Jedes Bundesland soll selbst entscheiden - Schulöffnungen nach Länder-Gusto in der Kritik

Do 11.02.21 | 11:08 Uhr
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Die Sonderpädagogin Annika Richter überprüft in einem Klassenzimmer der Comenius-Schule vor Beginn der Schulstunde den Laptop (Bild: dpa/Soeren Stache)
Bild: dpa/Soeren Stache

Dass Kitas und Schulen die ersten sein sollen, bei denen die Corona-Maßnahmen gelockert werden, stößt in der Sache auf kaum Kritik. Die Tatsache jedoch, dass wohl wieder jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kocht, sorgt für reichlich Unmut.

Der Beschluss von Bund und Ländern zur schrittweisen Öffnung der Schulen und Kindertagesstätten in den kommenden Wochen sorgt . Während die Kultusministerkonferenz die neuen Möglichkeiten begrüßte, kritisieren Vertreter von Pädagogen oder Kommunen, dass es keine bundeseinheitliche Lösung gibt.

Berlin und Brandenburg wollen am 22.2. starten

Nach den Bund-Länder-Vereinbarungen sollen die Landesregierungen im Rahmen ihrer Kultushoheit selbst über eine schrittweise Rückkehr zum Präsenzunterricht und die Ausweitung der Kita-Betreuung entscheiden.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte noch am Mittwochabend eine schrittweise Öffnung der Berliner Schulen ab dem 22. Februar angekündigt. Auch in Brandenburg sollen die Grundschulen am 22. Februar wieder für den Wechselbetrieb öffnen. Der Kabinettsbeschluss dazu sei für Freitag vorgesehen, kündigte der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Mittwoch an.

"Länder werden verantwortungsvoll beginnen"

"Ein gutes Ergebnis" nannte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz und Bildungsministerin in Brandenburg, Britta Ernst (SPD), dass Verhandlungsergebnis von Bund und Ländern. Auch der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält es für richtig, dass die Bundesländer die Schulen wieder öffnen können. Das sei eine ganz wichtige Nachricht für Familien, weil Kinder am stärksten unter der aktuellen Pandemie leiden, sagte Woidke am Donnerstagmorgen im rbb. Das sei bei aller notwendigen Vorsicht ein guter und angemessener Schritt.

"Die Länder werden jetzt verantwortungsvoll bei den Grundschulen mit schrittweisen Öffnungen beginnen", zeigte sich Ernst am Donnerstag in der "Rheinischen Post" überzeugt. Die Kultusministerkonferenz begrüße auch die verabredete Prüfung, ob Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte an Grundschulen früher geimpft werden können.

Uneinheitlichkeit sorgt für Chaos, so die Befürchtung

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) unterstützt diese Überlegungen zum Impfangebot. Sie hält es aber für falsch, bei den Schulöffnungen nicht bundesweit einheitlich zu verfahren. Das schade der Akzeptanz der Maßnahmen, sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".

Ähnlich argumentieren die Bundesschülerkonferenz, der Deutsche Lehrerverband und der Städte- und Gemeindebund. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg fordert ein bundeseinheitliches System, bei welchen Inzidenzwerten welche Schritte folgen. So sieht das auch der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Dario Schramm. Er sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland": "Das Chaos ist komplett, wenn wir uns die anstehenden Abiturprüfungen anschauen. Der eine Schüler wird sich vor Ort in der Schule vorbereiten können, ein anderer muss auf den qualitativ schlechteren Distanzunterricht hoffen." Von einem einheitlichen Vorgehen sei das weit entfernt.

Auch der Deutsche Lehrerverband bedauerte, dass keine gemeinsame Öffnungsstrategie vereinbart wurde. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, kritisierte ebenfalls, dass die Länder jetzt unterschiedliche Stufenpläne umsetzen.

Sendung: Radioeins, 11.02.2021, 9 Uhr

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59 Kommentare

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  1. 59.

