Berliner Berufsschule - Corona-leugnender Lehrer vergleicht Impfung mit Holocaust

Di 10.08.21 | 18:57 Uhr | Von René Althammer, Tina Friedrich und Olaf Sundermeyer
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Ein Lehrer unterrichtet in einem Klassenzimmer (Quelle: dpa/Marijan Murat)
Audio: rbbKultur | 10.08.2021 | Gespräch O. Sundermeyer | Bild: dpa-Symbolbild/Marijan Murat

Ein Berliner Berufsschullehrer wettert auf seinem Youtube-Kanal gegen Covid-19-Impfungen und scheut auch vor NS-Symbolik nicht zurück. Sein Fall erinnert an den sogenannten Volkslehrer Nikolai Nerling. Von René Althammer, Tina Friedrich und Olaf Sundermeyer

Für den Historiker Uffa Jensen ist die Fotomontage aus dem Eingangsportal von Konzentrationslagern mit der Inschrift "Impfung macht frei" eine klare Sache: "Ich halte das eindeutig für eine Art der Holocaustverharmlosung", sagt er beim Blick in eines der Youtube-Videos, mit denen Rüdiger Borrmann gegen das Impfen wettert.

Jensen ist Hochschullehrer mit einem Schwerpunkt auf deutsch-jüdischer Geschichte am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU-Berlin. Borrmann wiederum ist Berufsschullehrer am Berliner Oberstufenzentrum OSZ KIM (Kommunikations-, Informations- und Medientechnik) und positioniert sich seit Beginn der Corona-Pandemie regelmäßig öffentlich als Gegner des Infektionsschutzes.

Historiker sieht inhaltlich Volksverhetzung

Auf seinem Youtube-Kanal diffamiert der angestellte Berufsschullehrer Deutschland aktuell als "Diktatur", und erklärt Regierungspolitiker zu "Neo-Faschisten". Nachdem seine Dienstherrin, die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD), zuletzt angekündigt hatte, Schülern an Oberschulen ein Impfangebot zu machen, stellte Impfgegner Borrmann ein Video mit einer Fotomontage ins Netz. In Anlehnung an die Nazi-Formulierung "Arbeit macht frei" heißt es bei Borrmann "Impfung macht frei".

Historiker Jensen sieht darin eine Gleichsetzung der heutigen Situation in der Pandemie "mit dem System der Konzentrationslager im Nationalsozialismus". Damit würden die mörderischen Unrechtstaten des Nationalsozialismus verharmlost. Das sei inhaltlich Volksverhetzung, stellt der Fachmann fest. Ganz unabhängig von der juristischen Bewertung eines möglichen Straftatbestands der Volksverhetzung, über den im Zweifel ein Gericht entscheiden müsse, so Jensen.

Schulaufsicht forderte von Lehrer bereits Mäßigung

Ihn erinnere der Fall Borrmann an einen anderen, ehemaligen, Berliner Lehrer: Den verurteilten Volksverhetzer und Rechtsextremisten Nikolai Nerling, der unter dem Pseudonym "Der Volkslehrer" bekannt wurde. Die Bildungsverwaltung hatte den Grundschullehrer 2018 fristlos entlassen. Seither arbeitet er vor allem als Videoblogger für seine eigenen Kanäle - seit dem vergangenen Jahr mit hoher Reichweite in der Szene der Corona-Leugner und Querdenker. Auch innerhalb der Bildungsverwaltung und unter Beobachtern, die mit dem Fall Nerling betraut waren, werden immer wieder Parallelen zu Borrmann gezogen, zumindest informell. Nerling hatte gegen seine Kündigung geklagt, am Ende erfolglos.

Eine Kündigung von Rüdiger Borrmann wurde zum vergangenen Jahreswechsel ernsthaft in Erwägung gezogen, betrieben - dem Vernehmen nach - durch die Behördenleitung selbst. Nach eingehender juristischer Prüfung blieb es Ende Januar dann doch bei einer Abmahnung für Borrmann. Auch der Personalrat hatte sich gegen seine Kündigung ausgesprochen.

Dem Lehrer wurde angelastet, dass er seine Schüler – auch im Unterricht – agitierte. "Maske tragen ist dumm", sagte er in einem seiner Videos an die Adresse seiner Schüler, und leugnete das Virus: "Es gibt hier weit und breit kein Virus, vor was wollen Sie sich schützen?" Außerdem sei die Maske ein "modernes Hakenkreuz". Nach diesem NS-Vergleich auf Youtube forderte die Schulaufsicht ihn auf, sich als Lehrer in der Öffentlichkeit zu mäßigen.

