Förderung in der Pandemie - Ferienangebote für Schüler in Brandenburg laufen nur schleppend an

Di 15.06.21 | 11:24 Uhr | Von Stephanie Teistler
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Kinder und Jugendliche springen in der Ferienanlage am Beetzsee in das Wasser. (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
Bild: dpa/Jens Kalaene

Kinder und Jugendliche haben in der Pandemie viel verpasst – innerhalb und außerhalb der Schule. Das Land Brandenburg hat rund drei Millionen Euro für die Ferienbetreuung bereitgestellt. Doch das Geld bleibt vielerorts noch ungenutzt. Von Stephanie Teistler

Der Kinder- und Jugendverein (KJV) in Zeuthen hat Glück gehabt und ein seltenes Exemplar ergattert: einen Lehrer, der in den Ferien noch Zeit, Lust und mentale Kapazitäten für Arbeit hat. Sieben Schulen hat der Verein angeschrieben, zurückgemeldet hat sich ein Mathelehrer, mit dem der Verein eine Woche "Mathe-Spaß" zu Ferienbeginn erarbeitet hat.

Die freien Träger in der Kinder- und Jugendarbeit müssen allerdings eine Lehrkraft, einen Lehramtsstudierenden oder eine Lehramtsanwärterin finden, wenn sie eine vom Land geförderte Ferienbetreuung anbieten wollen. Die Angebote richten sich an Kinder und Jugendliche, bei denen nach Monaten aus Distanz- und Wechselunterricht pandemiebedingte Lernrückstände "nicht auszuschließen" sind und denen ihre Schule eine Teilnahme empfiehlt. Neben dem Freizeitaspekt sollen die Angebote auch dabei helfen, Wissenslücken zu schließen. Brandenburg stellt dafür in den Sommer- und Herbstferien 3,1 Millionen Euro bereit.

Nicht überall gibt es Ferienangebote

Knapp zwei Wochen vor Beginn der Sommerferien gibt es in Brandenburg bisher 131 solcher Ferienangebote – allerdings noch nicht in allen Landkreisen und kreisfreien Städten (Stand: 14.06.2021). Auf der Internetseite, die das Land dafür aufgesetzt hat, findet sich für Teltow-Fläming und Cottbus noch kein Angebot, in Frankfurt (Oder) und Spree-Neiße jeweils eins. Die meisten Ferienangebote gibt es bisher im Barnim (21). Die verschiedenen Projekte reichen von der Philosophischen Sommerschule über Schwimmkurse bis zum Englisch-Camp.

Laut Bildungsministerium wird das Ferienprogramm gut angenommen und bis in die Sommerferien hinein werde sich das Angebot noch erweitern. Bisher lägen 136 Anträge vor; von den 3,1 Millionen Euro, die für das Programm zur Verfügung stehen, seien demnach bereits rund 1,4 Millionen Euro bewilligt worden. Die Frage des rbb, ob Anträge für kreisfreie Städte und Landkreise vorliegen, für die es bisher kein Ferien- und Lernangebot gibt, ließ das Ministerium unbeantwortet.

Viel Aufwand, wenig Zeit

Frank Vulpius vom KJV in Zeuthen macht den angeschriebenen Lehrerinnen und Lehrern die fehlende Resonanz auf den Aufruf seines Vereins nicht zum Vorwurf: "In der Schule haben sie gerade anderes zu tun", sagte er. Da sei der Wechsel in den Präsenzunterricht zwei Wochen vor den Ferien und das Erstellen von Zeugnissen. Zudem hätten sich "auch Lehrer im Zweifel wenige Wochen vor den Ferien schon etwas vorgenommen für den Sommer."

Mit seiner "Mathe-Spaß"-Woche macht der KJV nun eines von gerade mal sechs vom Land über die Richtlinie geförderten Angeboten im Landkreis Dahme-Spreewald. Vulpius wundert sich darüber nicht: "Insgesamt kam die Förderrichtline dazu relativ spät. An unseren anderen Ferienangeboten arbeiten wir immerhin schon seit dem Jahreswechsel", sagt er.

Kompatibilität mit Unterrichtsplänen und schulischen Erwartungen unsicher

Ende April hatte das Ministerium seine Förderbedingungen zwar bereits vorgestellt, doch die freien Träger protestierten dagegen. Zu hoch seien die Hürden für Träger sowie für die Schülerinnen und Schüler. Das Ministerium besserte daraufhin nach, richtig loslegen konnten die freien Träger deshalb erst im Mai.

Thomas Lettow vom Fachverband Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit Brandenburg begrüßt zwar, dass das Land die Ferienangebote fördert. Das gebe den Trägern die Möglichkeit, neue Formate zu entwickeln, in denen schulische, soziale und kulturelle Kompetenzen praktisch vermittelt werden könnten. "Aber: Die Träger können nicht gewährleisten, dass die Projekte auf Zuruf zu 100 Prozent mit Unterrichtsplänen und schulischen Erwartungen kompatibel sind." Weil die Förderrichtlinie viel zu spät veröffentlicht worden sei, bleibe den Fachkräften der Jugendarbeit oft nur wenig Zeit, um die Angebote zu entwickeln. Manche Träger planen jetzt schon weiter.

