Corona-Pandemie - Stiko empfiehlt Impfung nur für Kinder mit Vorerkrankungen

Do 10.06.21 | 17:13 Uhr
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Video: Abendschau | 10.06.2021 | Anja Herr | Martin Terhardt

Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut hat keine generelle Corona-Impf-Empfehlung für Jugendliche ausgegeben. Doch Jugendliche mit Vorerkrankungen sollten sich impfen lassen, urteilen die Experten.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt den Covid-19-Impfstoff von Biontech und Pfizer nur für Kinder und Jugendliche mit Vorerkrankungen.

Der Einsatz bei 12- bis 17-Jährigen ohne Vorerkrankungen werde derzeit nicht allgemein empfohlen, sei aber nach ärztlicher Aufklärung und bei individuellem Wunsch und Risikoakzeptanz möglich, teilt die beim Robert Koch-Institut angesiedelte Stiko am Donnerstag mit. Bereits begonnene Impfungen von 16- bis 17-Jährigen sollten aber abgeschlossen werden.

"Das finden wir gut, weil die Kinder und Jugendlichen in dieser Altersgruppe eigentlich gar nicht schwer erkranken. Zum Glück sind es wirklich Raritäten, dass das Coronavirus in diesem Alter eine schwere Erkrankung auslöst", sagte Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbandes der Berliner Kinder- und Jugendärzte der rbb-Praxis.

Die Stiko empfiehlt jedoch eine Impfung bei Jugendlichen mit Vorerkrankungen. Dazu zählen: starkes Übergewicht, Immunschwächekrankheiten, Diabetes, Trisomie 21, Tumorleiden sowie Herz-, Lungen- und Nierenerkrankungen.

Risiko größer als Nutzen

Auch eine Impfung von Kindern und Jugendlichen, in deren Umfeld sich Angehörige oder Kontaktpersonen befinden, die eine hohe Gefährdung für einen schweren Covid-19-Verlauf haben, aber selbst nicht geimpft werden können, wird empfohlen. Die beiden Impfungen sollen, wie auch bei Erwachsenen, im Abstand von drei bis sechs Wochen gegeben werden.

Die Stiko sieht von einer generellen Impfempfehlung ab, da bisher in Zulassungsstudien eine verhältnismäßig geringe Anzahl an Probanden geimpft worden sei. Demgegenüber stehen die bei Kindern üblicheren milden Verläufe einer Corona-Infektion. Mit anderen Worten: Der Nutzen der Impfung wiegt möglicherweise ihr Risiko nicht auf.

"Die Risiken von Nebenwirkungen sind noch nicht gut bekannt", sagte auch Jakob Maske vom Berufsverband der Berliner Kinder- und Jugendärzte. "Wahrscheinlich sind sie nicht sehr hoch, das zeigen die ersten Daten, die wir aus Amerika, Kanada, Israel haben. Aber die Daten reichen eben noch nicht aus, um darüber eine sichere Auskunft zu geben."

Rund 80 Kinder und Jugendliche wurden in der Pandemie bislang auf Intensivstationen in Deutschland behandelt, davon hatten knapp zwei Drittel Vorerkrankungen. Zum Vergleich: Für Erwachsene mit Covid-19 wurden bislang mehr als 112.000 abgeschlossene Intensiv-Behandlungen erfasst.

Kinder haben geringe Bedeutung für Herdenimmunität

Die Entscheidung war so bereits erwartet worden. Die Stiko hatte schon nach der Freigabe des Impfstoffs für 12- bis 15-Jährige in der EU erklärt, sie empfehle allenfalls bei Vorerkrankungen in dieser Altersgruppe die Impfung. Bei der Bewertung sei es neben der Frage nach dem Nutzen für die Kinder selbst auch um die weitere Pandemiebekämpfung gegangen. So sei die Bedeutung der Kinder für eine Herdenimmunität nicht so groß, wie das in den öffentlichen Äußerungen suggeriert worden sei, hatte es geheißen.

Die Europäische Arzneimittelbehörde (Ema) und die EU-Kommission hatten Ende Mai mit dem Präparat von Biontech und Pfizer dem ersten Covid-19-Impfstoff auch für 12- bis 15-Jährigen grünes Licht gegeben. Die Bundesregierung sagte zu, dass sich damit auch Jüngere nach Aufhebung der Priorisierung um einen Impftermin bemühen können.

Dass die Stiko ihre Impfempfehlung nun einschränkt, mag verwirrend klingen, liegt aber an den unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen der Ema und der Stiko. Die Ema ist für die Zuslassung auf dem europäischen Markt zuständig, die Stiko hingegen empfiehlt, wie der Impfstoff zum besten Nutzen der Bevölkerung in Deutschland verteilt werden kann.

