Landtag erklärt "epidemische Notlage" - Welche Corona-Regeln in Brandenburg nun greifen können - und welche nicht

Mo 13.12.21 | 17:43 Uhr | Von Torsten Sydow
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Archivbild: FußgängerInnen auf der Brandenburger Straße in Potsdam. (Quelle: dpa/S. Stache)
Video: Brandenburg Aktuell | 13.12.2021 | A. B. Hewel | Bild: dpa/S. Stache

Der Brandenburger Landtag hat den Weg für schärfere Corona-Regeln frei gemacht. Der Beschluss der "epidemischen Notlage" ermöglicht unter anderem Ausgangssperren und Auflagen für Veranstaltungen. Aber nicht alle Bereiche darf die Regierung antasten. Von Torsten Sydow

Nach dem Vorbild mehrerer anderer Länderparlamente hat der Brandenburger Landtag die epidemische Corona-Notlage ausgerufen. Die Entscheidung wurde am Montag in einer Sondersitzung des Parlaments in Potsdam getroffen.

Für den Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grünen stimmte auch die Linke. Die Freien Wähler enthielten sich, die AfD votierte gegen den Antrag.

Mit dem Landtagsbeschluss kann der Paragraph 28a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) mit den Absätzen 1 bis 6 künftig im Land Brandenburg angewendet werden. Die neue Corona-Eindämmungsverordnung soll am kommenden Mittwoch in Kraft treten.

Alkoholverbot möglich - Schulschließungen nicht

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) kündigte in seiner Rede im Landtag Nachschärfungen durch die Landesregierung kommenden Dienstag an: Die Ausgangbeschränkungen für Ungeimpfte zwischen 22 und 6 Uhr würden in den Landkreisen mit besonders hohen Inzidenzen verlängert und Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Besuchern würden verboten. Die von der Ministerpräsidentenkonferenz vereinbarten Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte würden umgesetzt und Diskotheken, Festivals und Clubs müssten schließen.

Mit §28a des Infektionsschutzgesetzes und nach dem Beschluss des Landtages könnte die Landesregierung zudem ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen verfügen, Sport-, Freizeit- und Kulturveranstaltungen untersagen oder beschränken sowie das Betreten von beispielweise Krankenhäusern neu regeln.

Nicht möglich sind die Anordnung genereller Ausgangsbeschränkungen, die Untersagung der Sportausübung, eine Versammlungs- und Ansammlungsuntersagung, ein Verbot von religiösen Zusammenkünften, die Schließung von Gaststätten und Hotel. Eine generelle Schließung von Kindertagesstätten und Schulen ist nach den Bestimmungen von §28a ebenfalls nicht zulässig, hob die Co-Vorsitzenden der Landtagsfraktion der Grünen, Petra Budke, in ihrer Rede im Landtag hervor.

Regierung befürchtet Notlage an Weihnachten

Woidke begründete den Beschluss der "epidemischen Notlage" mit den bekannten Argumenten: Eine Gewöhnung an 500 Covid-19-Tote täglich in Deutschland dürfe es nicht geben und eine Überlastung der brandenburgischen Krankenhäuser und des körperlich und psychisch seit Wochen geforderten medizinischen Personals dürfe es nicht geben. Ziel müsse sein, Menschenleben zu retten und die Belastung des Gesundheitswesens zu verringern.

Das Brandenburger Regierungskabinett geht davon aus, dass das Land Weihnachten auf eine Notlage in den Krankenhäusern zusteuern könnte und die Behandlungskapazitäten nicht mehr reichen.

Die AfD-Abgeordnete Birgit Bessin warf der Landesregierung in der Debatte vor, sie wolle Ungeimpfte einschüchtern. "Die Erklärung der epidemischen Notlage ist ein Akt der Willkür", sagte Bessin weiter.

Grundlage für die Ausrufung der "epidemischen Notlage" ist ein Parlamentsbeschluss. Darum war es notwendig, eine Sitzung für das Haus einzuberufen. Nachdem dann zunächst im Bundestag und am Freitag auch im Bundesrat das Infektionsschutzgesetz entsprechend nachgebessert beschlossen wurde, war der Weg frei für diesen Weg der Ermächtigung der Landesregierung zu weiteren Pandemieschutzmaßnahmen durch das Landesparlament.

