Krise in der Brandenburger Landesregierung - Gemeinsam einsam

Di 09.11.21 | 22:00 Uhr | Von Hanno Christ
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Archivbild: Michael Stübgen (l-r, CDU), Minister des Innern und für Kommunales, Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz, und Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, unterhalten sich vor Beginn der Sondersitzung des Landtages. (Quelle: dpa/S. Stache)
Bild: dpa/S. Stache

Erst Kabinettssitzung, dann Pressekonferenz - und alles ganz schnell: SPD, Grüne und CDU hatten die neuen Corona-Schutzmaßnahmen beraten. Die Essenz aber war, dass sie sich nicht einig sind - und dass die Zukunft der Gesundheitsministerin auf dem Spiel steht. Von Hanno Christ

Manchmal sagen Pausen mehr als Worte. So gesehen hatte Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Bündnis90/Grüne) auf der Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung viel gesagt. Es war ein Moment, in dem Zuhörer aufhorchten und der oder die ein oder andere den Atem angehalten haben mag.

Ein Journalist hatte kurz zuvor gefragt, ob die Ministerin auch einen Rücktritt erwäge, wenn die Maskenpflicht an Grundschulen nicht wieder eingeführt werden würde, so wie es ihr Haus empfiehlt. Üblich ist an solchen Stellen ein rasches Kopfschütteln oder eine andere Geste der Verneinung, die dann verbal mit einem klaren Nein unterfüttert wird. Schweigen sät eben Zweifel. Dann doch lieber reden? Stattdessen aber schwieg Nonnemacher einen kurzen Moment und ließ erahnen, wie heftig die Auseinandersetzungen im Kabinett gewesen sein müssen.

Die Spuren der Krise und die Folgen für die Zusammenarbeit

Auseinandersetzungen - und zwar die zwischen dem SPD-geführten Bildungsministerium von Britta Ernst und eben ihrem Haus. Ernst hatte sich stets gegen die Masken für Grundschüler gewehrt, Nonnemacher mit Verweis auf hohe Inzidenzen unter den 5- bis 14-Jährigen vehement dafür votiert. In der Pressemitteilung, die die Staatskanzlei parallel zur Pressekonferenz versenden ließ, steht bereits eine Maskenpflicht drin. Es ist also wahrscheinlich, dass sie neben etlichen anderen Verschärfungen am Donnerstag auf einer Sondersitzung auch beschlossen werden wird.

Umso erstaunlicher daher die Reaktion der Ministerin, einer studierten Medizinerin: "Ich komme in große Probleme, das muss ich sagen, was ich mit meinem ärztlichen Gewissen noch vereinbaren kann und das geht ganz klar in eine Empfehlung Maskenpflicht auch wieder an den Grundschulen."

Da spielte es auch fast keine Rolle mehr, dass sie auf die anschließenden Fragen der Journalisten den Eindruck wieder zerstreuen wollte, den sie soeben noch erweckt hatte: Dass eine Schlüsselfigur der Brandenburger Regierung soeben ihre Zukunft an der Landesspitze in Frage gestellt hatte und zugleich das gesamte Corona-Management im Land. Eineinhalb Jahre Corona-Krise haben offenbar Spuren hinterlassen.

Hatte die Landesregierung einst ihr gemeinsames Krisenmanagement in der Frühphase auch mal als gelungene Feuertaufe bezeichnet, die die Koalition aus SPD, CDU und Bündnisgrünen zusammenschweißt, wirkt es nun, als werfe man sich neue Einschnitte wie heiße Kartoffeln zu. Der symbolhaft geschlossene Auftritt der Koalitionäre zu Beginn der Pandemie scheint dem Einzelkampf gewichen.

Ablauf der Pressekonferenz verstärken Zweifel

Innenminister Stübgen ließ sich auf der Pressekonferenz durch seinen Staatssekretär vertreten, weil er zur Zeit der Pressekonferenz zu einem Interview zur Flüchtlingssituation verabredet war, und Bildungsministerin Ernst trat gar nicht erst vor die Mikrofone.

