Protest gegen drohenden russischen Einmarsch - Mehr als 600 Menschen demonstrieren vor russischer Botschaft in Berlin

Mit großer Sorge blicken in diesen Tagen Ukrainer in Berlin auf ihre Heimat. Mehrere Hundert Menschen haben sich am Dienstagnachmittag vor der russischen Botschaft in Berlin-Mitte versammelt, um gegen den drohenden Einmarsch russischer Truppen zu protestieren.
Vor der russischen Botschaft in Berlin haben am frühen Dienstagabend laut Polizei 650 Menschen gegen die Ukraine-Politik von Präsident Wladmir Putin demonstriert. Forderungen wie "Stop Putin" und "Stop War" waren auf Bannern zu lesen.
Unter den Teilnehmern waren die SPD-Chefin Saskia Esken und der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Lederer schrieb bei Twitter, es tue gut, mit so vielen vor der Botschaft zu protestieren. "Gegen die Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine, gegen Aggression und Eskalation."
Mehr Teilnehmer als zunächst erwartet
Die Resonanz bei den Protesten war größer als erwartet, angemeldet waren bei den zwei Demonstrationen zunächst insgesamt 150 Teilnehmer. Im Internet hatte die Organisation "Vitsche Berlin"[linktr.ee] zu der Veranstaltung aufgerufen. Die Gruppe junger Ukrainerinnen und Ukrainer organisiert bereits seit Ende Januar regelmäßig Proteste gegen die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Zur Teilnahme an der Kundgebung unter dem Titel "Ukraine will resist" hatten auch die Parteien-Nachwuchsorganisationen Grüne Jugend, Jusos, Junge Liberale und Junge Union aufgerufen. In einer gemeinsamen Presseerklärung heißt es: "Als junge Generation, die den Kalten Krieg nicht selbst erlebt hat, sei es auch unsere Verantwortung, den Frieden in Europa zu bewahren und Krieg zu verhindern."

Giffey reagiert besorgt - Woidke setzt auf Dialog
Derweil reagierte die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) besorgt auf die Entwicklungen in der Ukraine. "Die Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken Luhansk und Doneszk sind schwerwiegende Brüche des Völkerrechts", teilte Giffey am Dienstag mit. "Berlin steht an der Seite der Ukraine."
Sie fühle mit den Menschen in der Ukraine und teile die Sorgen und Ängste der vielen Tausend Berlinerinnen und Berliner mit ukrainischen Wurzeln. "Und ich denke auch an die Russinnen und Russen in Berlin, die sich Frieden in Russland und in der Ukraine wünschen." Die Integrität und Souveränität der Ukraine sei zu achten und zu schützen.
Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dringt weiter auf Dialog, um einen Krieg in der Ukraine abzuwenden. "Wir stehen so nahe vor einem Krieg in Europa wie wahrscheinlich selten in den letzten fast 80 Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges", sagte Woidke. Die Hauptaufgabe für alle Beteiligten, auch für die Bundesregierung und Europa sei es, einen militärischen Konflikt unter allen Umständen zu vermeiden.
Der Brandenburger Regierungschef hält Sanktionen gegen Russland nach eigenen Worten nicht für den Schlüssel zur Lösung. "Sie werden Gespräche mit Dialog und Verhandlungen nicht ersetzen", sagte Woidke. "Am Ende werden wir nur über Verhandlungen einen dauerhaften Frieden erreichen." Die Situation setze große Besonnenheit voraus. Eine geschlossene europäische Antwort sei die richtige Antwort.
"Nord Stream 2" vorübergehend auf Eis
In der Nacht zu Dienstag wurde bekannt, dass russische Truppen in den Ostteil der Ukraine einmarschiert waren. Russlands Präsident Putin hatte zuvor erklärt, die Unabhängigkeit der selbsternannten "Volksrepubliken" in Donezk und Luhansk in der Ostukraine anerkennen zu wollen.
Als Reaktion auf den Einmarsch hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag erklärt, die Zertifizierung der Gas-Pipeline "Nord Stream 2" vorübergehend auszusetzen.
Sendung: Inforadio, 22.02.2022, 15:00 Uhr
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