Gesundheitssenatorin im Abgeordnetenhaus - Kalayci lehnt Lockerungen für Geimpfte vorerst ab

Mo 12.04.21 | 14:28 Uhr
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Dilek Kalayci (SPD), Berlins Gesundheitssenatorin (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Bild: dpa/Jörg Carstensen

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci hat sich im Abgeordnetenhaus dagegen ausgesprochen, die Infektionsschutz-Maßnahmen für Geimpfte zu lockern. Aus ihrer Sicht ist dieser Schritt erst ab einer höheren Impfquote sinnvoll.

Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hat sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegen Lockerungen für Geimpfte ausgesprochen. Sie plädierte am Montag im Abgeordnetenhaus dafür, damit zu warten, bis die dritte Corona-Infektionswelle abgeflaut ist.

Grund dafür sei unter anderem das Risiko, dass auch Geimpfte andere Menschen infizieren können. Bisher lägen dem Robert Koch Institut (RKI) noch keine Informationen vor, wie hoch die Quote dieser Fälle ist. Einzelfälle seien aber bekannt, so Kalayci.

Kalayci: "Der Frühling wird hart"

Stattdessen schlug die Gesundheitssenatorin vor, Geimpfte genauso zu behandeln wie Menschen mit einem tagesaktuellen, negativen Schnelltest. Die Geimpften hätten zumindest ein geringeres Ansteckungsrisiko als Schnellgeteste.

Für Berlin meldet das RKI aktuell eine Impfquote von 16,2 Prozent für Erstgeimpfte und 7,2 Prozent für Menschen mit dem kompletten Impfschutz. Die Quote beim kompletten Impfschutz ist im Bundesvergleich aktuell der Spitzenplatz; bei den Erstimpfungen liegt Berlin im vorderen Drittel.

Aus Sicht Kalaycis sei es erst sinnvoll, über die Lockerung von Infektionsschutz-Maßnahmen nachzudenken, wenn ein hoher Anteil der Bevölkerung geimpft sei. Erstrebenswert sei eine Impfquote von 60 Prozent der Gesamtbevölkerung, die aber aus ihrer Sicht erst in zwei bis drei Monaten erreicht sein dürfte. "Der Frühling wird hart", sagte Kalayci im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses.

Britische Virus-Mutation für 86 Prozent der Corona-Infektionen in Berlin verantwortlich

"Die Lage ist nach wie vor besorgniserregend", so die SPD-Politikerin am Montag im Gesundheitsausschuss. "Wir müssen die Kontakte auf ein Minium reduzieren. Es ist nicht die Zeit, sich in Gruppen zu treffen oder sich gegenseitig zu besuchen", sagte Kalayci. "Wir hatten in Berlin in den letzten sieben Tagen 4.300 Neuinfektionen."

In Berlin ist die britische Virusvarianten aktuell für 86 Prozent aller Corona-Infektionen verantwortlich. Grund zur Sorge bereite ihr, so Kalayci, dass sich die Positivrate bei PCR-Tests innerhalb der vergangenen knapp zwei Monate nahezu verdoppelt habe.

Kalayci erwartet bald Covid-Patienten aus anderen Bundesländern

Waren Mitte Februar noch 5,9 Prozent aller PCR-Tests positiv, liegt die Quote aktuell bei 11,4 Prozent. Außerdem besorgniserregend sei die Entwicklung auf den Intensivstationen. 26,3 Prozent der Intensivbetten sind aktuell ausgelastet. In konkrete Zahlen übersetzt sind das 308 Intensivpatienten. Es gibt aber auch noch freie Betten in Berlin. Stand Montag sind es 176. Außerdem könnten innerhalb von 24 Stunden 283 Betten dazu geholt werden, so Kalayci. Noch reichten die Intensivbetten der Krankenhäuser und aktuell sei nicht abzusehen, dass das Messekrankenhaus in absehbarer Zeit eingesetzt werden müsse.

Wegen der bundesweit steigenden Zahlen an Intensivpatienten erwartet Kalayci, dass in den Krankenhäusern der Hauptstadt bald Covid-19-Patienten aus anderen Bundesländern aufgenommen werden. Die SPD-Politikerin sagte, dass es einen klaren Trend nach oben gebe. Zwar zeige die Corona-Ampel bei den Intensivbetten schon Rot, aber Berlin habe auch freie Bettkapazitäten. Berlinweit seien 176 infrage kommende Betten frei. Innerhalb von 24 Stunden seien 283 weitere Intensivbetten aktivierbar.

Messe-Notfall-Krankenhaus steht bereit

Kalayci wies auf Vereinbarungen mit anderen Bundesländern wie Brandenburg, Thüringen oder Sachsen hin, sich bei Bedarf gegenseitig zu unterstützen. In Brandenburg und Thüringen sei die Auslastungssituation angespannt. Sie gehe davon aus, dass eine Hilfestellung zwischen den Bundesländern erforderlich sein werde. Bisher liege aber noch kein Antrag dazu vor. Während der zweiten Welle waren Patienten beispielsweise von Brandenburg nach Berlin verlegt worden.