Lehrergewerkschaft bezeichnet Verhalten als gefährlich

Einer Aufforderung, der Borrmann auch nach seiner Abmahnung nicht nachkommt und gegen die er immer wieder verstößt. In der vergangenen Woche nun polemisierte er gegen einen Vorschlag von Senatorin Scheeres. "Mobile Impfstationen werden in Kürze in der Schule antreten, um Impfwillige Schülerinnen und Schüler zu piksen", sagt er auf Youtube. "Ich habe an der Lippe gleich ein Herpes bekommen. Und ich sage Euch: Diese Impfstationen haben in der Schule nichts, aber auch gar nichts, verloren."

Für den Landesvorsitzenden der größten Lehrergewerkschaft, der Gewerkschaft Erziehung Wissenschaft (GEW), Tom Erdmann, ist es "total unpädagogisch und gefährlich", das Impfangebot der Bildungsverwaltung dermaßen zu hintertreiben. Zudem sei Borrmanns jüngster NS-vergleich "Impfung macht frei" seinem Eindruck nach "strafrechtlich relevant". Zusätzlich verweist Erdmann auf das Schulgesetz, nach dem "Bildung im Lichte der Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus stattzufinden hat".

Wegen seiner öffentlichen Ausfälle, seinem Verhalten den Schülern gegenüber in der Pandemie und der Medienberichterstattung darüber, wurde Berufsschullehrer Borrmann für mehrerer Wochen vom Dienst freigestellt. Schließlich erteilte er für mehrere Monate keinen Unterricht mehr vor Schulklassen in Präsenz.

Was macht Borrmann im neuen Schuljahr?

Vor einer Woche nun wurde jedoch mehreren Lehrern an der Schule schriftlich mitgeteilt, dass Rüdiger Borrmann zum neuen Schuljahr als Klassenlehrer minderjähriger Auszubildender eingesetzt werden soll, für angehende Medienassistenten. Diese E-Mail und der entsprechende Stundenplan liegen rbb24 Recherche vor.

Aus dem Lehrerzimmer ist am ersten Schultag nach den Sommerferien zu erfahren, dass Borrmann an diesem Tag auch ganz normal unterrichtet haben soll. Damit konfrontiert, antwortet die Bildungsverwaltung schriftlich, "dass besagter Lehrer zum neuen Schuljahr nicht direkt mit Schülerinnen und Schülern arbeiten wird. So ist das zwischen Schulaufsicht und Schule abgestimmt. Das entspricht dem Vorgehen aus dem vergangenen Schuljahr".

Für Regina Kittler, bildungspolitische Sprecherin der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, ist Borrmanns "aktives Eintreten gegen den Gesundheitsschutz" verbunden mit seiner Holocaustverharmlosung Anlass dafür, "diesen Mann aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. Das kann ein Lehrer in unseren Schulen nicht machen". Sie verweist auf die Abmahnung, "die ja damit verbunden gewesen ist sich zu mäßigen, und sich entsprechend der Beschlüsse zu verhalten, die im Land Berlin gelten".

Was Borrmann nun im neuen Schuljahr genau in der Schule macht, bleibt unklar. Die Aussagen aus dem Kollegium und die Planungsunterlagen der Schule stehen im Widerspruch mit der Antwort der Bildungsverwaltung, dass er nicht unterrichten würde. Nach dieser Antwort taucht der Name Borrmann im Stundeplan der Schule nicht mehr auf. Rüdiger Borrmann selbst hat auf Anfragen nicht geantwortet.

Sendung: Abendschau, 10.08.2021, 19.30 Uhr

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Beitrag von René Althammer, Tina Friedrich und Olaf Sundermeyer

33 Kommentare

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  1. 33.

    Totgelabert wird von Leuten wie Ihnen. Sich nicht impfen zu lassen hat nicht ausschließlich mit Angst zu tun. Sicher gibt es auch Menschen die Angst haben, aber die Gründe sind so verschieden wie die Menschen. Außerdem ist Angst ein natürlicher Instinkt, der uns vor Dummheiten bewahren soll. Solchen Menschen hilft es bestimmt nicht, wenn man ihnen an den Kopf knallt, sie seien dumm. Vielleicht denken Sie mal darüber nach, wer hier unsozial und unsolidarisch ist.