    Wenn Schulöffnungen die Wirtschaft entlasten, so ist das doch sehr gut, weil die ganze Chose erarbeitet/bezahlt werden muss. Lass mal rechnen: von 24 h/d bleiben nach Abzug von Schlaf und V o l l arbeit noch 8-10 h für Freizeit/Haushalt/Kinderbetreuung, die sich oft in der Familie geteilt wird (und Omi ist auch noch da), so dass sich die Zeit für Betreuung verdoppelt. Das ist, auch auf Grund der vielen modernen Helferlein sehr viel Zeit, die nach Ihrem Beitrag auch noch weit aufgestockt wurde (12 h oder13 h oder noch mehr?). Das liest sich bei den überforderten Eltern aber ganz anders. Was macht man damit dann? Gut, den größer gewordenen Stress für erwartetes gutes Aussehen, ist nicht berücksichtigt und führt zu übergriffigen Überlegungen, was wiklich nicht gewollt ist. Eher ist es die Umstellung vom "ICH-bezogenem" zum "FÜR eigene Kinder da sein-Leben" und das schadet überhaupt nicht und ist ja nur von sehr kurzer Dauer...in einer schönen Lebensphase ohne Hunger/Krieg/Vertreibung.

  2. 58.

    Die Politik muss es nicht allen Eltern recht machen, ist dazu nicht verpflichtet und kann das auch nie leisten. Was die li/gr Bildungsverwaltungen in Brb. aber machen müssen, ist die Voraussetzungen schaffen für das Recht auf Bildung - sogar "Corona gerecht" (PISA ist da einer von vielen Gradmessern). Die Teils auch sehr guten Leistungen "an der Front" sind ganz alleine erarbeitet worden, was zu bemerkenswerten "Insellösungen" geführt hat und nun aufwendig mit Mehrarbeit "abgesaugt" wird. Also sollten die Eltern endlich echte Leistungen der BV einfordern, richtige zukunftsweisende (digitale) Konzepte laut einklagen und bei Versagen, so wie jetzt, mit "eisernem Besen" neue Strukturen fordern: ein "Woidschker Schulgipfel" könnte helfen ;-), denn es geht um die Kinder, deren (schlechte) Chancen in Brb/Bln und bitte nicht um Neid und Missgunst.

  3. 57.

    Ein Umzug in ein anderes Bundesland ist für ein Schulkind immer ein Problem. weil jedes Bundesland sein " Ding" anders macht.
    Das was sie über Bayern schreiben stimmt alles nicht! In jeder Gemeinde gibt es Kita mit Ganztagsbetreung für Kinder ab einem Jahr, einschließlich Mittagessen. Übrigens wird davon reger Gebrauch gemacht.

  4. 56.

    Ich zitiere mal aus der deutschen Presselandschaft zum wahren Hintergrund der Schulöffnungen: "Die geplante Wiederöffnung von Kindergärten und Schulen in Etappen wird nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit auch die Wirtschaft entlasten. „Kita- und Schulschließungen haben ganz klar Auswirkungen darauf, ob und wie lange Eltern arbeiten können“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Agentur, Detlef Scheele, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag). Von Oktober bis jetzt seien durch die Corona-Beschränkungen 59 Millionen Arbeitstage ausgefallen. „Davon entfallen geschätzt 37 Millionen Arbeitstage auf Kita- und Schulschließungen“, berichtete Scheele. Insgesamt konnten oder können laut Scheele rund 1,2 Millionen Erwerbstätige nicht arbeiten, da Betreuungsangebote nur eingeschränkt zugänglich sind"

    Nix BILDUNG oder SOZIALKONTAKTE. Nur Mammon. Und der nicht für die Angestellten...

  5. 55.

    Eine Bundes-Einheitliche Lösung ?
    - Alle Schulen ZU.
    Ab ? Sofort ! Für Alle ? Für Alle ! Aber bla, bla, blalala.
    - Alle Lehreinrichtungen AUF.
    Ab ? Sofort ! Für Alle ? Für Alle ! Aber bla ......
    IHR wollt doch gar keine Lösung. IHR wollt eine einfache Entscheidung für g a n z einfache Gemüter. Aber KEINE Verantwortung übernehmen.

