Gesetzesänderung - Berliner Abgeordnetenhaus beschließt neue Regel für Schuljahr-Wiederholung

Do 25.02.21 | 21:31 Uhr
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Symbolbild: Ein Grundschüler sitzt zuhause vor dem Bildschirm und nimmt mit einem Laptop am Onlineunterricht mit dem Lehrer teil
Video: Abendschau | 25.02.2021 | Boris Hermel | Bild: dpa/Annette Riedl

Viele Berliner Schüler dürfen das von Corona und Schulschließung geprägte Schuljahr 2020/21 wiederholen, wenn sie das wollen. Eine entsprechende Gesetzesänderung hat das Abgeordnetenhaus am Donnerstag beschlossen.

Die Regelung betrifft Schüler in der Primarstufe sowie der Sekundarstufe I - also der Klassen 1 bis 10. Wenn sie das Schuljahr wiederholen wollen, müssen ihre Eltern einen schriftlichen Antrag bei den Schulleitern stellen. Verpflichtend vorgesehen ist dabei ein Beratungsgespräch mit Schulvertretern.

Bisher konnten Schüler nicht freiwillig sitzenbleiben. Nachteile sollen ihnen durch eine Wiederholung der Jahrgangsstufe nicht entstehen.

Berliner Schulleiter protestierten gegen Regelung

Mit der Gesetzesänderung will das Abgeordnetenhaus der Tatsache Rechnung tragen, dass viele Schüler nach monatelangem Homeschooling im Corona-Lockdown viel Lernstoff verpasst haben.

Mehrere Vereinigungen Berliner Schulleiter protestierten jüngst in einer gemeinsamen Erklärung dagegen. Sie befürchten eine "schulorganisatorische Katastrophe" mit übervollen Klassen, fehlendem Personal für neu einzurichtende Klassen und eine prekäre Raumsituation.

Opposition trägt Gesetzesänderung nur teilweise mit

Auch die Berliner FDP befürchtet nach ihren Angaben ein organisatorisches Chaos an den Schulen. Dies sei zu erwarten, wenn eine unbegrenzte Zahl an Schülerinnen und Schülern das Schuljahr wiederholen dürfe, sagte Paul Fresdorf (FDP), Mitglied des Bildungsausschusses, der rbb-Abendschau. Deshalb sei ein stärkeres Mitspracherecht der Schulen wichtig.

Prinzipiell für richtig hält die Berliner CDU die Regelung nach eigener Aussage. "Wir müssen etwas dafür tun, dass Bildungsdefizite, die in einem Jahr Pandemie entstanden sind, wieder aufgeholt werden", sagte Bildungsausschuss-Mitglied Dirk Stettner. Den Schulen müsse aber die Möglichkeit eingräumt werden, das Wiederholen zu organisieren. Ein Änderungsantrag seiner Partei, der eine Entscheidungsfrist bis zum 31. März vorsah, wurde am Donnerstag abgelehnt.

"Müssen über Bildung nach Corona reden"

Maja Lasic, Sprecherin für Bildung der Berliner SPD, räumte ein, dass sich die Regelung möglicherweise wie ein "Paukenschlag" anfühle. Es sei jedoch an der Zeit, "dass wir darüber reden, wie wir in der Zeit nach Corona mit dem Thema Bildung umgehen", so Lasic. Es werde zu wenig darüber geredet, wie Schüler und Familien verpasste Lerninhalte aufholen sollen. Die Änderung des Schulgesetzes solle dazu dienen.

Die Berliner Linke wies dagegen darauf hin, dass ein massenhaftes Wiederholen von Schülerinnen und Schülern nicht zwingend vorprogrammiert sei. In Thürigen gilt demnach bereits seit einem Jahr eine ähnliche Regelung, die nicht in großem Ausmaß wahrgenommen werde. Sollte es in einzelnen Berliner Schulen dennoch zu vielen Wiederholungen kommen, müsse im Einzelfall geschaut werden, wie man helfen könne, sagte Linken-Bildungspolitikerin Regine Kittler.

Sendung: Abendschau, 25.02.2021, 19:30 Uhr

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11 Kommentare

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  1. 11.

    "das Schuljahr wegen Corona einfach zu wiederholen." klingt nach sitzen bleiben „Sitzenbleiben für alle“ Schüler sollten dazu ermutigt werden, den Lernstoff nachzuholen, damit sie das Jahr nicht wiederholen müssen. Was bei diesem einem Jahr nicht bleiben wird. Wir werden lange mit verschiedenen Virus Mutation leben müssen. Ich halte nichts davon, das Schuljahr wegen Corona zu wiederholen. Das wird bei einem Schuljahr wiederholen nicht bleiben.
    Ich befürchte eine "schulorganisatorische Katastrophe" mit übervollen Klassen, fehlendem Personal für neu einzurichtende Klassen und eine prekäre Raumsituation.

