"Schulorganisatorische Katastrophe" - Schulleitungen warnen vor Berliner "Sitzenbleiben"-Sonderregelung

Di 23.02.21 | 14:18 Uhr
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Schüler mit Mundschutz auf einem Tisch im Klassenzimmer (Bild: imago images/MiS)
Bild: imago images/MiS

Berlins Schulleiter protestieren gegen Pläne, allen Berliner Schülern das freiwillige Wiederholen des Schuljahrs zu ermöglichen. Über eine entsprechende Änderung des Berliner Schulgesetzes soll am Donnerstag im Abgeordnetenhaus vor dem Hintergrund der anhaltenden Corona-Pandemie und deren Auswirkungen auf den Unterricht entschieden werden.

Alle Schulen müssten dann jede von den Eltern gewünschte Wiederholung einer Klasse möglich machen, das könne zu einer "schulorganisatorischen Katastrophe" führen, warnten fünf Schulleiterverbände am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung.

Pädagogen befürchten "prekäre Raumsituation"

Weil nicht in jedem Jahrgang so viele Schüler die Klasse verlassen, wie möglicherweise freiwillige Wiederholer dazukommen, befürchten die Verbände übervolle Klassen zum Beginn des neuen Schuljahrs, fehlendes Personal für neu einzurichtende Klassen und eine prekäre Raumsituation. Es drohe ein schlichtweg nicht planbares Schuljahr, warnten die Schulleiter. "Vor allem aber: Ein noch größerer Verlust von Sozialbeziehungen der schon jetzt nach gelebter Gemeinschaft dürstenden Kinder und Jugendlichen."

Stattdessen forderten die Schulleiterverbände eine tragfähige langfristige Strategie, um mit den Folgen der Pandemie an den Schulen umgehen zu können. Nötig seien unter anderem schnelle Impfungen für Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher und Breitbandanschlüsse für die Schulen. Am Montag wurde bereits auf Bundesebene beschlossen, dass Lehrkräfte an Grundschulen und Förderschulen sowie Erzieherinnen und Erzieher in Kitas von der dritten in die zweite Gruppe der Impf-Reihenfolge vorgezogen werden, soweit nötiger Impfstoff in den Ländern da ist.

Dem Protest gegen die Berliner "Sitzenbleiben"-Sonderregelung angeschlossen haben sich die Vereinigung der Oberstudiendirektoren des Landes Berlin (VOB), die Vereinigung Berliner Schulleiterinnen und Schulleiter in der GEW, die Vereinigung der Leitungen berufsbildender Schulen, der Interessenverband Berliner Schulleitungen und die Vereinigung der Berliner ISS Schulleiterinnen und Schulleiter.

Sendung: Inforadio, 23.02.2021, 13:40 Uhr

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14 Kommentare

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  1. 14.

    Da ist der Senat und die Bauplanung und -verwaltung gefragt "schnelle und unkomplizierte" Lösungen zu finden. Allen sollte ein Wiederholen ermöglicht werden können. Ich weiß: Utopisch. Das wird sich mindestens durchs nächste Jahrzehnt durchziehen und der Rückstau Bus in die KiTas spürbar werden. Ich würde mein Kind definitiv nicht einschulen lassen oder ggf zurück stellen lassen. Wie das bildungspolitische System mit den hunderten Rückstellern umzugehen hat, wäre mir als Individuum Wurst. Am Ende interessiert es beim Abschluss oder im Beruf auch niemanden mehr. Da zählt Leistung und nicht, inwiefern man zugunsten des Bildungssystems entschieden hat.

  2. 13.

    Sie irren sich leider. Wie die meisten anderen Kommentatoren bereits erkannten.

    Sie haben beispielsweise 1000 Schüler in 10 Jahrgängen, also etwa zwei 100 pro Jahrgang. Aus der Kita rücken wieder 100 nach. Alles was dann die Schule nach der zehnten Klasse nicht verlässt kommt dazu, braucht Stühle, Tische und einen Lehrer. Dies wandert dann zehn Jahre durchs Bildungssystem.

    Die Idee mag gut sein und ich finde das gerade die Grundlagen sitzen müssen und würde meine Kinder auch wiederholen lassen. Das zusammengesparte System müsste das leider nur bedingt zu.

  3. 12.

    Ich fand diesen Vorschlag gut und denke, dass wir das unseren Kindern schuldig sind.
    Es wird jetz schon als ein Problem dargestellt, obwohl man noch gar keine Ahnung hat, wie viele es annehmen würden.

  4. 11.

    Ohne das Berliner "Abitur" würden noch viel mehr sitzen bleiben. Das Berliner Abitur ist doch schon an sich seit Jahrzehnten solch eine Sonderregelung.
    Das ist mit dem normalen Schulabschluss nicht anders.

  5. 10.

    Das Problem besteht doch jetzt schon. In den Gymnasien scheitern so viele Kinder und werden aktuell in die Sekundarschulen gestopft, dass dort die Klassen aus allen Nähten platzen.

  6. 9.

    Ich fürchte, hier hat die Schulsenatorin sich von ihrer Kollegin für Gesundheit die falsche Methode abgeschaut. Erst " tolle Idee " verkünden und hinterher erfahren, dass Berlin gar nicht die Kapazität dazu hat.