  6. 54.

    Genau das ist am schlimmsten für die Kinder - dass sie sozusagen keine Großeltern mehr haben. Viele, wirklich viele Freunde meines Kindes haben ab Mitte Dezember (Teile) ihre(r) Großeltern an den Virus verloren, und sitzen allein mit dieser Trauer zu Hause. Die anderen (vernünftigen) Kinder sagen, sie kommen nicht mit zu O+O, wenn Mutti selbige mangels Transportmöglichkeit zum Impfen schaffen muss... sie hätten ja dank Zwangsbeschulung in Brandenburg "Kontakte" en masse, das wäre zu gefährlich für O+O.

    DAS sind seelische Nöte, die z. T. bei ordentlichem Impfmanagement, Aussetzen der Präsenzschulpflicht sowie Aussetzen unnötiger Prüfungen wie MSA nicht nötig gewesen wären!!!

    Und ich hätte gerne, dass mal EINER ausrechnet, wie viele Großeltern von Schülern wegen Ansteckung bei Schülerkontakten gestorben sind und ebenso, wieviele Tode durch das besch... Impfmanangement zu verantworten sind!

    Diese Antwort werden wir NIE erhalten.

  7. 53.

    Wissen Sie wann mein Kind gelitten hat? Als seine Oma gestorben ist an dem sch.... Virus, und er sich nicht mal verabschieden konnte.

  8. 52.

    Klar sind Kinder immer das Abbild ihrer Eltern. Das wissen wir seit .....

  9. 51.

    das Problem ist "nach Bayern um"ziehen. Das geht halt nicht. Von keinem Bundesland aus. Aber das ist ein Bayern-Problem... In Bayern müssen die Mütter ihre Kinder auch mittags aus der Kita zum daheim Essen abholen. Es gibt keine durchgehende Betreuung auf dem (Bayern)Land. Mütter gehören halt hinter den Herd - nicht als Arbeitnehmer in den Betrieb.

  10. 49.

    Es gibt tatsächlich Kinder, die nicht murren und meckern. Weil sie die Lage von ihren Eltern erklärt bekommen und sich nicht selbst überlassen werden. Auch diese Kinder möchten nach dem 25. Spielenachmittag mit ihren Eltern auch gerne mit ihren Freunden herumtoben und auf dem Spielplatz nicht immer Abstand halten. Trotzdem entwickeln sie Verantwortung und lernen mit schwierigen Lagen umzugehen, auch wenn's mal nicht toll ist. Am meisten murren und meckern diejenigen Kinder, deren Eltern auch immer meckern, andauernd schimpfen und ständig überhöhte Anforderungen stellen.Das haben wir in jeder Grundschulklasse genauso wie die ausgeglichenen Kinder.

  11. 48.

    Warum? Mein Kind ist ein fröhliches und ausgeglichenes Kind, ja er hat auch Freunde die er Vermisst. Aber wissen Sie was er mir heute gesagt hat, es gibt schlimmeres und da hat er Recht. Er akzeptiert sogar den MNS obwohl er befreit ist, andere die haben gefälschte Atteste.

  12. 47.

    Eigentlich sind Kinder eine Bereicherung,seit dem 1.Lockdown scheinen Kinder aber für viele Eltern eine Belastung zu sein. Eine Belastung,weil man sich plötzlich alleine kümmern muss. Da müssten viele bemerken, was Lehrer und Erzieher sonst so leisten,wenn die Kinder dort untergebracht, versorgt, beschäftigt , beschult werden. Das könnte zur Wertschätzung dieser Leistung führen. Könnte,vielfach passiert leider das Gegenteil. Das Argument, dass Kinder leiden und die Bildung auf der Strecke bleibt, wird plötzlich relativiert. Von vielen Eltern, die die Schulpflicht aussetzen möchten,denn die Schulen sollen wieder öffnen und nun will man selbst entscheiden,ob die Kids in die Schule gehen oder nicht. Es gibt also Eltern, die mit ihrem Nachwuchs kein Problem haben,weder mit der Versorgung, der Beschäftigung und Homeschooling, dann gibt es die Eltern,die das alles nicht können und die, die genau in der Mitte sind. Und ALLEN muss man/Politik gerecht werden.

