Gesundheitsverwaltung - Berlin hebt Priorisierung bei Astrazeneca-Impfstoff auf

Do 22.04.21 | 20:25 Uhr
  105
Silvio König, Leiter des Impfzentrums, stellt ein Fläschchen mit fünf Milliliter Corona-Impfstoff von Astrazeneca im Eingangsbereich des Terminal C des ehemaligen Flughafens Tegel im Corona-Impfzentrum auf einen Tisch. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Video: Abendschau | 22.04.2021 | Max Kell | Bild: dpa/Soeren Stache

Der Impfstoff Astrazeneca kann ab sofort in den Berliner Arztpraxen unabhängig von der Priorisierung nach der Impfverordnung des Bundes verimpft werden - also etwa auch an junge Menschen. Dafür gibt es viel Lob, aber auch Kritik.

Der Impfstoff Astrazeneca kann ab sofort in den Berliner Arztpraxen allen Impfwilligen verimpft werden - unabhängig von der Reihenfolge in den Regelungen des Bundes. Er kann damit auch für unter 60-Jährige genutzt werden. Das teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit am Donnerstag mit.

Bereits seit Anfang April wird in Berlin bei der Erstimpfung Astrazeneca in Haus- und Facharztpraxen verimpft. Bisher war die Zielgruppe allerdings auf die Priorisierung nach der Impfverordnung beschränkt.

"Mit dieser Entscheidung werden wir der aktuellen epidemiologischen Lage gerecht, so wie es auch die Impfverordnung vorsieht", sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD). In der aktuellen Infektionswelle komme es darauf an, möglichst viele Menschen möglichst bald zu immunisieren – auch mit dem aufklärungsintensiven Astrazeneca-Impfstoff.

Kalayci erntet viel Lob, aber auch Kritik

Für die Freigabe des Impfstoffs bekam Kalayci viel Zustimmung, es gab aber auch Kritik. Die Aufhebung der Impf-Priorisierung sei längst überfällig gewesen, sagte der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Wolfgang Albers Linke), dem rbb. Er nannte die Freigabe in den Arztpraxen für alle Altersgruppen einen richtigen und wichtigen Schritt.

Tim-Christopher Zeelen (CDU) lobte, es sei gut, das jetzt mehr Menschen die Möglichkeit bekämen, sich gegen einen schweren Corona-Verlauf zu schützen.

Auch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin begrüßte die Astrazeneca-Freigabe grundsätzlich. Da aber in den Praxen nicht ausreichend Impfstoff vorhanden sei, sollten Impfwillige jetzt nicht sofort nach Terminen fragen. Die KV werde in ein paar Tagen auf ihrer Webseite eine Übersicht der Praxen veröffentlichen, in denen es noch nicht verplante Dosen von Astrazeneca gebe.

SPD-Politiker Isenberg warnt vor „Hauen und Stechen“

Kritisiert wurde Kalayci hingegen aus ihrer eigenen Partei. Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Thomas Isenberg, mahnte an, Impfstoffe müssten nach medizinischem Bedarf und Risiko vergeben werden.

Er warnte im rbb vor einem "Hauen und Stechen" um Impftermine. Es dürfe nicht sein, dass derjenige, der die besten Kontakte oder die stärksten Ellbogen habe, am schnellsten einen Termin bekomme.

Astrazeneca war bisher für Menschen unter 60 ausgesetzt

Bund und Länder hatten Ende März nach einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) beschlossen, Astrazeneca nur noch für Menschen ab 60 Jahren einzusetzen. Hintergrund sind Fälle von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen bei Jüngeren nach der Impfung.

Berlin hatte daraufhin die zusätzliche Möglichkeit für 60- bis 70-Jährige geschaffen, sich in den Impfzentren Tegel und Tempelhof mit Astrazeneca impfen zu lassen. Diese Altersgruppe wäre nach der Priorisierung des Bundes derzeit eigentlich noch nicht an der Reihe gewesen.

In drei weiteren Bundesländern ist Astrazeneca mittlerweile wieder für alle Altersgruppen freigegeben: Nach Sachsen entschieden am Mittwoch auch Mecklenburg-Vorpommern und Bayern, die Priorisierung für diesen Impfstoff komplett aufzuheben. Brandenburg behält die Priorisierung zunächst bei.

