Nicht dringliche Operationen - Gericht kippt Behandlungsverbot an Berliner Krankenhäusern

Fr 12.02.21 | 16:58 Uhr
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Archivbild: Monitore zur Patientenueberwachung, aufgenommen am 26.11.2018 im Helios Klinikum in Berlin-Buch waehrend einer Hueft-OP (Bild: dpa/Florian Schuh)
Bild: dpa/Florian Schuh

Berliner Krankenhäuser dürfen künftig auch wieder Behandlungen vornehmen, die nicht dringlich sind. Der Senat hatte dafür ein Verbot in der Corona-Verordnung verfügt, um Kapazitäten für Covid-Patienten freizuhalten. Das ist laut Gericht jedoch unzulässig.

Das Verwaltungsgericht hat die Regelung gekippt, wonach wegen der Corona-Pandemie nicht dringliche Behandlungen in Berliner Krankenhäusern verboten sind. Die Richter entsprachen damit Eilanträgen von Notfallkrankenhaus-Träger.

Das Behandlungsverbot in der Infektionsschutzverordnung des Senats werde sich im Hauptsacheverfahren mit großer Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig erweisen, heißt es in der Urteilsbegründung.

Verordnung sollte Behandlung von Covid-Patienten sichern

Der Berliner Gesundheitssenat hatte - gestützt auf des Infektionsschutzgesetz - die Krankenhaus-Covid-19-Verordnung erlassen. Diese legt fest, dass in allen Notfall-Krankenhäusern nur noch medizinisch dringliche Aufnahmen, Operationen und Eingriffe bei Patientinnen und Patienten durchgeführt werden dürfen (Behandlungsverbot). Damit sollten Kapazitäten für mögliche Corona-Patienten freigehalten werden.

Laut der Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat der Berliner Senat allerdings keine "ausreichende Ermächtigungsgrundlage" für eine solche Verordnung. Zwar dürften Landesregierungen Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung der Pandemie erlassen. Der Versuch, mit dem Behandlungsverbot ausreichend Kapazitäten für eventuelle Corona-Patienten freizuhalten, sei aber durch die Gesetzgebung auf Bundesebene nicht gedeckt, befand das Gericht.

Beschwerde in der nächsten Instanz möglich

Die Berliner Gesundheitsverwaltung ließ zunächst offen, ob sie vor Gericht weiter für das teilweise Behandlungsverbot in Notfallkrankenhäusern kämpfen will. "Wir prüfen diese Entscheidung zunächst sorgfältig." Mehr als dieser Satz war aus der Gesundheitsverwaltung zunächst nicht zu erfahren. Beschwerde in der nächsten Instanz ist möglich.

Es eine erwartbare Entscheidung gewesen, kommentiert Wolfgang Albers (Linke), Chef des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhaus, denn die Verordnung sei im vergangenen Frühjahr "mit zu heißer Nadel gestrickt" worden. Albers erwartet nicht, dass die Notfallkrankenhäuser nun von Patienten überrannt werden und der Kampf gegen die Corona-Pandemie erschwert wird.

Sendung: Inforadio, 12.02.2021, 11 Uhr

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38 Kommentare

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  1. 38.

    Und wie lange stellen Sie sich das vor, soll das passieren? Auch diese Patienten haben ja einen Leidensdruck und werden durch ihre Immobilität ggf noch kränker. Auch das sind kranke Menschen, die ein Recht auf Behandlung haben.

    Man kann natürlich auch so lange krankgeschrieben bleiben, bis die OP passiert ist.

  2. 37.

    " gibt es keine unnötigen Behandlungen, "

    stimmt , aber es gibt aufschiebbare Behandlungen , zB Hüftgelenk-oder Knie Operatinen , Karpaltunnelsyndrom etc

  3. 36.

    Ja...war ! Da sich aber der Senat grundsätzlich schwer tut einmal getroffene Entscheidungen auch wenn sie unsinnig sind zurückzunehmen machen das Gerichte.... immer wieder.

  4. 35.