Blick richtet sich bereits auf die Herbstferien

Auch Dietlind Schmidt vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Luckau/Dahme findet, dass die Förderrichtlinie zu spät veröffentlicht worden sei. Die erste Frist für einen Antrag sei bereits am 26. Mai abgelaufen. Der Verwaltungsaufwand, sagt Schmidt, sei dafür viel zu hoch gewesen. "Gerade, wenn erst noch Lehrkräfte gefunden werden müssen. Mit denen möchte man sich ja auch vorher hinsetzen, um gemeinsam wirklich etwas Sinnvolles zu erarbeiten."

Für seine Region hat der ASB Luckau/Dahme jetzt auf die geförderten Angebote verzichtet – dafür haben sie wie jedes Jahr eigene Angebote erstellt: vom Brotbacken über Exkursionen bis zum Graffiti-Workshop. Statt kurzfristig auf die Sommerferien schaut man hier lieber schon auf die Herbstferien: "Für den Oktober ist es für uns realistischer, ein solches Angebot in Kooperation mit Lehrern zu planen und umzusetzen", so Schmidt. Währenddessen sucht der KJV in Zeuthen noch Teilnehmerinnen und Teilnehmer für seine Mathe-Spaß-Woche – eine verbindliche Anmeldung gebe es noch nicht.

Sendung: Brandenburg aktuell, 15.06.2021, 19:30 Uhr

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Beitrag von Stephanie Teistler

4 Kommentare

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  1. 4.

    Man hätte den Lehrplan gleich abspecken können, 1,5 Jahre Zeit war ja! Einfach mal LER, Reli, Dings und Gedöns sein lassen, und nur Ma/Deu/Engl/Nawi der Wahl unterrichten, und NICHT dauernd Plakate zeichnen müssen, Portfolios erarbeiten, die KEINER anschaut oder braucht, nur als Beschäftigungstherapie ohne sie benoten zu dürfen, weil ja "alle nur vor der playstation abhängen". Danke für nix. Echt. Man hätte sofort, umgehend, nur die prüfungsrelevanten Kernfächer in den Klassen 1-11 unterrichten sollen. Ringelpietz auch hier weglassen. Und: Brandenburg hätte definitiv KEINEN MSA gebraucht! Fast alle anderen Bundesländer haben den "Realschulabschluss" durch Bestehen der 10. Klasse, nur hier wird wieder übereifrig Unnützes gemacht!

    Konzentriert Euch mal aufs Wesentliche!

  2. 3.

    Was wäre ihr Vorschlag? Freiwillige Nachhilfeangebote werden häufig nur von Schülern wahrgenommen, die entweder selbst eine hohe Motivation mitbringen (die ist oft nur dann vorhanden, wenn man in der Schule halbwegs Aussicht auf Erfolg hat) oder dann, wenn die Eltern hinterher sind. Leider korreliert in Deutschland nur allzu oft der geringe Bildungsgrad der Eltern mit der fehlenden Lernmotivation der Schüler. Mit dem Hammer immer mehr Lernstoff reinprügeln (und das noch in den Ferien), als hätte man mittlerweile nicht gelernt, dass es hilfreichere Lernmethoden gibt, scheint vielleicht nicht der beste Weg. Wieso also nicht attraktive Erholungsorte schaffen, bei denen man ganz nebenbei sogar noch Inhalte lernt, die in der Schule oft nur langweilig daherkommen? Aber stimmt, verbittertes Rummotzen ist sicher hilfreicher

  3. 2.

    Habe mir die Kurse anfangs mal angeschaut - Ringelpietz mit Anpacken! Ein Feriencamp braucht man nicht, wenn man in Mathe wochenlang keinen Unterricht hatte, nur schlechte Kopien in der Schulcloud. Mit den übriggebliebenen Freunden Freizeit verbringen ist besser als ein Feriencamp jottwede, mit Fremden. Segeln und Philosophieren - genau das Richtige nach wochenlangem Abhängen und Grübeln. Und dann wieder in die Schule mit den gleichen Lernrückständen! Witzig..

  4. 1.

    Hier kann man nachlesen, wie praxisfern die BV agiert: "Alibibetreuungsgelder". Das Lehrpersonal hat jetzt anderes für die BV zu tun: die müssen stundenlang Abfragen in zweifelhaften, praxisuntauglichen "Masken" mit erheblicher Mehrarbeit verbunden, eingeben. Wie die BV dann den Unterschied, zwischen der sowieso abgesenkten Benotung und allgemeinen Lernrückständen, mit Corona bedingten Lernrückständen, statistisch per Knopfdruck, ermitteln will, bleibt wohl ein Geheimnis (aber durchaus geeignet, eigene Versäumnisse zu kaschieren). Es sei denn, Journalisten fragen gezielt nach...z.B. wie die Absenkung des Niveaus durch bloße Teilnahme am Unterricht (ohne Prüfung, ohne Stundennachweis), zu einer gehobenen Spracheignung B2 (komplexere Sachverhalte in einer Fremdsprache verstehen und sich selbständig ausdrücken können) führen kann? Betrug an denen, die sich am Zeugnis orientieren? (Siehe Französisch und Latein) Oder wird in den Ferienangeboten die B2 abgenommen und wie?

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