Inzidenz wieder leicht gestiegen

Die Sieben-Tage-Inzidenz lag laut Robert-Koch-Institut am Montagmorgen bei 657 Erkrankungen je 100.000 Einwohnern und damit etwas höher als am Sonntag.

Nonnemacher betonte im Inforadio, bei den hohen Inzidenzwerten müsse sogar noch von einer Untererfassung ausgegangen werde. Noch wesentlich dramatischer sei allerdings der Druck auf das Gesundheitssystem.

Bei mehreren Kennziffern sei der rote Alarmbereich "weit überschritten". "Dort wird es sehr sehr eng", betonte die Ministerin. Auch müssten sich alle bewusst sein, dass die Omikron-Variante des Coronavirus neue Risiken berge: "Dann kann es nochmal ganz andere Konsequenzen geben", sagte Nonnemacher.

Sendung: Inforadio, 13.12.2021, 06:20 Uhr

 

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Beitrag von Torsten Sydow

69 Kommentare

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  1. 69.

    Was nutzen Intensivbetten ohne Fachpersonal?

    Übrigens wurden keine Betten abgebaut. Viele Intensivbetten sind gesperrt, weil es kein Fachpersonal mit mehrjähriger Zusatzausbildung gibt. Ebenso sind Intensivbetten gesperrt, weil das vorhandene Personal auch mal krank wird, Urlaub hat oder Überstunden abbaut

    Man kann kein Personal von einer Normalstation auf einer Intensivstation arbeiten lassen.

    Außerdem kann auf Intensivstation 1 Fachkraft max 2 Patienten pro Schicht betreuen

  2. 68.

    Alternativvorschlag: Man strebe Null Fälle an, dann sind auch die ITS wesentlich leerer - auch wenn man nicht so einfach wirklich exakt Null Fälle schaffen wird. Und dann im Prinzip 100% Impfquote bei 60+ und man hat bei den dann noch infizierten Einzelfällen auch kaum mehr Todesfälle.

  3. 67.

    "Dann hätte man vielleicht nicht die Kapazitäten abbauen sollen?"

    Ganz so einfach ist das nicht. So wie das schreiben, klingt das so, als ob der Staat den Abbau der Kapazitäten aktiv betrieben hat. Hat er aber nicht.
    Die Kapazitäten wurden weniger, weil ein Großteil der Stellen nicht mehr besetzt/die Betten nicht mehr belegt werden konnten, da inzwischen viele Pflegekräfte das Handtuch geworfen haben.
    Wofür der Staat natürlich aufgrund schlechten (Lohn-)Managements eine Verantwortung hat, aber regelrecht betrieben hat er den Abbau der Kapazitäten nicht.
    Dazu kommt noch, dass erkrankte junge Menschen, von denen es jetzt mehr sind als 2020, länger im Krankenhaus verweilen als ältere, die vorher deutlich in der Mehrheit waren. Also sind länger weniger Betten frei.

  4. 66.

    2 prozent von 80 Millte sind 1,6 Millionen. Ach wenn man(n) doch nur Prozentrechung gelernt hätte.
    PS München ca. 1,4.

  5. 65.

    Die Impfquote in Brandeburg ist die zweit schlechteste von gesamt Deutschland (direkt nach Sachsen) 70% wäre mal eine Ansage.

  6. 64.

    Als geimpfter 3x ,muss ich mich auf Arbeit permanent testen.
    1x falsch positiv , 3 Tage auf PCR Ergebnis gewartet.
    Macht 4 Tage bezahltes Frei.Wohnung renoviert.

  7. 63.

    Neo, Sie haben völlig Recht. Jeder meckert und viele labern Unsinn. Aber besser machen kann es keiner.

    Und nein, man kann nicht viele Betten vorhalten. In Deutschland haben wir pro Kopf die meisten Krankenhausbetten in der EU

    60 % aller OP in den Krankenhäusern können ambulant durchgeführt werden. Da ist noch großes Sparpotenzial.