  2. 10.

    Ich eraaaahne die spääätfolgen... Es ist doch schon seit vielen Jahren so, dass berliner Abiturienten es z.B. in Bayern schwer haben, einen Studienplatz zu bekommen... Und wie wird das dann erst, wenn unsere Kleinen jetzt schon ein Jahr länger die Schulbank drücken???
    Das ist doch nun wirklich eine Entscheidung, die auf Bundesebene erfolgen und für alle Länder gelten sollte!!!

  3. 9.

    Man stelle sich vor, nur eine ganze Klasse macht eine Wiederholung und das bei gleicher Stärke von Lehrern! Dann in jeder Schule im ganzen Land. Wer geht dann in die Lehre? Das wird ein Dominoeffekt, von dem sich Deutschland nie erholen wird. Wer solche Ideen hat, glaubt auch an ein Perpetuum mobile!

  4. 8.

    Na wunderbar. Da hat jemand eine Idee gehabt und diese wurde ohne nachzudenken einfach beschlossen. Über die Umsetzung - vor allem in punkto Lehrermangel und bereits voller Klassenräume - hat sich keiner Gedanken gemacht? Sollen die Kids in den untersten Klassen zu zu 40 - 50 in einem Raum sitzen? (Ist übrigens gar nicht möglich.)

  5. 7.

    Guten Morgen Berlin. Das ist doch mal wieder eine typische Augen zu und durch Entscheidung des RRG berliner Senats ohne jegliche Weitsicht und fachliche Kompetenz. Erschreckend wie wenig Wert die Bildung unserer Kinder diesen Volksvertretern ist ! Will Frau Scheeres hier noch mehr nachhaltige Fehler zu lasten unserer Kinder machen ? Hat sie vergessen das die Situationen der berliner Schulen schon weit vor Corona eine einzige Katastrophe war ? Lehrermangel, schlecht oder gar nicht ausgebildete Quereinsteiger, eine total misslungene Integration, fast 10.000 Schulplätze zu wenig, Erziehermangel, ... darf ich sie daran erinnern das wir seit Jahren bei PISA an letzter Stelle sind ? Diese kranke System verträgt keine weitere Zumutung ! Es reicht !

  6. 6.

    Ich begrüße die Gesetzesänderung, ebenso die Antragsstellungspflicht und das Beratungsgespräch.
    Ich gehe davon aus, dass die Eltern alles unternehmen um ihrem Kind eventuelle Wiederholung ersparen zu können.
    Wermutlich wird sich um Einzelfälle handeln, ergo wird kein Chaos ausbrechen.

  7. 5.

    Alt bekannte Vorgehensweise .... erst entscheiden und dann von den Konsequenzen und Auswirkungen überrascht sein.
    War ja beim homeschooling auch nicht anders.

  8. 4.

    Ich stelle mir das grad in der Schule meiner Kinder vor. Klassenräume keine 50m2 groß, 26-28 Kinder, also richtig voll, ständig Unterrichtsausfall wegen fehlender Lehrer, die Corona Risikogruppen gar nicht mitgerechnet, und dann sollen es Klassenstufenwiederholungen geben? Wo denn bitte?

  9. 3.

    Liebe Frau Kittler, da komme ich als Schulleiterin gerne auf Sie zu und Sie werden mir sicherlich prompt helfen, wenn ich die Musik- und Kunsträume auflösen werde, in jeden Klassenraum zusätzliche Stühle reinquetschen und die vielen Konflikte schlichten muss, die durch den Einsatz zahlreicher unqualifizierte Quer- und Seiteneinsteiger entstehen.

  10. 2.

    Man kann wirklich verzweifeln. In einem modernen Land, wo Bildung eigentlich Vorrang haben müsste, macht jedes Bundesland was es will und was es gerade für richtig hält. Kann man nicht mal auf die Fachleute vor Ort hören?? Es ist schon schlimm genug, dass jeder der einen Stift halten kann in die Politik gehen kann, nein man muss dann noch die geistigen Ergüsse ertragen.

  11. 1.

    Also typisch deutsch. Augen zu und durch. Ist doch Unsere Zukunft. Es sind doch nur Kinder.

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