  13. 46.

    Das würde mich persönlich stutzig machen. Ein Kind, das nicht meckert und murrt?

  14. 45.

    Sie haben es ja schon richtig beschrieben: Leid kommt in vielen Formen...

  15. 44.

    Hallo cfik,
    ich möchte etwas entgegenhalten.

    1. die Kinder leiden, wir haben in mehreren Einrichtungen Kinder und sie vereinsamen, sie wollen spielen, sich treffen. Sitzen nur noch in der digitalen Welt. Ohne Geschwister ist es noch härter

    2. Haben Sie wahrscheinlich im Beruf/Alltag nicht viel mit Kindern zu tun, sonst wäre Ihr Satz "...gerade nicht mit seinen Kumpeln auf dem Helmholtzplatz spielen..." nicht entstanden. Von welchem Zeitraum reden wir denn hier? Bestimmt nicht seit gestern

    3. Es geht hier um die "Leiden" der Corona-Maßnahmen in Deutschland und nicht um whataboutism, was noch in der Welt geschieht. Natürlich sind das andere Maßstäbe, aber diese Anschuldigung hilft hier nicht weiter.

    Es grüßt
    Jakob

  16. 43.

    "... weil Kinder am stärksten unter der aktuellen Pandemie leiden, sagte Woidke." Nein. Kinder leiden nicht am stärksten. Am stärksten haben die rund 63.000 Toten in Deutschland gelitten, bevor sie jämmerlich erstickt sind. Schwer gelitten haben deren Angehörige. Aber wenn der kleine Felix aus dem Prenzlauer Berg gerade nicht mit seinen Kumpeln auf dem Helmholtzplatz spielen kann oder die etwas größere Felicitas in der dritten Klasse jetzt Mühe beim Lernen hat - dann ist das zwar alles auch nicht schön. Aber LEIDEN? Leiden tun die Kinder in Syrien, leiden tun die Kinder im Flüchtlingslager Moria, leiden tun die Rohingya-Kinder, die Kinder im Südsudan, im Jemen, in Afghanistan. Leiden tun die Eltern, deren Kinder bei der Flucht vor Assads Giftgas-Angriffen übers Mittelmeer ertrunken sind. DAS ist Leiden. Was wir "erleiden", ist ein Erste-Welt-Problemchen.

  17. 42.

    Im Grundsatz haben Sie Recht. Allerdings kann es aufgrund der " nachbarlichen Verflechtungen" zwischen Stadtststaaten wie Berlin,Hamburg, Bremen und Flächenländern wie Brandenburg und Niedersachsen zu Problemen führen,siehe @2.

  18. 41.

    Aber ob man in der Einrichtung, in der man seinen Namen tanzen lernt usw. und (etwa?)alles bestens geregelt sei, Strategien für's Leben besser lernt, als auf holprigen Wegen, ist noch die Frage.
    Wir sollten immer nur soviel erwarten, wie wir selbst zu geben bereit sind. Schule ist hierfür nur eines der großen Übungsfelder, mit und ohne Pandemie.

  19. 40.

    Wenn ich meinen Nachwuchs wieder in die Schule bringen MUSS, dann kann ich auch gleich im Bus sitzen bleiben und wieder ins Büro fahren. Kein Grund meinen Arbeitgeber wegen HomeOffice-Verweigerung drankriegen zu wollen. Weder ich bin geschützt, noch mein Nachwuchs, wenn wir uns dem Schulgeschehen wieder hingeben müssen. Aber bitte dann auch mit Hort und alles was dazu gehört, damit die Eltern auf ihre 8 Std. Arbeitszeit kommen.

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