rbb exklusiv - Berliner Auftrag für Corona-Teststellen an 21DX für rechtswidrig erklärt

Do 20.01.22 | 18:44 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Archivbild: Mitarbeiter von 21Dx betreiben eine neu eingerichtete mobilen Antigen-Schnellteststrecke. (Quelle: dpa/N. Armer)
Audio: Inforadio | 20.01.2022 | S. Schöbel | Bild: dpa/N. Armer

Die Vergabe des Großauftrags zum Betrieb der 12 landeseigenen Corona-Teststellen in Berlin ist unzulässig. Nur ein Unternehmen wurde angefragt. Das Verfahren muss nun laut Vergabekammer wiederholt werden.Von Sebastian Schöbel

Für die ehemalige Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci von der SPD ist es nachträglich eine schwere Schlappe - und für Kalaycis Nachfolgerin, Ulrike Gote von den Grünen, eine unerfreuliche Hypothek: Der Großauftrag für den Betrieb der landeseigenen Corona-Teststellen ist rechtswidrig abgelaufen. Nach rbb-Informationen geht es um ein Vertragsvolumen von rund 13,4 Millionen Euro.

Erhalten hatte den Zuschlag die Münchner Firma 21DX, und zwar zum ersten Mal im März 2021. Damals wollte der Senat schnell die landeseigenen Corona-Testkapazitäten ausbauen. Privatwirtschaftliche Anbieter gab es zu dem Zeitpunkt allerdings schon eine ganze Menge: In ganz Deutschland und auch Berlin waren in Windeseile Firmen gegründet worden, die die Nasen- oder Rachenabstriche anboten - als Antigenschnelltest oder als PCR-Test. Entsprechend groß war das Interesse am millionenschweren Auftrag des Senats.

Vergabekammer stoppte Auftragsvergabe

Dass ausgerechnet 21DX zum Zug kam, hatte schon im März für Kritik gesorgt: So waren mehrere Anbieter abgelehnt worden, weil sie aus Sicht der Gesundheitsverwaltung nicht die nötigen Referenzen hatten. Allerdings war 21DX selbst zuvor bereits mit einem Datenleck negativ aufgefallen, tausende Testergebnisse inklusive der Kundendaten waren frei im Netz einsehbar.

Durch Recherchen des rbb kam außerdem heraus, dass 21DX wichtige Dokumente für die Auftragsvergabe frühzeitig einsehen und zum teil sogar selbst verfassen konnte. Es gab Beschwerden, die Vergabekammer wurde angerufen und diese stoppte schließlich die Auftragsvergabe.Doch dann zog sich die Prüfung der Beschwerden über Monate hin - wohl auch, weil die Vergabekammer personell unterbesetzt war. Da geht aus internen Dokumenten der Behörde hervor, die der rbb einsehen konnte.

Nur ein Unternehmen wurde angefragt

Die Gesundheitsverwaltung von Senatorin Kalayci verlängerte den Auftrag an 21DX derweil interimsmäßig und zwar mehrfach, zuletzt im November, kurz vor dem Regierungswechsel nach der Berlin-Wahl. Wieder kam nur 21DX zum Zuge. Doch auch dagegen gab es Beschwerden - und auch dagegen legte die Vergabekammer nun ihr Veto ein.

Die Auftragsverlängerung sei rechtswidrig gewesen, so die Kammer. Denn Angebote anderer Anbieter seien nicht einmal berücksichtigt worden, es sei überhaupt nur mit 21DX gesprochen worden. Auch das Argument, in der pandemischen Notlage sei eine schnelle Auftragsvergabe nötig gewesen, wollte die Vergabekammer nicht akzeptieren: Ein Minimum an Wettbewerb sei auch in so einer Situation möglich. Die Auftragsvergabe müsse nun zeitnah wiederholt werden - und alle Angebote, nicht nur die von 21DX, zumindest geprüft werden.

Neue Gesundheitsverwaltung ist unzufrieden mit der Vergabe

"Wir haben die Entscheidungen der Vergabekammer zur Vergabe durch den Vorgänger-Senat geprüft und werden formal Rechtsmittel dagegen einlegen", teilte Gesundheitsstaatssekretär Thomas Götz (Grüne) dem rbb mit. Damit könne der Betrieb der senatsbeauftragten Teststellen durch 21DX formaljuristisch zunächst weitergehen.

DIe neue Gesundheitssenatorin Ulrike Gote von den Grünen hatte allerdings bereits eine interne Überprüfung der Vorgänge angekündigt. "Es ist so, dass durch die Kenntnisse, die wir unter anderem durch die Presse erlangt hatten, natürlich Bedenken vorhanden sind", räumte Götz ein. "Das ist der Grund, warum wir es intern prüfen werden. Aber wir müssen den Ausgang des externen und internen Verfahrens abwarten."