  2. 32.

    Cool... also als Lehrer darf man Stuss labern auf Arbeit vor den Leuten und bekommt dann nen Ruheposten bei voller Bezahlung? ÖD halt... Irgendwas habe ich falsch gemacht mit meinen Berufen und den Arbeitgebern in der freien Wirtschaft... ;-(( Bei Stuss labern vor Kunden wäre man hier schon längst weg vom Fenster.

  3. 31.

    Die ganze "Aufregung" um Leugner und Impfverweigerer ist zwecklos. Wer den Märchen der Verschwörer mehr glaubt als der Wissenschaft (die Erfindung von Impfungen hat millionenfach vor Leid geschütz, wo die Ärzte früher hilflos waren) - wer also Leerdenker ist, dem kann man durch Argumente nicht überzeugen, im Gegenteil. Die Natur (die Viren) kann man jedoch durch Unglauben auch nicht stoppen. Ich sehe nur folgende Lösung: Alle die wollen und können sollten sich impfen lassen. Es muss dafür geworben werden und niedrigschwellige Angebote geben. Und dann müssen wir ganz normal weiter leben. So einfach ist das. Wer leugnet und ungeimpft bleibt, der wird früher oder später mit dem Virus in Kontakt kommen, und hat dann Glück oder Pech, wie sein Körper darauf reagiert. Es gibt keine andere Lösung. Alle anderen Versuche werden die Spaltung der Gesellschaft nur noch weiter vertiefen. Es gibt keine Vollkasko für das Leben. Ein Restrisiko bleibt. Dieses Restrisiko müssen wir managen. Nicht mehr und nicht weniger.

  4. 30.

    Sich nicht impfen lassen zu wollen, ist ja fast wie die Angst vor dem Zahnarzt. MIsstrauen pur. Man könnte einem ja sonst was wollen. Am besten noch mit Nanotechnologie. Total irrational. Und grundsätzlich negativ konditioniert. Schlauberger halt. Labern alles tot.

  5. 29.

    Manche Leute haben tatsächlich gar keine Nebenwirkungen. Aber manche jüngere Leute schon, zwei Kollegen von mir kränkeln seit einer Woche. Das wird sicher vorbeigehen. Aber pauschal kann man nicht sagen, dass es keine Nebenwirkungen gibt. Das wäre unredlich.

  6. 28.

    Oder hab ich das vielleicht falsch verstanden?"
    Kurz und bündig: Ja.
    Wer für die Beurteilung von medizinisch notwendigen Maßnahmen KZ-Vergleiche heranzieht, der hat jenseits von Corona noch ein mindestens ebenso gravierendes Problem.

  7. 27.

    Vor allem wenn marodierende Truppen durch die Stadt laufen, es Demo nennen, aber aus sogenannten Querrdenkern bestehen und die normale Bevölkerung in Angst versetzen. Sie sind nicht friedlich, wie immer behauptet, gehen auch schon mal den unbeteiligten Passanten an, wenn die Nase nicht passt.Ansonsten wird es auf Aerger mit Staatsmacht angelegt.

  8. 26.

    Impfverweigerer dürfen sich gern impfen lassen. Sie grenzen sich ganz allein durch unsolidarisches Verhalten aus. Die Impfung wird keinem verweigert. Und nun schlagen Sie mal im Geschichtsbuch nach und suchen Sie den Begriff der Apartheid. Danach denken Sie bitte nach und dann werden Sie feststellen, welcher grober Fehler in Ihrem Kommentar steckt. Unfassbar.

  9. 25.

    Sie verdrehen hier gerade den Beitrag. Eine Umkehr der Situation, in der Sie nicht über den Lehrer und dessen volksverhetzenden Art reden, sondern um angebliche Opfer der Gesellschaft, die durch eine Impfverweigerung nun nicht mehr teilnehmen können. Der volksverhetzende Lehrer ist völlig deplatziert und Ihr Kommentar lässt nicht erkennen, dass das von Ihnen auch so verstanden wurde.

  10. 24.

    Ihr Einwand ist keinen Deut besser. Apartheid - politisch-gesellschaftliche Doktrin der Rassentrennung. Sorry, gehts noch?

  11. 23.