Fragen der Journalisten zu geplanten Einschränkungen im Sport konnte Nonnemacher dann nicht beantworten und verwies auf das Bildungsministerium, von wo dann später schriftliche Anfragen achselzuckend zurückwiesen werden.

Und Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD)? - Er verlässt die Pressekonferenz vorzeitig, um zu den Ampel- Koalitionsverhandlungen nach Berlin zu eilen, ohne aber zuvor deutlich zu werden, was die Landesregierung eigentlich genau plant. Woidke spricht von Sorgen angesichts der steigenden Infektionszahlen, aber bei der Maskenfrage müsse man am Ende eine Entscheidung treffen, die "sowohl die Interessen der Kinder berücksichtigt, aber am Ende auch die Pandemiebekämpfung". Was nun genau am Donnerstag in der Verordnung stehen wird, bleibt offen. Am Ende blieb Nonnemacher als Letzte vor den Mikrofonen, um den Journalisten Rede und Antwort zu stehen. Oder um einfach nur kurz zu schweigen.

Sendung: Inforadio, 10.11.2021, 07:25 Uhr

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Beitrag von Hanno Christ

29 Kommentare

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  1. 29.

    Als Lehrer bin ich Frau Nonnenmacher für ihre deutlichen Worte dankbar. Das bisherige Ignorieren der explodierenden Inzidenzwerte unter 4-15 Jährigen seitens der Frau Bildungsministerin Ernst und die „Irritation“ des Ministerpräsidenten über die Diskussion der Maskenpflicht an Grundschulen grenzen für mich inzwischen an Sorgfaltspflichtverletzung gegenüber Schülern, Elternhäusern und den schulischen Landesbediensteten.

  2. 28.

    Mein ich doch. Freizeitpolitiker. Wie sie zu diesenm Ämtern kommen, habe ich auch noch nicht verstanden. Halt Politik.

  3. 27.

    Sie haben einen elementaren Fehler in ihren Überlegungen. Es ist kein "Gesundheitswesen" und auch kein Gesundheitsminsiterium, falls sie das gemeint haben. Es ist ein Sammelsurium von Aufgaben, die von Schweinepest über Verbraucherschutz und Migration bis zur Pandemie reichen, angesicht einer Pandemie eigentlich unverantwortlich. Man hätte den von ihnen benannten Bereich zeitweilig ausgliedern und verstärken müssen, auch in der Führung.

    Googeln sie mal nach "Brandenburger Ministerien"

  4. 26.

    S. g. Ich ins,
    gehen Sie davon aus, dass der Rest mit qualifizierten Leuten besetzt ist? :)!
    Es ist schon erstaunlich, dass man das Gesundheitswesen tatsächlich an eine Ärztin vergeben hat.

  5. 25.

    Sagen sie das nicht mir sondern Herrn Woidke. Ich bin ja ganz bei ihnen das "überlastete" Politiker ausgetauscht werden müssen, das ist in der freien Wirtschaft völlig normal. In HH gibt es grad ein ähnliches Problem mit einer grünen Senatorin, Ausgang offen!

  6. 24.

    Warum war sie Spitenkandidat? Weil im Poker der Planspiele einer möglichen Ressortverteilung für die Grünen kein anderer Bereich in Frage gekommen wäre. Weil sie ganz einfach keine ausreichend qualifizierten Leute hatten.
    Darunter kann jetzt aber nicht ein ganzes Land leiden. Wenn die Koalition "um die Ohren knallt" dann ist es eben so. Dann wird neu verhandelt oder gewählt. Es gibt Dinge im Leben, die lassen sich nicht vermeiden und manchmal ist ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende.

  7. 23.

    Frau Nonnemacher war Spitzenkandidatin der grünen bei der Landtagswahl. Glauben sie wirklich die grünen lassen eine Entlassung von Frau N. zu? Ich glaube es nicht.

  8. 22.

    Wieso sollte ihm die Koalition um die Ohren fliegen? In Bayern hat sich die Koalition auch nicht aufgelöst. Jeder Mensch ist ersetzbar.