Prozedere für Zweitimpfungen

In Berlin sollen die Zweitimpfungen von über 60-Jährigen mit Astrazeneca, die ihre erste Impfung in den Corona-Impfzentren Tegel und Tempelhof erhalten haben, ab dem 3. Mai im CIZ-Tempelhof fortgesetzt werden, das derzeit vorübergehend geschlossen ist.

Unter 60-Jährige, die in den Impfzentren mit Astrazeneca geimpft worden waren, sollen ihre Zweitimpfung in den Impfzentren mit dem Impfstoff von Moderna erhalten, teilte die Senatsverwaltung mit.

Was Sie jetzt wissen müssen

105 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 105.

    Das ist eine SUPER tolle Antwort Sven, kurz und treffend. Bin deiner Meinung. Es gibt täglich Autounfälle, einige enden tödlich und trotzdem fährt jeder Auto.

  2. 104.

    Trotzdem muss die Entscheidung, ob man sich impfen lässt oder nicht, bei jedem Einzelnen verbleiben. Ich bin inzwischen selbst (ein Mal) geimpft und habe den Pieks herbei gesehnt, weil ich persönlich nicht nur die Impfung für mich für sinnvoll und notwendig erachte sondern auch dafür bereit bin, mögliche Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen. Die schweren Komplikationen halte ich trotzdem für so hoch, dass ich jedem Anderen zugestehe, selbst zu entscheiden, ob er sich solch einen Vektorimpfstoff verabreichen lässt. Wer jung und gesund ist und damit kein besonders großes Sterberisiko an Corona hat, muss dies für sich selbst abwägen dürfen. Dazu gehört eben auch, dass wir als Gesellschaft akzeptieren, dass derjenige das Restrisiko eines tödlichen Krankheitsverlaufs für sich bewusst in Kauf nimmt. Wer das nicht will und auch durch Ungeimpfte nicht tödlich infiziert werden will, kann sich ja selbst impfen lassen.

  3. 103.

    Offensichtlich Frau Merkel und alle anderen die ein gesetz verabschieden was sich nur an einer willkürlichen (und durch verzögerte Meldung bzw. Nachmeldung total verfälschten) 100er Zahl orientiert und ALLE anderen Gesichtspunkte und Argumente ausser 8 lässt.

  4. 102.

    "...der mir helfen kann diese Aussagen zu verstehen?..." der wird sich wohl nicht finden lassen.

  5. 101.

    Ob Kontraindikationen vorliegen, kann eben nicht jeder potentielle Impflinge so gut selbst einschätzen - eine ausführliche Beratung durch den Arzt/die Ärztin kann da durchaus bei der Risikoabschätzung helfen.

  6. 100.

    An die Impfhotline: (030) 9028-2200. Für ü60 war dort bis zum 20.04.2021 eine Terminvereinbarung (für AstraZeneca) auch ohne Impfcode vorgesehen - vielleicht geht das auch jetzt noch. Einen Versuch ist's jedenfalls wert. Viel Glück!

  7. 99.

    Nach derzeitigem Kenntnisstand reicht dann wohl eine Impfung. Sie brauchen durch die überstandene Infektion nur den Booster, da die Infektion einer ersten Impfung gleichkommt.

  8. 98.

    Was bitte hat der Hinweis, dass andere Corona-Impfstoffe nahezu das gleiche Thromboserisiko bzw. die Pille und das Rauchen ein deutlich höheres Risiko als AZ haben damit zu tun, dass jeder nur noch an sich selbst denkt? Das verstehe ich beim besten Willen nicht. Es geht doch aus meiner Sicht darum, abzuwägen, ob ich mich dem minimalen Risiko durch eine Impfung aussetze oder gegebenenfalls an Corona erkranken mit schwerem oder sogar tödlichem Verlauf. Ich musste da nicht wirklich lange überlegen.

  9. 97.

    Hörte vorhin in einem Chat v. einer Ärztin in Johannisthal, die Angst hat, ihre AZ-Dosen nächste Woche vernichten zu müssen, weil sie keine Abnehmer findet...