Das Personal sei nach Angaben der Senatorin dafür geschult, intensivmedizinisch zu arbeiten. Weil im Grunde kein zusätzliches Personal vorhanden sei, müsse das Personal aber von anderen Bereichen der Krankenhausversorgung abgezogen werden. Im Fall, dass das Messe-Notfall-Krankenhaus also gebraucht würde, müssten dann zunehmend andere Bereiche der Krankenversorgung runtergefahren werden.

Sendung: Inforadio, 12.04.2021, 13 Uhr

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95 Kommentare

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  1. 92.

    Wir gratulieren auch zu ihrer Einstellung sehr geehrte Gesundheitsministerin
    Allerdings wo bleiben die Impfeinladungen für chronisch kranke

  2. 91.

    "... Die Zeche für die kaputte Wirtschaft zahlt zum Schluss sowieso die Regierung. ...."
    Muss leider widersprechen: NICHT die Regierung .... sondern WIR, die Steuerzahler bezahlen die Zeche!

  3. 90.

    Gratuliere zu Ihrer tollen Einstellung!

    "Warum also sollte ich mich impfen lassen?" -
    Damit Sie, wie bei allen anderen Imfungen auch, gesund bleiben bzw. keinen schweren Verlauf bekommen.
    Und auch andere Menschen schützen ("Impfversager", Herdenimmunität für "Impfunfähige")

    "gesundheitlichen Gründen niemals eine Maske getragen" passt m.E. irgendwie nicht
    "trotz Impfung weiterhin mit dem ollen Deckel aufem Mund rumrennen sollen".

    Ich weiß auch nicht, ob Sie immer küssend durch die Gegend laufen, aber Ihre Kaiserin werden Sie ja wohl in den letzten 14 Monaten geküsst haben ;-)

    Es gibt momentan zu wenig Impfstoff!
    Ich fände es fast eine Frechheit, jetzt auch noch von den Steuergeldern Konzertkarten zu finanzieren!

  4. 89.

    Heute, einen Tag später, muss man sich fragen, ob unsere Gesundheitssenatorin nicht sehr durchsetzungsstark oder doch eher wie ein Fähnchen im Wind ist.

  5. 88.

    Das wissen wir, andere aber nicht zwangsläufig. Nennen wir es einen zarten Versuch des Hinweisens.

  6. 87.

    Wieso beklagen sie sich? Sie sind doch selber schuld, wenn sie sich auf dieses betteln um Aufmerksamkeit einlassen. Mehr ist es nicht, denn gehaltvolle Beiträge hat er noch nie abgeliefert.

  7. 86.

    Also irgendwie sind Sie lustig. Ihre Gerichte haben gerade die Maskenpflicht im Einzelhandel bestätigt.

  8. 85.

    Es wurde doch nun schon diverse mal von Gerichten Maßnahmen gekippt. Eine andere Möglichkeit als klagen hat man rechtlich nicht.
    Aber drehen wir den Spieß mal um .... gibt es denn eine Nachweis, das die ffp2 Maskenpflicht im Einzelhandel etwas gebracht hat ?
    Mehr Freiheiten für geimpfte.....
    https://www.merkur.de/politik/rheinland-pfalz-coronavirus-impfung-rechte-geimpfte-regeln-ausnahmen-90404580.html
    Nicht alle Maßnahmen sind sinnlos aber es gibt zu viele sinnlose Maßnahmen an denen festgehalten wird.
    Und ich bin absolut dafür das jede grundrechtseinschränkung begründet und deren Wirksamkeit belegt wird.... das muss nicht im Vorfeld passieren aber wenn nach x Wochen die Wirksamkeit noch immer nicht nachgewiesen werden kann dann sollte dies auch zurück genommen werden.... und leider machen das Politiker nicht sondern nur Gerichte.
    Und es muss auch ein Gegengewicht zu den ewigen Rufen nach mehr schärfer usw. geben.... und fast immer begründe ich meine Aussagen mit links

  9. 84.

    Da man hier anscheinend alles erklären muss..
    Aufgrund eines positiven Schnelltests wird erst ein PCR-Test durchgeführt,bei einem negativen wohl eher nicht. PCR-Tests werden daher viel gezielter durchgeführt. Dadurch steigt auch die Positivenrate und ist auch nicht mit der zu vergleichen,als noch keine flächendeckenden Schnelltests eingesetzt wurden. Mehr hab ich nicht gesagt.

    @Exil-Ungar
    Schon interessant,was manche in eine Aussage hineininterpretieren..

  10. 83.

    Dazu kann ich nichts sagen, diese Partei ist für mich nicht existent. Meine Meinung zu sagen (siehe 69.) das ist Demokratie und hat nichts zu tun selbige nicht haben zu wollen.
    Das die EU das Impfthema in den Sand gesetzt hat, ist die eine Sache, sich dann aber hinzustellen und zu sagen wir haben alles richtig gemacht, geht gar nicht. Selbst jetzt hätte man alles in die Hand nehmen müssen um den Fehler zu korrigieren
    und das Sterben in der EU zu verhindern.

  11. 82.