    Wenn der Arzt bzw. das Krankenhaus die Notwendigkeit der Operation vorgelegt hat, dann wurden auch solche Operationen durchgeführt.
    Wenn man das Urteil liest, wurde das Behandlungsverbot nicht mal bemängelt. Übrigens kann ein anderes Gericht schon wieder anders entscheiden, so eindeutig war das Urteil auch nicht.

  5. 34.

    Die Krankenhäuser waren an ihrer Kapazitätsgrenze Ende November und im Dezember. Wenn da die anderen Operationen alle hinzugekommen wären, dann hätte das nicht mehr gut ausgeschaut. Das man jetzt natürlich wieder aufmachen will, weil die Zahlen fallen ist klar. Aber die Entscheidung war letztlich richtig.

  6. 33.

    Die Meldung stimmt hoffnngsvoll, dass Gerichte auch die willkürliche "35" kippen und die Öffnung von Restaurants, Läden, Theatern usw. ab "50" abwärts verordnen.

  7. 32.

    Corona-Behandlungszentrum Jafféstraße (CBZJ) auf dem Messegelände: ... knapp 500 Betten für den Bedarfsfall zur Verfügung ... In Vorbereitung ist ... weitere Halle mit insgesamt 300 Betten. Am Standort Prenzlauer Berg ... weiteres Corona-Behandlungszentrum mit 200 Betten.
    Unter Berliner Politikern ist das Notfall-Krankenhaus zu einem Streitthema ... geworden. Denn in der Klinik wurde bisher kein Patient behandelt, dennoch wurde weiter ausgebaut. „Das Geld gehört besser und sinnvoller in die bestehenden Häuser gesteckt, zum Beispiel, um Stationen so umzurüsten, dass sie jederzeit bei Bedarf in infektiologische Isolierstationen umgewandelt werden können“, sagte der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus, der Arzt Dr. Wolfgang Albers (Linke), bereits im Sommer der „Ärzte Zeitung“.
    Ich wurde direkt 24 Std. nach Stroke Unit/Intensivsation nach Hause gedrängt mit den Worten: wir räumen hier alles frei für C., keine Reha. Ging nie um die Menschen.

  8. 31.

    Warum sollten sie ?
    Es kann doch nicht sein, dass jede Klinik pauschal für alle eventualitäten Kapazitäten freihält. Das ist eine Wunschvorstellung der Vollkasko Mentalität die sich in Deutschland immer mehr durchsetzt bzw. durchsetzen will.... natürlich das Ganze am besten zum Null Tarif.

  9. 30.

    Richtig! Wenn Krankenhäuser voll werden kann man nicht die Wirtschaft auf dem Rücken von Kranken von Einschränkungen verschonen.

  10. 29.

    Und wer entscheidet, was notwendig ist und was nicht? Streng genommen gibt es keine unnötigen Behandlungen, das wäre nämlich Körperverletzung.
    Ich erachte eine Bandscheiben oder Hüft-OP durchaus als notwendig, da dem Patienten durch eine Nichtbehandlung auch gesundheitliche Schäden durch seine Bewegungseinschränkung etc entstehen.
    Es gibt halt auch noch andere Erkrankungen als Corona.

  11. 27.

    Es wurden doch aber nur Behandlungen untersagt, die nicht notwendig sind. Also die Lebensnotwendigen Sachen wurden weiterhin gemacht. Wenn sich jetzt einer dort mit Corona ansteckt, übernimmt dann die Klinik die Verantwortung, weil das Gesundheitsamt ist ja demnach nicht mehr zuständig?

  12. 26.

    Das Gesundheitsamt kann also keine zusätzlichen Kapazitäten freiräumen, die Kliniken entscheiden selber wie es läuft. Tragen diese Kliniken auch die Verantwortung, wenn es zu Kapazitätengpässen kommt?

  13. 25.

    Sie haben den Artikel nicht verstanden. Es geht darum, dass generell bestimmte Behandlungen abgesagt wurden. Es geht nicht um akute Quarantäne- Entscheidungen (Mutationen).

  14. 24.