    Ich bezweifle, dass diese Kommentarspalte der passende Ort ist, um die Holocaustverharmlosung des Mannes hier fortzuführen...

  12. 22.

    Auch wenn der Herr nicht den guten Ton trifft, so ist es ebenso höchst bedenklich, wie sich in letzter Zeit der Ton der Politik gegenüber den Ungeimpften verschärft hat als "träge, unsolidarisch, egoistisch" usw.... Leider wird zu wenig über die individuellen Risiken gesprochen und wenn doch, dann ist die Rede davon, dass diese im Gegensatz zur Infektion "hinnehmbar" wären. Im deutschen Sprachraum gibt es keine diffenzierten Veröffentlichungen, dafür aber beispielsweise vom britischen NHS sog. "analysis prints" zu den einzelnen Impfstoffen mit sämtlichen gemeldeten Nebenwirkungen -> hiermit bemängele ich eindeutig die mangelhafte Aufklärung hierzulande. Klar, dass es für Verunsicherung sorgt und bei manchen ein ungutes Gefühl hervor ruft und - überzogen gesagt! - an "sehr dunkle Zeiten" mitsamt med. Versuchen denken lässt. Und das "unter Druck setzen" zum impfen macht es nicht vertrauenswürdiger.... Die fehlende Offenheit sorgt erst recht für Misstrauen!

  13. 21.

    Das was Sie meinen, ist eine Apartheid in Geimpfte und Nichtgeimpfte.
    Sowas kann doch nun wirklich kein Politiker wirklich wollen, oder? Oder???

  14. 20.

    Jegliche Vergleiche mit dieser Zeit sollte man unterlassen. Sie sind unangemessen und verhöhnen die Opfer der Gewaltherrschaft.

    Allerdings sehe ich auch, dass sich unser demokratischer Rechtsstaat mehr und mehr von den Grundwerten unserer Gesellschaft und den in der Verfassung garantierten Bürgerrechten verabschiedet. Der Ausnahmezustand wird immer mehr zum Normalzustand. Diese Regierung, und auc das ist Teil der Wahrheit, dass wir uns in großen Schritten von der einstigen Vorzeigedemokratie entfernen hin zu einem immer radikaler und totalitärer agierenden Autokratenregime aus 17 Einzelpersonen die alles bestimmen.

    Wir sollten aus der Vergangenheit lernen. Wir habn eine Verantwortung.
    Und wir sollten wachsam sein, was mit unserern Werten und Grundrechten geschieht.
    Die aktuelle politik tritt die Errungenschaften Adenauers mit Füßen.

  15. 19.

    Mich würde dazu sehr interessieren, was Sie dagegen unternommen haben, wenn Sie Beweise vorliegen haben. Ich halte daher Ihren Kommentar für vollkommen unzureichend. Ja, sogar für haltlos.

  16. 18.

    Rüdiger ist knapp 60, in 10 Jahren... nunja.. da bekommt er schon länger Betriebsrente. Hm.

    Quereinsteiger sind halt ganz besonders besonders...

  17. 17.

    Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass solche Menschen weiterhin unterrichten und ihre unqualifizierte Grütze an junge Menschen weitergeben dürfen! Was danach an Schulbildung herauskommt, werden wir sehen. Es gibt genug solcher "Naturbelassenen". Sie sollten nicht noch naive Jugendliche unterrichten dürfen. Ich vermute, der Lehermangel ist so groß, dass jeder bleiben darf, egal ob Coronaleugner oder Antisemit.

  18. 16.

    Das ist (wenn es denn stimmt) natürlich übel. Aber was hat Ihr Kommentar mit dem obigen Bericht zu tun?

  19. 15.

    Herr und Frau Wilhelm, dann werden Sie konkreter mit Ihrer Behauptung, Ihre Frau hätte unheilbare Impfnebenwirkungen durch Biontech. Wann und wo wurde die 1. und ggf. 2. Impfung gegeben? Wie lange nach der Impfung traten Symptome auf? Gesundheitszustand vorher und jetzt. Was ist genau mit den Lymphknoten nun nicht ok? Welche Hirnschäden und Symptome zeigen sich bei Ihrer Frau? Und was ist mit Ihnen? Haben Sie sich impfen lassen und wie haben Sie Ihre Impfung vertragen? Und wenn nicht, warum nur Ihre Frau und Sie nicht?

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