Nachlass ab 1. Juni - Das bedeutet der Tankrabatt für Autofahrer

Seit diesem Mittwoch bekommen Kunden Benzin und Diesel etwas günstiger, subventioniert von den Steuerzahlern. Eine Übersicht, was Autofahrer erwartet und welche Tipps sie beachten sollten.
Wieviel macht der Tankrabatt an der Zapfsäule aus?
Bei Benzin sinkt der Steueranteil um 29,55 Cent pro Liter - einschließlich Mehrwertsteuer um knapp 35,20 Cent. Bei Diesel gibt es ein Minus von gut 14 Cent beziehungsweise 16,7 Cent mit Mehrwertsteuer. Was heißt das für meine Gesamtrechnung?
Ein Beispiel: Der meistverkaufte Pkw in Deutschland war auch im vergangenen Jahr der VW Golf, sein Tank fasst 55 Liter. Hochgerechnet auf eine Tankfüllung Super-Benzin brächte der Tankrabatt gut 19,30 Euro weniger, bei Diesel wären es 15 Euro beziehungsweise 9,20 Euro.
Wie funktioniert der Rabatt?
Indem der Bund die Energiesteuer auf Kraftstoffe im Juni, Juli und August auf das in der EU erlaubte Mindestmaß senkt. Das hat der Bundestag am späten Donnerstagabend beschlossen, der Bundesrat hat dann am Freitag zugestimmt. Dieser Rabatt wird die Steuerzahler voraussichtlich 3,15 Milliarden Euro kosten.
Eine vorübergehende Steuersenkung - das zumindest ist die Idee der Ampel-Koalition - hat zur Folge, dass eine vollständige Weitergabe an die Verbraucher auch eine entsprechende Preissenkung und damit Entlastung für die Bürger sowie die Wirtschaft ermöglicht. Tankstellenbetreiber wie Hans-Joachim Rühlemann gehen im Gespräch mit dem rbb auch davon aus, dass der Rabatt voll an die Kunden weitergegeben wird.
Das Bundeskartellamt soll das durch strengere Vorgaben bei Mineralölkonzernen sicherstellen - wie das konkret gehen soll, ist aber noch gar nicht bekannt. Die fünf Anbieter BP/Aral, ExxonMobil/Esso, ConocoPhilips/Jet, Shell und Total dominieren das Geschäft. Preisabsprachen konnte das Kartellamt ihnen bislang nicht nachweisen, weil ihm den Aussagen seines Chefs Andreas Mundt zufolge gar keine Hinweise darauf vorlagen - deshalb sind seine Möglichkeiten auch begrenzt.
Neben dem Sprit ermäßigt die Regierung als Teil des sogenannten Entlastungspakets auch den Fahrpreis für Busse und Bahnen: Im Juni, Juli und August gibt es Monatskarten zum Preis von jeweils neun Euro, mit denen man deutschlandweit den gesamten Nah- und Regionalverkehr nutzen kann. Die Einnahmeausfälle sollen wie auch beim Tankrabatt durch den Bund ausgeglichen werden.
Mit welchen Auswirkungen rechnen Experten ab dem 1. Juni?
Der sogenannte Tankrabatt wird bei den Tankstellen wohl erst am Donnerstag oder Freitag voll wirken. Das betont der Verband des Garagen- und Tankstellengewerbes Nord-Ost. Von diesem Mittwoch an gilt drei Monate lang eine geringere Energiesteuer. "Die Preise werden aber nicht sofort um 35 Cent runtergehen", sagte Verbandspräsident Hans-Joachim Rühlemann. Erst müssten die Tankstellen den Sprit verkaufen, den sie selbst noch zu den alten Konditionen erworben haben.
Ob Autofahrer deshalb schon an diesem Mittwoch mit großem Andrang an den Tankstellen rechnen müssen, sei deshalb schwer zu sagen, sagte Rühlemann. "Wenn wir Riesenandrang haben, kann es sein, dass einige Tankstellen leer laufen", erklärte er. Denn viele Betreiber hätten versucht, nicht mehr zu viel Kraftstoff vor der Steuersenkung zu kaufen.
Woraus setzt sich der Spritpreis zusammen?
Zum einen bestimmt der Markt. Ein wichtiger Faktor sind die Einkaufspreise von Benzin und Diesel, die von den Rohstoffpreisen und damit auch der Konjunktur oder der politischen Lage abhängen. Auch der Dollarkurs ist wichtig, weil Öl weltweit fast ausschließlich in der US-Währung gehandelt wird.
Dazu kommt der sogenannte Deckungsbetrag, der die Kosten für Transport, Lagerung oder Weiterverarbeitung sowie den Gewinn der Mineralölkonzerne umfasst. Außerdem beinhaltet er die CO2-Steuer, die zu Jahresbeginn erneut erhöht wurde. Auch der Wettbewerb zwischen den Tankstellenbetreibern wie Aral, Shell oder Jet spielt eine Rolle.
Zum anderen besteht ein großer Teil der Spritpreise aus Steuern: Dem ADAC zufolge landen beim Benzin rund 48 Prozent der Tankrechnung in den öffentlichen Kassen, bei Diesel sind es etwa 39 Prozent. Die Energiesteuer beträgt momentan 65,45 Cent für einen Liter Benzin und 47,04 Cent für einen Liter Diesel. Dazu kommt noch die Mehrwertsteuer (19 Prozent vom Verkaufspreis). Nur diese Belastung steigt und fällt mit den Spritpreisen. Energiesteuer, CO2-Preis und Deckungsbetrag sind fest und hatten keinen Einfluss auf die Verteuerungen.