  7. 8.

    Tja, wer fröhlich die Schulschließungen bejaht, muss auch die Konsequenzen ausbaden. Das hätte den Schulleitungen auch vorher bewusst sein müssen. Es wird keine Bildungsministerin und kein Bildungsminister den Lehrstoff mit den SuS nachholen...selber schuld!

  8. 7.

    Wie ich sehe, täte eine freiwillige Wiederholung der Klasse einigen ganz gut... Zudem scheinen Sie privat keine Lehrer zu kennen, denn dann wüssten Sie wahrscheinlich, dass "faule" Lehrer eher die Ausnahme sind. Etwas Druck hat noch niemandem geschadet. Das wahre Leben ist später auch nicht immer einfach, da ist es förderlich, wenn man früher schon mal mit schwierigen Situationen umgehen gelernt hat.

  9. 6.

    Die faulen Lehrer wieder einmal. Es geht darum, dass schlichtweg nicht genug Lehrpersonal und Räume zur Verfügung stehen. Alle Wiederholer müssten in bereits bestehenden Klassen untergebracht werden, dass diese dann überfüllt sein werden, ist doch die klare Folge.

  10. 5.

    Ralf schrieb: "Die Die Lehrer haben wohl Angst vor der Mehrarbeit!!!"

    So ein Quatsch! "Die Lehrer" würden das gut finden.
    "Die Lehrer" arbeiten aber jeden Tag in der Schule und wissen, wieviele Räume sie so in Reserve haben und wieviel Personal als Rücklage so kurzfristig reaktiviert werden kann...
    In manchen Bezirken (z.B. Pankow...) quellen die Schulanfängerklassen über, der Plan für 2021/22 geht nur auf, wenn die Container-Ersatzbauten wirklich gebaut werden (aber wegen Corona.. wer weiß... die Bauverwaltung...)
    Und in den Gymnasien noch viel schlimmer, 32 Kinder/Klasse Vollauslastung in allen 7ten Klassen.
    So sinnvoll wie das inhaltlich wäre, "einfach" das Jahr komplett und gemeinschaftlich zu wiederholen, wo denn? Und wohin mit den neuen 7ten Klassen?
    Natürlich warnen die Schulleiter, weil es die gefühlt 539ste Spitzen-Idee ist, die die Bildungspolitiker der Presse mitgeteilt haben und die die Schulen dann eben mal irgendwie umsetzen sollen. Wie - geht nicht...? Oh...!

  11. 4.

    Mathe sagt mir, es sollten ALLE Schüler die Klasse wiederholen. Da kommt nur in der Grundschule ein Jahrgang hinzu. Aber auch für diese Schulanfänger wäre weder Sitzplatz noch Arbeitsfläche und in keinem Fall Lehr- und Betreuungspersonal vorhanden.
    Ab 2022 wälzt sich die Doppelbelegung durch die Klassenstufen, die überlebenden Ausbildungsbetriebe und leerstehende Universitäten.

  12. 3.

    Die Die Lehrer haben wohl Angst vor der Mehrarbeit!!!
    Ich würde es sehr Begrüßt. Wenn es von Schülern und Eltern gewünscht wird die Klasse einfach zu wieder holen. Man nimmt den Kindern sehr viel Druck und Stress und ermöglicht evt. So einen Besseren Schulabschluss besonders bei Benachteiligten Kindern aus sozial schwachen Familien und auch aus Immigranten Familie.
    Der Lehrstoff im nächsten Schuljahr setzt ja auf das Wissen vom Vorjahr auf.

  13. 2.

    Hi hi
    Bin mal gespannt, ob sich das auch mal ein Politiker durchliest und drüber nachdenkt.
    Mir würde da spontan die Erhöhhung der Schülerinnen und Schüler pro Klasse einfallen.... Und das über Jahre, weil ja in allen Jahrgängen wiederholt wird. Dem Lehrer ist es ja egal, ob er 26 oder 32 unterricht. Ironie aus.

  14. 1.

    Offenbar alles keine Mathelehrer. Wenn aus dem sagen wir mal 10. Jahrgang (4 Klassen) ca. 1 Klassenstärke sagt, ich mach die 10. noch einmal, dann werden das ja nicht mehr Schüler. Nur eine Klasse mehr Zehntklässler im nächsten Schuljahr. Also beispielsweise ann 5 mal 10. Klasse. Aber: in der 9. Klasse sagen ja auch ca. 1 Klassenstärke Eltern/Schüler, sie wiederholen, also sind dann nur noch 3 statt 4 neunte Klassen da.

    Es werden weniger Schüler in die 7. Klasse wechseln, damit ist Platz für die "Wiederholer".

    Nur in der ersten Klassen wird es spack - Neueinschüler und "Verweiler" (in den ersten 3 Jahren verweilt man lediglich, und das schon immer und rechtmäßig) kloppen sich ums Tischchen. Dafür sind aber in der 2. Klassen weniger Schüler. Die Lehrer der 2. Klasse, die dann frei hätten, können nochmal eine 1. Klasse unterrichten. Was VIELLEICHT auftritt ist, dass die Klassen anders zusammengesetzt werden müssen. Das ist aber verkraftbar, auf dem Pausenhof sieht man sich wieder.

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