    Ihre Ausführungen zur „Stochastik (lateinisch ars conjectandi ‚Kunst des Vermutens‘, ‚Ratekunst‘“– vielen Dank! Das RKI vollbringt täglich diese „Ratekunst“ beim Berechnen des Inzidenzwertes ( keine oder unvollständige und sporadische Meldungen der Gesundheitsämter). Auch fehlt mir der Bezug der festgestellten Infizierten mit Covis-19 zu 100.000 Einwohner. Eine Hochrechnung müßte mindestens im Verhältnis der Infizierten zu den insgesamt getesteten und dann zu den 100.000 EW erfolgen? Diskussionen über Lockerungen beim heutigen Impfstand zu führen ist reine Zeitverschwendung. Lockerungen kommen nur mit Voranschreiten der Impfungen. In 3-4 Monaten könnten wir darüber reden – aber das ist vermutlich zu optimistisch, wenn sich nicht grundsätzlich etwas ändert. Impfstoff ist Firmeneigentum!

  12. 81.

    Wenn die Senatorin recht hat , hat sie recht. Also hört auf zu jammern und haltet durch.
    Irgendwann sind wir mit der Pandemie durch und jeder hat sein altes Leben zurück. Solange sollten wir die Füße still halten.
    Bis dahin einfach das Beste draus machen.
    Die Zeche für die kaputte Wirtschaft zahlt zum Schluss sowieso die Regierung.

  13. 80.

    Ich denke, dass es mehr Freiheiten für Geimpfte, außer der im Artikel erwähnten Gleichsetzung mit negativ Getesteten, dann geben sollte, wenn die Impfwilligen die Möglichkeit hatten geimpft zu werden. Das beziehe ich auch auf mich, der schon bald geimpft wird. Die Impfverweigerer von den Verquerdenkern und ihrem politischen Arm, der afd (siehe corona-Beschluss auf ihrem Parteitag am WE) müssen dann eben selbstvetantwortlich mit einem höheren Risiko leben an corona zu erkranken.
    Beim MDR in den Foren kann man schmunzelnd feststellen, dass Foristen, die sich bisher gegen das Impfen aussprachen (Gen-Manipulation und so nen Schrott) und von Eigenverantwortung zelebrierten, sich dann plötzlich über das "Impfdebakel" beschweren. Diese betrifft es doch nicht,wenn sie solch Impfgegner sind.

  14. 79.

    Mal rein hypothetisch: sie müssen sich 2 Stunden mit einer weiteren Person in einem Aufzug aufhalten. Sie hätten die Wahl zwischen jemanden der mit Schnelltest negativ getestet wurde oder jemanden der seine volle Impfschutz hinter sich hat. Wem von den beiden würden sie wählen? Ich würde dann die geimpfte Person wählen.

  15. 78.

    Wenn lange genug über ein Thema debattiert wird, ist es i.d.R. möglich sich grundsätzlich vom ursprünglichen Kernthema soweit zu entfernen, dass (eigene) schwammige Erstaussagen geschickt kaschiert werden. Es bedarf dazu nur einer hinreichen Ausdauer und Beharrlichkeit.
    "Vom Winde verweht" ist nicht nur ein Filmklassiker, sondern trifft auch auf die Kernaussage des Kommentars 9 zu.
    "Und nun würde ich gerne erfahren, wie zu diesem Thema die Sicht von anerkannten Experten mit epidemischer Erfahrung und einer anständiger Publikationsliste aussieht."
    Jetzt sollte aber keine Diskussion über Hollywood losgetreten werden, obwohl es sich anbieten würde :)

  16. 77.

    Ich habe mich ein ganzes Jahr lang nicht angesteckt obwohl ich aus gesundheitlichen Gründen niemals eine Maske getragen habe. Warum also sollte ich mich impfen lassen? Es gibt für mich keinen ersichtlichen Grund, solange Geimpfte weiterhin sich nicht umarmen, die Hände schütteln, küssen, ohne Termin oder Datensammelwut einkaufen dürfen und im Normalfall sogar trotz Impfung weiterhin mit dem ollen Deckel aufem Mund rumrennen sollen.

    Man muss den Leuten schon Anreize schaffen. Für jeden geimpften ein Freiticket für ein Konzert oder Fußballspiel seiner Wahl bei Eventim (die organisieren ja eh vielerorts schon die Terminvergabe für die Imofungen) , ein Restaurantgutschenin für ein örtliches Lokal und vor allem ein Schreiben, aus dem klar hervorgeht,
    dass man von sämtlichen verfassungsfeindlichen Restriktionen, Hausarrresten und anderen Gängelungen entbunden ist.

    DANN lassen sich auch sofort 90 Prozent aller Menshcen impfen

  17. 76.

    Debby,
    "Hat das RKI nicht festgestellt, dass Geimpfte mit negativ Getesteten gleichgestellt werden könnten? Aber jeder macht eben seine eigenen Regeln."
    Steht doch im Text aber drin
    ".. Stattdessen schlug die Gesundheitssenatorin vor, Geimpfte genauso zu behandeln wie Menschen mit einem tagesaktuellen, negativen Schnelltest.. "

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