"Sormas"-Umstellung in Berlin - Gesundheitsämter tun sich schwer mit neuer Corona-Software

Di 16.02.21 | 11:59 Uhr
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IT-Beauftragter Sascha Brauer im Gesundheitsamt Charlottenburg-Wilmersdorf im Februar 2021. (Quelle: rbb)
Video: Abendschau | 15.02.2021 | Bild: rbb

Ursprünglich sollten alle deutschen Gesundheitsämter bis Ende Februar eine einheitliche Corona-Software nutzen. Doch davon sind die Behörden in Berlin weit entfernt. Unter anderem gibt es Verbindungsprobleme mit den bislang eingesetzten Programmen.

Die vom Bund geforderte Einführung einer einheitlichen Software zur Nachverfolgung von Corona-Kontakten kommt in Berlins Gesundheitsämtern nur schleppend voran.

Zwar betonte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Montag im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses, dass alle zwölf Berliner Bezirke die verlangte Software "Sormas" einführen würden. Doch damit tun sich einige Gesundheitsämter schwer, wie Recherchen der rbb-Abendschau ergeben haben.

Die Software soll den Behörden helfen, einfacher und schneller Fallzahlen und Symptome zu erfassen sowie Kontaktketten nachzuverfolgen. Zudem soll das Meldesystem die Erfassung der Infektionsfälle bundesweit vereinheitlichen und beim Datenabgleich und -austausch helfen.

"Sormas" ist die Abkürzung für "Surveillance Outbreak Response Management and Analysis System". Es wurde im Rahmen von Krankheitsausbrüchen in Afrika entwickelt, beteiligt daran waren auch das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung sowie das Robert-Koch-Institut.

Spandau will Software "ergänzend" nutzen

Nach Informationen der rbb-Abendschau stecken aber zumindest die Gesundheitsämter in Spandau, Reinickendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Lichtenberg bei der Einführung der Software Sormas noch in der Anfangsphase. Reinickendorf hat demnach noch keinen Vertrag für das Programm unterschrieben, will das aber bald nachholen.

Im Gesundheitsamt Spandau laufen derweil die Vorbereitungen: "Schon jetzt sind wir mit unserer Software Survnet komplett digital aufgestellt", erklärte Amtsleiterin Gudrun Widders in der Abendschau. Man habe durchaus die Befürchtung, dass die neue Software Sormas die Behörde bei der Kontaktnachverfolgung zunächst ausbremsen könne. Man sehe aber auch viele Vorteile in Sormas, "dabei insbesondere bei der Betreuung der Kontaktpersonen. Zudem bietet Sormas Verknüpfungen zu Apps wie zum Symptom-Tagebuch. Wir werden Sormas ergänzend nutzen", kündigte Widders an.

Wagner: "System-Veränderung ausgesprochen gefährlich"

Große technische Probleme bei der Einführung gibt es im Gesundheitsamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Der dortige IT-Beauftragte, Sascha Brauer, berichtete in der rbb-Abendschau von Problemen durch nicht funktionierende Schnittstellen mit anderen Programmen.

Der Gesundheitsstadtrat des Bezirks, Detlef Wagner (CDU), äußerte deutliche Kritik an der vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegeben Software-Umstellung: "Wir arbeiten im Augenblick personell aufgestellt immer noch mit dem Rücken zur Wand. Und genau zu so einem Zeitpunkt ein IT-System zu verändern - mit all den notwendigen Nachschulungen, mit all den notwendigen Implementierungen - ist natürlich ausgesprochen gefährlich, solange die Inzidenzen noch so hoch sind wie jetzt."

In Deutschland nutzen derzeit nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums 151 der 376 Gesundheitsämter die Corona-Software Sormas. Bund und Länder hatten die deutschlandweite Einführung der neuen Software in allen Gesundheitsämtern bis Ende Februar beschlossen.

Sendung: Abendschau, 15.02.2021, 19:30 Uhr

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24 Kommentare

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  1. 24.

    Ich muß ihnen leider in Teilen recht geben. Aaaber... Berlin ist ein Sonderfall und für D ist das halt "Neuland".

    Und wo wollen sie die ganzen ITler herbekommen? 90 % von denen können ja nicht einmal eine Eieruhr bedienen und die, die ihren Job beherrschen sind dort wo es Geld gibt. Das fängt doch schon mit Webseiten an, wo man deutlich merkt dass die jedes 10-jährige Scripkiddie besser hinbekommt. Das kommt davon wenn man Codemonkeys beschäftigt, die nur ihre Deadline kennen.

    Sonderfall Berlin, hier wurde 20 Jahre lang gespart "bis es quietscht", das Ergebnis kennen sie. Schon vorher hat da nur der gearbeitet der keinen Job in der freien Wirtschaft bekam und ganz besonders masochistisch veranlagt ist. Wer da nicht nach spät. 2 Jahren den Abgang macht, der ist für nichts mehr zu gebrauchen.