Darüber hinaus habe Berlin eine breit aufgestellte Teststelleninfrastruktur, die von der Entscheidung der Vergabekammer unberührt bleibe, so Götz weiter. Der Senat werde dafür sorgen, so Götz, "dass es auch in Zukunft qualitativ hochwertige und an die Bedürfnisse angepasste Testangebote für die Berlinerinnen und Berliner geben wird." Landeseigene Angebote werde es auch weiterhin geben. "Es sind alle seriösen Anbieter aufgefordert, ein entsprechendes Angebot abzugeben."

Die Geschäftsführung von 21DX reagierte zurückhaltend auf die Medienberichte rund um die Auftragsvergabe. "Die aktuellen Diskussionen innerhalb der Ausschreibungsinstanzen Berlins bedauern wir", teilte die Firma mit, "wir haben darauf keinen Einfluss." Man arbeite "stets nach höchsten Qualitätsstandards und auf Basis der gesetzlichen Vorgaben" und stehe weiterhin zur Verfügung, um die Erweiterung des Testangebots "nach besten Kräften" zu unterstützen.

Sendung: Inforadio, 20.01.2022, 14.00 Uhr

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Beitrag von Sebastian Schöbel

27 Kommentare

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  1. 27.

    Normale Menschen sprechen nicht vom SCHUMMELN sondern von BETRUG. Vorsatz oder nicht ist nicht Inhalt der Bewertung.

  2. 26.

    Mit Interesse habe ich ihren Bericht über die Firma 21dx verfolgt.
    Leider ist es noch viel schlimmer als sie annehmen.
    Die Aufträge für die Testzentren stand seit letztes Jahr März fest.
    Es gab nie einen Zweifel das die Firma 21dx die Zentren nicht mehr betreiben darf.
    Als es letztes Jahr dann zu Zweifeln an der Vergabe und die ersten Einsprüche gab , hat die Firma 21dx folgendes getan.
    Sie hat sich als Schein eine Firma aus München besorgt Namens Vitolus GmbH.
    Diese Firma hat sich an der Ausschreibung beteiligt.
    Auch Sie kannten die Ausschreibung vorher .
    Von Anfang an war klar das Vitolus die Testzentren nicht wirklich betreibt .
    Wir haben zwar den Namen Vitolus als Brandung gehabt.
    Betrieben wurden diese Testzentren jedoch weiterhin von 21dx.

  3. 25.

    Ja, Fehler kann jeder machen, aber Frau Kalayci hat Fehler am Fliessband produziert. Es ist unverständlich, wie sie sich solange im Amt halten konnte. Bleibt nur zu hoffen, dass bei der Vergabepraxis nicht noch Geld geflossen ist, ein Geschmäckle hat es schon.

  4. 24.

    Also unser Kind lernt seit der ersten Klasse was Betrug im Zusammenhang mit LKs, Prüfungen usw. bedeutet. Ging es da nicht um eine Doktorarbeit? Ups, hab ich halt abgeschrieben... so einfach?

  5. 23.

    21DX ist das letzte was es gibt. In Buch steht man bis zu 4 Stunden draußen und wartet auf einen PCR- Test, dass Anmelden per E-Mail funktioniert teilweise nicht und Hilfe von den Mitarbeitern bekommt man nicht. Alte und auch jüngere Menschen werden weg geschickt mit den Worten, dann müssen sie zusehen wo sie einen PCR- Test machen lassen können.

  6. 22.

    Niemand ist fehlerfrei… da sollte man auch jedem Politiker zugestehen.
    Wenn man aber seit März 21 in der Kritik steht und das Ganze mehrmals verlängern wird… dann ist es kein Fehler mehr sondern Absicht.

  7. 21.

    Na endlich haben die völlig fehlerfreie hier mal wieder ein Thema bekommen, wo sie sich ausko…… können.

  8. 20.

    Bei Frau Kalayci hatte ich von Anfang an das Gefühl, dass bei ihr die Mäuse auf dem Tisch tanzen. Ihre ganze Amtszeit war ein Hüh und Hott. Vermutlich hatte sie die Übersicht verloren und jeder machte, was er wollte. Herr Müller war ja schon lange mit seinem Abgang beschäftigt.

  9. 19.

    Das ist ja geradezu zärtlich ausgedrückt ."schummeln" ist das in meinen Augen nicht mehr, ich finde es kriminell.

  10. 18.

