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Audio: Inforadio | 03.01.2021 | Interview mit Timo Ulrichs | Quelle: dpa/F. Juarez

Nach Lauterbach-Ankündigung

Berliner Epidemiologe sieht kürzere Quarantäne kritisch

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat eine mögliche Verkürzung der Quarantäne für Corona-positiv getestete Menschen zur Debatte gestellt. Ein Berliner Experte sieht diesen Vorschlag "mit Sorge".

Der Berliner Epidemiologe Timo Ulrichs von der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften hat sich kritisch über eine mögliche Verkürzung der Quarantänezeit bei Corona-positiv getesteten Personen geäußert. "Mit Sorge" blicke er auf diese Idee, sagte Ulrichs im rbb-Inforadio.

"Wenn wir die Quarantäne zu früh beenden, kann es sein, dass Menschen noch kontagiös [ansteckend, Anm. d. Red.] sind und das Virus in der Endphase weitergeben - und das sollte man vielleicht nicht machen", erklärte der Studiengangsleiter für Internationale Not- und Katastrophenhilfe.

Lauterbach denkt über Quarantäne-Verkürzungen nach

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im ZDF erklärt, beim Bund-Länder-Treffen am Freitag über eine Verkürzungen der Quarantäne- und Isolationszeiten beraten zu wollen. Das Ziel dieses Modells soll die Sicherung kritischer Infrastrukturen während der befürchtet großen Welle durch die Omikron-Welle sein. Auch die Berliner Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) hatte sich zuletzt im rbb offen für eine solche Lösung gezeigt. Berlins regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) dagegen sieht im Moment keinen Bedarf für eine Verkürzung, sie sagte am Sonntag im Deutschlandfunk, dass sie an der bisherigen Quarantäne-Dauer festhalten wolle.

Eine Verkürzung der Quarantäne und mögliche Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie sollen vor der Bund-Länder-Runde fachlich vorbereitet werden. Am Dienstag werde der Expertenrat der Bundesregierung beraten, teile Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Auch das Robert Koch-Institut würde sich laut Gesundheitsministerium mit einer möglichen Verkürzung von Quarantänezeiten befassen, berichtet die dpa.

Der Berliner Epidemiologe Ulrichs erklärte im rbb, er könne sich beispielsweise vorstellen, durch Freitesten die Quarantäne zu verkürzen. Bei allen Bedenken äußerte er auch Verständnis dafür, dass "entscheidende Strukturen in Deutschland arbeitsfähig" bleiben müssten. Am wirksamsten seien für ihn aber weiterhin die gängigen Maßnahmen wie Kontaktreduzierung, Abstands- und Maskenregeln.

Epidemiologe Timo Ulrichs (Archiv) | Quelle: imago images/teutopress

"Die Welle wird alle infizieren, das ist klar"

Die bisherigen Erfahrungen anderer Länder mit der Omikron-Variante bewertete Ulrichs als positiv. Es gebe weniger Menschen, die einen klinischen Verlauf haben oder auf die Intensivstation müssen, das seien "gute Nachrichten". Gleichzeitig gab der Experte zu bedenken, dass beispielsweise in Südafrika das Durchschnittsalter der Bevölkerung niedriger sei als in Deutschland. Zudem seien hierzulande immer noch viele Menschen ungeimpft und hätten deshalb ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf auch bei der Omikron-Variante.

Er appellierte deshalb erneut an die Menschen, sich impfen zu lassen. "Die Welle wird kommen und sie wird alle infizieren, das ist ganz klar. Die Frage ist nur, inwieweit man geschützt ist und am besten ist man geschützt nach der Dreifachimpfung", sagte Ulrichs. Für die Zeit nach der Omikron-Welle hofft der Berliner Wissenschaftler auf eine Entspannung der Corona-Lage. Wenn die Bevölkerung grundimmunisiert sei, könnte das Virus sein "pandemisches Potential" verlieren, erklärte Ulrichs. Corona wäre dann möglicherweise nur noch eine "kleine Infektion".

Sendung: Inforadio, 03.01.2022, 6.48 Uhr

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