Giffey für frühere Öffnung - Berliner Politik streitet über Schulöffnung vor den Ferien
In Brandenburg dürfen die Grundschüler schon kommende Woche wieder in die Schulen zurück, Berlin hat bisher Wechselunterricht bis zu den Sommerferien verordnet. Doch die Stimmen für eine frühere Öffnung der Schulen mehren sich - auch SPD-Spitzenkandidatin Giffey ist dafür.
Innerhalb der rot-rot-grünen Regierungskoalition in Berlin wächst der Druck, an den Schulen doch noch vor den Schulferien zumindest teilweise Präsenzunterricht zuzulassen. Grünen-Fraktionschefin Silke Gebel plädierte am Mittwoch dafür, sich dabei ein Beispiel an Brandenburg zu nehmen "und zumindest die Grundschulkinder schon vor den Sommerferien wieder im ganzen Klassenverbund zusammenkommen zu lassen." Es können nicht sein, sagte Gebel dem rbb, dass bald wieder Kongresse mit über 200 Personen möglich sein sollen, Grundschulkinder aber keinen normalen Unterricht erhalten. "Wir haben immer gesagt, Kinder und Jugendliche leiden besonders unter den Corona-Regeln, sie müssen bei den Lockerungen Priorität haben."
In Brandenburg kehren die Grundschulen am Montag (31. Mai) in den Präsenzunterricht zurück, eine Woche später die weiterführenden Schulen (7. Juni). Voraussetzung dafür ist ein Wert von weniger als 50 Corona-Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen in dem Landkreis, und zwar an drei Tagen in Folge.
SPD-Bildungssenatorin Scheeres gegen baldige Lockerung
Gebel stellt sich damit gegen den Senatsbeschluss, bis zu den Sommerferien im Wechselunterricht fortzufahren. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) begründete das unter anderem damit, dass die Ferien im Gegensatz zu manch anderen Ländern schon bald beginnen und sich Aufwand einer Umstellung und Nutzen somit kaum lohnten. Erst nach den Ferien sei mehr Präsenzunterricht geplant. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte gesagt, eine Änderung löse "Unruhe" an den Schulen aus.
Die Lehrergewerkschaft GEW unterstützt den Kurs und verweist unter anderem auf viele Lehrkräfte, die bisher noch nicht vollständig geimpft sind.
Ganz anders sieht das die SPD-Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin für die anstehende Berlin-Wahl, Franziska Giffey. Es sei zu prüfen, ob Präsenzunterricht vor den Sommerferien nicht
doch noch möglich ist, sagte sie der "Berliner Morgenpost". "Wenn wir weiter so eine positive Entwicklung haben, sollte auch in Berlin die Entscheidung noch mal überdacht werden." Wichtig sei, dass die Eltern entscheiden könnten, ob sie ihre Kinder in die Schulen schicken oder nicht, sagte Giffey.
Auch Neuköllner Bürgermeister fordert Öffnung der Schulen
Neuköllns Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) sprach sich ebenfalls für eine weitere Öffnung der Schulen aus. "Jeder Tag Präsenzunterricht ist ein guter Tag für die Bildung und die soziale Chancengleichheit", teilte er am Mittwoch mit. "Der Senat macht es sich zu einfach, organisatorische Gründe für den Verbleib im Ausnahmezustand vorzuschieben."
Der CDU-Politiker sagte, Kinder hätten ein Recht auf Schule und Familien ein Recht auf Normalität. "Das gilt für alle Familien in dieser Stadt und umso mehr für Familien, die aufgrund ihrer sozialen Lage, ihrer noch immer fehlenden technischen Ausstattung und beengter Wohnverhältnisse besonders betroffen sind." Die Einschränkungen durch die Corona-Maßnahmen seien richtig gewesen, so Liecke. "Sie sobald es geht zurückzunehmen, ist es auch. 'Es lohnt sich nicht' ist das denkbar schlechteste Argument gegen die Öffnung der Schulen."
Auch die "Initiative Familien" fordert eine sofortige Rückkehr zum Regelbetrieb an Schulen und hat nach Kundgebungen am Pfingstmontag und Dienstag für Samstag (29. Mai) eine weitere Demonstration vor dem Roten Rathaus angekündigt.
In Berlin ist die Sieben-Tage-Inzidenz nach den Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Mittwochmorgen auf 39,3 gesunken. Am Dienstag hatte der Wert erstmals seit Oktober vergangenen Jahres den politisch wichtigen Schwellenwert von 50 unterschritten.
Sendung: Inforadio, 26.05.2021, 17:00