    Letztlich haben wir das Gesundheitssystem, was wir uns leisten wollen.

    Fakt ist, dass Medizin immer teurer wird und daher die Beiträge steigen müssen

  8. 62.

    "Auf den Corona Stationen sind 9 von 10 geimpft!!!!"
    Wo haben Sie den Unsinn her, von der Fake News Meisterin Frau Weidel?

  9. 61.

    "...98% der Bevölkerung ist gesund. ...." Und warum? Weil (mittlerweile) über 70% der Bevölkerung geimpft sind und nur deshalb.
    Und hier ist noch ein Link (Kommentar 48)
    https://www.rbb24.de/wirtschaft/thema/corona/beitraege/2021/12/berlin-brandenburg-handel-einkaufen-2g-baendchen.html
    ganz speziell für sie und mit den besten Weihnachtsgrüßen.


  10. 60.

    "Ziel müsse sein, Menschenleben zu retten und die Belastung des Gesundheitswesens zu verringern."
    Dann hätte man vielleicht nicht die Kapazitäten abbauen sollen? Nur so eine Idee..
    Ist ja eigentlich alles mittlerweile bekannt. Die Zahlen kann sich ja jeder selbst ansehen:

    https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/zeitreihen

    Am 24.06.2020 waren mit 683 Betten mehr belegt als aktuell zur Verfügung stehen.

  11. 59.

    Das ist doch alles nur noch mehr Druck auszuüben auf ungeimpfte, Pfui kann man da nur sagen. 98% der Bevölkerung ist gesund.

  12. 58.

    Mit einer nächtlichen Ausgangssperre und Kontaktbeschränkung für ungeimpfte werden wir nichts erreichen! 1000 Teilnehmer an Veranstaltungen? Was soll der Blödsinn, komplett verbieten! Aber nein, da wird noch zugeschaut wie in Cottbus am Samstag über 2000 Menschen der AfD folgen. Die Hälfte davon kam aus Sachsen, weil man ja in Cottbus so gut Stimmung machen kann.....UNFASSBAR!!!

  13. 57.

    Ich war heute im Woolworth einkaufen, gleich an der Tür wurde ich nach meinem Impfstatus befragt.
    Ich habe noch nie so ruhig wie jetzt dort einkaufen können da die Gäste von Außerhalb allem Anschein nach nicht geimpft sind.

  14. 56.

    Das Föderale System ist in solchen Lagen nicht hilfreich, Brandenburg Notlage, Berlin nicht.

  15. 55.

    "Brandenburg ruft "epidemische Notlage" aus" Total überfällig. Aber immerhin machen sie es endlich!

  16. 54.

    Es muss noch einen Zwischenschritt geben, weil sonst, ohne Wettbewerb, die Beiträge durch höhere Kosten steigen. Vorschläge zum Gemeinwohl sind willkommen ;-) ... ist richtig schwierig.

  17. 53.

    Herrlich Jörg - ja vom 'Brandenburger Nachtleben' kann ein jeder nur schwärmen...danke für diesen Lacher in bedrückenden Zeiten!

  18. 52.

    Leute - bevor Ihr meckert - machts erstmal besser. Ist wie beim Fußball: alle sind Bundestrainer - so wie jetzt alle Gesundheitsexperten sind, die hier kommentieren. Machts besser und dann reden wir nochmal drüber - okay?

  19. 51.

    Wenn Großveranstaltungen mit zu 1.000 Teilnehmern stattfinden dürfen, existiert definitiv keine "epidemische Notlage"!

  20. 50.

    Entscheiden Sie was sie wollen. Es interessiert mich nicht mehr. Wer über Jahre Intensivbetten abbaut und das Pflegepersonal miserabel bezahlt, wundert sich, dass die Intensivstationen voll sind. Ich kaufe ausschließlich online ein, der Friseur kommt zu mir nach Hause und den Glühwein trinke ich privat - ohne Test- oder Impfnachweis - mit Freunden. Problem der Einschränkungen gelöst.

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