  9. 21.

    "Zu diesem Zeitpunkt wurde hier und auf politischer Ebene bereits die Ablösung von Nonnemacher von ihrer Funktion gefordert. Woidke kam dem mit seiner Imkonsequenz nicht nach."
    Das hat weniger mit Inkonsequenz sondern eher mit Machterhalt zu tun.
    Löst Herr Woidke Frau Nonnemacher ab kann ihm seine Koalition um die Ohren fliegen.
    Von daher bleibt lieber alles so wie es ist und es wird weiter regiert.
    Augen zu und durch!

  10. 20.

    Ich habe seit über 40 Jahren keine Grippeimpfung mehr bekommen und auch keine Grippe. Die letzte Zwangsimpfung auf Befehl! bei der NVA. Und ich habe bei Gott nicht besonders gesund gelebt.

  11. 19.

    Die Kommentatoren haben es alle schön verdeutlicht: das Bild, das diese Landesregierung abgibt, ist nur noch peinlich und unwürdig. Ausbaden muß es wie immer der kleine Mann. Aber der muß sich nicht beschweren, den das "Stimmvieh" hat genau diese Regierung bekommen, die es gewählt hat.

  12. 18.

    Um es endlich zu beenden:
    Statt Impf- eine IMMUNISIERUNGS-Pflicht.
    Jeder wählt, was in der Spritze drin ist:
    Natürliche SARS-CoV2-Viren oder künstlicher Impfstoff.

  13. 17.

    Das Bild ist nicht neu. Es wurde im Zusammenhang mit dem Wechsel Nonnemacher/Stübgen bei der Impforganisation schon mal verwendet. Zu diesem Zeitpunkt wurde hier und auf politischer Ebene bereits die Ablösung von Nonnemacher von ihrer Funktion gefordert. Woidke kam dem mit seiner Imkonsequenz nicht nach.
    (gestern nicht veröffentlicht).

  14. 16.

    Peinlich, aber wie schon erwähnt, Stolpe, Hildebrandt und auch Schönbohm , das waren noch Brandenburger Originale mit politischem Stehvermögen, die Ambivalenz begann mit Platzeck , die inkompetente Anmaßung mit Speer und Co.....

  15. 15.

    Und täglich grüßt das Murmeltier. Unglaublich wie sich hier unsere Landesregierung mal wieder verhält. Ist anscheinend ja alles nicht so wichtig oder warum haut man dann schnell ab zu Koalitionsverhandlungen. Ist wohl wichtiger als die Pandemie einzudämmen. Mit sehendem Auge in die 4. Welle gelaufen ohne einen Plan in der Schublade und dann noch die Unfähigkeit schnell einen Plan zu erstellen um der Sache her zu werden. Ups, Corona ist ja noch da und sogar noch stärker als je zuvor, keiner hat es gedacht. War doch abzusehen an anderen Ländern z.B. Israel, aber das hat keinen interessiert hier, denn wir haben ja das beste Gesundheitssystem der Welt und wir sind ja alle geimpft (Ironie), aber auch die unfähigsten Politiker in der Coronakrise (keine Ironie, sondern Tatsache). Mal wieder 6 und setzen für Woidke und Co und wir Bürger baden das wieder mal aus.....

  16. 14.

    DEIN Leben retten - und das tut es auch weiterhin! Dass es die Delta-Variante bei Beginn der Entwicklungsarbeit noch nicht gegeben hat, bedeutet nicht, dass die Impfstoffe dagegen wirkungslos sind. Ich würde mal unterstellen, du lässt dich bestimmt auch nicht jedes Jahr mit der neusten Grippeimpfung versorgen, oder?

  17. 13.

