hat, jemals ergründet worden?

  9. 24.

    Denken Sie? Es gibt viele die mit dem ICE nach Wolfsburg pendeln. Schauen Sie in den Fahrplan, sie sind genau so schnell da wie im Nahverkehr mit der Bummelbahn. Es ist kein Beispiel das an den Haaren herbei gezogen ist, Sie wissen schon wer in Wolfsburg ist ?

  10. 23.

    Dieses "Geschenk" wird kaum mehr Umsteiger erreichen. Berlin und Brandenburg muss erstmal die Region besser vernetzen. Berlin braucht mehr U-und S-Bahn, Schluss mit Tram und weniger Busse und viele starke Verbindung vom Umland nach Berlin, damit die Autopendler umsteigen können.

  11. 22.

    Wenn das 9 € Ticket für jeden kommt, dann fahre ich öpnv statt Auto und werde ernsthaft darüber nachdenken, die Karre zu verkaufen.
    Kommt das Ticket nur für Bestandskunden, werden andere wieder übergangen.
    Das Ticket muss Gültigkeit in kompletten VBB-Bereich haben, damit es sich lohnt. Solange ich nur zwei mal die Woche mit dem Auto rein muss, lohnt sich ein Ticket für über 1000 € einfach nicht für mich. Ganz einfach

  12. 21.

    Die Preise sind günstig wenn man noch kein Auto hat. Wenn man ohnehin ein Auto hat und die marginalen Kosten einer Fahrt vergleicht ist der ÖPNV deutlich teurer und weniger komfortabel. Warum sollte man sechzig Euro extra im Monat zahlen um fünfzehn Minuten länger zu pendeln, wenn man die Fixkosten für's Auto so oder so zahlt?

  13. 20.

    Super, das Gedränge in überfüllten Bussen und Bahne wird billiger :-)"
    In etwa so, wie das Rasen, Hetzen und Drängeln auf den Straßen billiger wird.

  14. 19.

    Wir wohnen in einem Randbezirk, wo man schon z.B. zum Einkaufen aufs Auto angewiesen ist. Bei einer kostenlosen Nutzung des Nahverkehrs könnte man aber andere Wege durchaus mal mit dem Bus erledigen. Wenn ich dafür aber erst ein Jahresticket benötige, um einige Monate verbilligt fahren zu können wird das wohl doch nix.

  15. 18.

    Werte Damen und Herren der BVG Geschäftsetage:
    Lassen Sie diese Überlegungen auf Kosten der Steuerzahler Wohltaten zu verteilen sein und verwenden Sie überschüssiges Geld - wenn es vorhanden sein sollte - lieber mal in die Sauberkeit. Oder reduzieren Sie freiwillig die Zuschüsse, die Sie vom Land Berlin erhalten.
    Denn Bedürftige bekommen schon ein günstiges Ticket und das sollte dann auch genügen.

  16. 17.

    Wer mehr als die Schlagzeile gelesen hat, weiß, dass auch er dafür zuerst den ÖPNV ausbauen wollte-wie das auch Wien gemacht hat. Das hat den Modal Split deutlich verändert, die ein Einführung des 365€-Ticket aber kaum. Im Berufsverkehr sind in B. Busse und Bahnen oft überfüllt, RRG belässt es aber bei Ankündigungen, etwas unternehmen zu wollen wie hunderte Kilometer Busspuren neu auszuweisen.

    Ein noch größeres Fiasko ist der Ausbau der Tram, der angeblich schneller möglich sein soll als der U-Bahn-Bau. Rot-schwarze Projekte harren der Inbetriebnahme, weil es teils eine vierstellige Anzahl an Einwendern gibt und die Linke nach Jahren der Diskussion noch diskutieren möchte. Eigene Akzente hat RRG über die Jahre nur in der Hinsicht gesetzt, dass weitere Strecken verschoben wurden. Jarasch hat immer noch nicht begriffen, warum der Zuspruch der Wähler für die Grünen außerhalb de Ringbahnblase so gering war.

  17. 16.

    Ob 9€ oder 0€ ist einer von symbolischen Wert. Erschreckender ist, dass Jarasch dort weitermacht, wo Günther aufgehört hatte und ebenfalls bei den Busspuren nicht zu Potte.

  18. 15.

    Deutsche Politik ist bekloppt. Da verrecken 1.200 km entfernt von uns Menschen und hier führt das plötzlich dazu, dass selbst die Konservativen ein grünes Thema umsetzen. Ts,ts,ts. Den Leuten muss erst der eigene A…. brennen, bevor sie etwas merken und verändern.

  19. 14.

    Längere Betriebszeiten und dichtere Takte - toll! Aber wo kommen die Fahrzeuge dafür her? Und, noch schwieriger: Woher kommt das Fahrpersonal?

    Wie manch anderes in unserem Land ist auch die BVG in den letzten Jahrzehnten konsequent kaputtgespart worden (Stichworte: "Optimierung", "Haushaltssanierung").

    Und: Wer wirklich Verkehrswende will, muss dafür sorgen, dass nicht jede Baumaßnahme durch NIMBYs und überzogene Vorschriften endlos verhindert wird (schlimmstes Beispiel: Verlegung der Straßenbahnstrecke zur besseren Anbindung des Bahnhofs Ostkreuz), ebenso wie Verbesserungen an Obstruktion aus der Verwaltung scheitern (Ampelschaltungen, Abbiegerspuren u.v.m.).

  20. 13.

    Wir brauchen dauerhaft ein attraktives ÖPNV-Angebot und eine Verringerung des PKW
    Verkehrs.

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