    Ich frage mich immer, wo die Grenze zwischen dringlich und nicht dringlich liegt. Wenn jetzt jemand Krebs hat und eine Tumor-OP braucht bspw. Sagt man dann, na ja, der ist wohl auch nicht von heute auf morgen gekommen, da machen ein paar Wochen hin oder her keine Unterschied mehr? Oder sagt man: So schnell wie möglich operieren, nicht dass der wuchert und streut?!?

  15. 23.

    "Hochdynamisch" ist an dieser sogenannten Pandemie nur das Herbeireden möglicher Schreckenszenarien und Gesetzgebungsorgien, die Bürgerrechte ohne tatsächliche (wissenschaftliche) Handhabe einschränken - gemeint ist hier die sehr fragwürdige Bewertungen (vom wem auch immer) der sogenannten Inzidenz-Zahlen, ohne dass ein fundierter Zusammenhang zur Mortalitätsrate der betroffenen Risikogruppen herzustellen ist. So erstrecken sich die Inzidenzzahlen auf die gesamte Bevölkerung, während die pandemische Verbreitung des Virus für die besonders betroffene Altersgruppe ab 70+ unaufhaltsam und in Abhängigkeit derer Lebensumstände (Wohnheime) voranschreitet. So kann es trotz eines verringerten "Inzidenz-Wertes" weiterhin zu einer hohen C19 bedingten Sterblichkeit kommen. „Die Lockdown-Politik ist gerade für die vulnerablen Gruppen wirkungslos. (…)Prof. Dr.med. Matthias Schrappe, früher stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrates Gesundheit

  16. 22.

    Man "könnte" auch Anklage gegen den Senat erheben - nee lieber nicht, da wimmelt es von Juristen

  17. 21.

    "bis jetzt hatte das Verbot ja ganz offensichtlich geholfen",
    Woher nehmen Sie Ihre Gewissheit, dass es so ist? Für das Gesundheitswesen, als Ganzes war diese, durchaus politische Entscheidung, katastrophal. Sie hat u.a. zu unzähligen Krankenhaus-Schließungen geführt. Sie hat über 200 Tausend Angestellte im Gesundheitswesen in die Kurzarbeit getrieben. Nun ist die Frage legitim: wozu brauchen wir das Gesundheitswesen eigentlich? Wie wichtig ist Vorsorge, Früherkennung, Krebsdiagnostik, rechtzeitiges Erkennen der Herz- und Kreislauferkrankungen? All das blieb auf der Strecke um mit den Maßnahmen die vorab geschürte Ängste zu bedienen.
    Und Sie wissen es vielleicht nicht: Corona war 2020 für 4% der Toten des Jahres verantwortlich. Das gesundheitliche Belange der restlichen 96% war plötzlich sekundär und zweitrangig, weil "Kapazitäten" frei gehalten werden mussten. Die Kapazitäten, die es nicht mehr gab, weil sie von den gleichen Politikern in den letzten 30 Jahren abgebaut wurden.

  18. 20.

    Nein, der Senat hat verfügt das bestimmte Kliniken alles Corona unterzuordnen haben.... und das auch für den Fall das es sein könnte, das man mehr C19 Patienten bekommen könnte.
    Das Gericht hat nun gesagt.... das entscheiden die Kliniken ... und sie dürfen auch nicht C19 Patienten behandeln.
    Kurzfassung in Deutsch.
    Und dies hat eine Klinikgesellschaft eingeklagt.

  19. 19.

    @Eric
    Ich finde Ihren Vorschlag gar nicht verkehrt.
    Würden die Maßnahmen zuvor geprüft, es gäbe hoffentlich weniger hü und hott und damit mehr Sicherheit und auch Verbindlichkeit.
    Klar, die Prüferei kann nicht jedes Mal ein halbes Jahr dauern, hat es ja wohl aber in diesem Fall auch nicht.
    Bzw., hier noch ein Vorschlag von mir: auch zuvor eventuelle Maßnahmen oder Maßnahmenideen überprüfen lassen, also, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Dann wäre auch mehr Zeit für die Prüferei
    (Aber das ist vielleicht zu viel des vorausschauenden Denkens.)

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