Impfung auch für gesunde Kinder sinnvoll

Eine Erweiterung der Zulassung für Jugendliche strebt auch der US-Biotechkonzern Moderna an. Er hatte diese zu Wochenbeginn bei der Ema beantragt. Die EU-Behörde will ihre Entscheidung darüber im Juli bekanntgeben.

Denn auch für gesunde Kinder kann eine Impfung gegen das Corona-Virus sinnvoll sein. "Aus Elternperspektive wäre mein Kind geimpft. Klarer Fall. Dieses Risiko möchte ich nicht", sagte der Charité-Virologe Christian Drosten kürzlich dem Schweizer Online-Magazin "Republik". Er argumentiert mit Langzeitfolgen wie Geruchs- und Geschmacksverlust und Müdigkeit bei einem kleinen Teil der Betroffenen und dem Risiko des sogenannten Pädiatrischen Multisystem-Inflammationssyndroms. Dies ist eine schwere Erkrankung Wochen nach der Infektion, die bisher aber als selten und gut behandelbar gilt.

Von Langzeitfolgen (Long Covid/Post Covid) betroffen sind nach Schilderungen von Ärzten eher Jugendliche als kleine Kinder. Solche länger anhaltenden Einschränkungen kennen Mediziner auch von anderen Virusinfektionen wie dem Pfeifferschem Drüsenfieber.

Sendung: Inforadio, 10.06.2021, 16:40 Uhr

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21 Kommentare

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  1. 21.

    Sorry, sehe ich anders.
    So selten ist dies m.E. nicht.
    Wenn z.B. die Schwester 6 Jahre und krebskrank ist, werden die Eltern abwägen, was zu tun ist. Dies wäre auch nur richtig. Wie soll sich der Bruder verhalten? Nicht mehr in die Schule? Keine Freunde treffen?
    In einem solchen Fall sollten doch alle "nahen" Verwandten geimpft werden.

    "... Und mal ganz ehrlich, dieses Argument wird doch nur vorgeschoben um Kinderimpfungen zu legitimieren. ..."
    Muss ich auch widersprechen.
    Natürlich ist dieses ganze Impferei bei Kindern ab 12 Jahren nicht ganz ohne, würde mich aber trotzdem der Stiko anschließen und Imfpungen nach einer eingehenden Beratung und Nutzen-Risiko-Abwägung zustimmen.
    Daher finde ich es auch richtig, dass nicht in Impfzentren geimpft wird.
    Möchte niemandem etwas unterstellen, jedoch ist es doch dort ähnlich einer "Massenabfertigung" ...
    bei Erwachsenen vollkommen i.O. ... bei Kindern mit einem großen Fragezeichen

  2. 20.

    Das ist korrekt, aber eher die Ausnahme. Ich kenne keinen Menschen ( Oma, Tante etc) die aufgrund ihrer eigenen Gefährdung von einem Kind eine Impfung erwarten würden. Und mal ganz ehrlich, dieses Argument wird doch nur vorgeschoben um Kinderimpfungen zu legitimieren. Ich verstehe viele Eltern nicht, sind sie doch sonst immer so laktoseintollerant-vegan-mein Kind darf das nicht essen- nein, die Creme ist schädlich" unterwegs. Bei einem nicht langzeiterprobten Impfstoff scheinen die Gedanken da irgendwie anders zu laufen....

  3. 19.

    Solange nicht alle Erwachsenen einen Impftermin bekommen - JETZT, ohne Bürokratie, sofort - müssen wir leider die Kinder impfen. Die Infektionskette Schule-Daheim-Büro-anderes Daheim-andere Schule muss unterbrochen werden. Entweder bekommen JETZT alle Haus- und Betriebsärzte Impfstoff, oder alle Impfzentren Termine, oder es bleibt wohl oder übel an den Kindern hängen. Das sind zahlenmäßig nämlich weniger Impflinge als die noch ausstehenden Erwachsenen...

    Die Decke ist zu kurz, oben oder unten. Kein Impfstoff für Erwachsene - Kinder werden es verteilen. Spätestens im gemeinsamen Urlaub...

  4. 18.

    Hahaha, ich kann nicht mehr, you made my day, ganz meine Gedanken:-)

  5. 17.

    So ganz falsch ist der Kommentar 2 von @Kim nicht.
    In manchen Fällen MUSS man wirklich Nutzen : Risiko abwägen!

    "... Zusätzlich geht es um eine Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren, in deren Umfeld sich Angehörige oder andere Kontaktpersonen mit hoher Gefährdung für einen schweren Covid-19-Verlauf befinden. Dabei geht es aber um Menschen, die selbst nicht geimpft werden können oder bei denen der begründete Verdacht auf einen nicht ausreichenden Schutz nach Impfung besteht. ..."
    https://www.morgenpost.de/politik/inland/article232505515/Stiko-Corona-Impfungen-nur-fuer-vorerkrankte-Kinder.html

  6. 16.

    Ok ... danke, jetzt verstehe ich die "Aufregung".
    Habe ich wohl überlesen oder stand dies auf einer anderen Seite?