    Die Frau war 20 als sie die Arbeit schrieb und dabei offensichtlich unsauber gearbeitet hat. Disqualifizieren uns jetzt die Fehler, die wir in jungen Jahren gemacht haben, für den Rest unseres Lebens? Wer ist schon ohne Fehl und Tadel, also hört endlich mit diesen polemischen und selbstgerechten Kommentaren auf.

  11. 17.

    Er beschreibt den regulären rechtsstaatlichen Gang innerhalb unserer Demokratie und fordert auf, diesen zu gehen wie auch politisch Konsequenzen daraus zu ziehen! Weil Sie das nicht verstehen, wird es deshalb nicht falsch oder undemokratisch! Vor allem aber, zeigt Ihr Kommentar Ihre Vorurteile auf und ein Mangel an Verständnis dafür, dass illegales Verhalten von Politikern auch Konsequenzen haben muss und zwar für sie selbst und nicht nur für die Betrogenen oder übervorteilten Unternehmen.

  12. 16.

    Als " Chefin des Senats " hat Sie doch garnicht geschummelt. Haben Sie das auf Ihrer Inrernetplattform gelesen?

  13. 15.

    Die vergabe erfolgte durch den alten Senat. Da war die jetzige Chefin völlig außen vor.

  14. 14.

    Die Ausschreibungen werden von den zuständigen Fachabteilungen, also den Beamten oder Angestellten, vorbereitet und durchgeführt. "Gesundheitsverwaltung "
    Frau Kalyci trägt die politische Verantwortung.
    Die fachliche liegt bei anderen.
    mit "Betrüger" unterstellen Sie eine Straftat. Ist die denn nachgewiesen oder gibt es ein Ermittlungsverfahren?

  15. 12.

    Hallo „Motte“,
    in dem Bericht steht ja, Zitat: „...An der Vergabe, die noch unter der ehemaligen Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) durchgeführt wurde...“. Da liegt doch die VERMUTUNG nahe, das die ehem. „Gesundheits“senatorin die es nicht schaffte 1 Mio. Leute mit Impfstoffen die bei BERLIN CHEMIE produziert wurden zu impfen, (mit BERLIN CHEMIE hatte sie es ja herausposaunt und wurde vom ehem. Regierenden zurückgepfiffen und mit den 1 Mio. Leute war es als sie im Interview der RBB-Abendschau der hoch geehrten Eva-Maria Lemke ständig ins Wort fiel), das die irgendwie was mit der Firma zu tun haben KÖNNTE. Möglich wäre es. Da sollten mal Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft eingeleitet werden. Mal sehen was dabei herauskommt.
    Mit freundl. Grüßen

  16. 11.

    Eigentlich reicht die Suche im hiesigen Archiv aus. Alternativer Medien oder die Ablehnung der Demokratie bedarf es da wahrlich nicht. Das einzige, wo ich nicht mitgehe, ist der Betrug. Der ist noch nicht erwiesen. Einfach mal 21DX in die Suche hämmern - is' schon spannend.

  17. 10.

    Sie sind lustig, ist Ihnen die Berichterstattung der Medien der letzten Jahre und Jahrzehnte entgangen? Sei es Plagiatsaffären (viele Regierungsmitglieder), Cum-Ex-Skandal, Ächtung vom BGMR als Innensenator (Herr Scholz), verloren Doktorentitel (Frau Giffey), nicht vorhandene Zulassung als Jurist trotz Merkmal im Lebenslauf (Frau Baerbock), Maskenaffären, Spendengalas (bitte nur 9.999 EUR spenden), Testaffäre 1 und nun Testaffäre 2!

    Es ist schon absurd, dass Sie ihn nach seinem Demokratieverständnis fragen, obwohl er rechtsstaatlich demokratisches Vorgehen. Scheint in der Politik schon lange nicht mehr üblich zu sein und Ihrem Kommentar nach zu urteilen, scheinen dies immer mehr Leute zu unterstützen, während man absolute Redlichkeit und volle Verantwortung von jedem Bundesbürger fordert, die man selbst nicht bereit ist zu leisten. Ist in etwa wie mit unserer Außenpoltik!

  18. 9.

    Wenn in dieser Stadt nur mal irgend etwas beschlossen werden würde, was Hand und Fuß hat.
    Dieser Senat ist und bleibt, jetzt sogar noch mehr eine Gurkentruppe.
    Leider.

  19. 8.

    Es kann schon sein dass hier gegen das Vergaberecht verstoßen wurde. Das ist nicht in Ordnung. Es muss aber auch allen klar sein dass ordnungsgemäße Verfahren dann lange dauern. Und dann hätte es geheißen die Politik ist völlig unfähig weil es nach einem halben Jahr immer noch keine Teststellen gibt.

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