    Ich durfte mir die Mischung aus Günstlingswirtschaft, Mobbing und geballter Inkompetenz von innen ansehen.

    Ich habe fertig!

  2. 23.

    Ich war schuld. # 6

    Haben sie auch schon Gurte und Airbags in ihrem Auto ausgebaut, bzw. deaktiviert? Da merkt man auch erst wenn's kracht dass die Dinger funktionieren!

  3. 22.

    Naja, ganz so einfach ist es nicht mit dem SORMAS. SORMAS wurde erst im Frühjahr vergangenen Jahres an Covid-19 angebpasst und den GAs als zentral gehostete Variante zur Verfügung gestellt. Leider hatte jedes GA dann nur eine Variante für den eigenen Zuständigkeitsbereich. Und die Kommunikation von oben nach unten - weißte Bescheid. Vor Corona passte SORMAS nicht in die IT-Landschaft der Ämter, weil die auf Teufel komm raus an Windoofs gebunden ist (die älteren erinnern sich, die Migration nach Doof#10 hat die zu dünn besetzten IT-Abteilungen beschäftigt. Die Github-Versionen von SORMAS sind auf Linux zugeschnitten, damit war das System einfach aus den Betrachtungen raus...
    Man kann den Ämtern keinen Vorwurf machen, da die Fachverfahren alle für Windows zugeschnitten sind. Man kann nur Mitleid haben.
    Deutschland ist leider Windoof-land und das wird es auf Jahre noch sein. Schon weil die Ausrichtung in den Schulen Doof-lastig ist...

  4. 21.

    Deutschland im allgemeinen und Berlin im speziellen zeigen wieder einmal mehr als deutlich, dass das Thema Digitalisierung, Netzausbau, Ausstattung mit Equipment und Mitarbeitern absolut nicht Ernst genommen wird.
    Fr. Bär als dafür zuständige Ministerin hat komplett versagt. Aus kommunaler Ebene sieht es nicht anders aus. Und scheinbar stört es auch niemanden, das Länder in Afrika oder Südosteuropa besser digitalisiert sind als wir.

    Die Einführung der eAkte in den deutschen Jobcentern, Familienkassen und Arbeitsagenturen hat weit mehr als 1Jahr gedauert. Allein in 1 Jobcenter in Berlin hatten wir 35 Trainer für die Schulung der Mitarbeiter. Zum go live war JEDER Mitarbeiter geschult, die Software implementiert und die Hardware stand zur Verfügung.
    In Berlin ist der Starttermin für die eAkte aufgrund mangelnder Kompetenz bei der Ausschreibung auf 2025 verschoben worden. Nur ein Beispiel von vielen. Aber pop-up Radwege, das können sie...

  5. 20.

    " was haben bestickte Sicherheitsgurte mit neuer Software zu tun ?"
    Öhm ... nüscht - oder doch - ein bestickter Sicherheitsgurt kann in der Struktur geschädigt sein und neue Software (so neu ist die auch nicht) kann gewöhnungsbedürftig sein. In beiden Fällen kann man sich das Näschen stossen.
    Kurve gekriegt?

    Ehrlich: Es war einfach ein "Nur-so-OT-Post" - die "30" und der Gurt reizten doch etwas.

  6. 19.

    War nicht persönlich gemeint. Als Belehrung auch nicht. Es waren nur die "30" und der "Gurt". Ok, 'n Bezug kann man durchaus herstellen - war aber nicht mein Anliegen.
    Also denn - immer fluffig durch die Maske atmen und gesund bleiben ;-).

  7. 18.

    "Gesundheitsämter tun sich schwer mit neuer Corona-Software"
    Nee - die haben einfach nur gepennt. SORMAS ist seit 2014 als Release Candidate im Einsatz - erfolgreich. Mehr als ausreichend Zeit für einen Parallelbetrieb, dem Anpassen von indivuellen Schnittstellen und dem Migrieren der Daten.
    Der Programmcode unterliegt der OpenSource-Lizenz. Hier öffentlich abrufbar:
    https://github.com/hzi-braunschweig/SORMAS-Project/blob/development/LICENSE
    Die Programmiersprache Java ist auch kein Hexenwerk. Im Netz zwar kaum noch anzutreffen und als Laufzeitumgebung für Privatnutzer entbehrlich.
    Sormas stellt eine Übungsumgebung zur Verfügung - auch schon 'n bisschen her:
    https://www.sormas-oegd.de/testversion/
    Aber plötzlich und unerwartet fällt neue Software vom Baum und die Behörden jammern. Da platzt mir echt die Hutschnur.
    ... und nein man muss nicht in Ghana oder Fitschi um Unterstützung bitten - die Schweizer habens auch schon. Frankreich auch - um mal in der EU zu bleiben.