  10. 96.

    Für die Krankheitsaufwendungen bei einem Impfschaden durch Astra Zenica unter 60 kommt derStaat auf, verliert man aber dadurch seine Arbeit und wird man Arbeitsunfähig greift keine Versicherung? Der Impfstoff
    ist nachwievor nur für ueber 60 Jaehrige offiziell zugel.
    Man ist dann selbst schuld, da man voher ja über die
    Risiken aufgeklärt wird.

  11. 95.

    Für die Krankheitsaufwendungen bei einem Impfschaden durch Astra Zenica unter 60 kommt derStaat auf, verliert man aber dadurch seine Arbeit und wird man Arbeitsunfähig greift keine Versicherung? Der Impfstoff
    ist nachwievor nur für ueber 60 Jaehrige offiziell zugel.
    Man ist dann selbst schuld, da man voher ja über die
    Risiken aufgeklärt wird.

  12. 93.

    Hallo Simon! Was für ein Quark. Und wer hat Interesse daran uns im Dauerlockdown zu halten? Bill Gates, die Echsenmenschen...?

  13. 92.

    "USUS"
    Keine Ahnung wer Ihnen so etwas erzählt hat, oder woher Sie diese Ansichten nehmen. Gibt es dafür eine Lehrkraft, einen Ansprechpartner der diese Dinge vermittelt? Haben Sie jemanden an den ich mich wenden kann, der mir helfen kann diese Aussagen zu verstehen? Einen Link, eine Gruppe, eine Person?

  14. 91.

    Das ganze Theater ist Kalkül, damit sich die Impfungen möglichst lange rauszögern und man nicht öffnen muss.
    Denn je läänger das mit dem Impfen dauert umso größer die Chance auf neue Mutationen gegen die die Impfung nicht wirkt, und umso wahrscheinlicher wird der nie enden wollende Dauerlockdown verlängert. Ist ja mittlerweile Usus.

  15. 90.

    Ich habe da mal zwei Fragen. Was ist eigentlich mit Personen die an Corona erkrankt waren und nachweislich Antikörper gebildet haben?
    Sollten die auch zwei Impfungen erhalten?

  16. 89.

    "Die Aufhebung der Impf-Priorisierung sei längst überfällig gewesen" und
    "so wie es auch die Impfverordnung vorsieht", sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD)"
    Aha, toll SPD.
    Dann bitte erst mal weiter in der Prio, laut Impfverordnung !
    Gebt wenigstens den Menschen eine Chance eine Termin zu bekommen, die seit über einem Jahr dafür sorgen das jeder Essen und Trinken kann, die uns den Arsch ebenfalls retten, ohne Chance auf Homeoffice. Kassierer /in und alle in der Lebensmittelherstellung u. deren Vertrieb.
    Systemrelevant... zum Teil mit mehr als 1000 Kontakten, sollen sich jetzt mit einem z.T. 10 Std. + Tag anstellen, kämpfen??
    Ehrlich, richtig unsozial!!!
    Unfair... Keine Worte mehr!

  17. 88.

    und eine ausführliche Beratung durch den Impfarzt soll was bewirken ? dem Impfwilligen umstimmen ? oder doch mehr auf den Haftungsausschluss hinweisen ? der Impfarzt weiß auch nicht mehr , es sei denn , dass Kontraindikationen vorliegen, aber das weiß meistens der Impfling auch selbst

  18. 87.

    Bei Menschen unter 60 Jahren ist jedoch vor dem Spritzen eine ausführliche Beratung durch den Impfarzt vorgeschrieben.
    "Für unter 60-Jährige ist eine Impfung mit dem Impfstoff von Astrazeneca nicht empfohlen, im Einzelfall aber möglich."

    https://www.n-tv.de/politik/Staat-haftet-bislang-nicht-bei-Astrazeneca-Schaeden-article22508065.html

  19. 86.

    " Mit Fingerspitzengefühl und etwas difizieler Technick gibt es also eine Extraportion. "

    prima, und damit katapultiert sich Deutschland impftechnisch in die Spitzenposition in der EU

Nächster Artikel