Bei den Pächtern bleiben am Ende zwischen 0,8 Cent und 1,3 Cent pro Liter hängen. Das alleine reicht den meisten Tankstellen schon längst nicht mehr, um wirtschaftlich zu arbeiten. Sie verdienen inzwischen mehr Geld mit dem, was die Leute noch so kaufen, wenn sie erstmal den Zapfhahn wieder eingehängt haben: Kaffee, Süßkram, Zigaretten, Getränke, belegte Brötchen. “Mir ist es lieber, wenn sie zu mir an die Tankstelle kommen und sich einen Kaffee kaufen, als wenn Sie 20 Liter tanken. Aber wenn der Kunde wegbleibt, verkaufe ich auch das nicht”, sagt Hans-Joachim Rühlemann, Betreiber aus Berlin und Vorsitzender des Verbandes des Garagen- und Tankstellengewerbes Nord-Ost.
Der größte Teil des Kraftstoffs in Berlin und Brandenburg stammt übrigens aus der PCK-Raffinerie in Schwedt (Oder), im Besitz des russischen Staatskonzerns Rosneft. Diese bezieht nach wie vor ihr gesamtes Öl aus Russland.
Welche Tipps sollten Tankende beachten?
Rühlemann empfiehlt, den Zeitpunkt des Tankens von den Fahrgewohnheiten abhängig zu machen. “Ein Pendler muss immer dafür sorgen, dass er Sprit hat, sonst kommt er nicht zur Arbeit. Dem würde ich sagen: Sieh zu, dass Du immer mindestens einen halbvollen Tank hast. Ein Ottonormalverbraucher, bei dem es keine Rolle spielt, wenn das Auto mal vier Tage da steht, kann das Ding vor dem 1. Juni leerfahren. Wenn die Tankstellen wieder alle voll sind, kann er zum Tanken gehen", sagt Rühlemann.
In den Tankstellen schwanken die Literpreise im Laufe des Tages um bis zu zehn Cent. Normalerweise galt die Regel: Morgens tankt es sich am teuersten, ab 18 Uhr oder besser noch später ist es am billigsten. Das aber lässt sich auch nicht mehr generell sagen, denn seit immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher sich mit Hilfe von Tank-Apps orientieren, ändern die Betreiber die Preise bis zu zehn Mal am Tag.
Laut einer aktuellen Erhebung des ADAC ist Kraftstoff in der Regel zwischen 18 und 19 sowie zwischen 20 und 22 Uhr am günstigsten. Allein dadurch ließen sich bis zu sieben Cent je Liter sparen. Man wolle nun genau hinschauen, ob die Kunden am 1. Juni wirklich um den versprochenen Betrag billiger tanken könnten, als am 31. Mai, sagte der ADAC-Sprecher dem rbb.
Bis zu 20 Prozent Sprit ließen sich durch entsprechende Fahrweise sparen, hat der Automobilclub berechnet. Das geht unter anderem, indem man im Leerlauf den Motor ausschaltet, auf der Autobahn Tempo rausnimmt, vorausschauender und damit gleichmäßiger fährt, unnötiges Gewicht aus dem Auto nimmt oder beispielsweise elektrische Verbraucher wie die Klimaanlage abschaltet [adac.de]. Auch geöffnete Fenster übrigens können bei schnellerem Tempo zu ungefähr 0,2 Litern mehr Verbrauch führen.
Welche Kritik gibt es am Tankrabatt?
Seitdem die Koalition aus SPD, Grünen und FDP ihre Pläne bekanntgegeben hat, ist die Maßnahme heftig umstritten. Die Preise an den Tankstellen rasten zwar nach dem russischen Angriff auf die Ukraine regelrecht nach oben, sind aber zwischenzeitlich wieder spürbar gesunken. Trotzdem passierte das Gesetz den Bundestag ohne Gegenstimmen, die Oppositionsfraktionen CDU, AfD und Linke enthielten sich.
Der CDU-Abgeordnete Johannes Steiniger sagte am Donnerstagabend im Parlament, das Instrument sei richtig, der Zeitraum von drei Monaten allerdings zu kurz. Auch Ende August, wenn die Maßnahme wieder auslaufen soll, gebe es voraussichtlich weiterhin die Ukraine-Krise und damit auch hohe Benzinpreise. Die Union fordert daher eine Senkung der Energiesteuer für zwei Jahre. Auch der Zeitraum sei wegen der Urlaubszeit ungünstig gewählt.
Die Linke fordert, die Energiesteuer müsse komplett ausgesetzt werden, "solange die Preise auf inakzeptabel hohem Niveau liegen", sagte der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch. Welches Preisniveau akzeptabel sei, konkretisierte er nicht. Des Weiteren sei die Bundesregierung in der Pflicht, die "Preistreiberei" und "Mitnahmementalität" der Ölkonzerne zu stoppen.
Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), kritisierte, dass die Entlastung unabhängig von Bedürftigkeit erfolge. Zudem sei nicht sichergestellt, dass die Steuerentlastung tatsächlich beim Verbraucher ankomme. Der Wirtschaftsweise Achim Truger nannte die Senkung der Mineralölsteuer "unter Anreizaspekten schädlich und wenig zielgenau". "Da hat sich die FDP durchgesetzt, die damit offenbar für den Verzicht auf den Tankrabatt entschädigt wurde", sagte er kürzlich.
Die Kritik mehrerer Ökonominnen und Ökonomen: Gutverdienende könnten stärker profitieren, weil sie mehr Autos besitzen und weitere Strecken fahren würden. Darüber hinaus vergünstige ein Tankrabatt fossile Energieträger und konterkariere den Klimaschutz.