  8. 17.

    @Alice,mit den Meisten Ihrer Kommentare bin ich auf der gleichen Linie. Diesmal haben Sie sich wohl etwas verlaufen -- was haben bestickte Sicherheitsgurte mit neuer Software zu tun ?? Oder bin ich etwas begriffsstutzig ,?¿

  9. 16.

    Hehe. Der erhobene Zeigefinger war jetzt aber unnötig, war das doch nur eine Beispiel-Zahl. Trotzdem danke für die leicht polemische Belehrung. Ich gehe also auf 10km/h runter....ist das dann jetzt so halbwegs recht...?

  10. 15.

    Und nochmal: die App war sinnvoll, als die Zahlen noch überschaubar waren. Als es darauf ankam und die Zahlen explodierten, war man offensichtlich nicht mehr in der Lage, sie zu pflegen/betreuen. Das ist eine Schön-Wetter-App. Wenn es wirklich ernst wird, erweist sie sich als nutzlos. Es ist ja schön, dass ihr immer wieder neue, sinnvolle Features beigefügt wird, aber wenn man nicht in der Lage ist, die eigentlichen Grundaufgaben zu betreuen, ist das ein ziemliches Disaster. Da wird ein totes Pferd neu besattelt. Schade. Denn ich bin durchaus Fan von dieser App-Idee.
    Darum reiß ich mich nun doch nochmal zusammen, bleibe geduldig und hoffe auf Besserung. Aber nur noch ein ganz kleines Weilchen...

  11. 14.

    Bitte nicht persönlich nehmen, aber
    "...oder anders: ein Gurt nützt vor allem ab Tempo 30; darunter ist er eher überflüssig. Da kann mich ein hübsches Muster darauf auch nicht beeindrucken... "
    Tempo 30 entspricht einer Fallhöhe von etwa 3,5 Meter - also "Flachköpper vom Blumenbrett, Neubau, 1.OG". Ihnen bleibt dann noch die Wahl des Arztes ... orth. oder dent. . Aber zumindest bleibt eine Wahlmöglichkeit ;-) .

  12. 13.

    Möglicherweise haben andere die App bereits auf ihren Handys gelöscht, die Risiko-Ermittlung deaktiviert...

  13. 12.

    Wenn ich dieses hier lese komme ich mir vor wir leben im tiefsten Mittelalter und die waren schon weiter in ihrer Zeit mit Nachrichtenübermittelungen. Hier muß aber ganz schnell was passieren mit der Degetalisierung der Gesundheitsämter.

  14. 11.

    Jaja, schon recht. Nur, dass bei mir laut App seit mindestens 2 Monaten angeblich keine einzige wie auch immer geartete Begegnung stattgefunden hat. Und das, obwohl ich jobmäßig viele Begegnungen/Kontakte habe (haben muss).
    Da spielt das neueste Update keine große Rolle; auch, weil es das erst seit ein paar Tagen gibt.
    Vorher hatte ich regelmäßig schwankende Meldungen. Ich bleibe dabei: Da wird (immer noch) nicht (wieder) viel/irgendwas überprüft/nachverfolgt. Das ist Zukunftsmusik, denn noch, behaupte ich mal, fehlen Kapazitäten, die das anwenden.

  15. 10.

    vielleicht erst mal informieren bevor man hier so einen Quatsch schreibt: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/corona-warn-app-143.html

  16. 9.

    Vielleicht mal nach Isreal schauen zur Inspiration. So schwer ist es wirklich nicht.

  17. 8.

    ...oder anders: ein Gurt nützt vor allem ab Tempo 30; darunter ist er eher überflüssig. Da kann mich ein hübsches Muster darauf auch nicht beeindrucken...

    Aber gut; mein Beitrag war vorhin der Emotion geschuldet; mich ärgert dieses ganze Gewurschtel einfach dermaßen, dass ich da langsam die Geduld verliere. Deshalb wär mir ein Punchingball lieber als ein Airbag.....

  18. 7.

    Wollenmalsosagen: Das Virus hat aktiv gekracht, und die app hat nicht funktioniert.

  19. 6.

    Haben sie auch schon Gurte und Airbags in ihrem Auto ausgebaut, bzw. deaktiviert? Da merkt man auch erst wenn's kracht dass die Dinger funktionieren!

    Also echt, manche Leute haben echt Probleme.

  20. 5.

    "Bund und Länder hatten die deutschlandweite Einführung der neuen Software in allen Gesundheitsämtern bis Ende Februar beschlossen."

    Ist halt ein politische Deadline. Proprietäre Software, diverse Schnittstellen, spezielle Hardware, Personalmangel, usw. Softwareumstellung in der Verwaltung können lange dauern.

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