    Obwohl ich - nach wie vor - lieber mit meinem Kind zu MEINEM Kinderarzt gehen würde!
    Ihnen und Ihrem Kind: Gut impft! ;-)

  7. 15.

    Die Stiko besteht aus Fachleuten und ist politisch unabhängig. Deshalb halte ich deren Entscheidungen grundsätzlich für sinnvoll. Das schließt ja nicht aus, sich mit dem Kinderarzt, der den Gesundheitszustand des Kindes und die Familiensituation ja schon länger kennt, zu beraten, der dann vielleicht auch eine Impfempfehlung ausspricht. Und dieser Empfehlung des Kinderarztes würde ich dann folgen.

  8. 13.

    Liebe Frau Richter, jede/r der das Impfthema hier verfolgt, weiß inzwischen, dass Sie Ihr Kind impfen lassen wollen. Machen Sie, es ist alles gut.

  9. 12.

    "So sei die Bedeutung der Kinder für eine Herdenimmunität nicht so groß," klar, man kann ja die Schulen weiterhin geschlossen halten - DANN genau haben sie tatsächlich keine Bedeutung für die Herdenimmunität. Schön daheim einsperren. Ganz einfach. Macht ja nix, die bringen ja keinen Umsatz.

    Es ist doch einfach so - es fehlt der Impfstoff! Wären die Eltern und Großeltern durchgeimpft, würden die Kinder sich dort nicht anstecken können.

    Tja. Läuft in Deutschland.

  10. 11.

    Es war angedacht, das die Kinder Samstags in Impfzentren von Kinderärzten geimpft werden sollten. Aber die Stiko gibt ja keine Empfehlung für alle Kinder raus, deswegen auch in Impfzentren Termine erst ab 16.

  11. 10.

    Hier ich wurde in Kyritz an der Knatter von einem Kinderarzt erstgeimpft, glaub aber nicht dass man im Impfzentrum irgendetwas buchen kann…

  12. 9.

    Hier ich wurde in Kyritz an der Knatter von einem Kinderarzt erstgeimpft, glaub aber nicht dass man im Impfzentrum irgendetwas buchen kann…

  13. 8.

    Sie haben aber verstanden, dass eine Impfung vor einer eigenen! schweren Erkrankung oder einem tödlichem Verlauf schützen soll und nicht zum Schutz der Menschen drumherum dient. Von daher ist ihr Argument ein gesundes Kind zu impfen obsolete , das gefährdete Familienmitglied ist oder wird geimpft

  14. 7.

    Was interessiert mich denn die Stiko??? Mein Kind ist Risikopatient und wird sich impfen lassen....

  15. 6.

    Oh doch, wenn die Stiko es abgesegnet hätte dann könnten alle ab 12 im Impfzentrum geimpft werden. Nur leider kocht die Stiko mal wieder ihr eigenes Süppchen. Das ganze hin und her mit Astrazeneca haben wir auch der Stiko zu verdanken!

  16. 5.

    Was hat die Stiko damit zu tun, wo bzw wo nicht Sie Ihr Kind impfen lassen möchten?

    Richtig: Nichts!

  17. 4.

    Lieber Jens,
    wie Sie dem Artikel bereits entnehmen konnten, empfiehlt die Stiko keine Impfung für Kinder ohne Vorerkrankungen und das hat auch seine Gründe. Ich finde es im Übrigen gut und richtig, dass die Kinderärzte die Impfung übernehmen, damit die Eltern vernünftig aufgeklärt werden. Es ist eine Abwägung von Risiko und Nutzen und bei gesunden Kindern besteht aktuell keine Notwendigkeit, diese zu Impfen.

  18. 3.

    "... Das ärztliche Gespräch beim Kinderarzt wird nicht anders ausfallen als im Impfzentrum, Danke an die Herren von der STIKO! ..."

    Was hat die Stiko damit zu tun, ob Arzt oder Impfzentrum?

    Ich weiß nicht, wie viele Kinderärzte im Impfzentrum anwesend sind.
    Bisher haben ich nur von impfenden Haut-, Zahn-, Betriebs- und Hausärzten, Gynäkologen, Orthopäden u.ä. gehört.
    In der Regel begleitet auch der Kinderarzt von Anfang an und kennt somit das Kind mit allen Vorerkrankungen, Allergien usw.
    Vielleicht doch eine Überlegung wert?

  19. 2.

    Als Nicht- Mediziner könnte ich mir auch vorstellen, dass es vielleicht Familien mit einem gefährdeten Elternteil Sicherheit gibt, wenn das Kind geimpft ist. Das müssen betroffene Familien entscheiden und das ist nicht immer einfach .
    Impfstoff an mit Chips und Eistee abgefüllte Kinder zu verteilen, finde ich überflüssig. Da können Gemüsesticks, frisches Wasser und Sport mehr zur Gesundheit beitragen

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