    Zur Info, dass Zeug ist gar nicht mehr in ihrem Körper, denn der hat das bereits wieder ausgeschieden bzw abgebaut. Hier mal was zum Lesen dazu:
    https://mrnaverstehen.biontech.de/mrna-wird-vollstaendig-abgebaut
    https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-impfstoff-langzeitschaeden-100.html

    mRNA Bestandteile werden im Körper schnell nach der Impfung abgebaut, erklärt Cichutek: "Daten deuten darauf hin, dass die mRNA nach etwa 50 Stunden im Körper nicht mehr nachweisbar sind." Was bleibt, ist die Immunreaktion des Körpers.

  18. 12.

    Einfach nur traurig. Der Kapitän hat das sinkende Schiff wohl verlassen. Unser MP Herr Woidtke sind die Verhandlungen der Ampelkoaltition wichtiger als sein Land. Vielleicht gibt es für ihn einen schönen Posten in der neuen Bundesregierung?

  19. 11.

    Woidke und Ernst sind bzgl. Corona voll auf AfD-Linie. Also Beendigung der Koalition mit den Grünen und eine ehrliche Corona-Koalition aus SPD und AfD.

  20. 10.

    Die gönnerhaft anmutende Obrigkeit hat geglaubt, dass man nur mit Verordnungen, ohne Geld und Anstrengungen durch kommt? So wird Brandenburg nie Geberland...Wir brauchen Schaffer und nicht Gebende/Nehmende.

  21. 9.

    An peinlichkeit kaum zu überbieten!
    Diese landesregierung ist und bleibt ein witz!
    Derweil kann man schon von fahrlässigkeit sprechen.allen voran fr.ernst,dicht gefolgt von woidke und nonnenmacher!treten sie alle zurück!
    Aber die taugen nichtmal zur lobbyarbeit!

  22. 8.

    Herr Unernst, ich kann da nur zustimmen.
    Sie haben ganz einfach Recht. B.W.

  23. 7.

    Drosten auf welt.de: „Der Impfstoff war nicht gezielt für die Delta-Variante gemacht, sondern für ein Virus, das heute gar nicht mehr zirkuliert“ Was soll das Zeug dann in MEINEM Körper?

  24. 6.

    Nonnemacher verantwortlich? Nicht allein. Ein Großteil der Probleme kreist um den Bildungssektor. Da bleibt Bildungsministerin Britta Ernst seit Wochen unsichtbar. Sie blockiert. Sie lässt Schulen, Lehrer, Schüler sträflich alleine. Schwammige Anordnungen und Konzepte...Schulen müssen sich irgendwie selbst durchwurschteln. Das ist katastrophal. Frau Ernst schweigt.

  25. 5.

    Jämmerlich die Veranstaltung. Jeder versucht seinen Ar... zu retten, egal auf welcher Art und Weise. Werden alle hoch bezahlt für Ihren Job und bekommen jedes folgende Jahr noch weitere Erhöhung. Keiner von den ist mit Herzblut bei der Sache. Ja, Geld verdirbt den Charakter. Die solten sich lieber ein Bsp. An Manfred Stolpe und Regine Hildebrand nehmen. Das waren Persönlichkeiten die man akzeptieren konnte. Was sich jetzt in der Politik abspielt ist kaum noch zu ertragen. Das Postengeschachere müsste mal langsam zuende sein.

  26. 4.

    Wir sind in Brandenburg aber auch so etwas von im Arm!

  27. 3.

    Das obige Bild spricht Bände!!

  28. 2.

    Wenn sich mehr Politiker in den vergangenen 2 Jahren gefragt hätten, was sie mit ihrem (ärztlichen!) Gewissen hätten vereinbaren können, würden wir vermutlich heute durchgeimpft, freigetestet und mit Lüftern versorgt sein. In den Heimen stürben keine Senioren, Schulen würden sich nur noch um Kernfächer in Präsenz kümmern. Krankenhäuser hätte genug gut bezahlte Pflegekräfte und Albrecht Broemme wäre Rentner.

    Ist aber nicht so.

    Gewissen... war nicht im Jobprofil "Politiker" hinterlegt. Mist.

  29. 1.

    Ist das Titelbild aktuell? Das ist doch nicht bei allen Regierungsmitgliedern ein nach Verordnung zugelassener Mund-Nasen-Schutz.

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